Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2016, Az. 28 W (pat) 537/13

28. Senat | REWIS RS 2016, 14453

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "NURMIE (Wort-Bild-Marke)/nur die" – Warenidentität und –ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 006 037

hat der 28. Senat (Markenbeschwerdesenat) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 16. März 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. [X.], der Richterin [X.] und des [X.] am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 vom 3. Juli 2013 aufgehoben. Die Löschung der Eintragung der Marke 30 2012 006 037 wird für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 781 010 angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke der Beschwerdegegnerin

Abbildung

2

ist am 9. Juli 2012 angemeldet und am 14. September 2012 für Waren der Klassen 9, 14, 16, 18, 28 sowie die folgenden Waren der

3

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen

4

in das beim [X.] geführte Markenregister eingetragen worden. Die Eintragung wurde am 19. Oktober 2012 veröffentlicht.

5

Gegen diese Eintragung hat die Beschwerdeführerin am 21. Januar 2013 Widerspruch aus ihrer Wortmarke 781 010

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nur die

7

eingelegt, die am 9. Dezember 1963 für die Waren der Klasse 25 „Strümpfe“ eingetragen worden ist. Der Widerspruch richtet sich nur gegen die Eintragung der jüngeren Marke für die Waren der Klasse 25.

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Mit Beschluss vom 3. Juli 2013 hat die Markenstelle für Klasse 14 den Widerspruch zurückgewiesen.

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nur die“ erfolgt sei. Die vorgelegten Unterlagen ließen nur eine firmenmäßige Benutzung der Wortfolge „nur die“ erkennen, die vorgelegten Kollektionen belegten nur eine Benutzung der [X.] Abbildung

Gegen diesen ihr am 9. Juli 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 1. August 2013. Sie trägt vor, die Markenstelle habe verkannt, dass der Widerspruchsmarke schon von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme, die durch umfangreiche Benutzung weiter gesteigert worden sei, sodass sie über einen erheblich erweiterten Schutzumfang verfüge. Die Wortfolge „nur die“ habe keinerlei Sachbezug zu den beanspruchten Waren. Das Anklingen einer werbenden Anpreisung führe nach der Rechtsprechung nicht zu einer Minderung der Kennzeichnungskraft. Die Wortfolge sei prägnant und lasse durch ihre Unvollständigkeit einen weiten Interpretationsspielraum. Es sei unzulässig, die Wortfolge durch die Produktangabe „Strümpfe“ bei der Prüfung der Kennzeichnungskraft gedanklich zu ergänzen. Die Widerspruchsmarke werde seit 1963 für Strumpfwaren benutzt, ihr Produktportfolio sei seit dem Jahr 2000 auf „Unterwäsche und Intimwäsche“ erweitert worden. Ihr Anteil am Gesamtmarkt für Strumpfwaren in [X.] habe im Jahr 2010 bei …Prozent mit Umsatzerlösen von [X.] gelegen, im Jahr 2011 bei …Prozent mit [X.] und im [X.] bei …Prozent mit [X.]. Im ersten Halbjahr 2013 habe sie ihren Marktanteil auf …% gesteigert. Die Widerspruchsmarke werde zudem seit Jahrzehnten umfangreich beworben, die Werbeausgaben seien von [X.] über [X.] im Jahr 2011 auf [X.] im [X.] gestiegen

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 vom 3. Juli 2013 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der Marke 30 2012 006 037 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 781 010 für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin hat sich weder im Widerspruchsverfahren vor dem [X.] noch im Beschwerdeverfahren zur Sache geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die jüngere Marke hält den erforderlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein und ist deshalb wegen Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die Waren der Klasse 25 zu löschen.

Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] [X.], 1098, Rdnr. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 933, Rdnr. 32 - [X.]; [X.] 2006, 237, 238 - PICARO/[X.]; [X.] 2014, 488, Rdnr. 9 - [X.]/[X.]; [X.], 1040, Rdnr. 25 - pjur/pure; [X.], 235, Rdnr. 15 - [X.]/[X.]; [X.] 2009, 484, Rdnr. 23 - [X.]; [X.] 2008, 905, Rdnr. 12 - [X.]; [X.], 258, Rdnr. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 859, Rdnr. 16 - [X.]; [X.], 60, Rdnr. 12 - [X.]). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. O. - [X.]; [X.]. 2010, 129, Rdnr. 60 - Aceites del Sur-Coosur SA/[X.] [Carbonell/[X.]]; [X.], [X.] 2013, 833, Rdnr. 30 - Culinaria/[X.]; a. a. O. - pjur/pure).

1. Die Marken können sich teilweise auf identischen, teils auf eng ähnlichen, teils auf entfernt ähnlichen [X.] begegnen. Dabei ist auf die [X.] abzustellen, da [X.] nicht aufgeworfen worden sind.

Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere Art, Beschaffenheit, Einsatz- und Verwendungszweck, wirtschaftliche Bedeutung, der Nutzen für den angesprochenen Verkehr sowie dessen Vorstellung, dass die Waren unter der gleichen Verantwortung hergestellt und in Anspruch genommen werden oder hinsichtlich ihrer Eigenart als konkurrierende Angebote sich in sonstiger Weise ergänzen - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sind, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - unterstellt man dies - mit identischen Marken gekennzeichnet sind ([X.] [X.], 582, Rdnr. 85 - [X.]; [X.], 922, Rdnr. 22 ff. - [X.]; [X.] 2014, 488, Rdnr. 14 - [X.]/[X.]; [X.] 2004, 241 - [X.]; [X.] 2001, 507 - [X.]/Revian).

Zwischen den Waren der angegriffenen Marke „Bekleidungsstücke“ und den [X.] „Strümpfe“ besteht Identität, weil „Strümpfe“ von dem Oberbegriff „Bekleidungsstücke“ umfasst sind. Durchschnittliche Ähnlichkeit besteht zwischen „Kopfbedeckungen“ der jüngeren Marke und den [X.]. Zu Kopfbedeckungen zählen auch Mützen, die wie Strümpfe Strick- oder Wirkwaren sind, sich also in Material und Produktionsweise ähneln, vom gleichen Hersteller stammen können und ggf. sogar im Muster aufeinander abgestimmt angeboten werden.

Die „Schuhwaren“ der angegriffenen Marke sind den [X.] „Strümpfe“ entfernt bis allenfalls durchschnittlich ähnlich (Richter/Stoppel, [X.], 16. Aufl., 2014, S. 252). Sie weichen in Material und Machart regelmäßig voneinander ab, ergänzen sich aber in ihrer Funktion. Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass gerade im Sportbereich Strümpfe das Sortiment von Schuhherstellern ergänzen und unter der gleichen Marke aus einer Hand angeboten werden.

2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus unterdurchschnittlich, aber nicht so schwach, dass sie auf die Eigenprägung beschränkt wäre. Die Wortfolge „nur die“ ist ein Slogan, der die beanspruchten Waren nicht unmittelbar beschreibt. Er deutet eine Kaufaufforderung an den Kunden an, nur diese Waren zu kaufen, bzw. suggeriert, dass die so gekennzeichneten Waren Besonderheiten aufweisen, die die Konkurrenzprodukte nicht haben. Beides wird durch die Wortfolge jedoch nur angedeutet. Eine beschreibende Angabe für die beanspruchten Waren ist ihr nicht unmittelbar zu entnehmen. Für das Verständnis als allgemeine Anpreisung, die sich in einer Aufforderung zum Kauf erschöpft, sind ebenfalls unzulässige gedankliche Zwischenschritte erforderlich, etwa indem ein Verb in Befehlsform hinzugedacht (kauf nur die!) oder die Wortfolge um eine Gattungsbezeichnung ergänzt wird „nur die Strümpfe von…“ ([X.], [X.] 2015, 173-176, Rdnr. 22 - [X.]). Die Wortfolge ist daher nicht mit einer Anpreisung wie „[X.]“ zu vergleichen ([X.], [X.]. 2003, 834, Rdnr. 29 - [X.]). Zudem ist sie kurz, prägnant und leicht auszusprechen, sodass ihr von Haus aus allenfalls eine geringfügig geminderte Kennzeichnungskraft zukommt.

