Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.05.2019, Az. 27 W (pat) 39/17

27. Senat | REWIS RS 2019, 7322

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 013 110.2

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2019 durch [X.] als Vorsitzenden, [X.] und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin hat gegen die am 25. April 2014 veröffentlichte Eintragung der am 28. Januar 2014 angemeldeten, für die Waren der

2

Klasse 03: Parfümeriewaren; Duftstoffe

3

geschützten Marke 30 2014 013 110

Abbildung

4

Widerspruch eingelegt aus ihrer am 11. August 2003 angemeldeten und seit 27. Oktober 2003 für die Waren der Klassen 03, 05 und 10

5

Körperpflege- und Kosmetikprodukte, soweit in Klasse 3 enthalten; [X.], Aphrodisiaka, potenzsteigernde Präparate zur äußerlichen und innerlichen Anwendung, [X.], [X.], Aktverlängerungspräparate, nicht für medizinische Zwecke; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer; Gleitmittel, [X.] und -gels, vorgenannte Waren nicht für medizinische Zwecke; pharmazeutische Produkte; medizinische Sexualhilfsmittel, soweit in Klasse 5 enthalten; [X.], Gleitmittel, Aphrodisiaka, potenzsteigernde Präparate zur äußerlichen und innerlichen Anwendung, [X.], [X.] und -gels, [X.], Aktverlängerungspräparate, für medizinische Zwecke; hygienische Gummiwaren, Kondome; ärztliche Instrumente und Apparate, gesundheitliche Instrumente und Apparate, soweit in Klasse 10 enthalten, künstliche Gliedmaßen; Massagegeräte, Vibratoren (zum persönlichen Gebrauch), Dildos; sexualpartnerschaftliche Hilfsmittel, insbesondere Klistiergeräte, [X.] und -ringe; erektions- und orgasmusfördernde Artikel zur unmittelbaren Anwendung am menschlichen Körper (soweit in Klasse 10 enthalten), einschließlich Nachbildungen von menschlichen Körperteilen; Hilfsmittel für die sexuelle Stimulanz, soweit in Klasse 10 enthalten

6

eingetragenen Marke 303 40 797

7

[X.].

8

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren vor dem [X.] die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

9

Das [X.] – Markenstelle für Klasse 03 – hat mit Beschluss vom 18. Mai 2016 den Widerspruch und mit Beschluss vom 27. März 2017 die hiergegen eingelegte Erinnerung der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Zur Begründung ist im Erinnerungsbeschluss ausgeführt: Die Erinnerung sei zwar zulässig, aber unbegründet, denn zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bestehe keine Gefahr einer Verwechslung. Auf die zulässige Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke habe die Inhaberin der Widerspruchsmarke eine rechtserhaltende Benutzung nur für die Waren „[X.], Aphrodisiaka, potenzsteigernde Präparate zur äußerlichen und innerlichen Anwendung, [X.], [X.], Aktverlängerungspräparate, nicht für medizinische Zwecke; Gleitmittel, [X.] und -gels, vorgenannte Waren nicht für medizinische Zwecke“ sowie für „Körperreinigungspräparate; Körperpflegepräparate“ glaubhaft gemacht. Eine Ausstrahlung dieser Waren auch auf die übrigen registrierten Waren liege entgegen der Ansicht der Inhaberin der Widerspruchsmarke nicht vor. Die Waren „Klasse 03: Parfümeriewaren; Duftstoffe“ der angegriffenen Marke seien aber hochgradig ähnlich zu den Waren „Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate, soweit in Klasse 03 enthalten“ der Widerspruchsmarke, denn sie wiesen in Bezug auf einige der oben genannten Merkmale deutliche Überschneidungen auf, unterschieden sich jedoch hinsichtlich ihres Zwecks und der stofflichen Beschaffenheit.

Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über eine geringe originäre Kennzeichnungskraft, denn die Widerspruchsmarke sei begrifflich stark an das [X.] Wort „pure“ angelehnt, welches „rein, sauber, unvermischt, ohne Beimischungen“ bedeute und das der allgemeine Verkehr, dem das [X.] Wort „pure“ geläufig sei, ohne weiteres erkenne ([X.], [X.], [X.], 1040 – pure/[X.]). Mit dieser Bedeutung eigne sich die Widerspruchsmarke in Bezug auf die benutzen Waren als beschreibende Angabe ihrer stofflichen Beschaffenheit bzw. auch als Qualitätsangabe. Diese von Haus aus bestehende geringe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei nicht durch Benutzung gesteigert worden, denn hierfür reichten die Angaben der Inhaberin der Widerspruchsmarke zur Dauer und dem Umfang (Umsatz- und Stückzahlen) der Benutzung sowie zur geographischen Verbreitung nicht aus, um ohne weitere zusätzliche Angaben Rückschlüsse auf die Bekanntheit der Marke in [X.] zum Anmelde- und Entscheidungszeitpunkt zu ziehen.

