Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.05.2023, Az. StB 2/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 3404

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Tenor

Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.] vom 28. November 2022 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

1

Der [X.] führt gegen den Beschuldigten und zahlreiche weitere Mitbeschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen [X.] und weiterer Straftaten. Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des [X.] mit Beschluss vom 28. November 2022 (1 [X.] 746/22) die Durchsuchung der Person des Beschuldigten, der von diesem genutzten Wohn- und [X.]eschäfts-, Keller-, sonstigen Nebenräume und [X.]aragen sowie des auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeugs zum Zwecke der Sicherstellung näher beschriebener Beweismittel angeordnet. Die Durchsuchung wurde am 7. Dezember 2022 vollzogen. Dabei wurden Munition, Bestandteile von Munition und [X.]rkzeuge zur Herstellung von Munition beschlagnahmt.

2

Der Beschuldigte hat gegen den Durchsuchungsbeschluss Beschwerde eingelegt. Er macht das Fehlen eines Anfangsverdachts gegen ihn wegen Unterstützung einer terroristischen [X.] geltend und beantragt, „den Durchsuchungsbeschluss und die Beschlagnahme vom 8. Dezember 2022 aufzuheben“.

3

Der Ermittlungsrichter des [X.] hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Soweit der [X.] am 15. Dezember 2022 beantragt hat, gemäß § 94 Abs. 1 und 2, § 98 Abs. 2 Satz 1, § 162 Abs. 1, § 169 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Beschlagnahme der Asservate zu bestätigen, hat der Ermittlungsrichter des [X.] hierüber noch nicht entschieden.

II.

4

Das Rechtsmittel ist gemäß § 304 Abs. 5 [X.] zulässig, aber unbegründet, soweit es sich gegen die Durchsuchungsanordnung richtet. Soweit der Beschuldigte die Herausgabe der asservierten [X.]egenstände verlangt, ist eine Entscheidung des Senats derzeit nicht veranlasst. Für den Antrag des [X.]s auf gerichtliche Entscheidung über die Beschlagnahme ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 und 3 [X.], § 120 Abs. 1, § 169 [X.]V[X.] der Ermittlungsrichter des [X.] zuständig (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Mai 2022 - StB 17/22, [X.], 638 Rn. 8 f.).

5

1. Die Beschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Durchsuchungsanordnung als solche richtet (§ 304 Abs. 5 [X.]). Der Zulässigkeit steht insoweit nicht entgegen, dass die Durchsuchungsmaßnahme inzwischen vollzogen ist und durch den Antrag des [X.]s auf richterliche Beschlagnahme ihren Abschluss gefunden hat. Eine bereits eingelegte Beschwerde ist in diesem Fall als auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung gerichtet anzusehen (vgl. [X.], Beschluss vom 30. April 1997 - 2 BvR 817/90 u.a., [X.]E 96, 27, 38 ff.; [X.], Beschlüsse vom 18. Mai 2022 - StB 17/22, [X.], 638 Rn. 7; vom 17. Dezember 2014 - StB 10/14, juris Rn. 3 mwN; vom 9. Februar 2021 - StB 9/20 u.a., juris Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 65. Aufl., § 105 Rn. 15).

6

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 [X.]) lagen vor.

7

a) [X.]egen den Beschuldigten bestand ein die Durchsuchung nach § 102 [X.] rechtfertigender Anfangsverdacht, eine terroristische [X.] unterstützt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 St[X.]B).

8

aa) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit - nicht (st. Rspr.; [X.], Beschluss vom 7. September 2006 - 2 BvR 1219/05, [X.]K 9, 149, 153; [X.], Beschlüsse vom 20. Juli 2022 - StB 29/22, [X.], 692 Rn. 6; vom 12. August 2015 - StB 8/15, [X.]R [X.] § 102 Tatverdacht 3 Rn. 4; vom 18. Dezember 2008 - StB 26/08, [X.]R [X.] Tatverdacht 2 Rn. 5).

9

bb) [X.]emessen hieran lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende [X.]ründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Es bestand der Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte eine terroristische [X.] gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 St[X.]B unterstützte, indem er Schusswaffen und Munition des Mitbeschuldigten [X.].    , die diesem behördlich entzogen werden sollten, übernahm und bei sich unterbrachte, um diesem einen fortgesetzten Zugriff auf die [X.]egenstände auch für [X.] zu ermöglichen.

