Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2006, Az. IX ZA 8/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3162

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[X.][X.] vom 13. Juni 2006 in dem Insolvenzverfahren - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] am 13. Juni 2006 beschlossen: Das Gesuch des Schuldners, ihm zur Durchführung der Rechts-beschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 2. Februar 2006 Prozesskostenhilfe zu ge-währen, wird zurückgewiesen. Gründe: Das dem Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners vom 24. Februar 2006, eingegangen beim [X.] am 27. Februar 2006, zu entnehmende Prozesskostenhilfegesuch ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 4 [X.], § 114 Satz 1 ZPO). 1 1. Eine Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung, durch welche - wie hier - die sofortige Beschwerde gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zurückgewiesen wird, ist nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entschei-dung des [X.] erfordert (§ 7 [X.] in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Keine dieser Fallgestaltungen ist hier 2 - 3 - gegeben, insbesondere liegt kein Fall der Grundsätzlichkeit vor. Diese hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige [X.] aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], 288, 291; 159, 135, 137 f). 2. Das [X.] hat die internationale Zuständigkeit der [X.] Insolvenzgerichte gemäß Art. 3 Abs. 1 EuInsVO, gegen welche der Schuldner sich im Rechtsbeschwerdeverfahren wenden will, damit begründet, dass der Mittelpunkt der Tätigkeiten des Schuldners in wirtschaftlicher Hinsicht in [X.] liege. Hiergegen sind Zulassungsgründe nicht ersichtlich. 3 a) Das [X.] hat ausgeführt: Sämtliche nennenswerten Einnah-men des Schuldners seien auf dessen nicht als anwaltlich zu qualifizierenden organschaftlichen Tätigkeiten für zwei Gesellschaften zurückzuführen. [X.] habe er nach den nicht in Abrede gestellten Feststellungen des [X.] nur vor seiner Bestellung als Präsident der Gesellschaften [X.]. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Gesellschaften seien von [X.] aus gesteuert worden. 4 Zu der [X.]" sei festzustellen, dass es im [X.] darum gegangen sei, die von Anlegern in [X.] eingezahlten Beträge, die über ein in [X.] aufgebautes Vertriebssystem eingeworben worden seien, ins Ausland zu transferieren, ohne dass dort eine Geschäftstätigkeit der Gesell-schaft angefallen sei. Die Sollbuchungen seien von [X.] aus gesteuert worden, weil sie auf Anweisung des Gesellschafters [X.]oder des [X.] erfolgt seien, die den im Ausland ansässigen kontoberechtigten Personen 5 - 4 - entsprechende Anweisungen übermittelt hätten. Entsprechendes gelte für die "[X.]". Bei dieser Gesellschaft seien ebenfalls alle Gutschriften und Abgänge von [X.] aus gesteuert worden. In der Gesamtschau der die [X.] und -abgänge steuernden wirtschaftlichen Tätigkeit beider [X.] stehe damit [X.] als deren Mittelpunkt fest. Die in [X.] angesiedelte Tätigkeit des Schuldners als Präsident der genannten Gesellschaften mache - wie das [X.] weiter festgestellt hat - seine weit überwiegende Einnahmequelle aus. Daraus ergebe sich die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in [X.]. Die [X.] Bindungen des Schuldners seien für ein Insolvenz-verfahren, welches im Wesentlichen die wirtschaftlichen Beziehungen zum [X.] habe, nicht entscheidend. 6 b) Diese Begründung wirft keine Grundsatzfragen auf, sondern erschöpft sich in einer weitgehend tatrichterlichen Würdigung in einem besonders gela-gerten insolvenzrechtlichen Einzelfall. 