Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.08.2018, Az. XI R 57/17

11. Senat | REWIS RS 2018, 4317

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Gegenstand

(Zum Einwendungsausschluss des § 166 AO bei unterlassenem Widerspruch gegen eine Forderungsanmeldung des FA und zur Mittelvorsorgepflicht bei Gewährung von AdV)


Leitsatz

1. NV: Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist der als Haftungsschuldner in Anspruch genommene Geschäftsführer der GmbH gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat .

2. NV: Die Pflicht eines GmbH-Geschäftsführers, finanzielle Mittel zur Entrichtung geschuldeter Steuern bereitzuhalten, besteht auch dann, wenn das FA AdV gewährt hat .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2017  10 K 3671/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 2005 Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der [X.] (GmbH). Gegenstand des Unternehmens der GmbH war der Handel mit ... und ....

2

Einen Großteil ihrer Waren hatte die GmbH zunächst von den pakistanischen Firmen [X.]. und [X.] bezogen, die von [X.] des [X.] betrieben wurden. Seit Mitte 2004 unterhielt die GmbH jedoch keine Vertragsbeziehungen mehr zu den beiden Firmen; gleichwohl wies sie in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2007 noch [X.] in Höhe von 1.593.101,48 € gegenüber der [X.]. und 40.285,25 € gegenüber [X.] aus. Die gegenüber der [X.]. bestehenden Verbindlichkeiten waren mit 1,2 % p.a. verzinst und der [X.] war jeweils um die Zinsen erhöht worden. Seit Beendigung der Vertragsbeziehungen zu beiden Firmen Mitte 2004 waren von Seiten der [X.] keine feststellbaren, auf die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gerichteten Aktivitäten entfaltet worden. Die Firma [X.] existierte zudem nicht mehr.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) vertrat nach Durchführung einer Außenprüfung bei der GmbH die Auffassung, dass die zum 31. Dezember 2007 ausgewiesenen Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber [X.] insgesamt (d.h. in Höhe von 40.285,25 €) und gegenüber der [X.]. anteilig --soweit diese aus den Jahren 2001 und 2002 stammten (d.h. in Höhe von 567.631,89 €)-- nicht mehr passiviert werden dürften. Mit einer Geltendmachung durch die Gläubiger sei insoweit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu rechnen. Die Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der [X.]. aus dem [X.] seien zudem um Gutschriften in Höhe von insgesamt 311.561 € zu vermindern, welche die GmbH (betreffend Rechnungen aus 2002 und 2003) im [X.] vereinnahmt habe. Die Verbindlichkeiten der GmbH seien daher gewinnerhöhend zu vermindern und die Zinsen aus den [X.] gegenüber der [X.]. zu kürzen. Es erließ am 25. Februar 2011 gegenüber der GmbH u.a. entsprechende Bescheide für das [X.], mit denen u.a. der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf 0 € festgestellt wurde.

4

Für die Folgejahre 2008 und 2009 ergaben sich trotz korrespondierender Ausbuchung weiterer Verbindlichkeiten der GmbH aufgrund eines Verlustrücktrags keine positiven Körperschaftsteuerfestsetzungen. Für das [X.] machten sich die Folgewirkungen der für die Jahre 2003 bis 2007 ergangenen Änderungsbescheide dadurch bemerkbar, dass dem von der GmbH erklärten Gewinn kein Verlustabzug mehr gegenüber stand. Deshalb setzte das [X.] am 25. Oktober 2011 Körperschaftsteuer für das [X.] in Höhe von zunächst 33.618 € gegenüber der GmbH fest. Dagegen legte die GmbH Einspruch ein.

5

Im Laufe des [X.] erging am 17. Oktober 2012 ein Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid für das [X.], mit dem die festgesetzte Körperschaftsteuer gegenüber der GmbH auf 41.811 € erhöht wurde.

6

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. November 2012 wies das [X.] den Einspruch der GmbH als unbegründet zurück. Dagegen erhob die GmbH Klage zum Finanzgericht ([X.]). Die Klage erhielt das Aktenzeichen 10 K 3725/12.

7

Während des Klageverfahrens 10 K 3725/12 wurde auf Antrag des [X.] vom 10. Juni 2013 mit Beschluss des [X.] vom 26. November 2013 ... über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

8

Das hierdurch unterbrochene Klageverfahren 10 K 3725/12 wurde vom Insolvenzverwalter zunächst nicht aufgenommen. Im Insolvenzverfahren widersprach er zunächst den vom [X.] zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen, nahm seinen Widerspruch jedoch im weiteren Verlauf wieder zurück. Ein eigener Widerspruch des [X.] als Geschäftsführer der GmbH gegen die vom [X.] zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen wurde im Laufe des Insolvenzverfahrens nicht erhoben. Deshalb wurden die vom [X.] angemeldeten Forderungen am 3. Juni 2014 widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt. Das Klageverfahren 10 K 3725/12 wurde von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

