Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2015, Az. V ZB 75/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15516

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 75/13

vom

12. Februar 2015

in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Februar 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter Dr.
Roth, die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und den Richter Dr.
Kazele

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des [X.] vom 15. April 2013 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 66.376,46

Gründe:
I.
Mit dem Kläger am 23. November 2012 zugestellten Urteil wies das [X.] dessen Schadensersatzklage ab. Die Frist zur Begründung der am 7. Dezember 2012 eingelegten Berufung wurde bis zum 25. Februar 2013 ver-längert. An diesem Tag übermittelte die Prozessbevollmächtigte des [X.] gegen Mitternacht die dreiseitige Berufungsbegründung per Telefax an das [X.], die dort am 26. Februar 2013 um 0:01 Uhr einging.
Nach einem Hinweis des [X.]s hat der Kläger (hilfsweise) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs-begründungsfrist beantragt und insoweit vorgetragen, dass die [X.] erst deshalb kurz vor Mitternacht auf den Weg habe gebracht werden 1
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können, weil es in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten Probleme mit der EDV-Anlage gegeben und sich dadurch die Fertigstellung des Schriftsatzes verzögert habe.
Das [X.] hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewie-sen und die Berufung als
unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Klä-ger mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.
II.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Berufungsbegründungsfrist sei nicht unverschuldet versäumt worden. Eine laufende Frist dürfe nur in dem Umfang ausgeschöpft werden, dass die bis zum Fristablauf verbleibende Zeit noch ausreiche, um den Schriftsatz zu übermitteln. Dabei müsse der Prozess-bevollmächtigte Verzögerungen und Störungen einkalkulieren, die bei dem ge-wählten Übertragungsweg üblicherweise auftreten könnten. Dem habe die Pro-zessbevollmächtigte des [X.] nicht Rechnung getragen. Sie habe die Über-mittlung erstmals am 25. Februar 2013 um 23:55 Uhr versucht, was wegen of-fensichtlich zu diesem Zeitpunkt noch eingehender anderer Schriftsätze nicht erfolgreich gewesen sei. Der Übertragungsvorgang habe daher erst ab 23:59
Uhr begonnen. Mit einer Belegung des Empfangsgerätes bei dem [X.] habe die Prozessbevollmächtigte rechnen müssen. Auch die vor-getragenen technischen Schwierigkeiten mit der von ihr eingesetzten EDV-Anlage entlasteten den Kläger nicht. Zwar könne eine technische Störung, die die fristgerechte Herstellung eines Schriftsatzes verhindere, einen [X.] darstellen, wenn diese unvorhersehbar und unvermeidbar ge-wesen sei. Allerdings seien dafür die Art des Defekts und seine Behebung [X.], woran es vorliegend fehle.

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III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs.
1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Berufungs-gericht hat gegen den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen [X.] (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Es war

wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt

nach § 139 Abs.
1 ZPO verpflichtet, den Kläger auf die [X.] ergänzenden Vortrags zu der technischen Störung der EDV-Anlage seiner Prozessbevollmächtigten hinzuweisen. Veranlassung zu einem solchen Hinweis besteht, wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsantrag in einem wesentli-chen Punkt unklar oder ersichtlich unvollständig ist (Senat, Beschluss vom 30.
September 2010

[X.], juris Rn.
7; [X.], Beschluss vom 9. Febru-ar 2010

[X.], [X.], 648, 649 jeweils mwN).
So lag es hier. Der Kläger hat die beantragte Wiedereinsetzung damit begründet, dass das verwandte Spracherkennungssystem zu zahlreichen [X.] im Text der Berufungsbegründung geführt habe. Seine [X.] habe diese zunächst am [X.] ihres Arbeitsplatzes korrigiert und die ent-sprechende Datei an den Arbeitsplatz ihres an diesem Abend bei ihr tätigen [X.] zur Endkorrektur versandt. Bei der Speicherung des Textes sei es er-e-nungsfehlers, vielleicht auch, weil die EDV-Anlage nicht 100-i-tet habe. Hierdurch habe sich die Fertigstellung des Schriftsatzes um insgesamt rund 15 Minuten verzögert. Der Kläger hat damit die Art der Störung, ihre [X.] Auswirkungen wie auch die zeitlichen Abläufe beschrieben (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Mai 2004

II
ZB 22/03, NJW 2004, 2525, 2526). Unklar wurde der Vortrag des [X.] allerdings deshalb, weil auch ein Bedienungs-fehler der Prozessbevollmächtigten als Ursache der Störung für möglich erach-5
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tet wurde. Wäre dieser verschuldet gewesen, hätte eine Wiedereinsetzung nicht gewährt werden können (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Mai 2006