In begrifflicher Hinsicht bestehe keine Ähnlichkeit, denn die Zeichen stellten weder Synonyme dar, noch seien sie im wesentlichen identisch noch weise die angegriffene Marke eine erfassbare Bedeutung auf. [X.] bestünden allenfalls entfernte Ähnlichkeiten zwischen den Zeichen. Denn die jüngere Marke enthalte mehrere graphische Elemente, die auch bei Unterstellung, dass die Widerspruchsmarke in derselben Schriftart und Schriftfarbe wiedergegeben würde, keine Entsprechung in letzterer fänden. In klanglicher Hinsicht stünden sich zwar die Worte [X.]I und [X.] gegenüber, aus Rechtsgründen müsse aber eine klangliche Ähnlichkeit zwischen diesen Zeichen verneint werden, weil die klangliche Gemeinsamkeit der Zeichen sich im wesentlichen auf die beschreibende Angabe „pure“ beschränke. Auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt der Markenursurpation wegen der identischen Übernahme der Widerspruchsmarke in die angegriffene Marke scheide aus, denn das Wort „[X.]“ sei in der angegriffenen Marke mit dem Buchstaben „i“ zu einem einheitlich wirkenden [X.] verschmolzen. Ausgehend von der geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der hochgradigen [X.] könne daher eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken in Anbetracht der allenfalls entfernten schriftbildlichen Ähnlichkeit sicher ausgeschlossen werden.

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 30. März 2017 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit Anwaltsschreiben vom 7. April 2017, das beim [X.] am 8. April 2017 eingegangen ist, unter Zahlung der [X.] Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde wie folgt begründet: [X.] habe das [X.] eine Benutzung der Widerspruchsmarke nur für „Körperreinigungspräparate“ und „Körperpflegepräparate“ bejaht, vielmehr strahle die tatsächliche Benutzung – für deren Glaubhaftmachung die Beschwerdeführerin weitere Unterlagen eingereicht hat - auch auf die Waren „Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer“ aus. Die Waren, für welche die Widerspruchsmarke als benutzt anzusehen sei, seien zu denjenigen der angegriffenen Marken teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich.

Aufgrund der glaubhaft gemachten Benutzung ergebe sich – entgegen der Auffassung im angegriffenen Beschluss – auch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“. [X.] gehe dieser Beschluss von einer lediglich geringen originären Kennzeichnungskraft aus, denn um zu dem im angegriffenen Beschluss angenommenen Bedeutungsgehalt von „[X.]“ im Sinne einer stofflichen Beschaffenheit bzw. als Qualitätsangabe zu gelangen, bedürfe der Verkehr bereits mehrerer gedanklicher Schritte, sodass der Begriff schon aus diesem Grund ausreichend fantasievoll und originell in Bezug auf die in Rede stehenden Waren sei und damit einen durchschnittlichen Grad an Kennzeichnungskraft habe. Dafür spreche auch, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Waren der Klasse 03 Funktionen wie Gleitfähigkeit oder Reinigungsfähigkeit, nicht jedoch eine Reinheit oder Sauberkeit der Produkte an sich, als wesentliches Merkmal ansehe. Das [X.] habe darüber hinaus unzutreffend das Vorliegen einer gesteigerten Kennzeichnungskraft durch umfangreiche und langjährige Benutzung verneint. Bereits aus den bisher vorgelegten Unterlagen ergebe sich eine umfangreiche Benutzung der Widerspruchsmarke in [X.]. Ergänzend würden nun auch noch entsprechende, ebenfalls erhebliche [X.] belegt. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich eine erhöhte oder jedenfalls eine am oberen Rand einer normalen Kennzeichnungskraft liegende Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.