9

Aus einem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters der GmbH vom 18. November 2013 geht hervor, dass von der GmbH ab 2010 konstant Umsätze von rd. 500.000 € erzielt worden waren. Ausweislich des Gutachtens hatte die GmbH vermutlich Mitte 2012 ihre sämtlichen Vermögenswerte sowie das Personal auf die Firma [X.] ([X.]), deren Gesellschafter-Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war, übertragen und ihren Geschäftsbetrieb zum 30. Juni 2012 eingestellt. Die [X.] nutzt seither die zuvor von der GmbH genutzten Räumlichkeiten und bietet dasselbe Sortiment an. Die GmbH hatte zum Zeitpunkt des [X.] außer Steuerschulden lediglich weitere Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von rd. 26.000 €. Den Verbindlichkeiten stand eine offene Restforderung gegenüber der [X.] in Höhe von rd. 171.000 € aus der Veräußerung des Inventars sowie aller vorhandenen Waren und Vermögenswerte gegenüber, deren Realisierbarkeit aus Sicht des Insolvenzverwalters aufgrund der schwachen Bonität der [X.] allerdings zweifelhaft erschien. Jedoch war ausweislich der [X.] der GmbH ein Anteil von 130.000 € des Kaufpreises für den auf die [X.] übertragenen Warenbestand an die GmbH bezahlt worden. Die materielle Insolvenzreife der GmbH trat spätestens Ende 2012 ein.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2013 teilte das [X.] dem Kläger unter Hinweis auf § 69 i.V.m. §§ 34, 35 der Abgabenordnung ([X.]), die bestehenden Steuerrückstände der GmbH und die bisher erfolglos gebliebenen Beitreibungsversuche mit, dass derzeit geprüft werde, ob und ggf. inwieweit der Kläger in Haftung zu nehmen sei. Zugleich forderte das [X.] den Kläger auf, Angaben dazu zu machen, in welchem Umfang im Haftungszeitraum zur Tilgung der Verbindlichkeiten ausreichende Mittel vorhanden gewesen und ob bzw. inwieweit damit anteilig Steuerschulden beglichen worden seien. Der Kläger reagierte darauf nicht.

Das [X.] nahm den Kläger durch Bescheid vom 27. März 2013 nach § 69 i.V.m. §§ 34, 35 [X.] für die vom [X.] zur Tabelle angemeldeten Steuerforderungen und Säumniszuschläge in Haftung.

Mit seinem Einspruch gegen den Haftungsbescheid machte der Kläger im Wesentlichen Einwendungen gegen die Richtigkeit der gegenüber der GmbH ergangenen Steuerbescheide geltend.

Nachdem das [X.] die [X.] mit Bescheid vom 14. November 2014 nach § 75 [X.] für die rückständige Umsatzsteuer der GmbH für Juli 2012 in Haftung genommen hatte, verringerte es die gegenüber dem Kläger festgesetzte Haftungssumme mit Einspruchsentscheidung vom 17. November 2014 um insgesamt 56.213,49 € auf 48.954,08 € und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Mit seiner Klage (Aktenzeichen 10 K 3671/14) machte der Kläger Einwendungen gegen die Höhe der Körperschaftsteuer für das [X.] geltend. Gegen die dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Körperschaftsteuerfestsetzung für 2010 sei seinerzeit von der GmbH Klage erhoben worden. Aus nicht erklärlichen Gründen habe der Insolvenzverwalter seine ursprünglichen Einwendungen gegen die festgesetzten Steuerschulden zurückgenommen, ohne dass sich der Kläger hiergegen habe zur Wehr setzen können. Weder im Insolvenzverfahren noch im Klageverfahren der GmbH (10 K 3725/12) habe eine Überprüfung der angeblichen Körperschaftsteuerforderung für das [X.] stattgefunden.

Im Haftungszeitraum hätten dem Kläger zudem keinerlei Mittel der GmbH zur Verfügung gestanden, um deren Betriebssteuern zu begleichen. Der Möglichkeit des Bestehens einer größeren Steuerschuld der [X.] habe sich der Kläger erst zu einem Zeitpunkt gegenüber gesehen, als die GmbH ihren Geschäftsbetrieb völlig eingestellt gehabt und über keinerlei Mittel zu deren Begleichung mehr verfügt habe.

Des Weiteren sei der subjektive Tatbestand einer Inhaftungnahme ebenfalls nicht erfüllt, da dem Kläger weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könnten. Mit einer Körperschaftsteuernachzahlung für 2010 aufgrund einer Betriebsprüfung habe er nicht rechnen können. Bis zur Geschäftsaufgabe zum 30. Juni 2012 habe keine fällige Steuerschuld der GmbH bestanden, da der zu diesem Zeitpunkt bereits ergangene und von der GmbH mit dem Einspruch angefochtene Körperschaftsteuerbescheid für 2010 wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit von der Vollziehung ausgesetzt gewesen sei. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, dass die [X.] keinen Bestand haben werde.

