Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.07.2013, Az. 4 StR 29/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3799

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Gegenstand

Strafverfahren wegen schweren Bandendiebstahls: Abgrenzung von Tateinheit und Tatmehrheit bei Mittäterschaft an einer Deliktsserie


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls schuldig ist.

Die Einzelstrafen in den Fällen [X.] und 10 der Urteilsgründe entfallen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Annahme von jeweils selbständigen real konkurrierenden [X.] in den Fällen [X.] und 7 sowie [X.] 9 und 10 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

3

a) Nach den Feststellungen fuhren die gesondert Verurteilten [X.]  , R.    und S.    am 2. Dezember 2011 auf Veranlassung des Angeklagten nach M.  , um dort auf Diebestour zu gehen. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung zu verschaffen, flüchteten sie. Die Gruppe beschloss unmittelbar anschließend am selben Abend, ihre Diebestour in [X.]    fortzusetzen. Dort entwendeten sie Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten und kehrten anschließend zur Wohnung des Angeklagten zurück (Fälle [X.] und 7 der Urteilsgründe). Am 9. Dezember 2011 begaben sich zwei Gruppen getrennt voneinander jeweils auf Veranlassung des Angeklagten in [X.]    auf Diebestour. Eine Gruppe entwendete Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten, während die andere Gruppe beim Aufhebeln des Fensters zu einer Wohnung gestört wurde, sodass die Beteiligten ohne Beute flüchteten (Fälle [X.] 9 und 10 der Urteilsgründe).

4

b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten [X.]. Leistet ein Mittäter für alle oder einige [X.] einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der [X.], durch die alle oder mehrere [X.] seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 [X.], [X.]St 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 514/11, [X.], 146).

5

In den Fällen [X.] und 7 der Urteilsgründe hat die [X.] eine individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich vielmehr darin, als [X.] die Tatgenossen am Tattag auf [X.] zu schicken. Diese Fälle sind daher konkurrenzrechtlich zu einer Tat des schweren Bandendiebstahls zusammenzufassen. Nichts anderes gilt für die am 9. Dezember 2011 verwirklichten Taten ([X.] 9 und 10 der Urteilsgründe). Soweit diese dadurch gefördert wurden, dass der Angeklagte gleichzeitig die beiden Gruppen veranlasste, auf Diebestour zu gehen, stellt dieses Verhalten entweder bereits nur eine Handlung dar; jedenfalls aber bilden diese Förderungsbeiträge des Angeklagten eine natürliche Handlungseinheit, sodass auch hinsichtlich dieser Fälle Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist.

6

c) Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der [X.] den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

7

Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und vier Monaten in den Fällen [X.] und 10 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten im Fall [X.] 7 der Urteilsgründe und von zwei Jahren und zehn Monaten im Fall [X.] 9 der Urteilsgründe bleiben jeweils als alleinige Einzelstrafen bestehen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der [X.] kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen - je eine Einzelstrafe von drei Jahren und von einem Jahr und vier Monaten sowie jeweils drei Einzelstrafen in Höhe von zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren und sechs Monaten und von zwei Jahren und zehn Monaten - ausschließen, dass die [X.] bei zutreffender Bewertung des [X.], die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 514/11 aaO), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

8

2. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sost-Scheible                         Roggenbuck                           Mutzbauer

                         Bender                                [X.]

Meta

4 StR 29/13

30.07.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bochum, 20. Dezember 2012, Az: II-1 KLs - 47 Js 36/12 - 23/12

§ 25 Abs 2 StGB, § 52 Abs 1 StGB, § 53 StGB, § 244a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.07.2013, Az. 4 StR 29/13 (REWIS RS 2013, 3799)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3799

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