Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2013, Az. 1 StR 633/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7974

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 633/12

vom
21. Februar
2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Steuerhinterziehung u.a.

-
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-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 21. Februar
2013
gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

I.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 14. Mai 2012 im Strafausspruch dahin geändert, dass die [X.] im Fall [X.]. der [X.] auf sechs Monate herabgesetzt wird.
II.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
III.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen, Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie wegen falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verur-teilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Daneben hat es angeordnet, dass drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaats-widriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die [X.] formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge nur den aus der [X.] ersichtlichen gerin-gen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet [X.]. § 349 Abs. 2 StPO.

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I.
1. Der Angeklagte war von 1993 bis Oktober 1998 Staatssekretär im [X.]. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bezog er Versorgungsbezüge nach Maßgabe des Beamtenversorgungsgesetzes ([X.]). Daneben war der Angeklagte als Rechtsanwalt tätig.
Ab 13. Oktober 1999 bis Juli 2002 war der Angeklagte Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten des [X.]. Vom 1. August 2002 bis 31.
Juli 2004 bezog er Übergangsgeld nach Maßgabe des [X.] (BbgMinG).
Ab Februar 2003 erzielte der Angeklagte als anwaltlicher Berater ver-schiedener Unternehmen sowie aus einer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Betriebseinnahmen beliefen sich im
das [X.] in Anlehnung an die Angaben des Angeklagten in seinen Ein-kommensteuererklärungen geschätzt.
Im Zeitraum August 2003 bis März 2004 bezog der Angeklagte zudem monatlich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer einer
s-Arbeit geschätzt.
Dem Angeklagten war bekannt, dass dieses Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge und das Übergangsgeld anzurechnen war. Er wusste 3
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auch, dass er den Bezug und die Änderung von Erwerbseinkommen gegenüber den Versorgungsträgern des [X.] und des [X.] anzuzeigen hatte. Dieser Verpflichtung kam er jedoch nicht ordnungsgemäß nach. Dabei beabsichtigte er, sich durch die ungekürzte Auszahlung der Versorgungsbezü-ge und des [X.] eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.
Dabei ging der Angeklagte wie folgt vor: Mit Schreiben vom 28. August 2003 teilte er dem als Zahlstelle fungierenden
[X.]amt für Finanzen mit, dass er seit Juli 2003 als Berater und Aufsichtsratsmitglied sowie als [X.] tätig sei. Angaben zur Höhe der von ihm erzielten Einkünfte ent-hielt das Schreiben nicht. Die Versorgungsbezüge und das Übergangsgeld wurden
daher zunächst ohne Anrechnung von Erwerbseinkommen ausgezahlt. Erst mit Schreiben vom 19. April 2004 legte der Angeklagte dem [X.]amt für Finanzen eine Aufstellung über seine monatlichen Einkünfte im Zeitraum Juli 2003 bis März 2004 vor.
Um weitere Überzahlungen zu vermeiden, kürzte die Oberfinanzdirektion [X.] als zuständige Behörde des [X.] die Versorgungsbezüge des [X.] mit Wirkung vom 1. Juli 2004. Um eine Anrechnung zu verhindern, teilte der Angeklagte der Oberfinanzdirektion [X.] mit E-Mail vom 21. Mai 2004 wahrheitswidrig mit, er verfüge seit April 2004 über kein anrechenbares Einkommen mehr. Tatsächlich erzielte der Angeklagte auch im Zeitraum April 2004 bis Dezember 2006 weiterhin Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Bei der Berechnung der überzahlten Versorgungsbezüge und des über-zahlten [X.] hat das [X.] die Anrechnung des Erwerbsein-kommens jeweils im Monat des Zuflusses der Betriebseinnahmen auf den [X.] des Angeklagten vorgenommen. Der Schaden zum Nachteil des [X.] 8
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beläuft sich auf ins., [X.]. und [X.]d.), der ([X.]. und [X.].).
2. Der Angeklagte kam zudem in den Jahren 2003 bis 2005 seiner Ver-pflichtung als Unternehmer
zur Abgabe von [X.] nicht innerhalb der Abgabefrist nach.
Für das [X.] reichte der Angeklagte am 27. März 2006 eine [X.] erst ein, nachdem das zuständige Finanzamt am 21.
Februar 2006 einen Schätzungsbescheid mit erheblicher Zahllast erlassen hatte. In dieser gab er die von ihm erzielten Umsätze nicht in voller Höhe an. Die aufgrund des geänderten [X.] geschuldeten [X.] entrichtete der Angeklagte. Nachdem seinem Steuerberater im April 2006 Kontrollmitteilungen über nicht in der eingereichten Erklärung enthal-tene Umsätze bekannt gegeben worden waren, reichte der Angeklagte am 7.
Juni 2006 eine geänderte Umsatzsteuerjahreserklärung ein. Die Umsatz-steuerhinterziehung war zu
diesem Zeitpunkt bereits entdeckt, womit der Ange-klagte aufgrund der Umstände -
insbesondere der Bekanntgabe der [X.] an seinen Steuerberater -
zumindest rechnen musste. Nachdem ihm die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben worden war, reichte der Angeklagte am 26. Oktober 2007 und 2. Januar 2008 erneut geänderte [X.] ein. Für die [X.] und 2005 wurden [X.]en erstmals nach Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens abgegeben. Wie das [X.] näher darlegt, wurde
II.2.a.
bis II.2.c.).
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3. Weiterhin beantragte der Angeklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 2005 beim [X.] Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die