Das [X.] wies die Klage 10 K 3671/14 mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2017, 625 veröffentlichten Urteil ab. Es entschied, der angefochtene Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung sei rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des [X.] nach § 69 Satz 1 [X.] auf erster Stufe lägen vor. Gemäß § 166 [X.] seien dem Kläger Einwendungen gegen die widerspruchlos zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen des [X.] im Haftungsverfahren abgeschnitten. Das [X.] verwies zur weiteren Begründung u.a. auf die Urteile des [X.] München vom 10. März 2016  14 K 2710/13 (E[X.] 2016, 1931, Az. des [X.] --[X.]--: XI R 9/16) sowie des [X.] Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Juli 2016  2 K 203/16 (E[X.] 2016, 1766, Az. des [X.]: VII R 25/16). Die weiteren Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme des [X.] nach § 69 Satz 1 [X.] seien ebenfalls erfüllt.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 69, 166 [X.]. Er macht geltend, er sei nicht gemäß § 166 [X.] mit seinen Einwendungen gegen die Körperschaftsteuerfestsetzung für das [X.], die er weiter verfolgt, ausgeschlossen. Der Widerspruch des Insolvenzschuldners im Insolvenzverfahren habe zunächst keine Wirkung auf das Insolvenzverfahren und keine praktische Bedeutung. An einem Prozess gegen den Insolvenzschuldner habe in der Regel niemand ein Interesse. Der Prozess koste lediglich Geld und habe für das Insolvenzverfahren nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, der Forderungsanmeldung des [X.] nicht zu widersprechen, habe allenfalls praktische Gründe gehabt. Eine genauere rechtliche Überprüfung habe er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vorgenommen. Der Zweck des § 166 [X.] greife deshalb nicht.

§ 166 [X.] schränke außerdem die Rechte des [X.] nicht unerheblich ein. Eine erweiternde Auslegung sei deshalb ebenso problematisch wie die Verlagerung der rechtlichen Überprüfung in das dafür eigentlich nicht vorgesehene Insolvenzverfahren.

Sei die Auffassung des [X.] zutreffend, müssten zukünftig sämtliche gesetzliche Vertreter des Insolvenzschuldners für diesen Widersprüche erklären, um zu vermeiden, vom [X.] in Haftung genommen zu werden. Dass dies im Insolvenzverfahren kontraproduktiv sei, liege auf der Hand.

Außerdem habe das [X.] § 69 [X.] unzutreffend angewandt. Selbst wenn man mit dem [X.] von einer Pflicht des [X.] ausgehe, vorausschauend Mittel zurückzubehalten, gehe die Auffassung des [X.] zu weit, der Kläger habe seit dem 22. Februar 2010 Mittel für die Bezahlung der Körperschaftsteuer 2010 zurückbehalten müssen. Niemand habe im Februar 2010 vorhersehen können, wie hoch die Körperschaftsteuer des Jahres 2010 sein werde. Außerdem habe sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt in dem Rechtsirrtum befunden, dass sich die steuerlichen Ergebnisse der Prüfung im Prinzip nicht ändern würden.

Soweit das [X.] seine Klageabweisung auf den Körperschaftsteuerbescheid vom 25. Oktober 2011 stütze, laute dieser nur auf 33.618 €. Bei Aufgabe der Geschäftstätigkeit Mitte 2012 habe der Kläger nicht damit rechnen müssen, dass (erst) durch Bescheid vom 17. Oktober 2012 die Körperschaftsteuer auf 41.811 € erhöht werden würde. Jedenfalls im Hinblick auf den Bescheid vom 17. Oktober 2012 sei nicht festgestellt, dass noch Mittel vorhanden waren, mit denen die Steuerschuld hätte beglichen werden können. Dies sei rechtsfehlerhaft. Außerdem habe das [X.] unter Verstoß gegen § 96 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 [X.] und die Sachaufklärungspflicht des § 76 [X.]O nicht alle Erkenntnisquellen ausgeschöpft. Aus dem Gutachten vom 18. November 2013 ergebe sich, dass der Betrieb der GmbH zum 30. Juni 2012 eingestellt gewesen sei. Die angebliche weitere Kaufpreisforderung der GmbH gegen die [X.] sei im Oktober 2012 nicht existent oder realisierbar gewesen. Die GmbH habe bis 30. Juni 2012 sämtliche Mittel verausgabt gehabt.

[X.]s habe das [X.] zu Unrecht angenommen, dass die vom [X.] bejahten Pflichtverletzungen grob fahrlässig erfolgt seien. Jedenfalls bei der Körperschaftsteuer indiziere die Pflichtwidrigkeit nicht diesen Schuldvorwurf. Die Ermittlung der Körperschaftsteuer sei relativ kompliziert und die festgesetzten Steuern hätten ganz erheblich geschwankt. Daher habe das [X.] auch sein Auswahlermessen nicht richtig ausgeübt.

Der Kläger beantragt, die angefochtene Vorentscheidung, den Haftungsbescheid vom 27. März 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 17. November 2014 ersatzlos aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung und verweist bezüglich § 166 [X.] ergänzend auf das [X.]-Urteil vom 16. Mai 2017 VII R 25/16 ([X.]E 257, 515, [X.], 934).

Der Einwand des [X.] zum zeitlichen Ablauf greife nicht durch, weil der Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt habe, indem er keine Angaben zu den liquiden Mitteln der GmbH und deren Verwendung gemacht habe. Die Steuerschulden der GmbH hätten hieraus beglichen werden können. Auch die gerügten Verfahrensfehler lägen daher nicht vor; das [X.] sei aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Kläger nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung verpflichtet gewesen.

