Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.06.2020, Az. B 1 KR 13/19 BH

1. Senat | REWIS RS 2020, 2279

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse - Berücksichtigung von Vermögen - keine Anwendung von § 141 SGB 12 - kein höherer Freibetrag wegen besonderer Notlage)


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 14. November 2019 - L 1 KR 132/19 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Kosten für stationäre Maßnahmen, Labor- und Fahrtkosten sowie auf Feststellung eines Anspruchs auf künftige stationäre Rehabilitationsmaßnahmen in den Vorinstanzen erfolglos geblieben (SG-Urteil vom [X.], [X.] vom 14.11.2019).

2

Er beantragt für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ([X.]) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.

3

II. Der Antrag des [X.] ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag [X.] zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Kläger erfüllt bereits die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von [X.] nicht. Er ist in der Lage, die voraussichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus seinem Vermögen aufzubringen. Die Berücksichtigung des Vermögens ist nicht - auch nicht vorübergehend - wegen § 141 Abs 1 und 2 [X.] (idF durch Art 5 [X.] für den erleichterten Zugang zu [X.] Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung [X.] Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 27.3.2020, [X.]) ausgeschlossen (dazu 1.). Dem Kläger steht als Schonvermögen nur ein Freibetrag von 5000 Euro in entsprechender Anwendung des § 90 Abs 2 [X.] [X.] zu (dazu 2.). Das Vermögen des [X.] übersteigt das Schonvermögen erheblich. Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger parallel [X.] für sechs verschiedene Beschwerdeverfahren in ähnlich gelagerten Rechtsstreiten begehrt, hat er die Prozesskosten aus seinem eigenen Vermögen aufzubringen. Sein Schonvermögen wird dadurch nicht angegriffen (dazu 3.).

4

1. Beteiligte haben für ihre Prozessführung ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihnen dies zumutbar ist. § 90 [X.] gilt entsprechend (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 115 Abs 3 ZPO). Die danach zu erfolgende Berücksichtigung von Vermögen bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der [X.] wird nicht durch die Regelung über die Nichtberücksichtigung von Vermögen nach § 141 Abs 1 und 2 [X.] ausgeschlossen.

5

Für Leistungen nach dem [X.] und [X.] des [X.] (Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) wird abweichend von § 90 [X.] für Bewilligungszeiträume, die in der [X.] vom 1.3.2020 bis zum 30.6.2020 beginnen, Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Dies gilt nicht, wenn das Vermögen erheblich ist; es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die leistungsnachsuchenden Personen dies im Antrag erklären 141 Abs 1 und 2 [X.]). Diese Regelung geht zurück auf das Sozialschutz-Paket, mit dem der Gesetzgeber existenzsichernde Leistungen in der [X.] schnell und unbürokratisch zugänglich machen will.

6

§ 141 Abs 1 und 2 [X.] kommt jedoch innerhalb der Regelungen zur [X.] nicht zur Anwendung. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 115 Abs 3 ZPO, der nur auf § 90 [X.] verweist. Dass sich die Maßstäbe der Bedürftigkeitsprüfung in der [X.] aber durch § 141 Abs 1 und 2 [X.] nicht verschieben, folgt auch aus dem Regelungszweck des § 141 [X.], wie er sich aus der Begründung zum Entwurf des [X.] ergibt. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen schnell und unbürokratisch zugänglich gemacht werden, um die Betroffenen zeitnah zu unterstützen. Die Regelung will aufwändige und zeitraubende Vermögensprüfungen durch die Grundsicherungsträger vermeiden und trägt so auch zum Erhalt von deren Arbeitsfähigkeit in der Krise bei einer Vielzahl zu erwartender Neuanträge bei. Zugleich dient § 141 Abs 2 [X.] der Aufrechterhaltung des "Status Quo" von Betroffenen in der Krise. Niemand soll sein Erspartes auflösen müssen, nur um während der [X.] infolge st[X.]tlich veranlasster weitgehender Beschränkungen des öffentlichen Lebens seine Existenz sichern zu können.

7

Ein vergleichbarer Schutzzweck ergibt sich bei der Gewährung von [X.] unter diesen Gesichtspunkten nicht. [X.] dient der Herstellung von Rechtsschutzgleichheit. Sie verfolgt den Zweck, die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unabhängig von der Frage der finanziellen Möglichkeiten zu machen (Art 3 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsst[X.]tsprinzip, Art 20 Abs 3 GG). Dies ist jedoch anhand der Maßstäbe des § 90 [X.] gewährleistet. Eine darüber hinausgehende Privilegierung in den Fällen, in denen die Prozessführung - zufällig - in die [X.] der Krise fällt, ist durch den Gesetzgeber nicht beabsichtigt und nicht erfolgt. Auch kommen die Beschleunigungseffekte bei Bewilligung von [X.] nicht in Betracht. Selbst wenn Entscheidungen über [X.]-Anträge unter den besonderen Bedingungen der [X.] länger dauern sollten, wird das Ziel der [X.]-Bewilligung grundsätzlich nicht verfehlt. Schon die frist- und formgerechte Stellung eines [X.]-Antrags wahrt Rechtsschutz- und Rechtsmittelfristen. Gegebenenfalls sind bei beschränkten Personalressourcen [X.]-Anträge in eilbedürftigen Verfahren, insbesondere im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, wie auch sonst vorrangig zu bescheiden.