Diese ist durch die hohe Bekanntheit der Widerspruchsmarke nicht nur ausgeglichen, sondern der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist nicht unerheblich gesteigert. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen ([X.] 2013, 833, Rdnr. 38 - Culinaria/[X.]).

Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen - und dies ist auch gerichtsbekannt - dass sie mit ihrer im Jahr 1963 registrierten Marke bereits seit mehreren Jahrzehnten im Markt der Strumpfwaren präsent und den Verbrauchern bekannt ist. Nach ihrem durch eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers glaubhaft gemachten und von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestrittenen Vortrag erzielte sie im Jahr 2010 einen Anteil am Gesamtmarkt für Strumpfwaren von …Prozent, den sie bis zur Anmeldung der angegriffenen Marke im Jahr 2012 auf …Prozent steigern konnte, unter anderem durch erhebliche [X.]. Sie ist mit einem Umsatzerlös im [X.] von [X.] bei einem Gesamtmarktumsatz von [X.] in [X.] Marktführer im Bereich Strumpfwaren.

Deshalb ist davon auszugehen, dass die Benutzung der Wort-/Bildmarke sich auch auf die Bekanntheit der Wortmarke „nur die“ ausgewirkt hat, zumal die Marke auch in der benutzten Form ausschließlich mit den Wortbestandteilen benannt werden wird.

Durch die intensive und langjährige Benutzung, die sich in den vorgetragenen Marktanteilen niederschlägt, ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht nur bis zur Durchschnittlichkeit, sondern darüber hinaus gesteigert, sodass von einem erheblich erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen ist.

3. Den deshalb erforderlichen weiten Abstand zu der Widerspruchsmarke hält die jüngere Marke für die verfahrensgegenständlichen Waren nicht ein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den [X.] um relativ geringpreisige und kurzlebige Waren handeln kann, die häufig ersetzt werden müssen. Der angesprochene Verbraucher begegnet den Vergleichsmarken deshalb eher mit flüchtiger Aufmerksamkeit, was einer Verwechslung förderlich ist. Die jüngere Marke muss deshalb und wegen der Identität der Waren sowie der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen sehr großen Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalten. Im Hinblick auf die durchschnittlich bzw. entfernt ähnlichen Waren Kopfbedeckungen und Schuhwaren ist immer noch ein deutlicher Abstand erforderlich, den die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht nicht einhält.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. [X.] 2013, 833, Rdnr. 45 - Culinaria/[X.]; [X.] 2012, 1040, Rdnr. 25 - pjur/pure; [X.] 2012, 930, Rdnr. 22 - [X.]/Barbie B; [X.] 2012, 64, Rdnr. 15 - Maalox/[X.]; [X.] 2010, 729, Rdnr. 23 - [X.]). Dabei gilt der allgemeine Erfahrungssatz, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., 2014, § 9, Rdnr. 237).

Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.] 2006, 413, Rdnr. 19 - [X.]/SIR; [X.] 2005, 1042, Rdnr. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843, Rdnr. 29 - [X.]; [X.] 2010, 235, Rdnr. 15 - [X.]/[X.]; [X.] 2009, 484, Rdnr. 32 - [X.]; [X.] 2006, 60, Rdnr. 17 - [X.]; [X.] 2004, 779, 781 - Zwilling/[X.]). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. [X.] 2010, 235, Rdnr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 254 m. w. N.).