Das [X.] habe in dem angegriffenen Beschluss unzutreffend eine schriftbildliche Ähnlichkeit aufgrund der Bildelemente und dem zusätzlichen Buchstaben „P“ verneint. Die Bildelemente seien einfache geometrische Formen, die in schriftbildlicher Hinsicht vom Verkehr vernachlässigt würden, weil es sich bei ihnen, entgegen der Auffassung in dem angegriffenen Beschluss, lediglich um eine Verzierung handele. Gleiches gelte auch für das weitere Element, nämlich den zusätzlichen Buchstaben „P“. In den danach maßgeblich gegenüberstehenden Bestandteilen „[X.]“ und „[X.]I“ seien die sich gegenüberstehenden Zeichen aber hochgradig ähnlich, weil sie sich lediglich in dem sich am weniger relevanten Markenende befindlichen zusätzlichen Buchstaben „I“ in der angegriffenen Marke unterschieden. Auch eine klangliche Zeichenähnlichkeit werde im angegriffenen Beschluss zu Unrecht aus Rechtsgründen verneint. Das [X.] habe dabei übersehen, dass eine Schutzbeschränkung grundsätzlich nur in Bezug auf die zugrundeliegende schutzunfähige Angabe gelte. Dies wäre im vorliegenden Fall – wenn überhaupt – nur die Angabe „pure“. Wiesen die Vergleichsmarken aber weitergehende, insbesondere klangliche oder bildliche Gemeinsamkeiten in ihrer (schutzbegründenden) Eigenprägung auf, die über eine zugrundeliegende schutzunfähige Angabe hinausreiche, bestehe kein Anlass für eine Einschränkung des nach dieser Eigenprägung zu bemessenden Schutzumfangs der älteren Marke. Dies sei aber vorliegend gerade der Fall, denn sowohl schriftbildlich als auch klanglich bezögen sich die Gemeinsamkeiten der sich gegenüberstehenden Zeichen „[X.]“ und „[X.]I“ gerade auf den Buchstaben, der die Widerspruchsmarke von der vermeintlich schutzunfähigen Angabe „pure“ unterscheide. Der Schutzumfang eines Zeichens unterliege aber gerade dann keiner besonderen Beschränkung, wenn es um das Verhältnis zu anderen Bezeichnungen geht, die sich in gleicher oder ähnlicher Weise an den beschreibenden oder freizuhaltenden Begriff anlehnten und ihn verfremdeten. Ferner habe das [X.] in dem angegriffenen Beschluss verkannt, dass in einem solchen Fall wie dem hiesigen, eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Abwandlungsmarke nicht unberücksichtigt gelassen werden könne. Denn die gesteigerte Abwandlungsmarke könne hinsichtlich der ihre Eigenprägung bestimmenden Elemente durchaus einen erweiterten Schutzumfang in Anspruch nehmen. Aufgrund der bestehenden Warenidentität bzw. [X.] sowie hochgradiger Zeichenähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe bei der vorliegenden erhöhten, jedenfalls aber durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr, zumindest im weiteren Sinne, denn die Tatsache der Übereinstimmung in dem Bestandteil „[X.]“ führe dazu, dass der Verkehr glauben werde, dass es sich bei der Widersprechenden und dem Inhaber der angegriffenen Marke um wirtschaftlich oder organisatorisch verbundene Unternehmen handeln würde. Selbst wenn er kleinere Unterschiede in den Marken erkennen sollte und diese ggf. verschiedenen Unternehmen zuordne, so blieben die sich gegenüberstehenden Marken doch hochgradig ähnlich, was zu der zuvor dargestellten Annahme – und sei es in Form einer Lizenz – führen werde. Der angefochtene Beschluss sei daher aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 03 vom 27. März 2017 aufzuheben und die [X.] Marke Nr. 30 2014 013 110 „[X.]I“ zu löschen.

Der Beschwerdegegner hat sich nicht zur Beschwerde geäussert und auch keinen Antrag gestellt.

II.

A. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Denn das [X.] hat im angefochtenen Beschluss vom 27. März 2017 zu Recht die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen den ihren Widerspruch mangels Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zurückweisenden Beschluss vom 18. Mai 2016 zurückgewiesen.

1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer proritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder –ähnlichkeit und Warenidentität oder –ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] – [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 19] – [X.]/[X.]; [X.] GRUR 1999, 241, 243 – [X.]). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] – [X.] plc; [X.], 153, 155 [Rz. 59] – [X.]; [X.], 318, 319 [Rz. 21] – [X.]/Autec).

2. Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Denn ungeachtet der konkreten Grade der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren scheidet eine Verwechslungsgefahr schon deshalb aus, weil die Vergleichsmarken aus Rechtsgründen als unähnlich anzusehen sind.

a) Es kann dahinstehen, in welchem Umfang die Beschwerdeführerin aufgrund der zulässigen Nichtbenutzungseinrede der Beschwerdegegnerin nach § 43 [X.], der vorliegend in seiner bis 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden ist (§ 158 Abs. 5 [X.]), eine tatsächliche Benutzung der Widerspruchsmarke für die registrierten Waren glaubhaft gemacht hat und inwieweit die tatsächliche Benutzung für einzelne Waren auf die übrigen registrierten Waren ausstrahlt und in welchem Grad die für die Widerspruchsmarke als benutzt anzuerkennenden Waren zu den für die angegriffenen Waren der jüngeren Marke stehen. Insoweit kann zugunsten der Beschwerdeführerin sowohl die Wertung des [X.]es unterstellt werden, dass es sich bei den tatsächlich benutzten Waren um hochgradig ähnliche Waren im Vergleich zu den für die jüngere Marke handele, als auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, die tatsächlich benutzten Waren strahle auch auf andere registrierte Waren aus, weshalb die gegenüberstehenden Waren sogar teilweise identisch seien. Denn selbst im Identitätsbereich der jeweiligen Waren scheidet eine Verwechslungsgefahr im Ergebnis aus.

b) Es kann im Ergebnis auch dahingestellt bleiben, ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die von Haus aus entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin deutlich geschwächt ist, infolge einer Benutzung bis zu einem durchschnittlichen Grad gesteigert worden ist.

aa) Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.] 1999, 189, 194 [Rz. 49] – [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 22] – [X.]/[X.]); für die Bestimmung des Grades ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihres ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 14 Rn. 497). Diese Eignung ist zu verneinen, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden oder an eine solche Beschreibung erkennbar angelehnten Sinngehalt aufweist ([X.] GRUR 2013, 833 [Rdnr. 34] – Culinaria/Villa Culinaria).

bb) Danach ist die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke deutlich geschwächt. Da dies bereits der [X.] in der auch vom [X.] zitierten Entscheidung ausdrücklich für die vorliegende Widerspruchsmarke festgestellt hat (vgl. [X.] [X.], 1040, 1043 [Rn. 30 f.] – pure/[X.]) und die Beschwerdeführerin keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen hat, welche geeignet wären, diese höchstrichterliche Beurteilung in Frage zu stellen, hat es hierbei zu verbleiben.

cc) Es kann dahinstehen, ob die Kennzeichnungskraft der damit originär kennzeichnungsschwachen Widerspruchsmarke infolge einer intensiven Benutzung gesteigert ist. Denn selbst wenn die von der Beschwerdeführerin behauptete intensive Benutzung vorläge, käme der Widerspruchsmarke aufgrund dieses Umstandes allenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu (vgl. [X.], a. a. [X.] [Rn. 34] – [X.]/pure). Diese kann im Folgenden unterstellt werden, da, wie sogleich auszuführen sein wird, selbst in einem solchen Fall eine Verwechslungsgefahr selbst bei Warenidentität ausscheidet.

c) Angesichts unterstellter teilweiser Warenidentität und ebenfalls unterstellter durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke läge eine Verwechslungsgefahr nur vor, wenn die gegenüberstehenden Zeichen mindestens in einem unterdurchschnittlichen Grad ähnlich wären. Dies ist indes aus Rechtsgründen nicht der Fall.

aa) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn nicht nur unmaßgebliche Teile der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 605 – [X.]; [X.], 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können.

Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom [X.] zu beurteilen (vgl. [X.] GRUR 1998, 397, 390 [X.]. 23 – Sabèl/[X.]; [X.], 1043, 1044 [Rz. 28 f.] – [X.]; [X.], 413, 414 [Rn. 19] – [X.]/[X.]; [X.] GRUR 2000, 233 f. – Rausch/[X.]); hierbei sind ihre Übereinstimmungen oder Abweichungen im Bild, im Klang und in der Bedeutung umfassend zu ermitteln, wobei berücksichtigt werden kann, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. [X.] [X.], 413, 415 [Rn. 28] – [X.]/[X.]). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. [X.] a. a. [X.] [Rn. 21 f.] – [X.]/[X.]), kann aber im Einzelfall ausreichen (vgl. [X.] a. a. [X.] [Rn. 21] – [X.]/[X.]; [X.] GRUR 1959, 182, 185 – Quick; GRUR [X.]; GRUR 1990, 367, 368 – alpi/[X.]; [X.], 110, 112 – dipa/dib; [X.], 550, 551 – ac-pharma; GRUR 1999, 241, 243 – [X.]), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. [X.] a. a. [X.] [Rn. 35] – [X.]/[X.]). Daneben kommt eine Markenähnlichkeit auch in Betracht, wenn Bestandteile einer komplexen Marke, die Bestandteilen der gegenüberstehenden Marke entsprechen, den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck dominieren (vgl. [X.] [X.], 1042, 1044 [Rz. 30] – [X.] LIFE; [X.] [X.], 859, 860 f. [Rz. 18] – Malteserkreuz) oder prägen (vgl. [X.] [X.], 60 [X.] 17 – [X.]).