8

Es kann deshalb offenbleiben, ob der Anwendungsbereich des § 141 Abs 2 [X.] schon daran scheitert, weil er nur Leistungen nach dem [X.] und [X.] des [X.] betrifft. Es bedarf keiner Entscheidung dazu, ob [X.] eine eigenständige, abschließend in der ZPO geregelte Leistung zur Durchsetzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit ist, die bei der entsprechenden Anwendung des § 90 [X.] nicht allein aus sich heraus bereits Hilfe in einer besonderen Lebenslage ist, oder eine der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen immer gleichgestellte Leistung oder eine eigenständige Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] Kapitel des [X.] (vgl zum Streitstand [X.], jurisPK-[X.], 3. Aufl 2020, § 73 RdNr 149; allgemein zum Verhältnis zwischen §§ 114 f ZPO und § 73 [X.] Schlette in [X.]/[X.], [X.], Stand April 2020, § 73 RdNr 24 mwN).

9

2. Dem Kläger, dem die Beklagte als Pflegekasse seit 11.11.2019 Pflegegeld nach dem Pflegegrad 2 gewährt (Bescheid vom 30.1.2020) und der sich seit November 2019 häusliche Pflegehilfe selbst beschafft, steht kein höherer Freibetrag (Schonvermögen) als 5000 Euro zu (§ 1 Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 [X.] des [X.] <[X.]>; idF durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 [X.] des [X.] vom 22.3.2017, [X.], mit Wirkung zum 1.4.2017; dazu a). Weder sind die Voraussetzungen eines weiteren Freibetrags nach § 66a iVm § 90 Abs 3 Satz 2 [X.] erfüllt (dazu b) noch die Voraussetzungen für die Annahme einer Härte nach § 90 Abs 3 Satz 2 [X.] aufgrund der Inanspruchnahme von Leistungen, die der Hilfe zur Gesundheit entsprechen (dazu c). Es ist auch kein erhöhter Freibetrag wegen einer Notlage (§ 90 Abs 2 [X.] [X.] iVm § 2 [X.] zu § 90 Abs 2 [X.] [X.]) oder wegen eines sonstigen Härtefalls (§ 90 Abs 3 Satz 1 [X.]) zu berücksichtigen (dazu d).

a) Nach dem nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 115 Abs 3 Satz 2 ZPO entsprechend anzuwendenden § 90 Abs 2 [X.] [X.] darf Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung "kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte". Die genaue Höhe der geschützten Beträge bestimmt sich nach § 96 Abs 2 [X.] (idF der [X.], [X.]) iVm der [X.].

Welcher der unterschiedlich hohen Freibeträge einem [X.]-Antragsteller nach § 90 Abs 2 [X.] [X.] in der alten Fassung der [X.] zustanden (vgl dazu die Übersicht bei [X.] in jurisPK-[X.], 2. Aufl 2014, § 90 RdNr 84), bestimmte sich bis zur Änderung der [X.] nach der rechtlichen Qualifizierung der [X.] bei der entsprechenden Anwendung des § 90 [X.] (vgl oben 1.). Bei der Qualifizierung als Hilfe zum Lebensunterhalt war der Freibetrag deutlich niedriger als bei Annahme einer Hilfe in besonderen Lebenslagen. Nach der maßgeblichen Fassung der [X.] kommt es hierauf nicht mehr an. Denn der Verordnungsgeber hat durch § 1 Satz 1 [X.] in seiner seit 1.4.2017 geltenden Fassung kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte im Sinne des § 90 Abs 2 [X.] [X.] angehoben und für jede Person einheitlich geregelt: 1. für jede in § 19 Abs 3, § 27 Abs 1 und 2, § 41 und § 43 Abs 1 Satz 2 [X.] genannte volljährige Person sowie für jede alleinstehende minderjährige Person, 5000 Euro, 2. für jede Person, die von einer Person nach Nummer 1 überwiegend unterhalten wird, 500 Euro. Der sich hiernach für den Kläger ergebende Freibetrag beläuft sich auf 5000 Euro.

