Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.06.2011, Az. I B 108/10

1. Senat | REWIS RS 2011, 5630

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Gegenstand

(Fortbestand des Verlustabzugs nach Abwärtsverschmelzung (§ 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F.))


Leitsatz

1. NV: Bei einer sog. Abwärtsverschmelzung bleiben die Verlustabzüge der aufnehmenden Gesellschaft nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. bestehen .

2. NV: Bei Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Fortführung des Geschäftsbetriebs mit überwiegend neuem Betriebsvermögen gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 ist in diesem Fall auf den gesamten Geschäftsbetrieb der aufnehmenden Gesellschaft abzustellen. Das gilt auch dann, wenn deren ursprünglicher Geschäftsbetrieb als betriebsorganisatorisch selbständige Einheit fortgeführt wird .

3. NV: Es muss kein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler in Form der groben Missachtung grundlegender Auslegungsprinzipien vorliegen, wenn das FG das Bindewort "und" in einer Vertragsklausel nicht im kumulativen, sondern im alternativen Sinne, d.h. ein "oder" auslegt .

Tatbestand

1

I. Streitpunkt ist der Fortbestand eines [X.] bei der aufnehmenden Gesellschaft nach einer sog. Abwärtsverschmelzung.

2

An der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, war die [X.] zunächst zu 50 v.H. beteiligt. Im Mai 1997 (Streitjahr) erwarb die [X.] die restlichen 50 v.H. der Geschäftsanteile der Klägerin von der [X.].[X.] Die [X.] kaufte in diesem Zusammenhang auch Forderungen, die der [X.].[X.] gegen die Klägerin zustanden, zum Nominalwert von insgesamt 1,28 Mio. DM. Geschäftsgegenstand der Klägerin war ab diesem Zeitpunkt die Erbringung von Generalunternehmerleistungen durch Beauftragung Dritter. Der Geschäftsgegenstand der [X.] bestand in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Immobilienwirtschaft, im Herstellen und Betreiben von [X.], in der Wärmeversorgung, der Gas- und Wasserinstallation sowie dem Erwerb und der Veräußerung von Immobilien.

3

Am 5. August 1998 wurde die [X.] mit steuerlicher Rückwirkung zum 31. Dezember 1997 durch Aufnahme (§§ 2 ff. i.V.m. §§ 46 ff. des [X.] --UmwG--) auf die Klägerin verschmolzen. Deren Geschäftsgegenstand bestand nunmehr in der Ausführung von Bauleistungen aller Art auf den Gebieten des Neubaus, der Altbausanierung, der Renovierung, Instandhaltung und Reparatur, der Ausführung von Dienstleistungen im Bereich der Immobilienwirtschaft, der Gas- und Wasserinstallation, der Lieferung von Wärme und das Betreiben und Herstellen der dazugehörigen Versorgungsanlagen.

4

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) berücksichtigte in den das Streitjahr betreffenden ertragsteuerlichen Bescheiden die im Geschäftsbetrieb der Klägerin bis zum [X.] entstandenen Verluste (Verlustvortrag zum 31. Dezember 1997: 917.155 DM, Verlust des Jahres 1997: 551.085 DM) nicht und berief sich dafür auf § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.[X.] zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 ([X.] 1997, 2590, [X.], 928) --KStG 1996 n.F.--. Außerdem lehnte das [X.] die Berücksichtigung eines Verschmelzungsverlusts ab, den die Klägerin daraus ableitet, dass die von der [X.] erworbenen Forderungen infolge der Verschmelzung untergegangen seien, während die entsprechenden Verbindlichkeiten der Klägerin bei dieser infolge einer Rangrücktrittserklärung der [X.].[X.] vom Oktober 1996 schon seit diesem Zeitpunkt nicht mehr zu passivieren gewesen seien.

5

Die u.a. deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat sie insoweit mit Urteil vom 1. Juni 2010  8 K 82/03 C als unbegründet abgewiesen.

6

Die Klägerin beantragt die Zulassung der Revision gegen das [X.] und stützt ihr Begehren auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, auf eine Abweichung von der Rechtsprechung des [X.] ([X.]), auf eine greifbare Gesetzwidrigkeit und auf Verfahrensmängel.