[X.] Der Antragsgegnerin sollte untersagt werden
zu behaupten, der Angeklagte habe sein Gehalt als ehemaliger Geschäftsführer der Antragsgegnerin bis einschließlich März 2004 brutto gleich netto ausgezahlt erhalten. Zur Glaubhaftmachung legte der Angeklagte eine eigene eidesstattli-der

Verlagsgesellschaft mbH einen normalen Geschäftsführeranstellungs-gleich brutto. Lediglich in den ersten beiden Monaten wurde [X.] mein Gehalt brutto ausgezahlt. Die entsprechenden Abgaben habe ich in diesen Monaten selbst geleistet. Von August 2003 bis März 2004 erhielt ich nur das Nettogehalt. Tatsächlich war dem Angeklagten für die Monate August bis November 2003 darauf entfallenden Steuerbeträge wurden vom Angeklagten nicht abgeführt.
II.
1. Die Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung von § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO sowie des
Rechts auf ein faires Verfahren geltend gemacht wird, ist be-reits unzulässig, da sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt.
Der Verfahrensrüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Am ersten Hauptverhandlungstag am 20.
März 2012 kam zwischen dem [X.] und den Verfahrensbeteiligten eine Verständigung [X.]. § 257c StPO zustande. Danach sollte gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheits-13
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strafe verhängt werden, die ein
Jahr und sechs
Monate nicht übersteigt und neun
Monate
nicht unterschreitet. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe sollte zur Bewährung ausgesetzt werden. Bewährungsauflagen in Form von Geldzahlungen sollten nicht in Betracht kommen. Voraussetzung dafür sollte ein tragfähiges Geständnis des Angeklagten hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Taten sein.
Noch am selben Tag gab der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S.

na-mens und in Vollmacht des Angeklagten eine Erklärung zur Sache ab. Danach habe der Angeklagte aufgrund seiner Lebenssituation die mit seinen berufli-chen Tätigkeiten zusammenhängenden Einnahmen nicht mehr vollständig überblickt. Es sei daher möglich, dass unzutreffende Angaben gegenüber den Versorgungsträgern gemacht wurden. Der Angeklagte habe in Kauf genom-men, dass seine Angaben einen Irrtum mit daraus resultierender Überzahlung bei den Adressaten auslösen könnten. Am vierten Hauptverhandlungstag am 26. April 2012 gab der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S.