b) Dieser Freibetrag des [X.] erhöht sich nicht um weitere 25 000 Euro in entsprechender Anwendung des § 66a iVm § 90 Abs 3 Satz 2 [X.]. Die Vorschrift findet auf den Kläger keine Anwendung. § 66a [X.] bestimmt: Für Personen, die Leistungen nach dem Siebten Kapitel des [X.] (Hilfe zur Pflege) erhalten, gilt ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25 000 Euro für die Lebensführung und die Alterssicherung im Sinne von § 90 Abs 3 Satz 2 [X.] als angemessen, sofern dieser Betrag ganz oder überwiegend als Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten während des Leistungsbezugs erworben wird; § 90 Abs 3 Satz 1 [X.] bleibt unberührt. Das Vermögen des [X.] (dazu unten 3.) wurde nicht erst ab dem Beginn der von ihm ab November 2019 selbst beschafften und selbst finanzierten häuslichen Pflegehilfe bzw dem Beginn des Anspruchs auf Pflegegeld nach dem [X.] (Bescheid vom 30.1.2020, rückwirkend zum 11.11.2019) erworben, die an die Stelle des [X.]-Leistungsbezugs treten. Selbst wenn man die Vorschrift erweiternd dahingehend auslegen wollte, dass auch zuvor aus Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit angespartes Vermögen zu berücksichtigen sei, wenn dieser Einkommenserwerb nach Beginn des Leistungsbezugs fortgesetzt werde, ergibt sich kein anderes Ergebnis (vgl zur Kritik an der Sinnhaftigkeit der Regelung [X.] in jurisPK-[X.], 3. Aufl 2020, § 66a RdNr 15). Denn der 1939 geborene, eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehende Kläger erzielt auch seit dem Beginn des "Leistungsbezugs" kein Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit.

c) Ein Härtefall ergibt sich auch ansonsten nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 90 Abs 3 Satz 2 [X.], wonach bei einer Leistung nach dem Fünften bis [X.] Kapitel insbesondere ein Härtefall vorliegt, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Dies erfasst auch Leistungen, die als Hilfen zur Gesundheit im Fünften Kapitel des [X.] vorgesehen sind. Ein Härtefall liegt nicht vor, weil der Kläger als in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) Versicherter nach seinen Angaben erhebliche Aufwendungen für Leistungen außerhalb des [X.]-Leistungskatalogs hat. Insoweit verfügt der Kläger mit einer Altersrente in Höhe von derzeit monatlich netto 2067,19 Euro über ausreichende Mittel, um die sich aus dem [X.] ergebenden Zuzahlungen und die den Versicherten zugewiesene Eigenverantwortung (§ 2 Abs 1 Satz 1 [X.]) finanziell zu bewältigen, ohne dass dadurch eine angemessene Lebensführung eingeschränkt würde. Soweit der Kläger darüber hinausgehend sich in größerem Umfang - wie bisher - weitere Leistungen auf dem Gesundheitsmarkt verschaffen sollte, insbesondere auch privatärztliche Leistungen nachfragen sollte (zB bei [X.]), vermag dies keine besondere Notlage zu begründen.

d) Der als Schonvermögen zu berücksichtigende Freibetrag von 5000 Euro erhöht sich auch weder in entsprechender Anwendung des § 90 Abs 2 [X.] [X.] iVm § 2 Abs 1 [X.] (dazu [X.]) noch des § 90 Abs 3 Satz 1 [X.] (dazu bb).

[X.]) Der Freibetrag nach § 1 [X.] ist angemessen zu erhöhen, wenn im Einzelfall eine besondere Notlage der nachfragenden Person besteht. Bei der Prüfung, ob eine besondere Notlage besteht, sowie bei der Entscheidung über den Umfang der Erhöhung sind vor allem Art und Dauer des Bedarfs sowie besondere Belastungen zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 [X.]).