7

Das [X.] beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die [X.]ichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen --soweit sie hinreichend dargetan worden sind-- nicht vor.

9

1. Eine Entscheidung des [X.] ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 [X.]r. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] weicht nicht von dem Senatsurteil vom 28. Mai 2008 [X.]/07 ([X.]E 222, 245) ab. Es stellt keinen divergierenden Rechtssatz zu der Aussage des [X.] in [X.]E 222, 245 auf, zu den tatbestandlichen Vorgaben des [X.] des § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1996 n.F. gehöre es, dass die Veränderung der wirtschaftlichen Identität als Folge der [X.]utzung neuen bzw. bisher bei der Kapitalgesellschaft nicht vorhandenen Betriebsvermögens eintrete. Soweit es im [X.] heißt, es komme für die Beurteilung der Zuführung "schädlichen" neuen Betriebsvermögens maßgeblich auf das Aktivvermögen an, und zwar unabhängig davon, für welche Zwecke es genutzt werde, ist damit ersichtlich nicht gemeint, dass die weitere [X.]utzung des zugeführten Betriebsvermögens bei der Klägerin gänzlich unerheblich sei. Vielmehr wollte das [X.] damit offenkundig der These der Klägerin entgegentreten, für die Anwendung des § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. im Rahmen einer [X.] sei darauf abzustellen, ob der der aufnehmenden [X.] zugeführte Geschäftsbetrieb weiterhin selbständig [X.] auch unter einem gemeinsamen rechtlichen Dach mit deren bisherigen [X.] fortgeführt werde (dann keine Tatbestandsmäßigkeit) oder ob beide bisherigen Geschäftsbetriebe auch betriebswirtschaftlich zu einer Einheit fusioniert werden. Zu dieser Frage enthält das Senatsurteil in [X.]E 222, 245 indes keine Aussage; es betrifft einen vom Streitfall verschiedenen Sachverhalt, bei dem es an der Zuführung neuen Betriebsvermögens gänzlich gefehlt hatte.

2. Eine Revisionszulassung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 [X.]r. 1 [X.]O geboten.

a) Zu Recht weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass bisher keine höchstrichterliche Entscheidung zu der vom [X.] bejahten Frage ergangen ist, ob der Wechsel des [X.] im Zuge der im Streitfall gegebenen sog. [X.] einer Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft als Anteilsübertragung im Sinne des [X.] des § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1996 n.F. anzusehen ist oder dieser jedenfalls wirtschaftlich gleichzustellen ist, so dass --bei Vorliegen der weiteren [X.] die wirtschaftliche Identität der Tochtergesellschaft i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] 1996 n.F. verloren geht.

Die Frage hat aber gleichwohl keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nicht klärungsbedürftig ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es u.a., wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 31. Mai 2007 [X.]/06, [X.]/[X.]V 2007, 1867, und vom 27. März 2009 VIII B 184/08, [X.]E 224, 458, [X.], 850; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.[X.]). Letzteres ist hier der Fall.

aa) [X.]ach § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] 1996 n.F. ist Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d des Einkommensteuergesetzes, dass die Körperschaft, die den Verlust geltend machen will, nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. definiert die "wirtschaftliche Identität" einer Körperschaft nicht, sondern bestimmt in Satz 2 lediglich beispielhaft, wann eine wirtschaftliche Identität nicht mehr gegeben ist. Satz 2 des § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. als [X.] setzt damit mittelbar einen Maßstab für die unter Satz 1 zu fassenden Sachverhalte. Sie müssen Voraussetzungen erfüllen, die mit den in Satz 2 genannten wirtschaftlich vergleichbar sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile in [X.]E 222, 245; vom 5. Juni 2007 [X.], [X.]E 218, 207, [X.], 988; vom 27. August 2008 [X.], [X.]E 222, 528, jeweils m.w.[X.]).

