Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.04.2022, Az. AnwZ (Brfg) 1/22

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2022, 2665

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Gegenstand

Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung: Anforderungen an eine persönliche Fallbearbeitung


Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das der Beklagten am 16. November 2021 an [X.] statt zugestellte Urteil des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs [X.] wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens und - insoweit unter Abänderung des [X.] - auch des Verfahrens im ersten Rechtszug wird auf jeweils 12.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin ist seit dem [X.] zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Sie beantragte am 13. Dezember 2018 bei der beklagten Rechtsanwaltskammer, ihr die [X.]ezeichnung "Fachanwältin für Vergaberecht" zu verleihen. Die [X.]eklagte lehnte mit [X.] vom 20. Juli 2020 den Antrag der Klägerin ab. Auf die hiergegen gerichtete Klage der Klägerin hat der [X.] den [X.] der [X.]eklagten vom 20. Juli 2020 aufgehoben und die [X.]eklagte verpflichtet, der Klägerin die [X.]efugnis zu verleihen, die [X.]ezeichnung "Fachanwältin für Vergaberecht" zu führen. Die [X.]eklagte beantragt die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.]s.

II.

2

Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO) liegen nicht vor.

3

1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 27. April 2016 - [X.] ([X.]) 3/16, juris Rn. 3 und vom 16. März 2015 - [X.] ([X.]) 47/14, juris Rn. 3; jeweils mwN). Entsprechende Zweifel vermag die [X.]eklagte mit ihrer Antragsbegründung nicht darzulegen.

4

a) Solche Zweifel bestehen nicht im Hinblick darauf, dass der [X.] für eine persönliche Fallbearbeitung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine inhaltliche [X.]efassung der Klägerin mit den von ihr bearbeiteten gerichtlichen Verfahren hat genügen lassen.

5

aa) Nach § 2 Abs. 1 [X.] hat ein Antragsteller für die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung unter anderem besondere praktische Erfahrungen nachzuweisen. Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen im Vergaberecht setzt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]chst. [X.] [X.] voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei 40 Fälle aus den [X.]ereichen des § 14o [X.] bearbeitet hat, davon mindestens fünf gerichtliche Verfahren oder Nachprüfungsverfahren (künftig: gerichtliche Verfahren/Fälle). Ob die von der Klägerin insoweit vorgelegten Unterlagen zum Nachweis ausreichen, ist als Rechtsfrage gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Senat, [X.]eschluss vom 27. April 2016 - [X.] ([X.]) 3/16, [X.], 529 Rn. 4 mwN).

6

[X.]) Soweit der [X.] - beruhend auf der Fallliste der Klägerin vom 19. März 2019 - ein hinreichendes Fallquorum außergerichtlicher Fälle angenommen hat, wird dies von der [X.]eklagten nicht in Frage gestellt. Aber auch, soweit der [X.] davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die persönliche und weisungsfreie [X.]earbeitung der in der Fallliste vom 19. März 2019 aufgeführten gerichtlichen Verfahren nachgewiesen hat, vermag die [X.]eklagte keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen.

7

(1) Eine persönliche [X.]earbeitung von Fällen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist nach der Rechtsprechung des Senats gegeben, wenn sich der Rechtsanwalt - namentlich durch Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen - selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat; beschränkt sich seine [X.]efassung dagegen auf ein Wirken im Hintergrund, liegt eine persönliche [X.]earbeitung nicht vor. Ein solches Wirken im Hintergrund ist bei einer bloß untergeordneten, unterstützenden Zuarbeit anzunehmen, etwa wenn der Antragsteller nur eng umgrenzte Teilaspekte eines Falles bearbeitet, keinen eigenen Schriftsatz angefertigt und auch nicht an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen hat (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2011 - [X.] ([X.]) 7/10, NJW-RR 2012, 296 Rn. 14; [X.]eschlüsse vom 4. November 2009 - [X.] ([X.]) 16/09, [X.], 377 Rn. 13 und vom 25. Oktober 2006 - [X.] ([X.]) 80/05, NJW 2007, 599 Rn. 8; vgl. auch [X.]VerfG, NJW 2007, 1945 für den Fall eines [X.]; [X.] in Hartung/[X.], [X.]erufs- und Fachanwaltsordnung, 7. Aufl., § 5 [X.] Rn. 327 f.; [X.] [X.], § 5 Rn. 3 (Stand: [X.]); Offermann-[X.]rckart in Henssler/Prütting, [X.], 5. Aufl., § 5 [X.] Rn. 29, 36; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 5 [X.] Rn. 9; [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 3. Aufl., § 5 [X.] Rn. 19). Diese Grundsätze gelten auch für angestellte Rechtsanwälte (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2011, aaO mwN; [X.], aaO Rn. 325; [X.], aaO Rn. 4; [X.], aaO; [X.], aaO).