(1) Nach dem maßgeblichen Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Durchsuchung (vgl. [X.], Beschluss vom 10. September 2010 - 2 BvR 2561/08, [X.], 291 Rn. 28) war im Sinne eines Anfangsverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

(a) Die Mitbeschuldigten gehörten der sogenannten [X.] an. Sie schlossen sich spätestens Ende November 2021 zu einer auf längere Dauer angelegten Organisation zusammen, die sich zum Ziel setzte, die bestehende staatliche Ordnung in [X.] - insbesondere durch den Einsatz militärischer Mittel und [X.]ewalt gegen staatliche Repräsentanten - zu überwinden und durch eine eigene, bereits in [X.]rundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Dabei rechneten sie mit der Tötung von Personen und nahmen dies billigend in Kauf. Sie lehnten die freiheitlich-demokratische [X.]rundordnung der [X.]republik [X.] und deren Institutionen ab. Auf der [X.]rundlage einer entsprechenden gemeinsamen [X.]esinnung erwarteten sie an einem konkreten und unmittelbar bevorstehenden, aber noch nicht festgelegten „[X.]“ einen Angriff auf [X.] der staatlichen Führung der [X.]republik [X.] durch die sogenannte Allianz, einen [X.]eheimbund bestehend aus Angehörigen ausländischer Regierungen, [X.] und [X.]eheimdienste.

Zum Zwecke der Umsetzung ihrer Umsturzpläne schufen die Mitglieder der [X.]ruppierung organisatorische, hierarchische und verwaltungsähnliche Strukturen mit einem „Rat“ als zentralem [X.]remium und einem „militärischen Arm“. Dieser sollte nach dem Angriff durch die „Allianz“ die noch verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des Staates bekämpfen und die Macht durch ein deutschlandweites Netz von Heimatschutzkompanien absichern. Ferner plante der engste Führungszirkel der [X.] das gewaltsame Eindringen einer bewaffneten [X.]ruppe in das [X.] mit dem Ziel, Abgeordnete, Kabinettsmitglieder sowie deren Mitarbeiter zu verhaften und abzuführen, wobei sie hierfür bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten waren. Im Einzelnen:

(aa) Der von den Mitgliedern der Organisation unter der Führung des Mitbeschuldigten     [X.]geschaffene, hierarchisch aufgebaute „Rat“ beschäftigte sich in regelmäßig stattfindenden Sitzungen mit dem Aufbau künftiger staatlicher Strukturen, die an die Stelle der geltenden freiheitlich-demokratischen [X.]rundordnung treten sollten. In den Rat wurden Personen aufgenommen, die als besonders vertrauenswürdig angesehen wurden und die dafür vorgesehen waren, an ministerielle [X.] angelehnte Zuständigkeiten wahrzunehmen. So verfügte der Rat - vergleichbar mit einem Kabinett einer regulären Regierung - über von einzelnen Mitbeschuldigten besetzte Ressorts „Justiz“, „Außen“, „[X.]esundheit“, „Bildung“ und „[X.]“. Ein [X.] suchte zudem auf verschiedenen [X.]gen Kontakt zur [X.] Regierung, mit der Vorbereitungshandlungen für Friedensverhandlungen getroffen werden sollten. Die Mitglieder hatten die ideologische Überzeugung, bis zum Abschluss eines [X.] mit den Alliierten gelte das Kriegsrecht unter Anwendung der Haager Landkriegsordnung fort.

(bb) Da den Ratsmitgliedern und allen weiteren Angehörigen der [X.] bewusst war, dass der angestrebte Systemwechsel nicht auf friedlichem [X.]g zu erreichen war, wurde neben dem Rat ein hieran anknüpfender „militärischer Arm“ geschaffen. Dieser wurde von der [X.]ruppierung vereinfacht als das „[X.]“ bezeichnet und vom Mitbeschuldigten   [X.]       geführt, einem ehemaligen Kommandanten eines Fallschirmjägerbataillons der [X.]. Da er in dieser Funktion auch Mitglied des Rates war, bildete er zugleich das maßgebliche Bindeglied zwischen beiden Ebenen. [X.]itere Mitglieder des „militärischen Arms“ waren unter anderem die Mitbeschuldigten Oberst [X.], der an der [X.]ründung des Kommando Spezialkräfte der [X.] ([X.]) beteiligt gewesen war, der ehemalige Kommandosoldat des [X.] [X.]und der Mitbeschuldigte [X.].    .