Die Pflichtverletzungen habe der Kläger, wie der Geschehensablauf zeige, aus Sicht des [X.] vorsätzlich begangen. Die Gewährung von Aussetzung der Vollziehung (AdV) könne den Kläger nicht entlasten. Außerdem habe der Kläger seine Mitwirkungspflichten verletzt. Das [X.] habe auch sein Auswahlermessen richtig ausgeübt.

Mit Schreiben vom 8. August 2018 haben die Prozessbevollmächtigten des [X.] erklärt, sie legten das Mandat nieder.

Entscheidungsgründe

[X.]

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a [X.]O. Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger für die vom [X.] zur Insolvenztabelle angemeldeten und widerspruchslos festgestellten Steuerforderungen haftet. Der Kläger hat es pflichtwidrig unterlassen, die widerspruchslos zur Tabelle angemeldeten Steuerforderungen rechtzeitig zu erfüllen (1.). Die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens indiziert den Schuldvorwurf (2.). Die erforderliche Kausalität liegt vor (3.). Mit seinen materiellen Einwendungen gegen die Körperschaftsteuer 2010 ist der Kläger gemäß § 166 [X.] ausgeschlossen (5.).

1. Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet ([X.]), kann nach § 191 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

a) Nach § 69 i.V.m. § 34 [X.] haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 [X.]) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

b) Dies hat das [X.] im Streitfall zu Recht bejaht, indem es angenommen hat, dass der Kläger als gesetzlicher Vertreter der GmbH pflichtwidrig die hier streitigen Steuerforderungen nicht rechtzeitig erfüllt hat.

2. Ebenfalls zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass eine objektive Pflichtwidrigkeit den gegenüber dem Geschäftsführer --hier dem Kläger-- zu erhebenden Schuldvorwurf indiziert (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 11. November 2008 VII R 19/08, [X.], 303, [X.], 342; vom 22. April 2015 XI R 43/11, [X.], 315, [X.], 755, Rz 20; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 [X.] Rz 29; Nacke, Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl. 2017, Rz 2.133).

a) Dies gilt [X.] als der Kläger meint-- auch bei der nicht rechtzeitigen Entrichtung der Körperschaftsteuer (vgl. [X.]-Urteile vom 4. Dezember 2007 VII R 18/06, [X.], 521, unter [X.], Rz 13; vom 27. September 2017 XI R 9/16, [X.], 221, [X.] 2018, 515, Rz 9 und 24; [X.] vom 2. November 2007 VII B 72/07, juris, Rz 8).

b) Die vom Kläger vorgetragenen Argumente rechtfertigen keine andere Beurteilung.

aa) Zwar können besondere, vom Kläger glaubhaft zu machende Gründe im Einzelfall die Pflichtverletzung entschuldigen oder nur den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit rechtfertigen (vgl. [X.]-Urteil vom 23. September 2008 VII R 27/07, [X.], 228, [X.], 129, unter [X.]2., Rz 23).

bb) Das [X.] hat allerdings in seinem Urteil (juris, Rz 54 ff.) ausgeführt, dass Gründe für ein fehlendes Verschulden des [X.] insoweit nicht erkennbar seien. Insbesondere könne sich der Kläger nicht damit exkulpieren, dass er nicht gewusst habe, dass sich Steuerschulden für die GmbH ergeben würden, für deren Erfüllung er Vorsorge hätte treffen müssen. Aufgrund des Bescheids vom 25. Februar 2011 über die Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 in Höhe von 0 € habe sich der Kläger als Geschäftsführer der GmbH mit den daraus für die GmbH resultierenden steuerlichen Folgen --auch soweit diese die Folgejahre betrafen-- und den mit diesen verbundenen Pflichten seines Amtes vertraut machen und diesbezüglich im Zweifelsfall selbst aktiv fachkundigen Rat einholen müssen. Mit einer künftigen Steuerschuld der GmbH aufgrund des Wegfalls des Verlustvortrags habe er danach bereits bei Erlass des [X.] 2007 rechnen müssen.

cc) Diese Würdigung des [X.] ist aufgrund der vom [X.] festgestellten Tatsachen möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze; sie bindet daher gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O den [X.] (vgl. zur eingeschränkten Überprüfung im Revisionsverfahren [X.] vom 18. Januar 2008 VII B 63/07, [X.], 754, unter [X.], Rz 5 und 7, m.w.[X.]).

dd) Es ist auch --entgegen dem Vorbringen der [X.] unschädlich, dass das [X.] weiter angenommen hat, spätestens mit der Bekanntgabe des Körperschaftsteuerbescheides für das [X.] vom 25. Oktober 2011, aus welchem sich eine Steuerfestsetzung in Höhe von 33.618 € ergab, wäre ein etwaig zuvor bestehender entschuldbarer Rechtsirrtum des [X.] über die Entstehung einer Steuerschuld der GmbH und seine diesbezüglichen steuerlichen Pflichten jedenfalls beseitigt worden, ohne darauf einzugehen, dass dieser Betrag erst durch Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2012 auf 41.811 € erhöht wurde, wofür der Kläger ebenfalls in Haftung genommen wird. Erstens indiziert auch insoweit die Pflichtwidrigkeit das Verschulden und zweitens hat das [X.] bereits aus dem Ergehen des auf 0 € lautenden [X.] 2007 vom 25. Februar 2011, der später nicht mehr geändert wurde, abgeleitet, dass sich der Kläger nicht exkulpieren könne.