8

Eine im vorgenannten Sinne persönliche [X.]earbeitung hat der Rechtsanwalt in der Form des § 6 [X.] nachzuweisen, soweit er nicht durch die Verwendung eines eigenen [X.]riefkopfs oder in ähnlicher Weise nach außen als [X.]earbeiter in Erscheinung tritt (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2011; [X.]eschluss vom 4. November 2009; jeweils aaO). Dabei sind auch anwaltliche Versicherungen von Rechtsanwälten zu berücksichtigen, von denen der Antragsteller Fälle zur eigenständigen persönlichen [X.]earbeitung erhalten hat (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2011, aaO Rn. 15; [X.]eschluss vom 4. November 2009, aaO Rn. 14; [X.], aaO Rn. 331; [X.], aaO; [X.], aaO). Liegen solche anwaltlichen Versicherungen vor, steht der Annahme des Nachweises persönlicher [X.]earbeitung nicht grundsätzlich entgegen, wenn Schriftsätze fast ausnahmslos von den [X.] Rechtsanwälten unter deren [X.]riefkopf unterzeichnet wurden, auch wenn sich überwiegend keine eindeutig auf die Urheberschaft des Antragstellers hinweisenden [X.] finden (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2011, aaO Rn. 16; [X.], aaO; vgl. auch Offermann-[X.]rckart, aaO Rn. 28).

9

(2) Der [X.] hat die vorgenannten Grundsätze der Senatsrechtsprechung erkannt und - unter [X.]erücksichtigung der vom Antragsteller vorgelegten Nachweise und des Ergebnisses der [X.]eweisaufnahme - zutreffend angewandt. Die von der [X.]eklagten hiergegen in der [X.]egründung ihres Antrags auf Zulassung der [X.]erufung vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

(a) Entgegen der Darstellung der [X.]eklagten geht der [X.] nicht "entscheidungstragend" davon aus, dass eine persönliche und weisungsfreie [X.]earbeitung der erforderlichen gerichtlichen Fälle im Sinne des § 5 [X.] auch ohne jeglichen Mandantenkontakt oder Außenauftritt erfolgen könne und die interne konziliare Sachbearbeitung auch dann genüge, wenn die Arbeitsergebnisse vollständig von Kanzleikolleginnen und -kollegen nach außen getragen und vertreten würden. Ein solcher Rechtssatz ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Der [X.] hat sich vielmehr auf eine Anwendung der Grundsätze der Senatsrechtsprechung für eine persönliche Fallbearbeitung beschränkt und darüber hinaus keinen Rechtssatz des von der [X.]eklagten formulierten Inhalts aufgestellt.

(b) Entgegen der Auffassung der [X.]eklagten ist es für eine persönliche Fallbearbeitung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt in jedem der von ihm gelisteten Fälle nach außen verantwortlich aufgetreten ist. Auch ohne ein solches Erfordernis können Fälle einer persönlichen [X.]earbeitung von einem lediglich im Hintergrund erfolgenden Wirken auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung sicher abgegrenzt werden.

(aa) Die [X.]eklagte bestreitet nicht, dass die Klägerin in Fall 5 der von ihr gelisteten gerichtlichen Verfahren nach außen verantwortlich aufgetreten ist. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin eingereichten Kopien der entsprechenden Handakte, in der sich mehrere von ihr unterzeichnete [X.] befinden. Nach den Feststellungen des [X.]s ist die Klägerin des Weiteren in Fall 4 in einer mündlichen Verhandlung bei der Vergabekammer des [X.]ndes verantwortlich nach außen aufgetreten. Zudem ergeben sich aus den von der Klägerin mit Schreiben vom 18. September 2019 (auf Aufforderung der [X.]eklagten) vorgelegten Aktenauszügen zu den von ihr bearbeiteten außergerichtlichen Fällen zahlreiche E-Mail-Schreiben der Klägerin an Mandanten und Vermerke über Mandantengespräche.