eine weitere Erklä-rung für den Angeklagten ab, mit der der Sachverhalt der Anklageschrift als zutreffend anerkannt wurde.
Am fünften Hauptverhandlungstag am 14. Mai 2012 verurteilte das [X.] den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zu der Bemessung der Gesamtstrafe führt das [X.] in den Urteilsgründen aus, die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe an der unteren vereinbarten Grenze sei nicht angezeigt gewesen. Die Kammer habe sich bei der Verabre-dung des Strafrahmens von der Erwartung tragen lassen, der Angeklagte, der um die Verständigung ersucht hatte, werde zu Beginn der Hauptverhandlung ein Beweiserhebungen im Wesentlichen entbehrlich machendes Geständnis 17
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es e-nen Absprache nicht erfüllte. Erst als die Beweisaufnahme annähernd abge-schlossen gewesen sei, habe der Angeklagte die Anklagevorwürfe mit knappen Worten eingeräumt, ohne zusätzliche Angaben zu machen oder Fragen der Kammer zu beantworten. Diesem späten Geständnis sei nicht mehr die straf-mildernde Wirkung zugekommen, die ein solches zu Beginn der Hauptverhand-lung gehabt hätte.
Die Revision macht geltend, entweder habe das [X.] entgegen seiner Verpflichtung aus § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO nicht darauf hingewiesen, e-wertete Einlassung des Angeklagten am ersten Hauptverhandlungstag, das die
Verständigung gebunden fühlte. Oder aber das [X.] habe zwar an der Verständigung festgehalten, jedoch unter Verletzung des Rechts des Angeklag-ten auf ein faires Verfahren (Art. 6 [X.], Art. 20 Abs. 3 GG) entgegen § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO nicht mitgeteilt, dass aufgrund des Prozessverhaltens des Angeklagten eine Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe an der unteren Grenze des Strafrahmens nicht mehr in Betracht gekommen sei.
Es kann dahinstehen, ob es aufgrund des alternativ gestalteten Vorbrin-gens bereits an der erforderlichen klaren Bezeichnung der Angriffsrichtung der Revision fehlt (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Januar 2012 -
1 StR 45/11
mwN). Jedenfalls erweist sich das [X.] in wesentlichen Punkten als unvollständig.
Aus der dem [X.] bekannten und ohne Widerspruch geblie-benen dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden der [X.] ergibt sich, 19
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dass dem Angeklagten bereits an dem auf seine Einlassung folgenden zweiten Hauptverhandlungstag mitgeteilt wurde, dass die Kammer nach Beratung die ansehe, das die Anforderungen der getroffenen Absprache nicht erfülle. Zudem war dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S.