3. Das [X.] hat auch zutreffend angenommen, dass das Verhalten des [X.] [X.] als die Revision meint-- adäquat kausal für den Vermögensschaden des Fiskus war. Der Einwand des [X.], der GmbH hätten bei Fälligkeit keine Mittel zur Tilgung der Steuerforderungen mehr zur Verfügung gestanden, greift nicht durch.

a) Grundsätzlich setzt die Haftung nach den §§ 34, 69 [X.] wegen ihres Schadensersatzcharakters voraus, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem mit dem Haftungsanspruch geltend gemachten Schaden eine adäquate Kausalität besteht; eine Haftung kommt dann in Betracht, wenn zwischen der Pflichtverletzung und dem Steuerausfall als dem auszugleichenden Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang besteht (vgl. [X.]-Urteile vom 6. März 2001 VII R 17/00, [X.] 2001, 1100, unter [X.], Rz 19; in [X.], 521, unter [X.]2.a aa, Rz 16), wobei solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich sind, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, den Erfolg zu verursachen (vgl. [X.]-Urteile vom 17. November 1992 VII R 13/92, [X.], 295, [X.] 1993, 471, unter [X.]2.c aa, Rz 16; in [X.], 303, [X.], 342, unter [X.]2., Rz 10).

b) Der erforderliche Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (vgl. [X.]-Urteile vom 19. September 2007 VII R 39/05, [X.], 18, unter [X.]2.a aa, Rz 13; vom 26. Januar 2016 VII R 3/15, [X.] 2016, 893, Rz 13; [X.] vom 11. November 2015 VII B 57/15, [X.] 2016, 372, Rz 7).

c) Die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters einer GmbH beschränken sich allerdings nicht nur darauf, die im [X.]punkt der Fälligkeit der Steuern vorhandenen Mittel anteilmäßig zur Befriedigung des [X.]s und der anderen Gläubiger einzusetzen, sondern er ist bereits vor Fälligkeit der Steuern ganz allgemein verpflichtet, die Mittel des Steuerschuldners so zu verwalten, dass dieser zur pünktlichen Tilgung auch der erst künftig fällig werdenden Steuerschulden in der Lage ist (vgl. [X.]-Urteile vom 5. Februar 1985 VII R 124/80, [X.] 1987, 2, unter 2.a, Rz 20; vom 9. Januar 1997 VII R 51/96, [X.] 1997, 324, unter 1.b, Rz 18).

aa) Welche Anforderungen an die einem Geschäftsführer obliegende Mittelvorsorgepflicht zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. [X.] vom 25. April 2013 VII B 245/12, [X.] 2013, 1063, Rz 19). Von ihm ist zu verlangen, dass er vorausschauend plant und insbesondere in der Krise finanzielle Mittel zur Entrichtung der geschuldeten Steuern bereithält; vom Eintritt der Fälligkeit der Steuern ist diese Pflicht unabhängig (vgl. [X.]-Urteil vom 26. September 2017 VII R 40/16, [X.], 423, [X.] 2018, 304, Rz 11). Ein Geschäftsführer einer GmbH verletzt seine ihm gegenüber dem [X.] obliegenden Pflichten deshalb auch dann, wenn er sich durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise schuldhaft außerstande setzt, künftig fällig werdende Steuerschulden, deren Entstehung ihm bekannt ist, zu tilgen (vgl. [X.]-Urteile in [X.] 1987, 2, unter 2.a, Rz 20; in [X.] 1997, 324, Rz 23; vom 28. November 2002 VII R 41/01, [X.]E 200, 482, [X.] 2003, 337, unter [X.]2.b, Rz 15; vom 16. Dezember 2003 VII R 77/00, [X.]E 204, 391, [X.] 2005, 249, unter [X.]3.a, Rz 14). Dies gilt (auch) für Steuerforderungen, mit denen der Geschäftsführer rechnen muss (vgl. [X.]-Urteil vom 23. April 2014 VII R 30/13, [X.] 2014, 1492, Rz 21 und 22) bzw. deren Entstehung absehbar ist (vgl. [X.]-Urteil in [X.] 1987, 2, unter 2.d, Rz 26; [X.] in [X.] 2013, 1063, Rz 17).

bb) Die Anhängigkeit eines Antrages auf AdV und ein untätiges Abwarten des [X.] entheben den Vertreter nicht von seiner Pflicht, für die Erfüllung der [X.] entsprechende Vorsorge zu treffen (vgl. [X.]-Urteil vom 11. März 2004 VII R 19/02, [X.]E 205, 335, [X.] 2004, 967; [X.] München, Urteil vom 22. Februar 2010  14 K 3114/08, juris, Rz 24; Nacke, a.a.[X.], Rz 2.118, m.w.[X.]; [X.] in [X.], [X.] § 69 Rz 27).