Vor diesem Hintergrund kann vorliegend offenbleiben, ob, wenn der Rechtsanwalt in keinem der von ihm bearbeiteten Fälle nach außen verantwortlich aufgetreten ist, daraus in der Gesamtschau mit den weiteren Umständen des jeweiligen Falles gegebenenfalls der Schluss gezogen werden kann, dass er die Fälle nicht persönlich bearbeitet, sondern nur im Hintergrund gewirkt hat. Denn vorliegend ist die Klägerin immerhin in zwei der erforderlichen fünf gerichtlichen Fälle und in zahlreichen außergerichtlichen Fällen nach außen verantwortlich aufgetreten.

([X.]) Entscheidend dafür, ob der Rechtsanwalt einen Fall persönlich bearbeitet hat, ist - wie ausgeführt -, ob er sich mit der Sache inhaltlich befasst hat. Nach der Rechtsprechung des Senats ist es hierfür ausreichend, wenn eine solche Sachbefassung durch die Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen dokumentiert ist (Urteil vom 10. Oktober 2011, aaO Rn. 14). Auch die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen kann eine inhaltliche [X.]efassung mit der Sache belegen. Gleiches gilt für [X.]esprechungen mit Mandanten. Die Teilnahme an Verhandlungen und/oder Mandantengesprächen muss indes nicht in jedem einzelnen Fall - als conditio sine qua non - erfolgen, da eine inhaltliche [X.]efassung mit der Sache als Voraussetzung einer persönlichen Fallbearbeitung auch auf andere Art und Weise erfolgen kann. Soweit nach der Senatsentscheidung vom 10. Oktober 2011 der dortige Antragsteller sowohl Schriftsätze gefertigt als auch Mandantenbesprechungen durchgeführt und Gerichtstermine wahrgenommen hatte, ist dies nicht dahingehend zu verstehen, dass solche Umstände zur [X.]ejahung einer persönlichen Fallbearbeitung stets kumulativ vorliegen müssen.

Auch dem Urteil des Senats vom 11. März 2013 ([X.] ([X.]) 24/12, NJW-RR 2013, 891 Rn. 9) kann entgegen der Auffassung der [X.]eklagten nicht entnommen werden, dass eine persönliche Fallbearbeitung stets eine Kommunikation mit dem Mandanten verlangt. Dort ging es um die Verfahrensweise, anwaltliche Kollegen mit dem alleinigen Ziel des Erreichens der Mindestzahlen anzusprechen, ob man als zweiter Verteidiger an einer kurz danach stattfindenden Hauptverhandlung teilnehmen dürfe. Für diese Konstellationen, in denen Anzeichen eines ausschließlich vom [X.]lick auf die Mindestzahlen geprägten Vorgehens gegeben sind, hat der Senat die Glaubhaftmachung der persönlichen [X.]earbeitung als Rechtsanwalt verlangt, für die "insbesondere" sprechen könne, dass er sich in Vorbereitung der Hauptverhandlung mit dem Inhalt der Verfahrensakten vertraut gemacht und die Sache mit dem Mandanten besprochen habe (aaO). Daraus kann indes nicht auf ein allgemein bestehendes Erfordernis der Kommunikation mit dem Mandanten zur Anerkennung einer persönlichen Fallbearbeitung geschlossen werden.

Schließlich ist auch dem [X.]eschluss des [X.]ndesverfassungsgerichts vom 20. März 2007 (aaO: erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen den [X.]eschluss des Senats vom 25. Oktober 2006, aaO) entgegen der Darstellung der [X.]eklagten nicht zu entnehmen, dass eine verantwortliche Außenwirkung der Fallbearbeitung des Fachanwaltsanwärters vorliegen muss. Dort ging es um den besonderen Fall eines [X.], der lediglich zur Unterstützung anderer beauftragter Rechtsanwälte tätig wurde. Eine solche rein unterstützende Tätigkeit genügt - wie ausgeführt - nach der Senatsrechtsprechung nicht zur Annahme einer persönlichen Fallbearbeitung. Vorliegend hat die Klägerin hingegen nach dem Ergebnis der [X.]eweisaufnahme vor dem [X.] die Schriftsätze in den gerichtlichen Fällen 1 bis 5 eigenständig und weisungsfrei erstellt und ist darüber hinaus in den Fällen 4 und 5 nach außen verantwortlich aufgetreten. Dies geht über ein Wirken im Hintergrund in Gestalt einer nur einen anderen Rechtsanwalt unterstützenden Tätigkeit deutlich hinaus.