[X.]ach dem [X.] in § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1996 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 fehlt einer Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität, wenn --erstens-- bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als 75 v.H. der Geschäftsanteile übertragen werden, --zweitens-- überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt und --drittens-- der Geschäftsbetrieb mit diesem neuen Betriebsvermögen wieder aufgenommen wird. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1996 n.F. sind diese Voraussetzungen in zwei Punkten verschärft worden: Die wirtschaftliche Identität fehlt danach bereits dann, wenn mehr als 50 v.H. der Geschäftsanteile übertragen werden und wenn der Geschäftsbetrieb mit dem überwiegend neuen Betriebsvermögen fortgeführt wird.

bb) Das [X.] hat angenommen, der bei der [X.] stattfindende Wechsel der Inhaberschaft an den Anteilen der Tochtergesellschaft von der bisherigen Muttergesellschaft auf deren [X.]er sei mit einer Anteilsübertragung im Sinne des [X.] des § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1996 n.F. vergleichbar (ebenso Schreiben des [X.] --BMF-- vom 16. April 1999, [X.], 455, [X.]. 26, 28; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 8 Abs 4 [X.] Rz 84; Brendt in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 8 Abs. 4 aF/Anh § 8c Rz 157; wohl auch [X.] in [X.], [X.], 1. Aufl., § 8 Rz 1416 "[X.]"). Diese Beurteilung ist eindeutig zutreffend, da es für die Beurteilung als ein einer Anteilsübertragung gleichkommender Sachverhalt keine Rolle spielen kann, ob es sich (wie im [X.]) um eine unmittelbare rechtsgeschäftliche Übertragung der einzelnen Anteile handelt oder ob der [X.] infolge des Umwandlungsvorgangs der Verschmelzung eintritt. Zwar tritt der --sich unmittelbar und ohne Durchgangserwerb der Tochtergesellschaft vollziehende (Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 [X.], [X.]E 228, 21, [X.], [X.] Wechsel der [X.]chaft in diesem Fall von Gesetzes wegen unmittelbar mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister der übernehmenden [X.] ein (§ 20 Abs. 1 [X.]r. 3 [X.]). Auch im Fall der Verschmelzung beruht der [X.] jedoch letztlich auf einem rechtsgeschäftlichen Vorgang, nämlich dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags durch die beiden betroffenen [X.]en (§ 4 i.V.m. § 46 [X.]), der der Zustimmung der jeweiligen [X.]erversammlungen bedarf (Verschmelzungsbeschluss, § 13 i.V.m. § 50 [X.]). Von einem "willensunabhängigen Vorgang" --wie die Klägerin meint-- kann deshalb in Bezug auf den [X.] bei der Verschmelzung nicht die Rede sein.

Aus der Rechtsprechung des Senats ergibt sich des Weiteren, dass für die Frage der [X.]chaft ausschließlich auf die unmittelbare zivilrechtliche Beurteilung abzustellen ist und dass deshalb mittelbare Beteiligungen --etwa über eine Kapitalgesellschaft-- im Rahmen des § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. unbeachtlich sind (Senatsurteil vom 20. August 2003 [X.], [X.]E 203, 135, [X.], 616; Senatsbeschluss vom 17. Mai 2010 [X.]/09, [X.]/[X.]V 2010, 1859). Infolgedessen vermag es an der Tatbestandsmäßigkeit der [X.] nichts zu ändern, dass in diesem Fall die neuen [X.]er der Tochtergesellschaft vor der Verschmelzung bereits mittelbar --über die vormalige [X.] an dieser beteiligt waren. Eine sog. Konzernklausel, wie sie jetzt in § 8c Abs. 1 Satz 5 [X.] 2002 i.d.[X.] des Wirtschaftswachstums vom 22. Dezember 2009 ([X.], 3950, [X.], 2) enthalten ist, existierte im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. nicht.

