Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.11.2012, Az. 2 StR 410/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1684

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Gegenstand

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Erfordernis der Eigennützigkeit; Feststellungen in den Urteilsgründen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Mai 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in vollem Umfang Erfolg.

2

1. Der Schuldspruch wird nicht von den Feststellungen getragen. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass die bei dem Angeklagten aufgefundenen 12 Gramm Heroin zum Teil für den Eigenkonsum und zu einem weiteren Teil für die Weitergabe an eine dritte Person bestimmt waren, womit der Angeklagte Geldschulden begleichen wollte ([X.]). Dies belegt auch hinsichtlich des nicht für den Eigenkonsum gedachten Rauschgifts nicht den Vorwurf des Handeltreibens. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass der Angeklagte insoweit aus Eigennutz gehandelt hat. [X.] handelt der Täter, dem es auf einen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt. Sein Handeln muss vom Streben nach Gewinn geleitet sein oder er muss sich sonst irgendeinen persönlichen Vorteil von ihm versprechen, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird (st. Rspr.; vgl. [X.], BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 290 mwN). Derartige Feststellungen lässt das angefochtene Urteil vermissen. Zwar kann grundsätzlich ein relevanter Vorteil darin liegen, durch Hingabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer bestimmten wertmäßigen Anrechnung von einer bestehenden Geldverbindlichkeit befreit zu werden, doch ist auch insoweit die Feststellung einer Gewinnerzielungsabsicht erforderlich. Wer Rauschgift einkauft, um es ohne Gewinn zum gleichen Preis weiterzugeben, handelt nicht eigennützig (vgl. [X.], 420). Gleiches muss gelten, wenn der Verrechnung auf bestehende Schulden lediglich der Einkaufspreis der erworbenen Betäubungsmittel zugrunde gelegt wird.

3

2. Der Senat hebt die Sache insgesamt auf und verweist zurück, obwohl auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Verurteilung wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nahe liegt. So erhält der neue Tatrichter Gelegenheit, auch im Hinblick auf die Mengen von Betäubungsmitteln, die zum Eigenkonsum bzw. zur Weitergabe bestimmt waren, klare und eindeutige Feststellungen zum Tatgeschehen zu treffen.

4

3. Der Senat weist für die neue Verhandlung darauf hin, dass sich der neue Tatrichter eingehender als bisher mit der Frage auseinander zusetzen hat, ob vorliegend womöglich die Voraussetzungen des § 21 StGB gegeben sind. Die (knappe) Bezugnahme auf nicht näher mitgeteilte Ausführungen des Sachverständigen genügt angesichts der festgestellten Politoxikomanie insoweit nicht, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige selbst die Steuerungsfähigkeit als "tangiert" angesehen hat ([X.]). Bei einer solchen Fallgestaltung ist es erforderlich, dass der Tatrichter die tragenden Erwägungen des Sachverständigen mitteilt und unter Berücksichtigung der gutachterlichen Erwägungen die ihm obliegende Einschätzung einer Anwendung des § 21 StGB darlegt.

5

Hinsichtlich der möglichen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird sich der neue Tatrichter unter Berücksichtigung der vom [X.] in seiner Zuschrift zutreffend dargelegten Rechtslage insbesondere mit der Frage der voraussichtlichen Therapiedauer zu befassen haben.

Becker                       Appl                               Schmitt

               Krehl                       Eschelbach

Meta

2 StR 410/12

06.11.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Koblenz, 23. Mai 2012, Az: 2090 Js 75609/11 - 10 KLs

§ 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.11.2012, Az. 2 StR 410/12 (REWIS RS 2012, 1684)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1684

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 247/18

2 StR 46/17

4 StR 42/16

2 StR 608/12

1 StR 570/19

1 StR 188/20

1 StR 517/20

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