Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.01.2020, Az. 6 B 35/19

6. Senat | REWIS RS 2020, 3756

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Gegenstand

Kausalzusammenhang zwischen Marktbeherrschung und missbilligtem Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung als Voraussetzung einer Missbrauchsverfügung bei Drittmarktkonstellationen


Leitsatz

Der Erlass einer auf § 42 TKG gestützten Missbrauchsverfügung setzt in den sogenannten Drittmarktkonstellationen einen Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung voraus. Ob ein bestimmtes Verhalten des regulierten Unternehmens auf einem Drittmarkt zu einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem regulierten Markt führt, die ohne die beherrschende Stellung des Unternehmens auf diesem Markt nicht eintreten würde, obliegt der tatrichterlichen Würdigung und Bewertung unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 8. April 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 000 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin vertreibt Sprach-, Internet- und Datendienste an Privat- und Geschäftskunden. Da sie weder im Festnetz- noch im Mobilfunkbereich über eine breitflächige Netzinfrastruktur verfügt, ist sie hierfür auf Telekommunikations-Vorleistungsprodukte der Beigeladenen angewiesen. Die Beigeladene bietet sogenannte [X.] an. Hierbei erhält der Endkunde einen Festnetztelefonanschluss über einen DSL-Anschluss mit Bandbreiten von - je nach Tarif - bis zu 100 Mbit/s. Bei Erreichen dieser Grenzen werden in gleichem Umfang sogenannte depriorisierte, d.h. von Mobilfunknutzern nicht benötigte [X.] ohne Drosselung des Datenvolumens zugeschaltet. Hierfür ist ein spezieller Router erforderlich, den der Endkunde kaufen oder mieten muss. Abgesehen davon fallen für die zusätzlichen [X.] beim Endkunden keine weiteren Kosten an.

2

Nachdem die Beigeladene nicht bereit war, der Klägerin ein Angebot für ein [X.] zu unterbreiten, um sie in die Lage zu versetzen, [X.] auf dem Endkundenmarkt nachzubilden, beantragte die Klägerin im Juni 2015 den Erlass einer Entscheidung im Streitbeilegungsverfahren gemäß § 133 [X.] sowie im Missbrauchsverfahren nach § 42 [X.]. Soweit die Beklagte die Verpflichtung der Beigeladenen zur Bereitstellung von [X.] im Streitschlichtungsverfahren abgelehnt hat, ist der betreffende Beschluss Gegenstand eines beim Verwaltungsgericht noch anhängigen Klageverfahrens ([X.].: 9 K 6861/15). Mit Beschluss vom 23. Dezember 2015 lehnte die Beklagte auch die auf Untersagung des Hybrid-Angebots durch die Beigeladene gerichteten Anträge im Missbrauchsverfahren ab.

3

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Verweigerung des Zugangs zu depriorisierten [X.] für Wettbewerber durch die Beigeladene stelle keinen Fall des Missbrauchs einer marktmächtigen Stellung dar. Es liege eine sogenannte [X.]konstellation vor, da die potentiell missbräuchliche Verhaltensweise - hier die Vorenthaltung von [X.] auf Vorleistungsebene - auf einem nicht beherrschten Markt erfolge, die Wirkungen - hier die Vorteile beim Angebot von [X.] - aber auf einem beherrschten, vom Anwendungsbereich des § 42 [X.] umfassten Markt einträten. In diesen Fällen bedürfe es der positiven Feststellung einer Kausalität zwischen marktmächtiger Stellung und missbilligtem Verhalten. An einer solchen Kausalität fehle es hier. Nicht die marktbeherrschende Stellung der Beigeladenen auf dem Markt für Festnetztelefonanschlüsse ermögliche es ihr, die [X.] auf Vorleistungsebene vorzuenthalten, sondern allein ihre tatsächliche Stellung auf dem Markt für [X.] auf Vorleistungsebene. Die Gestaltung der Endkundenpreise für die [X.] durch die Beigeladene rechtfertige ebenfalls kein Vorgehen nach § 42 [X.]; denn für den unmittelbaren Bereich der [X.] werde die allgemeine Missbrauchskontrolle durch die Spezialnormen der §§ 27 ff. [X.] verdrängt.

4

Die Revision gegen sein Urteil hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen.