Zum Zwecke des Aufbaus von [X.]verwaltungsstrukturen waren die Angehörigen des „[X.]s“ damit befasst, neue Mitglieder insbesondere aus den Reihen des [X.] sowie der Polizei zu rekrutieren und Waffen, Munition sowie Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen, wobei mehrere Mitbeschuldigte auch über eigene Waffen verfügten. Ferner planten sie die zukünftige Unterbringung und Verpflegung der „neuen [X.]“. Hierfür besuchten einige Mitbeschuldigte unter Vorlage des Truppenausweises eines von ihnen Kasernen im [X.]. Auch organisierten sie zur Vorbereitung des geplanten Umsturzes Schießübungen und führten diese unter Beteiligung des Mitbeschuldigten [X.].    durch. Daneben arbeiteten sie an der Schaffung einer eigenen, abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur. Zu diesem Zweck wurde der militärische Zweig der [X.]ruppierung in erheblichem Umfang von Mitgliedern des Rates finanziell unterstützt.

Parallel dazu bauten die Mitglieder des „[X.]s“ ein bundesweites System regionaler „Heimatschutzkompanien“ ([X.]) auf. Diese sollten nach der „Befreiung“ durch die „Allianz“ zur Absicherung der Macht der [X.] als Polizei und Armee fungieren sowie Kasernen, Waffen und sonstige Ausrüstung der [X.] übernehmen, die ihrerseits aufgelöst werden sollte.

([X.]) Der maßgebliche Führungszirkel der Organisation plante zudem das gewaltsame Eindringen in das [X.] mit dem Ziel, Regierungsmitglieder und Abgeordnete festzunehmen sowie in Handschellen abzuführen. Alle insoweit involvierten Mitglieder wussten, dass dieses Unternehmen nur durch Anwendung von Waffengewalt gegen die Polizei und Sicherheitskräfte des [X.] durchgeführt werden könne. Sie rechneten daher auch mit der Tötung von Personen und nahmen dies billigend in Kauf.

Die Planungen der Mitbeschuldigten [X.]und [X.]sahen die bewaffnete Erstürmung des [X.]s durch eine [X.]ruppe von bis zu 16 Personen vor, vornehmlich aus den Reihen aktiver oder ehemaliger Angehöriger des [X.] oder anderer Spezialeinheiten der [X.] und Polizei. Hierfür traten sie bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen ein. So nahmen sie Kontakt zu mehreren Angehörigen des [X.] auf. Der Mitbeschuldigte [X.] verschaffte sich mehrere hundert Schuss Munition, sechs [X.]ewehrmagazine, Nachtsichtgeräte, Fesselungsmaterial, weitere [X.]ausrüstung und einen Totschläger. Ferner begab er sich nach [X.] und fertigte Fotos von Absperrgittern im Bereich des [X.], vom Eingang der U-Bahn-Station „[X.]“ sowie dem [X.]. Zudem erstellte er eine Liste mit Namen zahlreicher Mitglieder der [X.]regierung und der [X.] Staatsregierung sowie von weiteren Politikern, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens.

Spätestens im Rahmen eines Treffens am 25. November 2021 informierten die Mitbeschuldigten [X.]und [X.]die weiteren Mitbeschuldigten    [X.],    [X.]        und [X.]     über ihre Pläne zur bewaffneten Erstürmung des [X.]s, die sich diese nicht nur zu eigen machten, sondern auch zukünftig förderten. So übergab der Mitbeschuldigte     [X.] dem Mitbeschuldigten [X.]einen Betrag in Höhe von 50.000 €. Die der [X.]ruppierung angehörige, für das [X.] vorgesehene Mitbeschuldigte und frühere [X.]sabgeordnete [X.]informierte verschiedene Mitglieder der [X.] über Anwesenheitszeiten von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern. Daneben plante sie, das [X.] gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten   [X.]        zu betreten.

(b) Der Beschuldigte verfügte über eine Waffenhandelserlaubnis und führte im Nebengewerbe einen Waffenhandel, über den er Jagdausrüstung und selbst produzierte [X.] vertrieb. Aufgrund der gewerblichen Waffenbesitzkarte war es ihm zudem möglich, eine größere Anzahl von Schusswaffen im Besitz zu halten.

