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PDF anzeigen[X.] ZB 418/02vom27. November 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:nein EuInsVO Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 43Zu der Frage, ob das Gericht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag auf [X.] Insolvenzverfahrens gestellt worden ist, für die Entscheidung über die Eröff-nung des Insolvenzverfahrens zuständig bleibt, wenn der Schuldner nach [X.], aber vor der Eröffnung den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessenin das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verlegt, oder ob das Gericht des ande-ren Mitgliedstaats zuständig wird (Vorlage an den [X.], [X.]uß vom 27. November 2003 - [X.] 418/02 - [X.]AG Wuppertal- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] 27. November 2003beschlossen:1. Das Verfahren wird ausgesetzt.2.Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird zurAuslegung des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung ([X.])Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über [X.] ([X.]. [X.] Nr. L 160 vom 30. Juni 2000; im folgenden:EuInsVO) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:"Bleibt das Gericht des Mitgliedstaats, bei dem der Antrag [X.] des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist, für [X.] über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu-ständig, wenn der Schuldner nach Antragstellung, aber vor derEröffnung den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen indas Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verlegt, oder wird [X.] des anderen Mitgliedstaats [X.] 3 -Gründe:[X.] Beantwortung der vorstehenden Vorlagefrage, von der die Entschei-dung des Rechtsstreits abhängt, ist Art. 3 EuInsVO auszulegen. Die Verord-nung ist auf Art. 61c und Art. 67 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der [X.] (im folgenden: [X.]) gestützt und am 31. Mai 2002 in[X.] getreten. Sie gilt in den Mitgliedstaaten unmittelbar (Art. 47 EuInsVO). [X.] Senat die Auslegung nicht offenkundig erscheint, hat er eine Vorab-entscheidung des [X.] einzuholen(Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 234 [X.]).II.Im vorliegenden Rechtsstreit stellte die Schuldnerin, die in Form einesEinzelunternehmens einen Handel mit Telekommunikationsgeräten und [X.] betrieb, am 6. Dezember 2001 den Antrag auf Eröffnung des [X.]s über ihr Vermögen. Der Betrieb der Schuldnerin war bei [X.] bereits geschlossen. Wesentliche Vermögensgegenstände, die füreine zukünftige Insolvenzmasse zu sichern gewesen wären, konnten nicht er-mittelt werden. Das Insolvenzgericht lehnte mit [X.]uß vom 10. April 2002die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse ab. Das dagegen gerichteteRechtsmittel der Schuldnerin, mit dem sie unter Aufhebung des [X.] 10. April 2002 die Eröffnung des Verfahrens beantragte, wurde - nachGewährung von Wiedereinsetzung - mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß- 4 -der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen als [X.] zurückgewiesen wurde ([X.]uß des [X.] vom 14. [X.] i.V.m. dem [X.] vom 15. Oktober 2003). Mit [X.] begehrt die Schuldnerin die Aufhebung der Beschwerde-entscheidung und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidungan das Beschwerdegericht.[X.] der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist das Verfahren aus-zusetzen und eine Vorabentscheidung des [X.] zu [X.] gestellten Frage einzuholen. Die Sachentscheidung im vor-liegenden Verfahren ist abhängig von der Auslegung des Art. 3 [X.] Das Beschwerdegericht hat festgestellt, daß die Schuldnerin bereits [X.] April 2002 ihren Wohnsitz nach [X.] verlegt hat und dort leben und ar-beiten will ([X.]. v. 14. August 2002, [X.]). Diese Feststellung ist [X.] für die rechtliche Beurteilung in der Rechtsbe-schwerdeinstanz zugrunde zu legen, § 577 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 559 Abs. [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 18. September 2003 - [X.] 40/03, z.[X.].). Das Be-schwerdegericht ist der Auffassung, damit habe die Schuldnerin den Mittel-punkt ihrer hauptsächlichen Interessen an ihrem [X.] Wohnsitz, so [X.]. 