b) Zu der zweiten von der Klägerin zur Klärung gestellten Problematik, nach welchen Gesichtspunkten das "sachliche Substrat", das sich in den [X.] der "Zuführung neuen Betriebsvermögens" und der Wiederaufnahme bzw. Fortführung des Geschäftsbetriebs widerspiegele, zu prüfen sei, fehlt es in der Beschwerdebegründung bereits an der Formulierung einer konkreten Rechtsfrage. Im Übrigen ist die von der Klägerin an dieser Stelle kritisierte Auffassung des [X.], eine Fortführung des Geschäftsbetriebs mit dem zugeführten Betriebsvermögen liege bei der [X.] unabhängig davon vor, ob der verlustverursachende Geschäftsbetrieb der aufnehmenden [X.] und das zugeführte Betriebsvermögen der vormaligen Muttergesellschaft als selbständige Betriebszweige oder als betriebswirtschaftliche Einheit fortgeführt werden (s. oben [X.]), eindeutig zutreffend. Denn soweit § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1996 n.F. den Verlust der wirtschaftlichen Identität daran knüpft, dass die Kapitalgesellschaft "ihren Geschäftsbetrieb" mit dem zugeführten Betriebsvermögen fortführt, kann nur der gesamte Geschäftsbetrieb der [X.] gemeint sein, unabhängig davon, in welche und wie viele Betriebszweige er aufgeteilt werden kann (vgl. BMF-Schreiben in [X.], 455 [X.]. 08; [X.]/Rengers, Einkommensteuergesetz, [X.], Gewerbesteuergesetz, § 8 [X.] Rz 920).

c) Soweit die Klägerin eine Senatsentscheidung zur Auslegung der [X.] des § 8 Abs. 4 Satz 3 [X.] 1996 n.F. für wünschenswert hält, fehlt es wiederum an der Formulierung einer konkreten Rechtsfrage, die zur Überprüfung durch den Senat gestellt werden soll, und der Darlegung ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit. Damit ist den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O an die Darlegung des [X.] der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 32, m.w.[X.]) nicht Genüge getan.

d) Auch im Hinblick auf die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Anwendung der den Verlustabzug weiter erschwerenden Regeln des § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. auf Verluste, die vor dem Zeitpunkt der Beschlussfassung des [X.] über das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform am 5. August 1997 verwirklicht bzw. festgestellt worden sind, genügt die Beschwerdeschrift nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O.

Wird die Verfassungswidrigkeit einer [X.]orm geltend gemacht, so ist zur substantiierten Darlegung eine an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) orientierte Auseinandersetzung erforderlich ([X.]-Beschluss vom 4. Februar 2003 [X.], [X.]/[X.]V 2003, 1059, m.w.[X.]). In der Beschwerdebegründung ist zu erläutern, gegen welche Verfassungsnormen die angewandte Rechtsnorm verstoßen soll; der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] (Senatsbeschluss vom 6. [X.]ovember 2007 [X.]/07, [X.]/[X.]V 2008, 577, m.w.[X.]).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin gibt lediglich eine Äußerung in der Literatur wieder (Heger, juris [X.]/2009, [X.]. 5), die --ganz allgemein-- verfassungsrechtliche Problemfelder der gesetzlichen Einschränkung von Verlustabzügen umreißt, ohne hierzu indes nähere Ausführungen zu machen. Des Weiteren verweist die Klägerin darauf, dass nicht ausgeschlossen sei, dass das [X.] in dem Verfahren betreffend den Vorlagebeschluss des beschließenden Senats vom 8. Oktober 2008 [X.]/04, ([X.]E 223, 105), ergänzt durch Senatsbeschluss vom 14. März 2011 [X.]/04, dem Gesetzgeber --über das Anliegen der Vorlagefrage des Senats hinaus-- die Vorgabe machen werde, die Anwendung der Übergangsregelung des § 54 Abs. 6 [X.] 1996 i.d.[X.] eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 ([X.] 1997, 3121, [X.], 7 --[X.] 1996 i.d.F. des [X.], nunmehr § 34 Abs. 6 [X.] 1999 i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes --StSenkG-- vom 23. Oktober 2000, [X.] 2000, 1433, [X.], 1428) auf alle bis zum 5. August 1997 verwirklichten bzw. festgestellten Verluste auszudehnen.

Für eine Darlegung der Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung hätte es indes einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, aus welchen verfassungsrechtlichen Gründen die Übergangsregelung des § 54 Abs. 6 [X.] 1996 i.d.[X.] die erstmalige Geltung der [X.]eufassung nicht an den Zeitpunkt des Verlusts der wirtschaftlichen Identität anknüpfen durfte, sondern dafür auf den Zeitpunkt der jeweiligen Verlustentstehung bzw. -feststellung hätte abstellen müssen. Die Beschwerdebegründung enthält dazu jedoch außer pauschalen Hinweisen auf den Gleichheitssatz und auf Vertrauensschutzgesichtspunkte kein substantielles Vorbringen.