Anlässlich eines Telefongesprächs am 11. August 2022 bat der Mitbeschuldigte [X.].   den Beschuldigten, einen Teil seiner Waffen und Munition zu „übernehmen“ und bei sich „einzulagern“, da gegen ihn ein behördliches Waffenhaltungsverbot erlassen worden war. Er äußerte, seine Waffen in Form von acht Langwaffen, einer nicht genannten Anzahl von Kurzwaffen und eines Luftgewehrs nebst Munition würden andernfalls durch die Waffenbehörde vernichtet werden. Dabei ging er selbst davon aus, dass die Lagerung nur ein bis zwei Wochen andauern werde, was er dem Beschuldigten mitteilte. Dieser erklärte sich zur Lagerung der Waffen für den Mitbeschuldigten bereit. In einem weiteren Telefonat vom 17. August 2022 bestätigte er dem Mitbeschuldigten, dass er die Waffen und Munition in Umfang von mehreren tausend Schuss unterschiedlicher Kaliber übernommen habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte er Kenntnis von der Existenz und Zielen der terroristischen [X.] und der Mitgliedschaft des Mitbeschuldigten. Die Aufbewahrung der Waffen nebst Munition durch den Beschuldigten war, wie er wusste, für die [X.] nützlich.

(2) Der Anfangsverdacht hinsichtlich der Strukturen, Ziele und der Tätigkeit der [X.] gründete sich im [X.]sentlichen auf Erkenntnisse des [X.], der [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] sowie der Verfassungsschutzbehörden des [X.] und der Länder und des [X.]amtes für den [X.]ischen Abschirmdienst, die maßgeblich auf [X.] 10-Maßnahmen - insbesondere Telefonüberwachung und Observation nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a, Abs. 2 [X.] 10 i.V.m. § 129a Abs. 1 St[X.]B - zurückzuführen sind. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen sind für die Zwecke der Strafverfolgung freigegeben und gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 2 [X.] 10, § 161 Abs. 2 Satz 1 [X.] in das Ermittlungsverfahren überführt worden.

Daneben war der Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten entgegen dem Beschwerdevorbringen durch die beiden überwachten Telefonate zwischen ihm und dem Mitbeschuldigten [X.].    am 11. und 17. August 2022 belegt. Soweit der Beschuldigte vorgetragen hat, er habe im ersten Telefonat geäußert, „dass er das nicht haben wolle“, bezieht sich diese Äußerung ausweislich der Auswertung der Telekommunikationsüberwachung nicht auf die einzulagernden Waffen, sondern auf Dokumente, deren Übermittlung über die Cloud „[X.]Transfer“ der Mitbeschuldigte angekündigt hatte. Auch das Fazit des [X.]kriminalamtes im Vermerk vom 15. November 2022 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Danach bestanden für die Ermittlungsbehörden zum damaligen Zeitpunkt lediglich Zweifel darüber, ob der Beschuldigte selbst Mitglied der terroristischen [X.] war oder diese lediglich von außen unterstützte.

Der Inhalt des Telefonats vom 11. August 2022 begründete zudem den Verdacht, dass der Beschuldigte Kenntnis von der Existenz und den Zielen der terroristischen [X.] hatte und um die mitgliedschaftliche Beteiligung des Mitbeschuldigten [X.].      an ihr wusste. So berichtete dieser dem Beschuldigten, dass am Vortag eine Befehlsausgabe stattgefunden habe und es bei dem besprochenen Zeitplan bleibe. Alle seien euphorisch gewesen, es seien Einzelaufträge erteilt und die grobe Struktur vorgestellt worden. Ferner kündigte der Mitbeschuldigte an, der Beschuldigte müsse die Waffen nur ein bis zwei Wochen aufbewahren; die Mitarbeiter der Waffenbehörde seien aufgrund eines in Kürze eintretenden äußeren Ereignisses für die Angelegenheit bald nicht mehr zuständig. Da der Beschuldigte zu diesen Erläuterungen weder Anmerkungen machte noch Rückfragen stellte, war im Sinne eines Anfangsverdachts davon auszugehen, dass er Kenntnis vom Bestehen der [X.]ruppierung und ihrer Ziele hatte. Die Einbindung des Beschuldigten in die Planungen der Organisation wurde ferner dadurch gestützt, dass ihm der Mitbeschuldigte [X.].     die Übersendung von Unterlagen über die Cloud „[X.]Transfer“ ankündigte, auf die die Behörden nach der Erklärung des Mitbeschuldigten bislang keinen Zugriff hätten. Dieser Umstand belegt zudem ein besonderes Maß an Vertrauen zwischen beiden. Der insoweit bestehende Anfangsverdacht war daneben indiziell bestätigt durch den Inhalt eines Telefonats am 24. August 2022 zwischen den Mitbeschuldigten [X.].    und [X.].   , dem zufolge der Beschuldigte das von der [X.] gegründete Referat „Persönliche Ausrüstung einzelner Soldaten“ als dessen Leiter übernehmen solle.