7 aa) Der in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO verwendete Rechtsbegriff des Mittelpunktes der hauptsächlichen Interessen ist durch die Rechtsprechung des [X.] im Grundsätzlichen geklärt. Er erhellt sich aus der 13. Begründungserwägung der Verordnung, wo es heißt: "Als Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen sollte der Ort gelten, an dem der Schuldner ge-wöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte fest-stellbar ist." Aus dieser Definition geht hervor, dass der Mittelpunkt der haupt-sächlichen Interessen nach objektiven und zugleich für Dritte feststellbaren Kri-terien zu bestimmen ist. Diese Objektivität und diese Möglichkeit der Feststel-lung durch Dritte sind erforderlich, um Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit 8 - 5 - bei der Bestimmung des für die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens zu-ständigen Gerichts zu garantieren. Diese Rechtssicherheit und Vorhersehbar-keit sind umso wichtiger, als die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung die des anwendbaren Rechts nach sich zieht ([X.], Urt. v. 2. Mai 2006 - [X.]/04, [X.], 907, 908). Als feststellba-res Kriterium, welches Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Bestim-mung des für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens zuständigen Ge-richts garantiert, ist nach gesicherter Rechtsauffassung, die nicht weiter klä-rungsbedürftig ist, bei Kaufleuten, Gewerbetreibenden oder Selbständigen an die wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit des Schuldners anzuknüpfen (vgl. HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. Art. 3 EuInsVO Rn. 3; MünchKomm-[X.]/[X.], Art. 3 EuInsVO Rn. 2; [X.] ZIP 1996, 948, 949; [X.] in [X.]/[X.]/Chalupsky, [X.]. 3 Rn. 19; [X.] ZZP 114 (2001), 133, 140; [X.] in [X.], [X.] Art. 3 EuInsVO Rn. 5; [X.], [X.] und Europäisches Internationales Insolvenz-recht Art. 3 EuInsVO Rn. 9). Dass dieser Standpunkt von irgendeiner Seite ernsthaft in Frage gestellt wird, ist nicht ersichtlich. Das [X.] hat sich ihm ausdrücklich angeschlossen. Damit kommt es nicht darauf an, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in [X.] hat und seine Ehefrau nach seinen Angaben dort wohnt. [X.]) Auf dieser gesicherten rechtlichen Grundlage konnte das [X.], ohne Grundsatzfragen zu berühren, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners in [X.] sehen, weil er als Präsident der von [X.] aus gesteuerten Gesellschaften seine wesentlichen Einkünfte aus der Wahrnehmung seiner gesellschaftsrechtlichen Organfunktionen bezogen hat. Hierbei handelt es sich um eine auf den zu entscheidenden Einzelfall bezogene Würdigung des Tatrichters ohne [X.]. Der Schuldner hat in der 9 - 6 - Begründung seines [X.] nichts vorgetragen, was diese Annahme des [X.]s ernsthaft in Frage stellen kann. Seinem mit der Be-gründung des [X.] wiederholten Vortrag, für seine "[X.]" habe er keine Vergütung erhalten und die ihm überwiesenen Gelder seien die Gegenleistung für anwaltliche Dienstleistungen, ist das [X.] in Wahrnehmung seiner Aufgabe als Tatrichter nicht gefolgt. Dies wirft keine Fragen von [X.] auf. Auf den Kanzleisitz in [X.] käme es entgegen der Auffassung des Schuldners allenfalls an, wenn er dort eine nennenswerte anwaltliche Geschäftstätigkeit mit entspre-chenden Einnahmen außerhalb des hier in Rede stehenden Komplexes entfal-tet hätte. Dafür gibt es indes keine Anhaltspunkte; der Schuldner macht dies in seiner Antragsschrift auch nicht geltend. Dass die Vorinstanz dem Schuldner zugebilligt hat, im Einzelfall habe er von [X.] aus Entscheidungen für die von [X.] aus agierenden [X.] getroffen, stellt die zutreffende Gesamtwürdigung des [X.]s, 10 - 7 - [X.] stehe als Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners fest, nicht grundsätzlich in Frage. [X.] Ganter [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.10.2004 - 540 IN 565/04 - [X.], Entscheidung vom 02.02.2006 - 5 T 1297/04 -

Meta

IX ZA 8/06

13.06.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZA

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2006, Az. IX ZA 8/06 (REWIS RS 2006, 3162)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3162

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