3. Die Zulassung der Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 [X.]r. 3 [X.]O wegen Verfahrensmängeln veranlasst.

a) [X.], das [X.] habe unter Verstoß gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 [X.]O) nicht analysiert, wie das Aktivvermögen der Klägerin nach der Verschmelzung den verschiedenen Geschäftsbereichen zugeordnet und von diesen verwendet worden sei, ist unbegründet. Denn für die Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist der materielle Rechtsstandpunkt des [X.] zugrunde zu legen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 12. Juni 2007 [X.]/06, [X.]/[X.]V 2007, 1927; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 79, m.w.[X.]). Und nach der Rechtsauffassung des [X.] kommt es --anders als nach Meinung der [X.] für die Anwendung des § 8 Abs. 4 [X.] 1996 n.F. nicht darauf an, welchen fortgeführten Betriebsbereichen der Klägerin die Gegenstände des [X.] nach der Verschmelzung jeweils zuzuordnen waren (oben [X.] und II.2.b).

b) Die im Hinblick auf die Verneinung der Voraussetzungen der [X.] des § 8 Abs. 4 Satz 3 [X.] 1996 n.F. erhobenen Aufklärungsrügen, das [X.] habe keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen zu dem angenommenen Motiv der Verschmelzung und dazu getroffen, in welchem Umfang die Zuführung neuen Betriebsvermögens zur Fortführung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs der Klägerin "notwendig" gewesen wäre, bleiben ebenfalls ohne Erfolg. Es fehlt insoweit an einer Darlegung dahingehend, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern diese auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des [X.] zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (vgl. zu den [X.] z.B. [X.]-Beschluss vom 18. September 2006 IX B 154/05, [X.]/[X.]V 2007, 31; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 120 Rz 70). Die bloße Behauptung, das [X.] hätte die angesprochenen Aspekte bei einer weiteren Sachaufklärung anders beurteilen müssen, reicht insoweit nicht.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang außerdem noch eine widersprüchliche Beweiswürdigung durch das [X.] rügt, würde es sich dabei um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln, nicht aber um einen die Revisionszulassung ermöglichenden Verfahrensmangel (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 11. [X.]ovember 2004 [X.]/04, [X.]/[X.]V 2005, 568; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 82, m.w.[X.]).

c) Die Klägerin hat nicht schlüssig dargetan, dass das [X.] ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (§ 96 Abs. 2 [X.]O, Art. 103 Abs. 1 GG), indem es ihr Vorbringen zu den wirtschaftlichen Beweggründen der Verschmelzung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Zwar verlangt der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs, dass das Gericht die wesentlichen, der Rechtsverfolgung dienenden Tatsachenbehauptungen und Rechtsausführungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet, sofern sie nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert sind (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 15. April 1980  1 BvR 1365/78, [X.]E 54, 43, und vom 19. Mai 1992  1 BvR 986/91, [X.]E 86, 133; [X.]-Beschluss vom 1. September 2008 [X.]/07, [X.]/[X.]V 2008, 2010, jeweils m.w.[X.]). Das Recht auf Gehör verlangt aber nicht, dass sich das Gericht in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich befassen müsste (vgl. [X.]-Beschluss vom 5. Dezember 1995  1 BvR 1463/89, [X.] 1996, 153, m.w.[X.]; [X.]-Beschlüsse vom 7. Oktober 2003 [X.], [X.]/[X.]V 2004, 164, und vom 26. April 1995 [X.]/94, [X.]E 177, 451, [X.] 1995, 532, m.w.[X.]).

Dass das [X.] das Vorbringen der Klägerin zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich schon aus dessen Erwähnung im [X.] (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/[X.]V 2008, 2010). Soweit die Klägerin vorbringt, die Vorinstanz könne den Vortrag aber gleichwohl nicht in Erwägung gezogen haben, weil sie im Rahmen der Entscheidungsgründe von einem anderen Verschmelzungsmotiv --der [X.] ausgegangen sei, ist nicht ersichtlich --und wird von der Klägerin nicht konkret [X.], aus welchen Gründen das vom [X.] angenommene Motiv mit den von der Klägerin erstinstanzlich vorgebrachten wirtschaftlichen Beweggründen unvereinbar sein soll. Denn nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hat das [X.] die [X.] nicht als alleinigen Grund der Verschmelzung, sondern lediglich als weiteres Ziel ("auch") neben der Sanierungsabsicht angesehen.

