Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2014, Az. 4 StR 191/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4354

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Gegenstand

Strafverfahren wegen schweren Bandendiebstahls: Konkurrenzrechtliche Beurteilung bei durch mehrere Tatbeteiligte begangener Tatserie


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2013 - auch bezüglich der Mitangeklagten [X.]und M.      - im Schuldspruch wie folgt geändert:

a) Die Angeklagten [X.]und [X.]sind jeweils des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen schuldig.

b) Der Angeklagte M.      ist des schweren Bandendiebstahls in elf Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen schuldig.

Die gegen die Angeklagten im Fall II.3 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten [X.]wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.] "schweren Bandendiebstahls in 14 Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Mitangeklagten [X.], M.       und A.       hat es wegen "schweren Bandendiebstahls in 14 Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb" ([X.] ), "schweren Bandendiebstahls in 15 Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb" (M.      ) und Wohnungseinbruchsdiebstahls (A.      ) ([X.] von vier Jahren und sechs Monaten ([X.]und M.      ) sowie einem Jahr und sechs Monaten (A.     ) verhängt. Die gegen die Mitangeklagten ergangenen Urteile sind rechtskräftig. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten [X.]führt zu der aus dem [X.] ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und dem Wegfall einer [X.]; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Gemäß § 357 StPO ist die Änderung auf die nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]und M.      zu erstrecken.

2

1. Die Annahme real konkurrierender Taten in den [X.] und II.4 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3

a) Nach den Feststellungen fuhren der Angeklagte [X.], die Mitangeklagten [X.]und M.       sowie der anderweitig verfolgte [X.]am 1. Februar 2013 nach [X.], um dort Wohnungseinbrüche zu begehen. In der Folge drangen mehrere Mitglieder der Gruppe durch eine aufgehebelte Tür in die Souterrainwohnung des Geschädigten [X.].   ein, während die übrigen Gruppenmitglieder die Umgebung absicherten (Fall [X.]). Nachdem sie in der unmöblierten Wohnung nichts Stehlenswertes gefunden hatten, brachen sie von außen in die im ersten Obergeschoss desselben Hauses gelegene Wohnung des Geschädigten [X.].  ein und entwendeten daraus Gegenstände in einem Wert von 10.000 Euro (Fall II.4 der Urteilsgründe). Nähere Feststellungen dazu, wer aus der Tätergruppe in das Haus eingedrungen ist und wer die Umgebung abgesichert hat, vermochte das [X.] nicht zu treffen.

4

b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten [X.]. Leistet ein Mittäter für alle oder einige [X.] einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der [X.], durch die alle oder mehrere [X.] seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13, [X.], 641 m. Anm. Kämpfer; Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 514/11, [X.], 146, 147; Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 [X.], StraFo 2011, 238; Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 [X.], [X.]St 49, 177, 182 f.). Lässt sich nicht feststellen, durch wie viele Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB der Angeklagte die festgestellten Taten gefördert hat, so ist im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass er nur eine Handlung begangen hat ([X.], Beschluss vom 19. November 1996 - 1 StR 572/96, [X.]R StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7; vgl. Beschluss vom 15. April 1987 - 3 [X.], [X.]R StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1).

5

Da das [X.] die einzelnen [X.] nicht genauer feststellen konnte, ist nach dem [X.] zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass er nicht selbst in die Wohnungen der Geschädigten [X.].   und [X.].  eingedrungen ist, sondern an den von seinen Mittätern ausgeführten Einbrüchen durch das Absichern der Umgebung übergreifend mitgewirkt hat. Damit hat er in Bezug auf diese beiden Taten keinen individuellen, sondern nur einen einheitlichen Tatbeitrag erbracht, so dass insoweit (gleichartige) Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13, Rn. 5)

6

2. Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. [X.], Urteil vom 27. Juni 1996 - 4 StR 166/96, Rn. 17). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

7

Infolge der Schuldspruchänderung entfällt die [X.] von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe im Fall [X.]. Die [X.] von zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe im Fall II.4 der Urteilsgründe bleibt als alleinige [X.] bestehen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Die bloße [X.]rrektur des [X.]nkurrenzverhältnisses hat keine Verringerung des Tatunrechts und des [X.] in seiner Gesamtheit zur Folge ([X.], Urteil vom 20. Februar 2014 - 3 [X.], Rn. 8; Beschluss vom 5. Juni 2013 - 2 StR 537/12, Rn. 12; Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13, [X.], 641; Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 514/11, [X.], 146, 147; Beschluss vom 7. Januar 2011 - 4 StR 409/10, [X.], 281, 282). Der Senat schließt deshalb aus, dass das [X.] vor dem Hintergrund der verbleibenden [X.]n von [X.] zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe, [X.] zwei Jahren Freiheitsstrafe, [X.] einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe und [X.] einem Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

8

3. Da die [X.] auf einer Rechtsverletzung beruht, die auf die Sachrüge hin zu beachten ist, ändert der Senat nach § 357 StPO (vgl. dazu El-Ghazi, [X.] zu Sach- und Verfahrensrüge in der strafprozessualen Revision, 2014, [X.]; krit. [X.] in Festschrift [X.], 2001, [X.], 673 f.; [X.] in Festschrift [X.], 1999, [X.], 383 ff.) auch bei den nichtrevidierenden Mitangeklagten [X.]und M.      die Schuldsprüche entsprechend ab. Dadurch kommt auch bei ihnen die im Fall [X.] verhängte [X.] in Wegfall. Die gegen sie festgesetzten Gesamtstrafen werden davon nicht berührt, da der Senat mit Rücksicht auf die verbleibenden [X.]n ausschließen kann, dass das [X.] auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

VRi'in[X.] Sost-Scheible
befindet sich im Urlaub
und ist daher gehindert
zu unterschreiben.

Cierniak     

Ri[X.] Dr. Franke
befindet sich im Urlaub
und ist daher gehindert
zu unterschreiben.

Cierniak

Cierniak

     Mutzbauer     

Quentin     

Meta

4 StR 191/14

03.07.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Essen, 6. Dezember 2013, Az: 52 KLs 13/13

§ 52 Abs 1 StGB, § 53 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2014, Az. 4 StR 191/14 (REWIS RS 2014, 4354)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4354

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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