(cc) Soweit nach dem Vorstehenden eine inhaltliche [X.]efassung des Rechtsanwalts mit der Sache für die Annahme einer persönlichen Fallbearbeitung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] genügen kann, führt dies entgegen der Auffassung der [X.]eklagten nicht dazu, dass eine persönliche Fallbearbeitung nicht sicher von einem lediglich im Hintergrund erfolgenden Wirken des Rechtsanwalts abgegrenzt werden kann. Zur Abgrenzung ist bei der vorliegend relevanten Fallbearbeitung in Form der Abfassung von anwaltlichen Schriftsätzen entscheidend, ob der Antragsteller einem anderen Rechtsanwalt hierbei nur untergeordnet und unterstützend zugearbeitet oder ob er ohne maßgebliche inhaltliche Mitwirkung eines anderen Rechtsanwalts den Schriftsatz eigenständig erstellt hat. Letzteres ist nach dem Ergebnis der [X.]eweisaufnahme vor dem [X.] im Hinblick auf die von der Klägerin erstellten Schriftsätze der Fall. Sie hat danach auch nicht nur eng umgrenzte Teilaspekte der von ihr vorgelegten Fälle bearbeitet. Dementsprechend kann ihre Tätigkeit von einem lediglich im Hintergrund erfolgenden Wirken klar abgegrenzt werden.

Der [X.]eklagten ist einzuräumen, dass im Einzelfall eine Abgrenzung "nach außen", d.h. eine Abgrenzung zwischen persönlicher Fallbearbeitung und Wirken im Hintergrund aus der Sicht eines außenstehenden Dritten nicht immer möglich sein mag. So kann etwa bei vom Rechtsanwalt nicht selbst unterzeichneten Schriftsätzen, insbesondere wenn sie auch kein entsprechendes [X.] aufweisen, die inhaltliche Urheberschaft des Rechtsanwalts für einen außenstehenden Dritten nicht erkennbar sein. Die daraus resultierenden [X.] und Unklarheiten sind indes durch den Rechtsanwalt in dem Nachweisverfahren gemäß § 6 Abs. 1 und 3 [X.] und mittels der dort genannten Unterlagen zu klären. Sie rechtfertigen es nicht, von dem Rechtsanwalt nicht unterzeichnete Schriftsätze von vorneherein nicht als [X.]eleg seiner persönlichen Fallbearbeitung anzuerkennen. Vorliegend ist ein solcher Nachweis der Abfassung der Schriftsätze in den gerichtlichen Fällen 1 bis 5 durch die Klägerin mittels der Versicherungen des Rechtsanwalts [X.]  und der Rechtsanwältin [X.]erfolgt. Er wird bestätigt durch das Ergebnis der [X.]eweisaufnahme.

([X.]) Soweit eine von der [X.]eklagten vermisste "Gesamtbetrachtung" durch den [X.] zu der Erkenntnis geführt hätte, dass bei seiner Vorgehensweise der Nachweis eines gerichtlichen Falls ohne verantwortlichen Außenauftritt und ohne Kommunikation mit dem Mandanten erfolgen kann, werden hierdurch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründet. Denn dabei handelt es sich - wie ausgeführt - jedenfalls nicht um Voraussetzungen, die in jedem einzelnen, von dem Rechtsanwalt bearbeiteten Fall erfüllt sein müssen. Auch kann ein "Wirken im Hintergrund" nicht ausschließlich aus der Sicht und Wahrnehmung des Mandanten beurteilt werden. Maßgeblich ist vielmehr die interne Verantwortung des Rechtsanwalts für die Fallbearbeitung, zum [X.]eispiel gegenüber den Partnern einer Sozietät (zutreffend [X.], aaO Rn. 327). Wird hier - wie bei den von der Klägerin vorgelegten gerichtlichen Fällen - ein Schriftsatz von einem angestellten Rechtsanwalt inhaltlich verantwortet, hat er den entsprechenden Fall auch dann persönlich bearbeitet, wenn der Schriftsatz von einem Partner unterzeichnet und in der Wahrnehmung des Mandanten allein von dem Partner verantwortet wird.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen auch nicht im Hinblick auf die [X.]ewertung des [X.]s betreffend den Nachweis der persönlichen Fallbearbeitung durch die Klägerin in dem gerichtlichen Fall 3.