3 EuInsVO das für den (neuen) Wohnsitz der Schuldnerin zustän-dige [X.] Gericht für die Eröffnung des [X.] 5 -Die Rechtsbeschwerde meint dagegen, für die Beurteilung der [X.] sei auf den Zeitpunkt des [X.] abzustellen. Da die [X.]in zum Zeitpunkt der Antragstellung den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichenInteressen im Zuständigkeitsbereich des [X.] gehabt habe,seien die [X.] Gerichte für die Eröffnung [X.] Die EuInsVO ist am 31. Mai 2002 in [X.] getreten, Art. 47. Nach [X.] von Art. 43 Satz 1 EuInsVO ist sie nur auf solche Insolvenzverfahrenanzuwenden, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet worden sind. Damit [X.] gemeint sein, daß sämtliche Bestimmungen der EuInsVO nur auf nachdem 31. Mai 2002 bereits eröffnete Insolvenzverfahren anwendbar sind. [X.]. 3 EuInsVO enthält gerade Regelungen darüber, welches Gericht für dieEröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig ist. Gemäß Art. 43 Satz 1EuInsVO sollen daher ersichtlich nur solche Insolvenzverfahren aus dem (zeit-lichen) Geltungsbereich der EuInsVO herausfallen, die schon vor deren In-krafttreten eröffnet worden sind (vgl. auch Art. 44 Abs. 2 EuInsVO; vgl. ferner[X.]/[X.], in: [X.], Vorschläge und Gutachten zur Umsetzung des [X.] über Insolvenzverfahren im [X.] Recht, S. 130 Nr. 304des erläuternden Berichtes zu dem - insoweit wörtlich übereinstimmenden -EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 23.11.1995; [X.],in: [X.]-Kepplinger/[X.]/[X.], [X.],Art. 43 Rn. 2). Für die Beantwortung der Frage, ob ein Verfahren vor oder nachdem Inkrafttreten der EuInsVO eröffnet wurde, ist entsprechend Art. 16 Abs. 1EuInsVO darauf abzustellen, wann die Entscheidung über die Verfahrenseröff-nung wirksam geworden ist ([X.]/[X.] aaO S. 131 Nr. 305; [X.] aaORn. 4). Wirksamkeit in diesem Sinne meint die Entfaltung von Wirkungen, die- 6 -mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden sind ([X.]-Kepp-linger/[X.] aaO Art. 16 Rn. 11; [X.] aaO Art. 43 Rn. 13).Im vorliegenden Verfahren ist eine positive Eröffnungsentscheidung vordem Inkrafttreten der EuInsVO nicht getroffen worden. Das Insolvenzgericht hatmit [X.]uß vom 10. April 2002 lediglich die Eröffnung des Verfahrens man-gels Masse abgelehnt. Aufgrund der dagegen gerichteten Rechtsmittel [X.] war das Eröffnungsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens [X.] noch anhängig. Die mit einer Eröffnung des Verfahrens nach [X.] Insolvenzrecht verbundenen Wirkungen waren folglich vor dem Inkraft-treten der EuInsVO noch nicht eingetreten. Das Eröffnungsverfahren als [X.] fällt nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO, vgl. Art. 1 Abs. 1([X.] aaO Art. 43 Rn. 12).3. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO sind für die Eröffnung des [X.] die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebietder Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Als Mit-telpunkt der hauptsächlichen Interessen soll gemäß Erwägungsgrund 13 derOrt gelten, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessennachgeht und damit für Dritte feststellbar ist. Bei einer natürlichen Personkommt als Anknüpfungspunkt sowohl der Wohnsitz als auch der Ort in [X.], an dem sie ihrer selbständigen oder unselbständigen Tätigkeit nachgeht(vgl. [X.]-Kepplinger aaO § 3 Rn. 19 ff; [X.]/[X.] aaO S. 60 Nr. 75).Im vorliegenden Verfahren hat die Schuldnerin nach den bindenden [X.] sowohl ihren Wohnsitz als auch den Ort ihrerTätigkeit nach [X.] verlegt. Nach beiden Anknüpfungskriterien liegt derMittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen folglich nunmehr in [X.]. Ob- 7 -das Gericht eines Mitgliedstaats, das im Zeitpunkt des Antrags auf [X.] Insolvenzverfahrens nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO zuständig ist, fürdie Eröffnung zuständig bleibt, wenn der Schuldner vor der Eröffnung den Mit-telpunkt seiner hauptsächlichen Interessen in einen anderen Mitgliedstaat ver-legt, regelt § 3 EuInsVO nicht ausdrücklich.a) Für die Auffassung der Rechtsbeschwerde, daß die Zuständigkeit [X.] bleibt, könnte das im Erwägungsgrund 4 genannte Ziel sprechen, [X.] eines ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarktes zu ver-hindern, daß es für die Beteiligten vorteilhafter ist, [X.] Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu [X.], um auf diese Weise eine verbesserte Rechtsstellung anzustreben (soge-nanntes "[X.]) Dagegen läßt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde [X.] des Art. 4 Abs. 1 und 2 EuInsVO, nach denen sich die Regelung,unter welchen Voraussetzungen das Verfahren eröffnet wird, nach dem [X.] richtet, in dem das Verfahren eröffnet wird, nicht entnehmen,daß deshalb das bei Antragstellung zuständige Gericht für die Eröffnung zu-ständig bleiben muß. Bei einem Wechsel der Zuständigkeit wäre vielmehr ge-mäß Art. 4 Abs. 1 und 2 EuInsVO für die Entscheidung über die Eröffnung [X.] das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden, in dessen [X.] das nunmehr zuständige Gericht seinen Sitz hat. Dasselbe gilt für die [X.], bereits ab dem Zeitpunkt des [X.] Sicherungsmaßnah-men anzuordnen (vgl. Art. 25 Abs. 1 Satz 4, Art. 38 EuInsVO sowie [X.] 16). Auch diese Befugnis könnte mit dem Wechsel der [X.] übergehen.- 8 -c) Für die Ansicht des Beschwerdegerichts, daß auf die Zuständigkeit imZeitpunkt der Eröffnungsentscheidung abzustellen ist, könnte angeführt wer-den, daß mit der Regelung des § 3 Abs. 1 EuInsVO, die Eröffnung des [X.] in dem Mitgliedstaat zu gestatten, in dem der Schuldner [X.] seiner hauptsächlichen Interessen hat, ein Hauptinsolvenzverfah-ren mit universaler Geltung und mit dem Ziel, das gesamte Vermögen [X.] zu erfassen, eröffnet werden soll (vgl. Erwägungsgrund 12). [X.] Hauptinsolvenzverfahren können unter den Voraussetzungen vonArt. 3 Abs. 2 und 3 EuInsVO lediglich (beschränkte) Sekundärinsolvenzverfah-ren eröffnet werden. Wenn mit der Verlegung des Mittelpunktes der [X.] Interessen des Schuldners eine Verbringung seines gesamten oder [X.] Teile seines Vermögens in den anderen Mitgliedstaat verbunden ist,kann beispielsweise die Eröffnung des [X.] in [X.] sinnvoll sein. Verfügt der Schuldner wie im vorliegenden Fall imZeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht über wesentliches Vermögen, kannder Schwerpunkt des Verfahrens nach der Eröffnung in dem Mitgliedstaat lie-gen, in den der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessenverlegt hat, wenn wie etwa nach [X.] Recht das während des [X.]s erlangte Vermögen zur Insolvenzmasse gehört, § 35 InsO. Von Be-deutung kann ferner sein, daß es die Abwicklung des Insolvenzverfahrens er-heblich erschweren kann, wenn sich der Schuldner nicht in dem [X.] aufhält. Bei natürlichen Personen wird in der Regel dieEröffnung eines Partikular- oder Sekundärinsolvenzverfahrens nicht in Betrachtkommen. Ein solches Verfahren kann gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3Satz 1 und Abs. 4 EuInsVO in einem anderen Mitgliedstaat, in dem der [X.] nicht den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, nur eröffnet- 9 -werden, wenn der Schuldner dort eine Niederlassung hat. Dies wird bei natürli-chen Personen gewöhnlich nicht der Fall sein.d) Die Vorlagefrage läßt sich nicht unter Heranziehung anderer [X.] Rechtsquellen, die Regelungen zur gerichtlichen Zuständigkeit enthal-ten, offenkundig beantworten. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die eine ge-richtliche Zuständigkeit begründenden Tatsachen vorliegen müssen und ob [X.] Änderung die einmal gegebene Zuständigkeit fortdauert, ist weder in [X.] ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die ge-richtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei-dungen in Zivil- und Handelssachen ([X.]. Nr. L 12 vom 16. Januar 2001) nochin der Verordnung ([X.]) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über dieZuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen [X.] und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für diegemeinsamen Kinder der Ehegatten ([X.]. Nr. L 160 S. 19 vom 30. Juni 2000)geregelt (vgl. Schlosser, EU-Zivilprozeßrecht 2. Aufl. Art. 2 EuGVVO Rn. 7 so-wie Art. 2 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.]/[X.], [X.] und [X.]. Art. 2 EuGVVO Rn. 4). Das [X.] Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die [X.] Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom [X.] ([X.]) sowie das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeitund die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und [X.], geschlossen in [X.] am 16. September 1988, enthalten gleichfallskeine diesbezüglichen Regelungen (vgl. [X.]/Schütze, Europäisches Zivil-verfahrensrecht Art. 2 [X.] Rn. 111).[X.] Ganter [X.]- 10 - [X.] Bergmann
Meta
27.11.2003
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2003, Az. IX ZB 418/02 (REWIS RS 2003, 498)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 498
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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