Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. VII ZB 74/09

7. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9954

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Gegenstand

Rechtsanwaltsgebühren: Gesonderte Gebühr für Erinnerung gegen Vollstreckungsmaßnahmen


Leitsatz

Für die Erinnerung gegen Vollstreckungsmaßnahmen fällt keine gesonderte Gebühr nach RVG-VV Nr. 3500 an .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 9. Juni 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin verlangt die Festsetzung einer Verfahrensgebühr in Höhe von 408,17 € für das Verfahren der Erinnerung.

2

Sie hat gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen [X.] und laufenden Unterhalts erwirkt. Nach Erledigung des Verfahrens hat das Amtsgericht dem Schuldner die Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegt.

3

Den Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung einer 0,5-Verfahrensgebühr nach [X.] [X.] Nr. 3500 hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

II.

4

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

5

Auf die Entscheidung ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in der bis zum 11. Dezember 2008 geltenden Fassung anzuwenden.

6

1. [X.] ist der Auffassung, die Gläubigerin könne keine isolierte Festsetzung von Kosten der Erinnerung in Höhe einer 0,5-Verfahrensgebühr gemäß [X.] [X.] Nr. 3500 verlangen. Bei der Zwangsvollstreckung in Form eines Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der Bearbeitung der Erinnerung gegen den Erlass eines Beschlusses handele es sich um dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Nr. 3 [X.]. Dies sei bereits unter der Geltung der Bundesrechtsanwaltsordnung einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gewesen. Entgegen vereinzelten Stimmen in der Literatur habe sich daran auch durch den im [X.] neu eingefügten § 19 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nichts geändert. Aus der Gesetzesbegründung ([X.]. 550/06, [X.]) gehe der Wille des Gesetzgebers hervor, lediglich die bereits geltende Rechtslage ausdrücklich zu regeln und klarzustellen. Auch sei die einheitliche 0,3-Gebühr nach [X.] [X.] Nr. 3309 nicht auf eine 0,5-Verfahrensgebühr nach [X.] [X.] Nr. 3500 zu erhöhen, da § 15 Abs. 6 [X.] (i.d.[X.]) dies ausschließe.

7

2. Die Rechtsbeschwerde verweist demgegenüber auf eine in der Literatur vertretene Ansicht [X.], [X.], § 19 [X.], Rdn. 51 und 53), dass die Erinnerung nach § 766 ZPO eine besondere Vollstreckungs- und Vollziehungsmaßnahme sei, welche die Gebühr nach [X.] [X.] Nr. 3500 auslöse. Dafür spreche der Wortlaut des § 19 [X.]. Er bestimme in Abs. 1 Satz 1, dass zu dem Rechtszug oder dem Verfahren alle Tätigkeiten gehörten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 [X.] eine besondere Angelegenheit sei. In § 19 Abs. 2 [X.] heiße es sodann, zu den in § 18 Nr. 3 und 4 [X.] genannten Verfahren gehörten insbesondere die Erinnerung nach § 766 ZPO. Dies könne nur bedeuten, dass die Erinnerung nicht etwa zu einer Vollstreckungs- und Vollziehungsmaßnahme im Sinne von § 18 Nr. 3 bzw. Nr. 4 [X.] zähle, sondern dass sie wie die Vollstreckungs- und Vollziehungsmaßnahmen nach § 18 Nr. 3 und Nr. 4 [X.] als besondere Angelegenheit zu behandeln sei.

8

3. Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die Ansicht des [X.] ist zutreffend.

9

Der [X.] (Beschluss vom 24. September 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 78 = Rpfleger 2005, 53) hat unter der Geltung von § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] entschieden, dass in der Zwangsvollstreckung durch die 3/10-Gebühr die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts abgegolten wird, sofern sie dieselbe Angelegenheit betrifft. In der Zwangsvollstreckung gilt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch sie vorbereiteten Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers als eine Angelegenheit. Zu der jeweiligen Vollstreckungsmaßnahme gehört auf Seiten des Schuldners die Erinnerung, mit der er sich gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung wendet.

Der Gesetzgeber hat in Art. 20 des hier maßgebenden [X.] vom 22. Dezember 2006 ([X.] I 2006, 3614) das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in § 19 Abs. 2 dahingehend geändert, dass als Nr. 2 eingefügt wurde: "… die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung …,". Er hat dies damit begründet ([X.]. 550/06 S. 118), dass die Tätigkeit im Verfahren über die Erinnerung nach § 766 ZPO zum Rechtszug gehöre und keine besondere Gebühr auslöse. Dies sei im Entwurf des [X.] vom 5. Mai 2005 ausweislich der Begründung zu Art. 3 Nr. 3500 des [X.] zum [X.] (BT-Drucks. 15/1971, [X.]) nicht bedacht worden. Daher solle nunmehr ausdrücklich geregelt werden, dass die Vollstreckungserinnerung zur [X.] gehöre.

Auf der Basis dieses eindeutigen gesetzgeberischen Willens kommt ein anderes Verständnis der Vorschrift nicht in Betracht. Die Literatur ([X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., [X.], Rdn. 61 und [X.] 3500 Rdn. 15; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 19 Rdn. [X.]; [X.], [X.] Report 2009, 128 f.; a.A. ohne Begründung, [X.], [X.], 30. Aufl., [X.], § 19 Rdn. 51 und 53) geht daher zu Recht davon aus, dass es bei Erinnerungen gegen eine Vollstreckungsmaßnahme des Rechtspflegers oder Gerichtsvollziehers bei einer Angelegenheit der angegriffenen Maßnahme verbleibt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht der Wortlaut der §§ 15, 18, 19 [X.] einer Auslegung der Vorschrift mit diesem Inhalt nicht entgegen. § 19 Abs. 2 Nr. 2 [X.] stellt vielmehr klar, dass die Erinnerung zu den Vollstreckungsmaßnahmen nach § 18 Nr. 3 und 4 [X.] gehört und § 18 Nr. 5 [X.] insoweit nicht anwendbar ist.

[X.] ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Gläubigerin für das Erinnerungsverfahren keine Gebühr nach [X.] [X.] Nr. 3500 verlangen kann.

III.

[X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]                                  Kuffer                                       Safari Chabestari

                    Halfmeier                               [X.]

Meta

VII ZB 74/09

28.01.2010

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Heilbronn, 9. Juni 2009, Az: 1 T 207/09 Bm, Beschluss

§ 766 ZPO, § 18 Nr 3 RVG vom 18.08.2005, § 18 Nr 4 RVG vom 18.08.2005, § 18 Nr 5 RVG vom 18.08.2005, § 19 Abs 2 Nr 2 RVG, Nr 3500 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. VII ZB 74/09 (REWIS RS 2010, 9954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9954

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Wird zitiert von

VII ZB 74/09

16 T 29/21

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