4. Schließlich führt auch die Rüge des qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers des [X.] im Hinblick auf die Auslegung der Rangrücktrittserklärung der [X.].[X.] vom 28. Oktober 1996 nicht zur Revisionszulassung. Allerdings können besonders schwerwiegende Fehler des [X.] bei der Anwendung materiellen Rechts, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 [X.]r. 2 [X.]O ermöglichen. In diesem Sinne greifbar gesetzwidrig ist eine Entscheidung dann, wenn sie objektiv willkürlich und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (z.B. Senatsbeschluss vom 1. Juli 2009 [X.]/08, juris; [X.]-Beschluss vom 1. September 2008 [X.], [X.]/[X.]V 2009, 35, m.w.[X.]). Für die Auslegung von Willenserklärungen kann von objektiver Willkür gesprochen werden, wenn das Gericht anerkannte Auslegungsgrundsätze in einem Maße außer [X.] lässt, dass seine Entscheidung nicht mehr nachvollziehbar ist (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 29. April 1998  2 BvR 2939/93, [X.]eue Juristische Wochenschrift --[X.]JW-- 1998, 2810; vom 20. September 2000  1 BvR 441/00, [X.]JW 2001, 1200). Im Streitfall liegt solches jedoch nicht vor.

a) Die Klägerin rügt, dass das [X.] die Passage aus der Rangrücktrittsvereinbarung, nach der die [X.].[X.] Zahlungen auf ihre Forderungen nur verlangen werde, "als diese aus Gewinnen der (Klägerin) erfolgen können und die Überschuldung beseitigt ist" so verstanden hat, dass die Forderungen danach nicht nur aus künftigen Gewinnen der Klägerin, sondern alternativ und unabhängig davon auch im Falle der Beseitigung der Überschuldung der Klägerin bedient werden sollten. Damit habe das [X.] das in der Erklärung verwendete Bindewort "und" abweichend vom eindeutigen Wortlaut als "oder" ausgelegt, ohne dass Anhaltspunkte für ein derartiges Verständnis bestünden.

b) Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass die Verwendung des Wortes "und" --jedenfalls auf den ersten [X.] nahe legt, dass die Erklärung kein alternatives, sondern ein kumulatives Vorliegen der Bedingungen "Bedienung aus Gewinnen" und "nach Beseitigung der Überschuldung" als [X.] statuiert. Jedoch besagt der Grundsatz des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, dass bei der Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen ist und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist. Das [X.] war deshalb durch die Verwendung des "und" nicht grundsätzlich gehindert, aus dem nach seinem Verständnis einzigen Ziel der Rangrücktrittserklärung --nämlich der Verhinderung einer Überschuldung der [X.] die Beseitigung einer solchen als hinreichende Voraussetzung für den Bedingungseintritt anzusehen. Eine unzutreffende Verwendung der Begriffe "und" und "oder" ist eine mögliche Fehlerquelle bei der Vertragsformulierung (sie ist auch dem Gesetzgeber schon unterlaufen, vgl. § 8b Abs. 4 Satz 2 [X.]r. 2 [X.] 1999/2002 in den Fassungen des Gesetzes zur Fortentwicklung des [X.] vom 20. Dezember 2001, [X.] 2001, 3858, [X.], 35 und des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003, [X.] 2003, 2840, [X.], 14 und das dazu ergangene Senatsurteil vom 18. März 2009 [X.], [X.]E 225, 323). Ob die Auslegung des [X.] im Streitfall nahe liegend und überzeugend ist oder nicht, bedarf für die Frage des qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers keiner Entscheidung; sie beruht jedenfalls nicht auf einer groben Missachtung grundlegender Auslegungsprinzipien.

Meta

I B 108/10

20.06.2011

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 1. Juni 2010, Az: 8 K 82/03 C, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 8 Abs 4 S 2 KStG 1996 vom 29.10.1997, § 133 BGB, § 8c Abs 1 S 5 KStG 2002 vom 22.12.2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.06.2011, Az. I B 108/10 (REWIS RS 2011, 5630)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5630

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