Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.10.2011, Az. B 13 R 241/11 B

13. Senat | REWIS RS 2011, 2177

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Gegenstand

Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen den Rentenversicherungsträger - Bedarfsgemeinschaft - Übergangsgeld - medizinische Rehabilitation


Leitsatz

Von dem Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers nach § 102 SGB 10 in Verbindung mit § 25 SGB 2 gegen den Rentenversicherungsträger sind nur die Leistungen für das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit Anspruch auf Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der Rehabilitation umfasst.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 23. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 116,98 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.], die der [X.]läger ([X.]) an die beiden [X.]inder des [X.] (Versicherter) in der [X.] vom 25.7. bis [X.] erbracht hat.

2

Der Versicherte nahm im vorgenannten [X.]raum an einer von der Beklagten bewilligten teilstationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld teil. Während der Dauer der Maßnahme erbrachte der [X.]läger dem Versicherten und seinen mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden [X.]indern die bereits zuvor gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] in gleicher Höhe weiter.

3

Den gegenüber der Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruch bezifferte der [X.]läger auf 933,69 Euro, wobei er die für den Versicherten und seine [X.]inder gewährten Regelleistungen, die insgesamt anerkannten [X.]osten für Unterkunft und Heizung sowie die für den Versicherten gezahlten Sozialversicherungsbeiträge in Ansatz brachte. Die Beklagte erstattete dem [X.]läger lediglich 609,22 Euro und ging dabei davon aus, dass ein Erstattungsanspruch nur in Höhe der auf den Versicherten entfallenden Leistungen bestehe.

4

Hiergegen hat der [X.]läger beim [X.] [X.]lage erhoben und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 324,48 Euro verlangt. Nachdem der [X.]läger die Erstattungsforderung auf 116,98 Euro beschränkt hatte, hat das [X.] die Beklagte mit Urteil vom [X.] zur Zahlung dieses Betrags verurteilt. Zur Begründung hat es sich insbesondere auf die seit 1.8.2006 in [X.] getretene Vorschrift des § 34a [X.] bezogen.

5

Auf die vom [X.] zugelassene Berufung der Beklagten hat das L[X.] mit Urteil vom 23.6.2011 das Urteil des [X.] aufgehoben und die [X.]lage abgewiesen. Richtige Anspruchsgrundlage sei § 102 [X.]B X; die Vorschrift gelte nach § 25 Satz 3 [X.] entsprechend. Gemäß § 102 Abs 2 [X.]B X richte sich der Erstattungsanspruch nach den für den [X.]läger geltenden Rechtsvorschriften, er sei also auf den Umfang beschränkt, in dem der [X.]läger Leistungen der Grundsicherung gemäß § 25 Satz 1 [X.] erbracht habe. Von § 25 Satz 1 [X.] seien aber - entgegen der Ansicht des [X.] - nur diejenigen Leistungen erfasst, die er für denjenigen Bezieher von [X.] erbracht habe, der dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld habe. Zudem bestünden Zweifel, ob die Vorschrift des § 34a [X.] im Rahmen des hier einschlägigen Erstattungsanspruchs aus § 102 [X.]B X Anwendung finden könne. Würde man der Rechtsauffassung des [X.] folgen und § 34a [X.] anwenden, würde dies infolge § 102 Abs 2 [X.]B X zu einer Veränderung des Betrags der Leistungspflicht des erstattungspflichtigen ([X.] führen. Dies sei aber vom Gesetzgeber nicht gewollt.

6

Der [X.]läger macht mit seiner beim B[X.] erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet er die Frage,

        

"ob bei der Berechnung der Erstattung von [X.] medizinischen Rehabilitationsmaßnahme die hier maßgebliche gesamte Bedarfsgemeinschaft, die neben [X.] auch seine beiden minderjährigen [X.]inder E. (geboren am 2000) und [X.] (geboren am 2002) umfasst, zu Grunde zu legen ist oder ob nur die Aufwendungen für den jeweils Versicherten erstattungsfähig sind."

7

II. 1. Der Senat lässt dahinstehen, ob der [X.]läger mit dieser Frage und seiner hierzu gegebenen Begründung den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 [X.]G) in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G erforderlichen Weise dargelegt hat und die Beschwerde damit den Darlegungserfordernissen an eine zulässige Beschwerde genügt.