II

5

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

6

Es kann offen bleiben, ob das angegriffene Urteil jedenfalls deshalb im Ergebnis Bestand haben muss, weil der Markt für den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz bzw. den Zugang zum öffentlich zugänglichen [X.] an festen Standorten nach der Festlegung der Präsidentenkammer der [X.] vom 10. Dezember 2019 nicht mehr der Regulierung nach §§ 10 f. [X.] unterfällt und die mit Regulierungsverfügung vom 7. Juli 2014 auferlegten Verpflichtungen betreffend das Angebot der Beigeladenen für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten daraufhin widerrufen worden sind (Beschluss BK2c-19/025 der [X.] vom 11. Dezember 2019). Fehlt es an einem in einem Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren gemäß §§ 10 und 11 [X.] als regulierungsbedürftig festgelegten Markt, kommt nach der Rechtsprechung des [X.]s der Erlass einer auf § 42 [X.] gestützten missbrauchsaufsichtlichen Verfügung der [X.] nicht mehr in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. April 2007 - 6 C 21.06 - BVerwGE 128, 305 Rn. 17 ff.). Kann der mit der Klage verfolgte [X.] aber schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben, steht dies analog § 144 Abs. 4 VwGO bereits der Zulassung der Revision entgegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2019 - 6 B 120.18 [[X.]:[X.]:[X.]] - juris Rn. 32 m.w.N.).

7

Ob mangels Fortbestands der [X.] für [X.] ersatzweise darauf abgestellt werden könnte, dass die Beigeladene - wie von der Klägerin im Schriftsatz vom 27. Januar 2020 ohne Grundlage in den tatsächlichen Feststellungen des [X.] geltend gemacht - auf einzelnen relevanten Vorleistungsmärkten über eine marktmächtige Stellung im Sinne des § 11 [X.] verfügt, deren Missbrauch durch das Vorenthalten eines [X.]s in Betracht kommen könnte, bedarf ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung. Gleiches gilt für die von der Klägerin im Schriftsatz vom 27. Januar 2020 aufgeworfene Frage, ob sie im Fall der Erledigung ihres ursprünglichen Klagebegehrens ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hätte. Denn jedenfalls liegen die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vor.

8

1. Die Revision kann nicht wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden.

9

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.] in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar führt die Klägerin zutreffend aus, das Urteil des [X.] beruhe auf den abstrakten Rechtssätzen, dass es - erstens - bei [X.] für die Anwendbarkeit von § 42 [X.] erforderlich sei, eine Kausalität zwischen der beträchtlichen Marktmacht des handelnden Unternehmens und dem missbilligten Verhalten auf dem [X.] positiv festzustellen, und dass es - zweitens - an dieser Kausalität fehle, wenn nicht unmittelbar die beträchtliche Marktmacht des handelnden Unternehmens das missbilligte Verhalten - insbesondere in Form des Vorenthaltens eines für Wettbewerber erforderlichen Vorleistungsprodukts ermögliche.

Diese Rechtssätze des [X.] weichen jedoch nicht von denjenigen tragenden Rechtssätzen ab, die der [X.] in dem von der Klägerin genannten Urteil vom 18. April 2007 - 6 C 21.06 - (BVerwGE 128, 305) aufgestellt hat. Soweit die Klägerin geltend macht, der [X.] habe im Gegensatz zum Verwaltungsgericht eine generelle Anwendbarkeit des § 42 [X.] bei sogenannten [X.] postuliert und damit einen positiven [X.] ausgeschlossen, überdehnt sie den Inhalt der zitierten Entscheidung. Dieser ist - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Interesse - zwar der Rechtssatz zu entnehmen, dass es für den Anwendungsbereich des § 42 [X.] nicht auf den Markt ankommt, auf dem das marktmächtige Unternehmen seine umstrittene Tätigkeit entfaltet, sondern auf den Markt, auf dem die Wirkungen dieser Tätigkeit eintreten (BVerwG, Urteil vom 18. April 2007 a.a.[X.] Rn. 16). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen in den Fällen der sogenannten [X.] der Erlass einer auf § 42 [X.] gestützten missbrauchsaufsichtlichen Verfügung der [X.] in Betracht kommt, musste der [X.] jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit nicht abschließend klären. Denn die Anwendung des § 42 [X.] scheiterte bereits daran, dass die [X.] den sachlich relevanten Markt nicht zuvor nach § 10 [X.] definiert und die beträchtliche Marktmacht eines der in § 42 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Unternehmen auf diesem Markt nicht im Wege einer Marktanalyse nach § 11 [X.] festgestellt hatte (BVerwG, Urteil vom 18. April 2007 a.a.[X.] Rn. 17).