Zu diesem Fall hat die Klägerin einen von ihr unterzeichneten Schriftsatz vom 22. Juni 2018 vorgelegt, in dem der [X.] "für Dr. [X.].      K.  " geschwärzt, aus dem [X.]riefkopf indes als Ansprechpartner "Dr. iur. [X.].      K.   ersichtlich war. Der [X.] hat hierzu ausgeführt, aus dem unkenntlich gemachten [X.] ergebe sich kein Anhalt dafür, dass die Klägerin diesen Fall nicht selbständig und eigenverantwortlich bearbeitet habe. Sie habe hierzu unwiderlegt und nachvollziehbar im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Senat erläutert, dass sie bei der Anonymisierung der Arbeitsproben einen immensen Zeitdruck gehabt habe. Sie habe ihre Auszubildende [X.].    gebeten, jeden Namen außer dem der Klägerin zu schwärzen und dann die vorgenommenen Anonymisierungen nicht mehr kontrolliert.

Die [X.]eklagte räumt ein, dass sich in [X.]ezug auf die vorgenannte Schwärzung - ebenso wie in [X.]ezug auf die zunächst erfolgte Einreichung von zwei seitens eines anderen Rechtsanwalts bearbeiteten Fällen - der Klägerin eine bewusste Täuschung nicht nachgewiesen werden kann. Mehr als ein Versehen kann ihr nicht zur Last gelegt werden. Dieses rechtfertigt keine Sanktionierung dergestalt, dass der von ihr vorgelegte gerichtliche Fall 3 nicht berücksichtigt wird, wenn zugleich nach dem Ergebnis der [X.]eweisaufnahme feststeht, dass der Fall von der Klägerin im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] persönlich bearbeitet wurde.

Soweit die [X.]eklagte, indes ohne einen Verfahrensmangel im Sinne von § 112e Satz 2 [X.] i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu rügen, die Frage aufwirft, ob der [X.] nicht verpflichtet gewesen sei, die erstmals in der mündlichen Verhandlung benannte Kanzleiangestellte [X.].   , die die Fehler begangen haben solle, zeugenschaftlich zu befragen, widerspricht dies der von der [X.]eklagten selbst gewonnenen Erkenntnis, dass sich der Nachweis der bewussten Verbreitung von Unwahrheiten im Sinne von § 43a Abs. 3 [X.] (durch die Klägerin) im berufsrechtlichen Verfahren nicht werde führen lassen. Im Übrigen hat der [X.] eine persönliche [X.]earbeitung des gerichtlichen Falls 3 durch die Klägerin nicht nur aufgrund deren persönlicher Anhörung als bewiesen angesehen, sondern auch aufgrund der Aussage und der anwaltlichen Versicherung der Zeugin [X.]  . Vor diesem Hintergrund kann von einer unzureichenden Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht ausgegangen werden, zumal die [X.]eklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] einen ihr - ohne weiteres möglichen - [X.]eweisantrag auf Vernehmung der [X.]üroangestellten [X.].   als Zeugin (vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 2 VwGO) nicht gestellt hat.

2. [X.]esondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich abhebt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2019 - [X.] ([X.]) 50/19, juris Rn. 86 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

Wie dargelegt, ist nach der seit langem bestehenden Senatsrechtsprechung eine persönliche [X.]earbeitung von Fällen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] gegeben, wenn sich der Rechtsanwalt - namentlich durch Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen - selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat. Daraus folgt - ohne dass dieser Schluss überdurchschnittlich schwierig wäre -, dass für eine persönliche Fallbearbeitung weder die vorgenannten Tätigkeiten stets kumulativ gegeben sein müssen noch ein verantwortliches Auftreten des Rechtsanwalts nach außen in jedem einzelnen, von ihm bearbeiteten Fall vorliegen muss.

