Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.02.2018, Az. B 14 AS 423/16 B

14. Senat | REWIS RS 2018, 14017

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensmangel - Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters - fehlende rechtzeitige Zustellung des Übertragungsbeschlusses nach § 153 Abs 5 SGG an die Beteiligten)


Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2016 - L 15 AS 26/15 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 25.10.2016 - L 15 AS 26/15 - hat das [X.] nach mündlicher Verhandlung durch den Berichterstatter und [X.] die Berufung des [X.] gegen einen Gerichtsbescheid des [X.] zurückgewiesen, durch den seine Klage wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II für den Zeitraum von Juni 2013 bis August 2014 abgewiesen worden war. Die Übertragung auf den Berichterstatter erfolgte durch Beschluss der Berufsrichter vom 24.10.2016, der dem Kläger am 17.11.2016 und dem beklagten Jobcenter am 18.11.2016 zugestellt worden ist.

2

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] macht der Kläger einen Verfahrensfehler geltend und rügt die Besetzung des Gerichts; die Übertragung auf den Berichterstatter sei erst mit Zustellung an die Verfahrensbeteiligten und damit nach der mündlichen Verhandlung wirksam geworden.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

4

Das Urteil des [X.] vom 25.10.2016 beruht auf einem von dem Kläger hinreichend bezeichneten (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G. Das [X.] hat den Anspruch des [X.] auf [X.] (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) verletzt, weil der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen [X.]n entschieden hat, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

5

Gesetzlicher [X.] für die Entscheidung von Verfahren vor dem [X.] ist grundsätzlich ein Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen [X.]n (§ 33 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Hiervon macht zwar ua § 153 Abs 5 [X.]G (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom [X.], [X.]) eine Ausnahme. Danach kann das [X.] die Berufung in den Fällen einer Entscheidung des [X.] durch Gerichtsbescheid (§ 105 [X.]G) durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des Senats dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen [X.]n entscheidet. Das erfordert jedoch einen schriftlich abzufassenden und der Geschäftsstelle zu übergebenden Beschluss (§ 153 Abs 1 iVm § 142 Abs 1 und § 134 [X.]G), der der Zustellung an die Beteiligten (§ 153 Abs 1 iVm § 142 Abs 1 und § 133 Satz 2 [X.]G) bedarf (B[X.] vom [X.] - B 2 U 344/09 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] RdNr 7; B[X.] vom 24.10.2013 - [X.] R 240/12 B - juris RdNr 9). Daran fehlt es hier zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil der am Vortag getroffene Übertragungsbeschluss den Beteiligten erst am 17. bzw 18.11.2016 zugestellt worden und ihm daher besetzungsrelevante Wirkung für das Urteil vom 25.10.2016 noch nicht zugekommen ist.

6

Der Verfahrensmangel ist auch nicht durch rügelose Einlassung (§ 202 [X.]G iVm § 295 ZPO) geheilt; dies gilt bereits deswegen, weil die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts zu den nicht verzichtbaren Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Verfahrens (§ 295 Abs 2 ZPO) gehört (B[X.] vom [X.] - B 2 U 344/09 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]). Zum anderen ist die Vorschrift des § 295 ZPO auf den Anwaltsprozess zugeschnitten und daher bei - wie hier - nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten allenfalls nach Belehrung durch den Vorsitzenden anwendbar (B[X.] vom 12.4.2000 - [X.] [X.] 2/99 R - juris Rd[X.]1).

7

Berufen zur Entscheidung über die Berufung des [X.] am 25.10.2016 war danach das [X.] noch in voller Senatsbesetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern sowie zwei ehrenamtlichen [X.]n (§ 33 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das berührt das von [X.] wegen nach Art 101 Abs 1 Satz 2 GG gewährleistete Recht auf [X.] in seiner einfachrechtlichen Ausprägung (stRspr; vgl nur B[X.] vom 8.11.2007 - [X.]/9a [X.] 3/06 R - B[X.]E 99, 189 = [X.] 4-1500 § 155 [X.], RdNr 14 mwN). Aufgrund dessen ist das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 [X.] [X.]G aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

8

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des [X.] vorbehalten.

Meta

B 14 AS 423/16 B

14.02.2018

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Osnabrück, 15. Januar 2015, Az: S 16 AS 1122/13, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 33 Abs 1 S 1 SGG, § 153 Abs 5 SGG, § 142 Abs 1 SGG, § 133 S 2 SGG, § 134 SGG, § 295 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.02.2018, Az. B 14 AS 423/16 B (REWIS RS 2018, 14017)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14017

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