2. Die Beschwerdebegründung legt auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dar.

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO maßgeblichen Darlegungen in der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen in Bezug auf die von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen erfüllt sind.

a) Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam zunächst die aufeinander bezogenen Rechtsfragen auf,

"unter welchen Voraussetzungen eine Missbrauchsverfügung i.S.v. § 42 [X.] erlassen werden kann, wenn das missbräuchliche Verhalten auf einem anderen als dem Markt erfolgt, für den eine beträchtliche Marktmacht behördlich festgestellt worden ist",

"ob es für die Anwendbarkeit von § 42 [X.] erforderlich ist, die Kausalität zwischen der marktmächtigen Stellung und dem missbilligten Verhalten positiv festzustellen und damit gesetzliche Vermutungen für diese Kausalität bzw. Tatbestandsmäßigkeit nicht greifen können",

und

"inwiefern es an der Kausalität für den Missbrauch mangelt, wenn nicht unmittelbar die beträchtliche Marktmacht das missbilligte Verhalten ermöglicht."

Diese Fragen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass geklärt werden soll, ob der Erlass einer auf § 42 [X.] gestützten Missbrauchsverfügung in den Fällen, in denen das missbräuchliche Verhalten auf einem anderen als dem Markt erfolgt, für den eine beträchtliche Marktmacht behördlich festgestellt worden ist (sogenannte [X.]konstellation), die positive Feststellung einer Kausalität in dem Sinne voraussetzt, dass die beträchtliche Marktmacht das missbilligte Verhalten unmittelbar ermöglicht. In dieser Fassung ist die Frage zwar entscheidungserheblich; denn das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass es in der hier vorliegenden [X.]konstellation der positiven Feststellung einer Kausalität zwischen marktmächtiger Stellung und missbilligtem Verhalten bedürfe und eine gesetzliche Vermutung für diese Kausalität aufgrund des Auseinanderfallens der betroffenen Märkte nicht zur Geltung kommen könne. Die geforderte Kausalität hat das Verwaltungsgericht sodann mit der Begründung verneint, nicht die marktbeherrschende Stellung der Beigeladenen auf dem Markt für Festnetztelefonanschlüsse ermögliche es ihr, die [X.] auf Vorleistungsebene vorzuenthalten, sondern allein ihre tatsächliche Stellung auf dem Markt für [X.] auf Vorleistungsebene ([X.]).

Die durch die Beschwerde aufgeworfene Frage führt jedoch deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil zum einen das Erfordernis eines [X.] zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung in den sogenannten [X.] in der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung als Grundsatz anerkannt ist, so dass es insoweit an der Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren fehlt (aa). Zum anderen lassen sich die aus diesem Grundsatz ergebenden konkreten Anforderungen nicht im Sinne eines allgemein gültigen Rechtssatzes, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmen (bb).

aa) In Bezug auf § 28 [X.], der das missbräuchliche Verhalten eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht bei der Forderung und Vereinbarung von Entgelten verbietet, hat der [X.] bereits entschieden, dass eine relevante Beeinträchtigung nicht nur auf dem beherrschten Markt, sondern auch auf einem [X.] eintreten kann, sofern ein Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung gegeben ist (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - 6 C 18.09 - [X.] 442.066 § 28 [X.] Nr. 3 Rn. 16). Der [X.] hat insoweit zum einen auf die Rechtsprechung des [X.] zu § 19 Abs. 1 und 4 [X.] (jetzt: § 19 Abs. 1 und 2 GWB) Bezug genommen, an dem sich § 28 [X.] - wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt ([X.]. 15/2316, [X.]) - orientiert. Zum anderen hat er in diesem Zusammenhang auf sein bereits erwähntes, zu § 42 [X.] ergangenes Urteil vom 18. April 2007 - 6 C 21.06 - (BVerwGE 128, 305 Rn. 16) verwiesen. In der Rechtsprechung des [X.]s ist demnach geklärt, dass in den sogenannten [X.] - erstens - diejenigen Grundsätze herangezogen werden können, die der Rechtsprechung des [X.] zu § 19 GWB zugrunde liegen und zu denen insbesondere auch das Kausalitätserfordernis gehört (vgl. [X.], Urteil vom 4. November 2003 - [X.] - [X.]Z 156, 379 <382 f.>). Zweitens geht die Rechtsprechung des [X.]s davon aus, dass insoweit kein relevanter Unterschied zwischen den Voraussetzungen des entgeltbezogenen Missbrauchsverbots nach § 28 [X.] und denjenigen Voraussetzungen besteht, unter denen eine Missbrauchsverfügung gemäß § 42 [X.] erlassen werden kann. Mit der Bezugnahme auf das Urteil vom 18. April 2007 hat der [X.] - drittens - vorausgesetzt, dass die dargelegten Grundsätze einschließlich des [X.] gleichermaßen auch für solche [X.] gelten, in denen die beanstandete Tätigkeit auf einem [X.] stattfindet und die Wirkungen auf dem beherrschten Markt eintreten.