Die von der [X.]eklagten aufgeworfene Frage zu den rechtlichen Folgen eines Täuschungsversuchs im Antragsverfahren zur Erlangung des [X.] stellt sich schon deshalb nicht, weil ein Täuschungsversuch ein vorsätzliches Vorgehen der Klägerin voraussetzt, das indes - wie die [X.]eklagte selbst erkennt - nicht nachweisbar ist.

3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Rechtslage ist eindeutig und nicht klärungsbedürftig. Das gilt auch für die von der [X.]eklagten aufgeworfenen Fragen.

Von [X.], die ein bewusstes Vorgehen der Klägerin voraussetzen, kann - wie ausgeführt - in tatsächlicher Hinsicht nicht ausgegangen werden. Fahrlässige Versehen bei der Vorlage eines Falles durch einen Fachanwaltsbewerber können im Einzelfall bei der [X.]eurteilung von [X.]edeutung sein, ob die Voraussetzungen einer persönlichen Fallbearbeitung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] hinreichend nachgewiesen sind. Dagegen stehen sie der Anerkennung eines Falles nicht grundsätzlich entgegen, wenn ein solcher Nachweis gelungen ist. Letzteres hängt vom Einzelfall ab und ist nicht allgemein klärungsfähig.

Die von der [X.]eklagten aufgeworfene Frage, ob eine anwaltliche Fallbearbeitung "im Team" ohne wahrnehmbare beziehungsweise ohne nachvollziehbare Aktenbearbeitung einerseits und ohne jegliche Verantwortungsübernahme nach außen andererseits als relevante Fallbearbeitung im Sinne der Fachanwaltsordnung anzuerkennen ist, findet teilweise bereits keine Grundlage in den vom [X.] - beanstandungsfrei - getroffenen Feststellungen. Danach ist aufgrund der von der Klägerin vorgelegten anwaltlichen Versicherungen und nach dem Ergebnis der [X.]eweisaufnahme von einer nachvollziehbar eigenständigen und eigenverantwortlichen Fallbearbeitung durch die Klägerin auszugehen. Im Übrigen ergibt sich - wie gezeigt - ohne weiteren Klärungsbedarf aus der Senatsrechtsprechung, dass zur Annahme einer persönlichen Fallbearbeitung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Verantwortungsübernahme nach außen nicht in jedem einzelnen von dem Rechtsanwalt vorgelegten Fall erforderlich ist.

Schließlich ist in der Senatsrechtsprechung auch geklärt, dass in Fällen, in denen Schriftsätze fast ausnahmslos nicht von dem Fachanwaltsbewerber, sondern von den [X.] Rechtsanwälten unter deren [X.]riefkopf unterzeichnet wurden und sich überwiegend keine eindeutig auf die Urheberschaft des Fachanwaltsbewerbers hinweisenden [X.] gefunden haben, dies der Annahme des Nachweises persönlicher [X.]earbeitung im Hinblick auf vorgelegte anwaltlichen Versicherungen nicht grundsätzlich entgegensteht (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2011, aaO Rn. 16). Zudem kann vorliegend nicht allein auf den Stand des Nachweisverfahrens vor der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] und der dort erfolgten [X.]eweisaufnahme abgestellt werden. Vielmehr sind die Ergebnisse der [X.]eweisaufnahme bei der [X.]eurteilung, ob eine persönliche Fallbearbeitung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nachgewiesen ist, einzubeziehen. Ein solcher Nachweis ist der Klägerin nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen gelungen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 1 [X.], § 52 Abs. 1 GKG; insoweit setzt der Senat in ständiger Rechtsprechung den Streitwert mit 12.500 € fest (vgl. nur Urteil vom 27. April 2016, aaO Rn. 16 mwN).

Die Änderung der Streitwertfestsetzung des [X.]s beruht auf § 194 Abs. 3 Halbsatz 2 [X.] in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Limperg     

        

Remmert     

        

Liebert

        

Schmittmann     

        

Niggemeyer-Müller     

        

Meta

AnwZ (Brfg) 1/22

19.04.2022

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Rheinland-Pfalz, 16. November 2021, Az: 2 AGH 5/20

§ 2 Abs 1 FAO, § 5 Abs 1 S 1 FAO, § 6 FAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.04.2022, Az. AnwZ (Brfg) 1/22 (REWIS RS 2022, 2665)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2665

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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