cc) Entgegen der Auffassung der Revision gilt Gleiches, wenn das [X.] die der Haftung zugrunde liegenden Steuerbescheide von der Vollziehung ausgesetzt hat; solange die Verwaltung die streitigen Bescheide nicht aufhebt, muss mit einem negativen Ausgang des Verfahrens gerechnet werden (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 205, 335, [X.] 2004, 967, Rz 14; [X.]-Beschlüsse vom 4. Mai 1998 I B 116/96, [X.] 1998, 1460, unter [X.]3.c, Rz 17; vom 12. Mai 2000 I B 51/99, juris, Rz 9; Nacke, a.a.[X.], Rz 2.119, m.w.[X.]; [X.]/Rüsken, [X.], 13. Aufl., § 69 Rz 55; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 69 [X.] Rz 28a).

d) Ausgehend davon hat das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im Streitfall einen Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht bejaht.

aa) Das [X.] hat unter [X.] (juris, Rz 48 ff.) der Urteilsgründe angenommen, bereits seit der Schlussbesprechung vom 22. Februar 2010, an der der Kläger persönlich teilgenommen habe, sei dem Grunde nach absehbar gewesen, dass künftig gegen die GmbH gerichtete [X.] entstehen würden. Jedenfalls ab dem Erlass des auf 0 € lautenden [X.] für das [X.] am 25. Februar 2011 habe der Kläger für deren spätere Tilgung Sorge tragen und Gesellschaftsmittel zurücklegen müssen. Dass die Liquiditätslage der GmbH dies nicht zugelassen hätte, sei angesichts des Gutachtens des Insolvenzverwalters vom 18. November 2013, wonach von der GmbH ab 2010 konstant Umsätze von rd. 500.000 € erzielt worden seien, nicht ersichtlich. Einen substantiierten Vortrag, aus welchen Gründen die GmbH ungeachtet dessen nicht in der Lage gewesen sein sollte, finanzielle Mittel zur Begleichung der bereits absehbaren künftigen Steuerschulden zurückzulegen, habe der Kläger nicht vorgebracht. Auch der Umstand, dass zum [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH im November 2013 außer Steuerschulden nahezu keine Verbindlichkeiten gegenüber [X.] vorhanden gewesen seien, indiziere, dass die GmbH im [X.]raum bis zur Aufgabe und Übertragung ihres Betriebs auf die Q-GmbH Ende Juni 2012 über die nötige Liquidität zur Bedienung der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Schuldnern verfügt haben müsse. Offensichtlich habe der Kläger diese Verbindlichkeiten aus den vorhandenen Gesellschaftsmitteln erfüllt, ohne zumindest im gleichen Maße ebenso Mittel zur Begleichung der bereits zu diesem [X.]punkt erkennbaren künftigen, aus den im Rahmen der Betriebsprüfung für 2003 bis 2007 getroffenen Prüfungsfeststellungen resultierenden Steuerschulden vorzuhalten. Soweit der Kläger das Vorhandensein ausreichender finanzieller Mittel der GmbH im Haftungszeitraum und insbesondere den Zufluss des in dem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters angesprochenen Kaufpreises in Höhe von 130.000 € bestreite, fehle es an einer entsprechenden Substantiierung seines Vortrags.

bb) Auch diese Würdigung aufgrund der festgestellten Tatsachen ist möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und bindet daher den [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O). Auch der Umstand, dass AdV gewährt worden war, steht der Würdigung nicht entgegen (s.o. unter [X.]3.c cc).

e) Dies gilt --entgegen dem Vorbringen der [X.] auch für den erst durch Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2012 festgesetzten Differenzbetrag der Körperschaftsteuer 2010.

aa) Das [X.] hat zwar lediglich begründet, warum allerspätestens mit Ergehen des [X.] vom 25. Oktober 2011 für den Kläger ersichtlich war, dass die GmbH einer Körperschaftsteuernachforderung für 2010 in Höhe von 33.618 € ausgesetzt gewesen sei, für deren Erfüllung er Sorge hätte tragen müssen. Warum dies auch für den erst durch Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2012 festgesetzten Mehrbetrag gilt, lässt sich dem Urteil nicht ausdrücklich entnehmen.

bb) Dies verhilft der Revision gleichwohl nicht zum Erfolg. Das [X.] hat nämlich außerdem zu Recht angenommen, dass, soweit der Kläger das Vorhandensein ausreichender finanzieller Mittel der GmbH im Haftungszeitraum bestreite, es an einer entsprechenden Substantiierung seines Vortrags fehlt.

(1) Für die in der Nichtverwendung vorhandener Mittel zur vollen oder anteiligen Befriedigung des [X.] liegenden Pflichtverletzung trägt, wie das [X.] zutreffend erkannt hat, das [X.] die objektive Beweislast (vgl. [X.]-Urteil vom 8. Juli 1982 V R 7/76, [X.]E 136, 194, [X.] 1983, 249, Rz 9).