Für eine Überprüfung dieser Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren gibt die Beschwerdebegründung keinen Anlass. Dass die Anwendung des § 42 [X.] - ebenso wie die Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] oder des § 19 Abs. 1 GWB - einen Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung voraussetzt, folgt bereits aus dem Gesetzeswortlaut, der jeweils auf ein "Ausnutzen" der beträchtlichen Marktmacht abstellt ([X.]/[X.], in: [X.]/[X.] , Beck'scher [X.]-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 28 Rn. 40; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2018, § 42 Rn. 13). Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des Missbrauchsverbots. Verhindert werden sollen solche Verhaltensweisen, die dem regulierten Unternehmen auf einem Markt mit funktionierendem Wettbewerb unmöglich wären, insbesondere durch die andere Unternehmen in einer Weise behindert oder benachteiligt werden, die bei wirksamem Wettbewerb ausgeschlossen wäre ([X.], in: [X.]/[X.] , Beck'scher [X.]-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 42 Rn. 36, 38; vgl. auch [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2018, § 42 Rn. 13). Zwar reicht es für die Kausalität zwischen der marktbeherrschenden Stellung und ihrer missbräuchlichen Ausnutzung, wenn die [X.]schädlichkeit einer Maßnahme im Ergebnis gerade daraus erwächst, dass sie von einem marktmächtigen Unternehmen praktiziert wird (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - 6 C 18.09 - [X.] 442.066 § 28 [X.] Nr. 3 Rn. 28). Verhaltensweisen, die nur zu solchen Beeinträchtigungen des [X.] führen, welche auch unabhängig von der marktbeherrschenden Stellung des regulierten Unternehmens eintreten würden, werden von § 42 [X.] jedoch nicht erfasst.

bb) Ist die Frage nach dem Erfordernis eines Kausalzusammenhangs zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung in den sogenannten [X.] damit grundsätzlich - im Sinne einer Ergebniskausalität - geklärt, kann die Konkretisierung dieses Erfordernisses nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls erfolgen und entzieht sich einer Klärung im Sinne eines allgemein gültigen Rechtssatzes. Ob ein bestimmtes Verhalten des regulierten Unternehmens auf einem [X.] zu einer Beeinträchtigung des [X.] auf dem regulierten Markt führt, die ohne die beherrschende Stellung des Unternehmens auf diesem Markt nicht eintreten würde, obliegt der tatrichterlichen Würdigung und Bewertung. Hierbei müssen sowohl die Art des beanstandeten Verhaltens als auch die Struktur und Funktionsweise der betroffenen Märkte in den Blick genommen werden.

Bezogen auf den vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass es nicht die marktbeherrschende Stellung der Beigeladenen auf dem Markt für Festnetztelefonanschlüsse sei, die es ihr ermögliche, der Klägerin die [X.] auf Vorleistungsebene vorzuenthalten, und dass jeder der [X.] - unabhängig von seiner Stellung auf dem von der Beigeladenen beherrschten Markt für Festnetztelefonanschlüsse - ein [X.] wie das streitgegenständliche anbieten und sich damit gegenüber Wettbewerbern ggf. einen Vorteil verschaffen könnte ([X.]). Auf dieser tatsächlichen Grundlage war es sodann Sache der tatrichterlichen Würdigung des [X.], festzustellen, ob die Weigerung der Beigeladenen, ein konkretes Angebot für ein [X.] vorzulegen, das die Wettbewerber in die Lage versetzt, [X.] auf dem regulierten Endkundenmarkt nachzubilden, zu einer Behinderung oder Benachteiligung anderer Unternehmen auf diesem Markt führt, die ohne die marktbeherrschende Stellung der Beigeladenen nicht eintreten würden. Diese Würdigung betrifft die Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall und wirft keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

b) Die Klägerin möchte ferner die Rechtsfrage geklärt wissen,

"ob sich die allgemeine Rechtsprechung des [X.] bezüglich [X.] und Art. 102 AEUV auf den Missbrauchstatbestand des § 42 [X.] übertragen lässt und, wenn ja, welche Anforderungen an de(n) Maßstab der Verbundenheit der Märkte zu stellen sind."