Zu den weiteren Einzelheiten der den Tatverdacht gegen die Beschuldigten begründenden Umstände wird auf die Ausführungen im Durchsuchungsbeschluss des Ermittlungsrichters des [X.] vom 28. November 2022 sowie die Antragsschrift des [X.]s vom 24. November 2022 verwiesen.

(3) In rechtlicher Hinsicht ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat als Unterstützung einer terroristischen [X.] gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 St[X.]B zu werten.

(a) Eine terroristische [X.] unterstützt, wer, ohne selbst Mitglied der Organisation zu sein, deren Tätigkeit und terroristische Bestrebungen direkt oder über eines ihrer Mitglieder fördert. Dabei kann sich die Förderung richten auf die innere Organisation der [X.] und deren Zusammenhalt, auf die Erleichterung einzelner von ihr geplanter Straftaten, aber auch allgemein auf die Erhöhung ihrer Aktionsmöglichkeiten oder die Stärkung ihrer kriminellen Zielsetzung. Nicht erforderlich ist, dass der Organisation durch die Tathandlung ein messbarer Nutzen entsteht. Vielmehr genügt es, wenn die Förderungshandlung an sich wirksam ist und der Organisation irgendeinen Vorteil bringt; ob dieser Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang ([X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69 Rn. 134).

(b) Indem der Beschuldigte nach der zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung bestehenden Verdachtslage die Waffen des Mitbeschuldigten [X.].     übernahm und für diesen einlagerte, förderte er vorsätzlich sowohl dessen Beteiligungshandlung als auch die terroristische [X.] selbst. Diese strebte den Umsturz der politischen und staatlichen Ordnung der [X.]republik [X.] an, wobei die Mitglieder mit der Anwendung von Waffengewalt rechneten und diese billigend in Kauf nahmen. Durch die Einlagerung von Waffen und Munition hatte der Mitbeschuldigte [X.].    hierauf weiterhin Zugriff, so dass sie für ihn und die Organisation nützlich war. Dem steht auch nicht die Äußerung des Mitbeschuldigten [X.].    entgegen, er werde in den nächsten Monaten „in Waffen ersticken“. So hätte er nicht nur Zugriff auf weitere, zudem eigene und ihm in der Handhabung bekannte Waffen gehabt, sondern diese hätten ihm auch bereits zu Beginn der geplanten [X.]ewalttätigkeiten zur Verfügung gestanden. Der Beschuldigte hatte Kenntnis von der Existenz und den Zielen der terroristischen [X.] und wusste, dass der Mitbeschuldigte [X.].     sich an dieser als Mitglied beteiligte und die Aufbewahrung der Waffen für ihn sowie die [X.] vorteilhaft war.

(4) Die Strafgerichtsbarkeit des [X.] und damit die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des [X.] für den Erlass des [X.] ergibt sich aus § 169 Abs. 1 [X.], § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142 Abs. 1 Nr. 1, § 142a Abs. 1 Satz 1 [X.]V[X.].

b) Die Anordnung der Durchsuchung entsprach - auch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Belange des Beschuldigten - dem [X.]rundsatz der Verhältnismäßigkeit.

aa) Sie war zur Ermittlung der Taten geeignet und erforderlich, da - wie der Ermittlungsrichter des [X.] zutreffend ausgeführt hat - unter den gegebenen Umständen zu erwarten war, dass die Durchsuchung zum Auffinden von [X.]egenständen, Unterlagen und Datenträgern führt, mit deren Hilfe die bisherigen Tätigkeiten der Beschuldigten für die [X.] bewiesen oder widerlegt werden. Zudem bestand eine besondere Auffindevermutung für Waffen, Munition, Sprengstoffe und weitere Ausrüstungsgegenstände.

bb) Die angeordnete Durchsuchung stand ferner in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der aufzuklärenden Straftaten und der Stärke des aufgezeigten Tatverdachts. Das [X.]ewicht des in Rede stehenden Delikts ist erheblich. Bereits die einmalige Unterstützung einer terroristischen [X.] gemäß § 129a Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 St[X.]B stellt ein Vergehen mit erhöhter Mindeststrafe dar und eröffnet einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren Freiheitsstrafe.

Schäfer                    Berg                    [X.]

Meta

StB 2/23

17.05.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 28. November 2022, Az: 1 BGs 746/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.05.2023, Az. StB 2/23 (REWIS RS 2023, 3404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3404

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Voraussetzungen der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens; Konkurrenzverhältnis zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung


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2 BvR 2561/08

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