(2) Im Rahmen seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflicht (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 11. Juli 1989 VII R 81/87, [X.]E 157, 315, [X.] 1990, 357) ist der [X.] jedoch gehalten, Daten zur Mittelverwendung während des [X.], zu dem Bestand an Eigen- und Fremdkapital der GmbH sowie zu Art und Umfang der Zahlungseingänge und [X.], insbesondere insoweit als die Zahlungen zur Gläubigerbefriedigung gedient haben, beizubringen (vgl. [X.] vom 8. Mai 2001 VII B 253/00, juris, Rz 13). Solange der [X.] die vorgenannten Daten nicht selbst ermittelt oder vorlegt, kann das [X.] von seiner Schätzungsbefugnis Gebrauch machen (vgl. [X.]-Urteile vom 25. Mai 2004 VII R 8/03, [X.] 2004, 1498; vom 26. Oktober 2011 VII R 22/10, [X.] 2012, 777, Rz 13, 23). Aufgrund der fehlenden Mitwirkung des [X.]s kann dem [X.] auch ein Schätzungsfehler nicht vorgeworfen werden; es ist vielmehr während dieser [X.] zu einer für den [X.] ggf. nachteiligen Schätzung der Haftungssumme berechtigt (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 31. März 2000 VII B 187/99, [X.] 2000, 1322, unter [X.]3.b, Rz 21; vom 19. November 2012 VII B 126/12, [X.] 2013, 504, Rz 12).

(3) Da der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] (juris, Rz 53) weder im Klageverfahren noch in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren substantiierte Angaben zu der finanziellen Situation der GmbH im [X.]raum nach Abschluss der Betriebsprüfung im Februar 2010 gemacht hat, durfte das [X.] auf Seite 3 der Einspruchsentscheidung vom 17. November 2014 zu Lasten des [X.] davon ausgehen, dass die Liquiditätslage der GmbH es dem Kläger ermöglicht hätte, sämtliche Steuerschulden zu bezahlen, das heißt auch die mit Bescheid vom 17. Oktober 2012 (und damit vor Ende des [X.]) höher festgesetzte Körperschaftsteuer für das [X.], bzw. ausreichende Mittel zu deren vollständiger Bezahlung zurückzulegen. Soweit der Kläger sowohl im Klageverfahren als auch im Revisionsverfahren anderes vorträgt, hätte es ihm oblegen, dazu bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] Aufzeichnungen und Belege beizubringen. Dies ist jedoch seitens des [X.] nicht geschehen.

cc) Soweit der Kläger dazu mit der Revision weiter vorbringt, das [X.] habe unter Verstoß gegen § 96 [X.]O i.V.m. § 162 [X.] das Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters außer [X.] gelassen, trifft es zwar zu, dass auch bei einer --dem Grunde nach berechtigten-- Schätzung der Tilgungsquote das [X.] gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 [X.] verpflichtet ist, sämtliche bekannten Umstände, insbesondere ein Insolvenzgutachten, im Rahmen der Schätzung zu berücksichtigen (vgl. [X.]-Urteil vom 20. Mai 2014 VII R 12/12, [X.] 2014, 1353, Rz 13). Dies haben jedoch sowohl das [X.] als auch das [X.] getan. [X.] und [X.] haben daraus lediglich andere Schlüsse gezogen als der Kläger. Das [X.] hat angenommen, dass sich aus dem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 18. November 2013, nach dem die GmbH ab 2010 konstant Umsätze von rd. 500.000 € erzielt habe und von der Q-GmbH an die GmbH ein Anteil vom Kaufpreis in Höhe von 130.000 € bezahlt worden sei, hinreichende Anhaltspunkte für vorhandene Gesellschaftsmittel ergeben. Deshalb habe es dem Kläger oblegen, diese Annahme durch substantiierte Angaben und geeignete Belege zu widerlegen, was nicht geschehen sei.

4. Soweit die Revision pauschal rügt, das [X.] sei unrichtig ausgeübt, sind Rechtsfehler der angefochtenen Vorentscheidung nicht erkennbar.

5. Das [X.] hat schließlich zutreffend angenommen, dass der Kläger die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle gegen sich gelten lassen muss; er ist aufgrund von § 166 [X.] gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der zur Insolvenztabelle festgestellten Steuern zu erheben, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegen.

a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 [X.] neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

b) Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die widerspruchslose Feststellung einer Steuerforderung im Insolvenzverfahren als unanfechtbare Steuerfestsetzung i.S. des § 166 [X.] anzusehen ist. Der [X.] verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den [X.]-Urteilen in [X.]E 257, 515, [X.] 2017, 934 und in [X.], 221, [X.] 2018, 515, denen er auch insoweit folgt.

c) Nichts anderes ergibt sich im Streitfall daraus, dass die GmbH bereits Klage wegen Körperschaftsteuer 2010 erhoben hatte.

aa) Bleibt die angemeldete Forderung im Prüfungstermin (§ 176 der Insolvenzordnung --[X.]--) unbestritten, ist ein vom Insolvenzschuldner eingeleitetes Klageverfahren durch die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle in der Hauptsache erledigt (vgl. [X.] vom 14. Mai 2013 X B 134/12, [X.]E 240, 534, [X.] 2013, 585, Rz 20, m.w.[X.]). Entsprechend haben die Beteiligten das Klageverfahren 10 K 3725/12 auch tatsächlich in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Feststellung zur Insolvenztabelle, die als Steuerfestsetzung wirkt, ist dadurch unanfechtbar i.S. des § 166 [X.] geworden; sie ist mit einem förmlichen Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision) nicht mehr anfechtbar (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 221, [X.] 2018, 515, Rz 35).