Nach diesen Grundsätzen sind die hier zu beurteilenden beiden Marken jedenfalls nicht in dem oben als erforderlich genannten hohen Grad als ähnlich anzusehen.

bb) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich beide Marken schon durch den auffälligen Bildbestandteil in der jüngeren Marke, der in der Widerspruchsmarke, die eine reine Wortmarke ist, naturgemäß keine Entsprechung findet. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin aber auch nicht, wenn man – worauf ihr Vortrag offenbar abzielt – die jüngere Marke visuell durch den Wortbestandteil „[X.]I“ allein geprägt ansieht (vgl. zur Prägung [X.] GRUR 2016, 283 Rn. 13 – [X.]/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENT AKADEMIE; [X.], 64 Rn. 15 – Maalox/[X.]; [X.], 903 Rn. 18 – [X.]; GRUR 2011, 824 Rn. 23 – [X.]). Zwar ist eine solche Alleinprägung äußerst zweifelhaft, weil der grafische Bildteil zu aufwändig gestaltet ist, als dass ihn der Verkehr bei einer visuellen Wahrnehmung und Erinnerung unbeachtet ließe. Aber selbst wenn man sie unterstellt und, wie die Beschwerdeführerin meint, bei einer Gegenüberstellung von „[X.]“ und „[X.]I“ trotz des Unterschieds durch den zusätzlichen Vokal „I“ am Wortende der jüngeren Marke eine enge Nähe beider Begriffe annähme, scheidet eine verwechslungsbegründende Zeichenähnlichkeit aus Rechtsgründen aus. Denn der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist aufgrund ihres beschreibenden Anklangs an das [X.] Wort „pure“ auf die von der [X.]n Sprache abweichende besondere Schreibweise dieses [X.]n Wortes beschränkt, besteht also nur insoweit, als die Widerspruchsmarke den Buchstaben „j“ hinzugefügt und den letzten Vokal „e“ weggelassen hat (vgl. [X.], a. a. [X.], S. 1044 [Rn. 42] – [X.]/pure). Zwar besteht – worauf die Beschwerdeführerin im Ansatz zutreffend hingewiesen hat – dieser begrenzte Schutzumfang, der auch den Grad der Zeichenähnlichkeit einschränkt, nicht im Verhältnis zu anderen Bezeichnungen, die sich in gleicher oder ähnlicher Weise an den beschreibenden oder freizuhaltenden Begriff anlehnen und ihn verfremden ([X.] [X.], 803, 804 f. [Rn. 22] – [X.]). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt ein solcher Fall, bei dem die Widerspruchsmarke für sich im Verhältnis zu ähnlich gebildeten jüngeren Marken einen normalen Schutzumfang beanspruchen kann, hier aber nicht vor. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die angesprochenen Verkehrskreise zumindest im Wortbestandteil der jüngeren Marke denselben beschreibenden Anklang wiederfinden könnten. Dies ist aber nicht der Fall, weil das in der jüngeren Marke befindliche Wort „[X.]I“ anders als die Widerspruchsmarke nicht an den [X.]n Begriff „pure“ erinnert. Denn bei dieser ergibt sich eine solche Anlehnung, weil ihre Aussprache derjenigen des [X.]n Begriffs entspricht. Eine ähnliche Konstellation besteht aber bei dem Wortbestandteil „[X.]I“ in der jüngeren Marke gerade nicht. Denn der Schlussvokal „I“ findet in keiner Aussprachevariante des [X.]n Begriffs „pure“ irgendeine Entsprechung. Damit erinnert der Bestandteil „[X.]I“ in der angegriffenen Marke aber weder klanglich noch schriftbildlich an den [X.]n Begriff „pure“. Vielmehr wird das angesprochene Publikum, für das in keiner Weise eine Anlehnung dieses Wortes „[X.]I“ an ein bekanntes Wort der [X.]n oder einer geläufigen fremden Sprache nahegelegt ist, es ausschließlich entweder als Fantasiebegriff oder als Name auffassen. Da mithin der Wortbestandteil in der jüngeren Marke weder in gleicher noch in ähnlicher Weise in Anlehnung an den beschreibenden Begriff „pure“ gebildet ist, hat es im Verhältnis zur jüngeren Marke für den [X.] beim eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke zu verbleiben, der zufolge diese aus der vorliegenden übereinstimmenden Buchstabenfolge „p-j-u-r“ bzw. „[X.]“ keine Rechte gegenüber der jüngeren Marke herleiten darf. Damit ist der zusätzliche Vokal „I“ am Schluss des Bestandteils „[X.]I“ in der angegriffenen Marke aber in jedem Fall ausreichend, um selbst bei einer (unterstellten) Prägung der jüngeren Marke allein durch den Wortbestandteil „[X.]I“ aus Rechtsgründen die [X.] als unähnlich anzusehen.