Abbildungnur die besteht enge klangliche Ähnlichkeit. Dabei ist von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass der Verkehr dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung beimisst ([X.] 2014, 378, 380, Rdnr. 30 - [X.]). Dies ist bei der angegriffenen Marke das Wort „[X.]“. Die beiden verschränkten Buchstaben neben dem Fuß des Männchens, die an ein mit einem F oder einem umgekehrten E verschlungenes P erinnern, werden bei der Benennung des Zeichens nicht mitgesprochen werden, weil sie kaum lesbar sind und zudem wie eine Initiale des Künstlers erscheinen, der das Zeichen entworfen hat. Es gibt im konkreten Fall auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr das angegriffene Zeichen anders als mit dem Wortbestandteil [X.] benennen wird. Denkbar wäre zwar, die angegriffene Marke wegen des grafischen Bestandteils als „Nurmie-Männchen“ zu bezeichnen; jedenfalls erhebliche Teile des zur Verkürzung neigenden Verkehrs werden sich jedoch bei der Benennung auf den Wortbestandteil beschränken, der in Form eines Schildes hervorgehoben ist. Denn aus der Grafik ist nicht genau erkennbar, ob es sich bei dem Figürchen um ein stilisiertes menschliches oder ein froschartiges Wesen handelt, sodass die Benennung der Marke nach dem Gegenstand ihrer Grafik Schwierigkeiten bereitet und nicht eindeutig möglich ist.

nur die leichter erkennt und die Widerspruchsmarke sowohl auf dem ersten als auch auf dem zweiten Wort betonen kann („nur die“ bzw. „nur die“), während er bei der jüngeren Marke [X.] die Betonung auf die erste Silbe legen wird, weil die zweite Silbe wie eine Endung erscheint. Angesichts der hohen Bekanntheit der Widerspruchsmarke und der geschilderten Übereinstimmungen ist dieser [X.] aber nicht geeignet, von der Verwechslungsgefahr wegzuführen.

Auch die inhaltliche Bedeutung der Widerspruchsmarke mindert die klangliche Verwechslungsgefahr nicht maßgeblich. Zwar wird sich der Verkehr an die Widerspruchsmarke genauer erinnern, weil er die Andeutung einer Kaufaufforderung in der Wortfolge erkennt. Deshalb wird er bei anschließender Begegnung mit der jüngeren Marke die klanglichen Unterschiede zwischen den Marken bei abweichenden Sinngehalten stärker wahrnehmen, als wenn sich inhaltsleere Fantasiewörter gegenüber stehen. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, verfügt aber nur die Widerspruchsmarke über einen die Unterscheidbarkeit steigernden Sinngehalt, während die jüngere Marke als reiner Fantasiebegriff keinen Sinngehalt aufweist, der zur Unterscheidbarkeit beitragen kann. Derjenige Verbraucher, der zunächst der jüngeren Marke begegnet, hat deshalb kein vertieftes Erinnerungsbild, anhand dessen er den Unterschied zu der älteren Marke leichter erkennen wird. Die verwechslungsmindernde Wirkung des [X.] tritt außerdem nur ein, wenn die Unterschiede überhaupt erkannt werden, was aber bei ungünstigen Übermittlungsverhältnissen nicht ohne Weiteres der Fall sein wird. Zudem ist hier zu berücksichtigen, dass der infolge ihrer benutzungsbedingten Bekanntheit hohe Wiedererkennungswert der Widerspruchsmarke sich zwar faktisch verwechslungsmindernd auswirken kann, weil der Verkehr auch geringe Abweichungen von bekannten Marken schnell erkennt ([X.] 2012, 621, Rdnr. 42 - [X.]). Dies muss jedoch bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit aus normativen Gründen unberücksichtigt bleiben, da sonst die Bekanntheit der Marke zu einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Verringerung ihres Schutzumfangs führen würde ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., 2014, § 9, Rdnr. 19).

Eine Verwechslungsgefahr zwischen den [X.] kann damit bei Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände in klanglicher Hinsicht nicht ausgeschlossen werden. Da dies genügt, um den Löschungsanspruch der Beschwerdeführerin zu begründen, kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Marken auch schriftbildlich oder begrifflich verwechselt werden können.

Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 25 anzuordnen.

4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

Meta

28 W (pat) 537/13

16.03.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2016, Az. 28 W (pat) 537/13 (REWIS RS 2016, 14453)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14453

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