wiederholt telefonisch mitgeteilt worden, dass die Kammer dem Angeklagten die Möglichkeit der Nachbesse-rung seines Geständnisses einräume und sich bis auf weiteres an die [X.] gebunden sehe.
Diese für die Beurteilung der Verfahrensrüge wesentlichen Umstände hätte der [X.] mitteilen müssen.
2. Die Verfahrensrüge wäre zudem auch unbegründet. Zwar entsprach das Prozessverhalten des Angeklagten zunächst nicht dem Verhalten, das der Prognose des [X.]s zugrunde gelegt worden ist. Allein dadurch entfiel die Bindung des [X.]s an die Verständigung mit der Folge der Hinweis-pflicht gemäß § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO jedoch nicht. Ein Wegfall der Bindung setzt darüber hinaus voraus, dass
das Gericht zu der Überzeugung gelangt, der in Aussicht gestellte Strafrahmen sei nicht mehr tat-
oder schuldangemessen. Dies liegt ausweislich der Urteilsgründe und der dienstlichen Erklärung der [X.] fern.
Die Kammer war auch weder gemäß § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO noch im Hinblick auf den Grundsatz des fairen Verfahrens dazu verpflichtet, den [X.] darauf hinzuweisen, dass wegen seines
späten Geständnisses die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe an der unteren Grenze des vereinbar-ten Strafrahmens nicht in Betracht kam.
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Die Angabe eines Strafrahmens durch das Gericht führt nicht dazu, dass nur die [X.] als Strafe festgesetzt werden darf. Der Angeklagte kann nur darauf vertrauen, dass die Strafe innerhalb des angegebenen Straf-rahmens liegt. Er muss daher auch damit rechnen, dass die Strafe die Straf-rahmenobergrenze erreicht ([X.], Beschluss vom 27. Juli 2010 -
1 [X.], [X.]R StPO § 257c Abs. 3 Satz 2 Strafrahmen 1). Das [X.] hat sich auch nicht in einer Weise unklar oder irreführend verhalten, welche den Ange-klagten über Bedeutung und Folgen seines eigenen Prozessverhaltens im [X.] ließ oder ihn zu letztlich nachteiligem Verhalten veranlasste. Die Kam-mer hat vielmehr den Angeklagten bereits an dem auf die Einlassung folgenden zweiten Hauptverhandlungstag darauf hingewiesen, dass das abgegebene Ge-ständnis die Anforderungen der getroffenen Verständigung nicht erfülle,
und dem Angeklagten damit die Möglichkeit gegeben, sein Verteidigungsverhalten anzupassen.

III.
Die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils führt auf die Sachrüge lediglich zu einer Herabsetzung der im Fall [X.].
verhängten Ein-zelfreiheitsstrafe; die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe hat dagegen Bestand.
1. [X.] hält hinsichtlich des Schuldspruches rechtlicher Nachprüfung stand.
Die von der [X.] vorgenommene Würdigung des Geschehens als Betrug in fünf Fällen ist nicht zu beanstanden. Die pflichtwidrig [X.] Anzeige des Bezugs und der voraussichtlichen Höhe der ab Februar 2003 erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit ist als Täuschung durch Unterlas-25
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sen der jeweiligen Entscheidungsträger der Versorgungsträger des [X.] und des [X.] zu werten. Gleiches gilt für die ab August 2003 bezo-genen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die wahrheitswidrige Behaup-tung des Angeklagten gegenüber der Oberfinanzdirektion [X.], er beziehe ab April 2004 kein anrechenbares Erwerbseinkommen mehr, stellt eine eigen-ständige Täuschung
durch [X.] dar.
Die vom Angeklagten erzielten Einkünfte aus selbständiger und nicht-selbständiger Arbeit unterliegen nach Maßgabe des § 53 Abs. 1 [X.] bzw. des § 16 Abs. 2 BbgMinG i.V.m. § 15
Nr. 1 BbgMinG der Anrechnung auf die Versorgungsbezüge und das Übergangsgeld.

Gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist der Versorgungsberechtigte ver-pflichtet, der Regelungsbehörde oder der die Versorgungsbezüge zahlenden Kasse u.a. den Bezug und jede Änderung von Einkünften [X.]. § 53 [X.] unverzüglich anzuzeigen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Rege-lungsbehörde von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erhält, um die ein-schlägigen Ruhensregelungen zur Anwendung zu bringen. Der Gesetzgeber hat dem Beamten eine besondere Verpflichtung auferlegt, die ihre Rechtferti-gung in der beamtenrechtlichen Treuepflicht findet ([X.], Urteil vom 18. April 2012 -
1 A 1522/11, NVwZ-RR 2012, 936; Leihkauff
in [X.]/
[X.]/[X.], Beamtenversorgungsrecht, 102. Lief., [X.] § 62 Rn.
29). Entsprechendes gilt über § 1 Abs. 3 BbgMinG i.V.m. § 53 Landesbe-amtengesetz [X.] aF
auch für nach § 16 Abs. 2 BbgMinG auf das Übergangsgeld anrechenbares Erwerbseinkommen.
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Die Revision meint, die Anzeigepflicht gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2
[X.] entstehe erst mit Erlass des jeweiligen Einkommensteuerbescheides. Daher sei die Verpflichtung durch unverzügliche Vorlage erfüllt. Der Senat teilt diese Auffassung nicht: Durch die unverzügliche Anzeige des Bezugs und jeder Änderung von Einkünften sollen Überzahlungen verhindert werden (vgl. [X.], Urteil vom 18. April 2012 -
1 A 1522/11, NVwZ-RR 2012, 936; Leihkauff
in [X.]/[X.]/[X.], Beamtenversorgungsrecht, 102. Lief., [X.] § 62 Rn. 29, 44). Dies könnte nicht erreicht werden, wenn der Einkommensteuerbescheid abzuwarten wäre. Die Versorgungsbezüge bzw. das Übergangsgeld würden dann nämlich für das gesamte Jahr zunächst [X.] ausgezahlt und eine Korrektur würde erst nach Erlass des Einkommen-steuerbescheides
erfolgen. Daher sind
bereits der Beginn sowie jede Änderung des Bezuges von Einkünften [X.]. §§ 53 bis 56 [X.] unter Angabe der voraussichtlichen Höhe der Einkünfte anzuzeigen. So kann aufgrund dieser Angaben zunächst eine vorläufige Ruhensregelung getroffen werden. Die ab-schließende Entscheidung erfolgt dann nach Vorlage des Einkommensteuer-bescheides (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Beamtenrecht, § 53
[X.] Rn. 34
).
Dieser Verpflichtung aus § 62 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist der Angeklagte mit seinem Schreiben an das [X.]amt für Finanzen vom 28. August 2003 nicht ausreichend nachgekommen. Die Angaben des [X.] müssen so konkret sein, dass die Regelungsbehörde den Sachverhalt prüfen, über die Anwendung der Ruhensregelungen entscheiden und hieran [X.] -
insbesondere die Kürzung der Versorgungsbezüge -
knüpfen kann (vgl. [X.], Urteil vom 11. August 2009 -
83 [X.], [X.], 79
zu §
60 Abs. 1 SGB I). Davon ausgehend genügen die Angaben des Angeklagten, er sei seit Juli 2003 als Berater und Aufsichtsratsmitglied sowie als Geschäfts-31
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führer tätig, seiner Anzeigepflicht nicht. Vielmehr ist auch die Höhe der voraus-sichtlichen anrechenbaren Einkünfte anzuzeigen, da andernfalls eine Anwen-dung der Ruhensregelungen bzw. eine Anrechnung des Erwerbseinkommens nicht möglich ist (vgl. [X.], Urteil vom 21. Oktober 2003 -
3 [X.], [X.], 386; [X.]/Wiedow, [X.]beamtengesetz, [X.] § 62 Rn. 16
).
2. Der Strafausspruch erweist sich jedoch im Fall
[X.]. der Urteilsgründe als rechtsfehlerhaft.
Zwar ist das [X.] im Hinblick darauf, dass die Tat auf wiederkeh-rende Leistungen gerichtet war, rechtsfehlerfrei von einem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten [X.]. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Jedoch hat es aufgrund einer unzutreffenden Berechnung der überzahlten [X.] einen zu großen Schadensumfang zugrunde gelegt.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das [X.] bei der Berechnung der überzahlten Versorgungsbezüge von einer umfassenden Anrechnung des Erwerbseinkommens auf die Versorgungsbezüge gemäß § 53 [X.] aus-gegangen.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Anrechnung des [X.] nicht nach Maßgabe der §§ 53, 53a [X.] in der bis zum 31.