Das Vorstehende gilt erst recht – soweit angesichts des sich allein auf die besondere Schreibweise des [X.]n Wortes „pure“ reduzierten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, der nur in visueller Hinsicht wahrnehmbar ist – ein solcher Vergleich überhaupt möglich wäre – für den klanglichen [X.]. Denn selbst wenn in klanglicher Hinsicht, bei der wegen der [X.] der bildlichen Bestandteile (vgl. [X.] [X.], 60 Rn. 24 – [X.]) ohnehin nur der Buchstabe „P“ sowie das Wort „[X.]I“ herangezogen werden können, eine klangliche Alleinprägung der jüngeren Marke durch „[X.]I“ unterstellt würde, ergäbe sich dasselbe Ergebnis wie vorstehend zum entsprechenden visuellen [X.].

Eine begriffliche Ähnlichkeit scheidet schließlich selbst bei begrifflicher Prägung der jüngeren Marke allein durch das Wort „[X.]I“ ebenfalls aus, da dieses, wie oben bereits ausgeführt, vom angesprochenen Publikum nur als Fantasiewort oder Name verstanden wird, dem es somit einen anderen Begriffsinhalt als der an den [X.]n Begriff angelehnten Widerspruchsmarke zuordnet.

cc) Auch eine Markenähnlichkeit in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz [X.] besteht nicht. Dies wäre nur zu bejahen, wenn der Verkehr, obwohl er die gegenüberstehenden Marken [X.], einem in ihnen vorhandenen übereinstimmenden Element einen Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnimmt. Eine benutzte Zeichenserie, bei dem dies unter Umständen bejaht werden könnte (vgl. [X.] GRUR 2013, 840, 842 Rn. 23 – [X.]), ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch dafür, dass die jüngere Marke als Bestandteil ein mit der Widerspruchsmarke identisches oder ähnliches Zeichen aufgenommen habe, das hierbei seine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne das Erscheinungsbild der jüngeren Marke zu dominieren oder prägen (vgl. [X.] [X.], 1042 [Rz 30] – [X.] LIFE; [X.] [X.], 859, 860 f. [Rz. 18] – Malteserkreuz; GRUR 2002, 171, 174 – [X.]; [X.], 865, 866 – [X.]), ist nichts ersichtlich; dagegen spricht bereits der unterschiedliche Begriffsinhalt, so dass die Annahme einer Übernahme der älteren Marke in die jüngere Marke von vornherein ausgeschlossen ist. Auch für die Annahme einer wirtschaftlichen Verbindung der hinter den als unterschiedlich wahrgenommenen Marken stehenden Anbieter, worauf die Beschwerdeführerin ihre Auffassung einer bestehenden Verwechslungsgefahr ebenfalls gestützt hat, bestehen keine Anhaltspunkte, weil die hierfür erforderlichen besonderen Umstände, deren Vorliegen hierfür erforderlich sind (vgl. hierzu [X.] in: Kur/v. [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 14 Rn. 506 f.), weder vorgetragen noch anderweitig erkennbar sind.

3. Da somit der angefochtene Erinnerungsbeschluss die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen den ihren Widerspruch zurückweisenden Beschluss vom 18. Mai 2016 zu Recht zurückgewiesen hat, weil unter Berücksichtigung der Waren- und Markenähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden kann, war der hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu versagen.

B. Gründe für eine Kostenentscheidung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind ebenso wenig erkennbar wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 [X.].

Meta

27 W (pat) 39/17

14.05.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.05.2019, Az. 27 W (pat) 39/17 (REWIS RS 2019, 7322)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7322

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