Diese Rechtsfrage kann mangels Entscheidungserheblichkeit im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Soweit das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zu Art. 102 AEUV bzw. der Vorgängernorm des Art. 86 EGV erwähnt hat, die in [X.] wie der hiesigen - neben weiteren Voraussetzungen - zumindest verlange, dass es sich bei den Märkten, auf denen das missbilligte Verhalten stattfindet bzw. dessen Wirkungen eintreten, um verbundene Märkte handelt, sind diese Ausführungen für das angefochtene Urteil nicht tragend. Denn das Verwaltungsgericht lässt im Ergebnis offen, ob es an einer Verbundenheit der Märkte für [X.] auf Vorleistungsebene sowie dem Markt für Telefonfestnetzanschlüsse in diesem Sinne vorliegend fehlt ([X.]).

c) Schließlich wirft die Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage auf,

"ob die allgemeine Missbrauchskontrolle des § 42 Abs. 4 [X.] durch die Spezialnormen der §§ 27 ff. [X.] - insbesondere das Verfahren der nachträglichen [X.] gem. § 38 [X.] - verdrängt wird, soweit als missbräuchliche Verhaltensweise die Gestaltung der Endkundenpreise bzw. die kommerzielle Gestaltung des entsprechenden Endkundenangebots in Rede steht."

Auch diese Frage würde sich im Revisionsverfahren auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des [X.] nicht stellen und ist daher ebenfalls nicht klärungsfähig. Sie bezieht sich auf die Annahme des [X.], dass auch das Angebot von [X.]n durch die Beigeladene am Endkundenmarkt zum gleichen Preis wie reguläre - d.h. allein DSL-gestützte - Festnetz/Internetanschlüsse nicht als Anknüpfungspunkt für ein Vorgehen der Beklagten nach § 42 [X.] in Betracht komme. Insoweit enthält das angefochtene Urteil jedoch zwei selbstständig tragende Begründungen, wie sich aus der den zweiten Begründungsstrang einleitenden Formulierung ("Unabhängig davon") ergibt.

Das Verwaltungsgericht hat demnach zwar einerseits darauf abgestellt, dass die allgemeine Missbrauchskontrolle des § 42 [X.] für den unmittelbaren Bereich der [X.] durch die Spezialnormen der §§ 27 ff. [X.] verdrängt werde, weil die §§ 35, 38 [X.] ein geschlossenes System der Entgeltüberprüfung darstellten, das detaillierte Vorgaben für die Durchführung der [X.] enthalte und nicht durch einen Rückgriff auf § 42 Abs. 4 [X.] ausgehebelt werden dürfe ([X.]). Hier mag sich die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage stellen. Andererseits hat das Verwaltungsgericht eine missbräuchliche Verhaltensweise der Beigeladenen durch die Gestaltung der Endpreise jedoch schon aufgrund der tatsächlichen Umstände verneint ([X.]). In diesem Zusammenhang hat es den Vortrag der Klägerin, die Hybrid-Komponente werde durch die Beigeladene den Endkunden kostenlos beigegeben, als "zumindest irreführend" qualifiziert. Zwar sei es richtig, dass die Kunden die [X.] ohne [X.] erhielten. Allerdings setze der Bezug der [X.] die Nutzung eines entsprechenden Routers voraus, der entweder zu einem Preis von 399 € käuflich erworben oder zu einem monatlichen Preis von 9,95 € gemietet werden müsse. Diesen - für die Revisionsinstanz bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) - tatsächlichen Feststellungen ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

3. Die Revision ist schließlich nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) oder die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verletzt hat. Insbesondere musste das Verwaltungsgericht die Klägerin nicht darauf hinweisen, dass es (unter anderem) unter Berufung auf wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des [X.] im Rahmen von § 42 [X.] auf die fehlende Kausalität zwischen marktmächtiger Stellung und missbilligtem Verhalten abstellen würde. Denn wie ausgeführt, hat auch der [X.] bereits entschieden, dass in den sogenannten [X.] diejenigen Grundsätze herangezogen werden können, die der Rechtsprechung des [X.] zu § 19 GWB zugrunde liegen und zu denen insbesondere auch das Kausalitätserfordernis gehört. Daher durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin auch ohne gerichtlichen Hinweis auf das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten bzw. seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung in den sogenannten [X.] eingehen würde.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Klägerin aufzuerlegen, weil die Beigeladene einen Sachantrag gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

6 B 35/19

31.01.2020

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Köln, 8. April 2019, Az: 1 K 408/16, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 86 Abs 3 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 10 TKG 2004, § 11 TKG 2004, § 27 TKG 2004, § 42 TKG 2004

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.01.2020, Az. 6 B 35/19 (REWIS RS 2020, 3756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3756

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