Der Kläger hat im November 2019 mit einem Unternehmen mit Sitz in [X.] einen Vertrag über seine Versorgung mit häuslicher Pflege geschlossen, der auch tatsächlich vollzogen wird. Ihm entstehen dabei Kosten - in Abhängigkeit von der Einsatzdauer schwankend - von durchschnittlich 2400 Euro pro Monat. Sein Vermögen von derzeit über 30 000 Euro (vgl unten 3.) ist bei dieser finanziellen Belastung in absehbarer [X.] aufgebraucht. Allein dadurch, dass der Kläger wegen der Finanzierung von Prozesskosten für die Durchführung seiner beabsichtigen sechs [X.] gegebenenfalls noch ein bis zwei Monate früher Leistungen nach § 64b [X.] (häusliche Pflegehilfe) beim Sozialhilfeträger beantragen muss als dies ohnehin der Fall sein wird, befindet sich der Kläger in keiner besonderen Notlage. Das [X.] mutet es ihm zu, sein Vermögen auch für die häusliche Pflegehilfe einzusetzen, ohne dass er sozialhilferechtlich gezwungen ist, dieses nur dafür einzusetzen. Insoweit ist der Kläger in seinen Vermögensdispositionen grundsätzlich frei. Damit die Vermeidung oder das Hinausschieben von Sozialhilfebedürftigkeit zulasten der Kostenträger der [X.] ein eigenständiger Grund für einen höheren Freibetrag sein könnte, ohne dass sonstige besondere Umstände beim [X.]-Antragsteller hinzukämen, bedürfte es einer gesetzlichen [X.], an er es hier fehlt. Dies verkennt das [X.] (vom [X.] - 13 WF 7/99 - juris). Es hat seine Entscheidung auf § 88 Abs 3 [X.] gestützt, der Vorgängervorschrift zu § 90 Abs 3 [X.], und sie nur damit begründet, dass der dortige stationär pflegebedürftige Kläger über lange [X.] darauf angewiesen sei, bei einem monatlichen Einkommen von 7220 DM Fehlbeträge aus seinem Vermögen von 300 000 DM zu decken. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit § 66a [X.] für die Pflege in der Sozialhilfe eine eigene Vermögensfreibetragsregelung getroffen und folglich zusätzliche Freibeträge unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet, die hier gerade nicht vorliegen. Soweit ein [X.]-Antragsteller zusätzlich zu dem Freibetrag nach § 66a [X.] (oder an dessen Stelle, wenn seine Voraussetzungen nicht erfüllt sind) einen aus der Pflegebedürftigkeit abgeleiteten weiteren Freibetrag geltend machen will, bedarf es weiterer besonderer Umstände des Einzelfalls zur Begründung der besonderen Notlage. Die Pflegebedürftigkeit für sich genommen genügt nicht. Ob etwa eine besondere Notlage dadurch entstehen könnte, dass ein Antragsteller zunächst höhere eigene Mittel für die Anschubfinanzierung einer selbst organisierten häuslichen Pflege bedarf, weil er wegen seiner gesundheitlichen und [X.] Situation die Entscheidung des Sozialhilfeträgers nicht abwarten kann, muss der [X.] nicht entscheiden. So liegt hier der Sachverhalt nicht.

bb) Nach alldem ist auch nichts für einen Härtefall im Sinne von § 90 Abs 3 Satz 1 [X.] ersichtlich.

3. Der Kläger ist voraussichtlich in der Lage, die ihm aus seiner Prozessführung entstehenden Kosten zu decken, ohne dass das Schonvermögen nach § 115 Abs 3 ZPO iVm § 90 [X.] angegriffen werden muss.

Da Gerichtskosten im vorliegenden Verfahren nicht erhoben werden, beschränken sich die Kosten der Prozessführung im Wesentlichen auf die Gebühren eines Rechtsanwalts. Nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) iVm [X.] zum RVG erhält der Rechtsanwalt im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem BSG eine Gebühr, die zwischen 80 und 880 Euro liegt. Innerhalb dieser Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers seine Gebühr nach billigem Ermessen (§ 14 Abs 1 RVG). Bei einem Verfahren durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrades wird im allgemeinen von der "[X.]" ausgegangen, die im Beschwerdeverfahren einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer 595 Euro beträgt. Diese voraussichtlichen Kosten vermag der Kläger aus seinem Vermögen zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn der [X.] alle sechs bei ihm anhängigen [X.]-Anträge, die sämtlich Nichtzulassungsbeschwerden gegen Entscheidungen der Beklagten betreffen, zusammen betrachten würde. Denn der Kläger verfügt, wie aus der vom [X.] mit Einverständnis des [X.] bei der [X.] erhobenen Auskunft hervorgeht, über folgendes Vermögen:

14.12.2019: Girokonto: 8727,85 Euro; Sparkonto: 497,08 Euro; Kurswert des [X.]: 34278,26 Euro.
15.4.2020: Girokonto: 7745,01 Euro; Sparkonto: 496,08 Euro; Kurswert des [X.]: 24495,16 Euro.

Das Vermögen des [X.] übersteigt die in Höhe von 5000 Euro nach § 1 Satz 1 Nr 1 [X.] zu § 90 Abs 2 [X.] [X.] von der Verwendung für die Prozesskosten freigestellten kleineren Barbeträge bzw sonstigen Geldwerte deutlich.

4. Mit der Ablehnung der Bewilligung von [X.] entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Meta

B 1 KR 13/19 BH

09.06.2020

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Gießen, 8. Januar 2016, Az: S 7 KR 328/11, Urteil

§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 115 Abs 3 ZPO, § 90 Abs 2 Nr 9 SGB 12, § 141 Abs 1 SGB 12 vom 27.03.2020, § 141 Abs 2 SGB 12 vom 27.03.2020, § 2 Abs 1 BSHG§88Abs2DV 1988, SozSchPakG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.06.2020, Az. B 1 KR 13/19 BH (REWIS RS 2020, 2279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2279

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