[X.], [X.],
2637 Rn. 10). Dass ein schuldhafter Bedienungsfehler vorlag, konn-te das Berufungsgericht andererseits nicht unterstellen, denn das [X.] ließ insoweit weder Besonderheiten bei den Bedienungsabläu-fen erkennen noch nach Art der Störung den
zwingenden Schluss auf einen verschuldeten Bedienungsfehler zu. Das Berufungsgericht wäre daher nach §
139 Abs. 1 ZPO gehalten gewesen, dem Kläger unter Erteilung eines ent-sprechenden Hinweises Gelegenheit zu einer Konkretisierung seines Vorbrin-gens zu geben.
2. In der Sache bleibt das
Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Das [X.] hat im Ergebnis die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegrün-dungsfrist zu Recht versagt. Der Kläger hat ein ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zu-zurechnendes Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nicht ausgeräumt.
a) Rechtsfehlerfrei weist das Berufungsgericht im Ausgangspunkt darauf hin, dass der Nutzer mit der Wahl einer Telefaxübertragung bei [X.] Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der [X.] das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan hat, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss vor 24 Uhr zu rechnen ist. Dabei hat der [X.] die Belegung des Empfangsgeräts des Gerichts in Rechnung zu stellen und eine gewisse Zeitreserve einzuplanen, um gegebenenfalls durch Wiederho-lung der [X.] einen Zugang des zu übermittelnden Schrift-satzes bis zum Fristablauf zu gewährleisten (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 6.
April 2011

[X.], NJW 2011, 1972 Rn. 9 f. mwN). Diesen [X.] ist die Prozessbevollmächtigte des [X.] nicht [X.]. Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass der von dem Kläger vorgetragene erste Übermittlungsversuch um 23:55 Uhr diesen Anforderungen 7
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nicht genügt. Auch bei einer bloß dreiseitigen Berufungsbegründung kann an-gesichts der Möglichkeit, dass das Empfangsgerät belegt ist, bei einer Zeitre-serve von nur fünf Minuten nicht davon ausgegangen werden, dass der recht-zeitige Zugang gewährleistet ist.
b) Die von dem Kläger angeführte, durch die Funktionsstörung der EDV-Anlage bedingte zeitliche Verzögerung der Fertigstellung der Berufungsbegrün-dung, die sich nach dem Inhalt der im Rahmen der Rechtsbeschwerde vorge-legten eidesstattlichen Versicherung auf 15 bis 20 Minuten belaufen haben soll, ist nicht geeignet, einen Wiedereinsetzungsgrund zu tragen.
Zwar stellen nicht vorhersehbare und nicht vermeidbare Störungen einer EDV-Anlage einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn sie das rechtzeitige Er-stellen oder Absenden eines Schriftsatzes verhindern ([X.], Beschluss vom 9. Mai 2006

[X.], [X.], 2637 Rn. 9; [X.], NJW-RR 2003, 1439, 1440; Hk-ZPO/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 233 Rn. 30; PG/Milger, ZPO, 6.
Aufl., § 233 Rn. 63; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., §

h-Rahmen der Rechtsbeschwerde, also des Vorbringens, das auf den
gebotenen Hinweis nach §
139 ZPO gehalten worden wäre, ist ein dem Kläger nach §
85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seiner Prozessbevollmächtigen aber insoweit nicht ausgeräumt. Er trägt vor, dass seine Prozessbevollmächtigte am 25. Februar 2013 mehrere Schriftsatzfristen in schwierigen Verfahren mit zeit-aufwendiger Vorbereitung zu wahren gehabt habe. Bereits am späten [X.] seien Probleme mit der Spracherkennung aufgetreten, so dass sie an [X.] ihre Schriftsätze mindestens drei-
bis fünfmal habe korrigieren und überarbeiten müssen. Ist die technische Störung an diesem Tage somit nicht erst bei der Fertigstellung der streitgegenständlichen Berufungsbegründung aufgetreten, sondern bereits geraume Zeit zuvor, traf die [X.] des [X.] die Pflicht, auch den Zeitaufwand für die Korrektur der Beru-9
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fungsbegründung oder für deren Erstellung auf anderem Wege zu [X.], um gleichwohl deren rechtzeitige Versendung per Telefax sicherzustellen. Dass ihr dies nicht möglich gewesen wäre, lässt sich dem Vortrag des [X.] nicht entnehmen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann

Ri[X.] Dr. Roth

Brückner

ist infolge Krankheit an
der

Unterschrift gehindert.

[X.], den 27.
Februar 2015

Die Vorsitzende

Stresemann

Weinland
Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2012 -
11 O 8/11 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 15.04.2013 -
12 U 1437/12 -

11

Meta

V ZB 75/13

12.02.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2015, Az. V ZB 75/13 (REWIS RS 2015, 15516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15516

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 701/10

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