8

2. Die Beschwerde des [X.] erweist sich jedenfalls als unbegründet.

9

a) Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl Senatsbeschluss vom [X.] - [X.] 4-2600 § 77 [X.] RdNr 6 mwN). Die [X.]lärungsbedürftigkeit fehlt, falls sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt (zur Verneinung der [X.]lärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort s zB Senatsbeschlüsse vom 31.3.1993 - [X.] 3-1500 § 146 [X.]; vom 13.5.1997 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; B[X.] vom 30.3.2005 - [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 8).

b) Der [X.]läger hat sinngemäß die Rechtsfrage gestellt, ob der Erstattungsanspruch eines Grundsicherungsträgers gemäß § 102 [X.]B X gegen einen Rentenversicherungsträger, der einem [X.] II-Empfänger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mit Anspruch auf Übergangsgeld erbracht hat, auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft umfasst. Die Antwort hierauf ergibt sich jedoch bereits aus dem Gesetz.

§ 102 [X.]B X hat folgenden Wortlaut:

"(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften."

§ 25 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung vom 1.1.2005 bis 31.3.2011 lautet wie folgt:

"Hat ein Bezieher von [X.] dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, erbringen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die bisherigen Leistungen als Vorschuss auf die Leistungen der Rentenversicherung weiter; dies gilt entsprechend bei einem Anspruch auf Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Werden Vorschüsse länger als einen Monat geleistet, erhalten die Träger der Leistungen nach diesem Buch von den zur Leistung verpflichteten Trägern monatliche Abschlagszahlungen in Höhe der Vorschüsse des jeweils abgelaufenen Monats. § 102 des [X.] gilt entsprechend."

Die Vorschrift des § 25 Satz 1 [X.] kommt also zur Anwendung, wenn ein Bezieher von [X.] dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld hat, weil er von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhält. Als Rechtsfolge erbringt in einem derartigen Fall der Grundsicherungsträger die "bisherigen Leistungen" weiter. Grund für diese Regelung ist, dass ein [X.] und damit eventuell einhergehende Lücken bei der Leistungsgewährung vermieden werden sollen (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht , BT-Drucks 15/4751, [X.]).

Ausweislich des ebenso klaren Wortlauts des § 25 Satz 1 [X.] werden ausschließlich die bisherigen Leistungen jenes Beziehers von [X.], der dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld (gemäß § 20 [X.] § 21 Abs 4 Satz 1 [X.]B VI in Höhe des [X.]) gegenüber dem Rentenversicherungsträger hat, als "Vorschuss" durch den Grundsicherungsträger (weiter) gewährt. Die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 [X.]) erhalten ihre Leistungen hingegen nicht als "Vorschuss", sondern zur Bedarfsdeckung durch den weiterhin zuständigen Träger der Grundsicherung, dh deren Ansprüche werden von § 25 [X.] nicht berührt ([X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 25 RdNr 12, Stand: [X.] Juli 2007; [X.] in [X.], [X.] zum [X.], § 25 RdNr 4, Stand: [X.] August 2008; [X.]nickrehm in Eicher/Spellbrink, [X.], 2. Aufl 2008, § 25 RdNr 26). Damit aber tritt der Grundsicherungsträger insoweit (nach den für ihn geltenden Vorschriften) nicht für die gesetzliche Rentenversicherung in Vorleistung mit der Folge, dass ihm dann auch kein entsprechender Erstattungsanspruch gemäß § 102 [X.]B X iVm § 25 [X.] zustehen kann. Denn dem Grundsicherungsträger ist nur der Betrag zu erstatten, der dem Bezieher von [X.] "vorschussweise" gewährt wurde ([X.], aaO, § 25 RdNr 10). Bereits daraus folgt, dass von dem Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger nur die Leistungen an das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfasst sein können, das dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld gegen den Rentenversicherungsträger bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation hat, nicht dagegen die nach dem [X.] erbrachten Leistungen an die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (so bereits [X.] Fulda vom 28.10.2009 - [X.]/08 - Juris RdNr 30; ebenso [X.], jurisP[X.]-[X.], § 25 RdNr 28, Stand: [X.] 15.8.2011; [X.]ohte in [X.]omm zum [X.], 2. Aufl 2011, § 25 [X.] RdNr 9; vgl auch [X.] in [X.], [X.]/[X.]I, § 25 [X.] RdNr 11, Stand: [X.] Juni 2008: "Lebt der [X.]-Empfänger in einer Bedarfsgemeinschaft, ist als Übergangsgeld nur sein Anteil an den [X.]-Leistungen zu berücksichtigen, nicht der der übrigen Mitglieder."). Die Vorschrift des § 25 [X.] geht hier als lex specialis der des § 34a [X.] aF vor.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 3 G[X.]G.

Meta

B 13 R 241/11 B

19.10.2011

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Hannover, 24. November 2009, Az: S 6 R 313/07

§ 102 SGB 10, § 25 SGB 2 vom 21.03.2005, § 34a SGB 2 vom 20.07.2006, § 20 Nr 3b SGB 6, § 21 Abs 4 S 1 SGB 6, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.10.2011, Az. B 13 R 241/11 B (REWIS RS 2011, 2177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2177

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