Dezember 1998 gültigen Fassung durchzuführen, wonach eine Anrechnung nur auf den nicht erdienten Teil des Ruhegehalts vorzunehmen ist. Dem Ange-klagten war es für die Dauer der Wahrnehmung des [X.] von
Oktober 1999 bis Juli 2002 gemäß Art. 95 Landesverfassung [X.],
§ 3 Abs. 1 BbgMinG untersagt, neben dem Ministeramt einen anderen Beruf auszuüben. Die von dem
Angeklagten ab Februar 2003 erzielten Einkünfte aus 33
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anwaltlicher Tätigkeit fließen damit -
trotz [X.] der Zulassung -
nicht mehr aus einer seit dem 31. Dezember 1998 andauernden Tätigkeit [X.]. § 69c Abs. 4 Satz
1 [X.].
b) Das [X.] hat jedoch bei der Ermittlung des anrechenbaren Er-werbseinkommens rechtsfehlerhaft auch hinsichtlich der Einkünfte aus selb-ständiger Arbeit auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Betriebseinnahmen beim Angeklagten abgestellt.
Gemäß § 53 Abs. 7 Satz 4 [X.] erfolgt die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens grundsätzlich monatsbezogen. Wird das Einkommen nicht in [X.] erzielt, ist gemäß Satz 5 das Einkommen des [X.] gleichmäßig auf zwölf Monate zu verteilen. Einkünfte aus selbständi-ger Tätigkeit, die naturgemäß Schwankungen in ihrer monatlichen Höhe auf-weisen, werden
regelmäßig nicht in [X.] erzielt,
so dass bei An-wendung der Ruhensregelungen eine [X.] des Jahreseinkommens zu erfolgen hat (vgl. Kazmaier in [X.]/[X.]/[X.], Beamtenversor-gungsrecht des [X.] und der Länder,
98. Lief.; § 53 Rn. 216; [X.] in [X.]/[X.], Beamtenrecht, § 53 [X.] Rn. 34 ; [X.]/Wiedow, [X.]beamtengesetz, [X.],
§ 53 Rn. 183 ; für Einkünfte aus Gewerbebetrieb: [X.], Beschluss vom 16.
September 2009 -
1 A 435/08).
Die unzutreffende Berechnungsmethode hat sich lediglich im Fall [X.]. der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Dem Angeklagten ist in den Jahren 2003 und 2004 nicht in jedem Monat Erwerbseinkommen zu-geflossen, so dass sich durch die Verteilung auf zwölf Monate für einzelne Ka-lendermonate
ein niedrigerer anzurechnender Betrag ergibt.
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Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die fehlerhafte Annahme eines zu großen Schadensumfangs bei der Bemessung der [X.] im Fall [X.]. der Urteilsgründe zum Nachteil des
Angeklagten ausgewirkt hat. Daher hat der Senat die im Fall [X.]. verhängte [X.] entsprechend
§ 354 Abs. 1 StPO auf die Mindeststrafe von sechs Monaten
herabgesetzt (vgl. §
263 Abs. 3
Satz 1 und
2 Nr.
1 StGB).
3. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
Die Revision meint, die [X.] hätte sich mit der Möglichkeit aus-einandersetzen müssen, dass der Angeklagte die Umsatzsteuerjahreserklärun-gen ohne Vorsatz nicht fristgerecht abgegeben habe. Dies liegt jedoch fern und musste daher nicht erörtert werden. Dagegen spricht schon, dass der Ange-klagte bereits in den Umsatzsteuervoranmeldungen unzutreffende Angaben gemacht hatte. Eine Aufklärungsrüge zum Beleg des von der Revision für mög-lich gehaltenen Sachverhalts erhebt die Revision nicht.
4. Auch die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt ist nicht zu beanstanden.
Umfang und Grenzen der Wahrheitspflicht bestimmen sich nach dem Verfahrensgegenstand und den Regeln, die für das Verfahren gelten, in dem die eidesstattliche Versicherung abgegeben wird. Bei -
wie hier -
unverlangt abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen kommt es darauf an, welches Beweisthema sich in dieser
stellt. Allerdings bedeutet dies nicht, dass alles, was der Täter zu dem selbstgesetzten Beweisthema erklärt, auch der Wahr-heitspflicht unterliegt. [X.] sind vielmehr nach dem Schutzzweck der Vorschrift alle Tatsachenbehauptungen, die für das konkrete Verfahren ohne 40
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jede mögliche Bedeutung sind ([X.], Urteil
vom 24. Oktober 1989 -
1 [X.], [X.], 123, 124; Ruß in [X.] Kommentar
zum StGB, 12.
Aufl.,
§ 156 Rn. 17; [X.]/Bosch
in Schönke/[X.], StGB, 28. Aufl., § 156 Rn.
5).
Die Feststellung
des [X.]s, dem Angeklagten sei sein [X.] für die Monate August bis November 2003 brutto mit jeweils 5.000