bb) Widerspricht hingegen der Insolvenzschuldner der Forderungsanmeldung des [X.] (§ 174 [X.]) gemäß § 178, § 184 [X.], liegen Steuerbescheide als vollstreckbare Schuldtitel vor, so dass nach § 184 Abs. 2 Satz 1 [X.] in der seit 1. Juli 2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens ([X.], 509) der Insolvenzschuldner nach seinem Widerspruch das Verfahren aufnehmen muss (vgl. [X.] vom 15. März 2013 VII B 49/12, [X.] 2013, 1451, Rz 7; [X.]-Urteil vom 16. September 2015 XI R 47/13, [X.] 2016, 428, Rz 31; [X.], Deutsche Steuer-[X.]ung 2012, 103, 112). Auch in diesem Fall wird die materielle Rechtmäßigkeit der Primärschuld gegenüber dem Insolvenzschuldner geklärt, der dabei Einwendungen vorbringen kann.

d) Ausgehend davon ist der Kläger im vorliegenden Haftungsverfahren gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der vom [X.] angemeldeten und widerspruchslos festgestellten Forderungen zu erheben.

Der Kläger hatte durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Befugnis, für die GmbH zu handeln, nicht verloren (vgl. Urteil des [X.] --BGH-- vom 26. Januar 2006 IX ZR 282/03, [X.]schrift für das gesamte Insolvenzrecht 2006, 260, Rz 6 f.; [X.]-Urteil in [X.], 221, [X.] 2018, 515, Rz 39, m.w.[X.]). Als gesetzlicher Vertreter der GmbH (§ 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) hat er weder der Forderungsanmeldung des [X.] namens der GmbH widersprochen noch namens der GmbH das Klageverfahren der GmbH als widersprechende Insolvenzschuldnerin aufgenommen; dadurch hat er es zugelassen, dass sich die Klage der GmbH in der Hauptsache erledigte. Die Forderung wurde widerspruchslos in die Insolvenztabelle eingetragen und damit i.S. des § 166 [X.] unanfechtbar festgesetzt. Die materielle Rechtmäßigkeit der Steuerforderungen wurde nur aufgrund des unterlassenen Widerspruchs und der unterlassenen Aufnahme des Klageverfahrens namens der GmbH nicht im Klageverfahren 10 K 3725/12 geklärt.

e) Da der Kläger die Möglichkeit hatte, mit seinen Einwendungen gegen seine Haftung vor Gericht gehört zu werden, ist seine Haftung verfassungsgemäß (vgl. dazu Beschluss des [X.] vom 29. November 1996  2 BvR 1157/93, [X.] 1997, 415, Rz 28, m.w.[X.]; [X.], Steuer und Wirtschaft 2012, 329, 331 ff., 333).

6. Die vom Kläger gerügten Verstöße gegen § 76 [X.]O sind nicht hinreichend dargelegt.

a) Es fehlt bereits die substantiierte Darlegung (vgl. zu deren Erforderlichkeit [X.]-Urteil vom 4. Mai 2011 II R 55/09, [X.] 2011, 1702, Rz 9, m.w.[X.]), inwiefern die angefochtene Vorentscheidung --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des [X.]-- auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen könne und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre.

b) Da es sich bei der [X.], das [X.] habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) verletzt, um einen verzichtbaren Verfahrensfehler handelt (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), fehlt außerdem der erforderliche Vortrag, dass die Verletzung der betreffenden Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz gerügt wurde (vgl. [X.]-Urteil vom 14. November 2012 XI R 8/11, [X.] 2013, 596, Rz 68, m.w.[X.]) oder weshalb ihm eine solche [X.] nicht möglich gewesen ist (vgl. [X.]-Urteil vom 13. November 2014 III R 38/12, [X.] 2015, 584, Rz 31). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der fachkundig vertretene Kläger weder Beweisanträge gestellt noch das Unterlassen einer Beweisaufnahme gerügt.

7. Trotz der Niederlegung des Mandats durch die bisherigen Prozessbevollmächtigten kann der [X.] über die Sache entscheiden (vgl. [X.]-Urteil vom 11. April 2013 V R 32/12, [X.] 2013, 1426, Rz 10); denn angesichts des beim [X.] bestehenden Vertretungszwangs (§ 62 Abs. 4 [X.]O) wird die Mandatsniederlegung erst mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten wirksam (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 8. Oktober 2014 I B 197/13, [X.] 2015, 224, Rz 3; vom 10. November 2015 VII B 91/15, [X.] 2016, 219, Rz 3).

8. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 57/17

29.08.2018

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 18. Januar 2017, Az: 10 K 3671/14, Urteil

§ 34 AO, § 69 AO, § 166 AO, § 174 InsO, § 175 InsO, § 176 InsO, § 178 InsO, § 184 Abs 2 S 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.08.2018, Az. XI R 57/17 (REWIS RS 2018, 4317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4317

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