nicht vom Angeklagten abgeführt worden seien, steht im Widerspruch zu seiner eidesstattlichen Versicherung, ihm sei das Geschäftsführergehalt lediglich für die ersten beiden Monate brutto ausgezahlt worden, woraufhin er die darauf entfallenden Abgaben selbst abgeführt habe; von August 2003 bis März 2004 habe er nur das Nettogehalt erhalten. Diese falsche Erklärung war auch für das konkrete einstweilige Verfügungsverfahren keineswegs ohne jede Bedeutung. Die eidesstattliche Versicherung hatte zu dem Beweisthema des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin untersagt werden sollte
zu behaupten, der Angeklagte habe sein Geschäftsführergehalt bis einschließlich März brutto gleich netto ausgezahlt erhalten, als Mittel der Glaubhaftmachung unmittelbaren Bezug. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die falsche Versicherung an Eides Statt letztlich im Ausgang des Rechtsstreits niedergeschlagen hat oder nicht.
IV.
1. Die Strafzumessung ist im Übrigen nicht zu beanstanden. Gemäß
§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO hat das Tatgericht im Urteil lediglich die bestimmen-den Strafzumessungsgesichtspunkte mitzuteilen. Es steht nicht zu besorgen, dass die von der Revision aufgeführten Gesichtspunkte -
insbesondere soweit 45
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im Urteil dazu Feststellungen getroffen sind -
von der Kammer bei der Strafzu-messung außer Acht gelassen worden sind.
2. Die durch das [X.] vorgenommene Kompensation der rechts-staatswidrigen Verfahrensverzögerung ist nicht zu beanstanden. Die Kammer hat bereits bei der Strafzumessung die lange Verfahrensdauer strafmildernd bewertet, so dass darüber hinaus nur noch deren konventionswidrige Verursa-chung auszugleichen war. Dies führt, von hier nicht erkennbaren Fallgestaltun-gen abgesehen, dazu, dass sich eine Kompensation nur noch auf einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu beschränken hat ([X.], Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 17. Januar 2008 -
GSSt 1/07, [X.]St 52, 124, 146, 147; [X.], Beschluss
vom 23. August 2011 -
1 [X.], [X.], 152;
Urteil vom 9. Oktober 2008 -
1 [X.]).
3. Trotz der Herabsetzung der [X.]
im Fall [X.]. auf sechs [X.] hat der Ausspruch über die Gesamtstrafe Bestand. Angesichts der [X.] der [X.]n schließt der Senat aus, dass das [X.] bei Festset-zung einer [X.] von sechs Monaten im Fall [X.]. auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
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-
V.
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Be-schwerdeführer von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
VRi[X.] [X.] ist urlaubsab-
wesend und daher an der
Unterschrift gehindert.

Wahl

Wahl Rothfuß

Ri[X.] Prof. Dr. [X.] ist

urlaubsabwesend und daher

an der Unterschrift gehindert.

Wahl

Cirener
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Meta

1 StR 633/12

21.02.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2013, Az. 1 StR 633/12 (REWIS RS 2013, 7974)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7974

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