Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2007, Az. I ZR 152/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4452

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 152/04 Verkündet am: 29. März 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja
Fachanwälte ZPO § 540 Abs. 1 Lässt das [X.]rufungsgericht die Revision zu, muss [X.] ebenso wie im Fall einer möglichen Revisionszulassung durch das Revisionsgericht [X.] aus dem [X.]ru-fungsurteil zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das [X.] ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien [X.] haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung [X.] liegen (im [X.] an [X.], 216). UWG §§ 3, 5 Abs. 1 a) Die Verwendung des [X.]griffs —[X.] als Zusatz zu der Kurzbezeich-nung einer überörtlichen Anwaltssozietät auf einem Praxisschild oder auf dem [X.]iefkopf setzt voraus, dass eine den Plural rechtfertigende Zahl von Sozietätsmitgliedern Fachanwälte sind. Nicht erforderlich ist es, dass an je-dem Standort, an dem der Zusatz verwendet wird, ein oder mehrere Fach-anwälte tätig sind. b) Verwendet eine Sozietät in ihrer Kurzbezeichnung eine auf eine Zusatzquali-fikation hinweisende [X.]zeichnung, muss sie dort, wo die Mitglieder der [X.] namentlich aufgeführt sind, die ([X.] benennen (im [X.] an [X.], [X.]. v. 5.5.1994 [X.] I ZR 57/92, [X.], 736 = [X.], 613 [X.] Intraurbane Sozietät). [X.], [X.]. v. 29. März 2007 [X.] I ZR 152/04 [X.] [X.] - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2007 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. [X.]rgmann und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.]klagten wird das [X.]eil des 2. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 2. September 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.]rufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das [X.]rufungsurteil und das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Von Rechts wegen Tatbestand:Die [X.]klagte ist eine überörtliche Sozietät von Rechtsanwälten und Nota-ren mit [X.]üros in [X.], [X.]. und [X.]. . Ihr gehören Fachan-wälte für verschiedene Fachgebiete an, von denen jedoch keiner am Standort [X.] tätig ist. Die klagende Rechtsanwaltskammer macht gegen die [X.]klag-te Unterlassungsansprüche wegen irreführender Verwendung des [X.]griffs 1 - 3 - —[X.] auf dem [X.] in [X.]

sowie auf ihrem Geschäftspa-pier und in der Werbung, insbesondere in einer [X.]oschüre und auf ihrer Home-page, geltend. - 4 - Das [X.] hat die Klage abgewiesen (LG [X.] NJW 2004, 2027). Das [X.]rufungsgericht ([X.]. 2005, 67 [[X.].] = OLG-Rep. 2005, 44) hat die [X.]klagte [X.] das erstinstanzliche [X.]eil teilweise abändernd [X.] verurteilt, es zu unterlassen, 2 a) auf ihrem [X.] in [X.] – den [X.]griff —[X.] zu verwen-den, solange am Standort der [X.]klagten in [X.] kein Fachanwalt tätig ist, b) auf ihrem Geschäftspapier, in der Werbung oder in sonstigen für ihre Au-ßenbeziehungen bestimmten Unterlagen oder Ankündigungen [X.] schriftlich oder mündlich [X.] zur Kennzeichnung ihrer Tätigkeitsbereiche als überörtli-cher Sozietät den [X.]griff —[X.] zu verwenden, sofern nicht neben den Angaben zu den anderen Mitgliedern der Sozietät zugleich für jeden ih-rer Fachanwälte das fachanwaltschaftliche Tätigkeitsgebiet und der zugehö-rige Standort ausgewiesen sind. Gegen dieses [X.]eil richtet sich die vom [X.]rufungsgericht zugelassene Revision, mit der die [X.]klagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. 4 I. Das [X.]rufungsurteil enthält keine dem § 540 Abs. 1 ZPO entspre-chende Darstellung der Tatsachen, die das [X.]rufungsgericht seiner [X.]urteilung zugrunde gelegt hat. Es leidet daher an einem Verfahrensmangel, der zur [X.] und Zurückverweisung führt ([X.]Z 154, 99, 101; 156, 216, 218; [X.], [X.]. v. 23.11.2006 [X.] I ZR 276/03 [X.] Abmahnaktion, unter [X.]). Lässt das [X.] die Revision zu, muss [X.] ebenso wie in dem Fall einer möglichen Revisionszulassung durch das Revisionsgericht (vgl. [X.], 216, 218) [X.] aus dem [X.]rufungsurteil zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das [X.]rufungsgericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die [X.] verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Es ist nicht Aufgabe des [X.], den Sachverhalt selbst zu ermitteln, um abschließend beurteilen zu können, ob die Revision [X.] ist (vgl. [X.]Z 73, 248, 252). 6 Das [X.]rufungsurteil enthält weder eigene Feststellungen noch die in § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene [X.]zugnahme auf die tatsächlichen Feststellun-gen des erstinstanzlichen [X.]eils mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen. Lediglich hinsichtlich des [X.]urteilungsmaßstabs für die Irrefüh-rungsgefahr nimmt das [X.]rufungsurteil auf das erstinstanzliche [X.]eil [X.]zug. Auch der Umstand, dass in diesem Zusammenhang eine Fundstelle angegeben ist, vermag die erforderliche [X.]zugnahme [X.] entgegen der Auffassung der Revi-sionserwiderung [X.] nicht zu ersetzen. Schließlich lassen sich auch den rechtli-chen Ausführungen des [X.]rufungsgerichts keine für eine revisionsrechtliche Überprüfung ausreichenden Feststellungen zum Sachverhalt entnehmen. [X.] fehlt jeder Hinweis darauf, wie die [X.]klagte den [X.]griff —Fachanwäl-tefi auf ihrem [X.] in [X.]

, auf ihrem Geschäftspapier und in der Werbung verwendet. Auf diese konkrete Gestaltung kommt es aber für die [X.]-urteilung der Irreführungsgefahr maßgeblich an, weil der Senat diese [X.]urtei-lung mit [X.]lick auf die von der Revision erhobene Rüge erfahrungswidriger Fest-stellungen zu überprüfen hat. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob eine Aufhebung des [X.]ru-fungsurteils auch bereits deswegen geboten ist, weil es die [X.]rufungsanträge nicht wiedergibt (vgl. [X.]Z 154, 99, 100 f.; [X.], [X.]. v. [X.][X.] V ZR 99/04, NJW-RR 2005, 716, 717; [X.]. v. 23.11.2006 [X.] I ZR 276/03 [X.] Ab-mahnaktion, unter [X.]), oder ob die verschiedenen Angaben zu den Anträgen in den Gründen des [X.]rufungsurteils noch den Anforderungen genügen, die an eine zumindest sinngemäße Wiedergabe der [X.]rufungsanträge zu stellen sind. 7 - 6 - [X.] Das [X.]rufungsurteil kann unter diesen Umständen keinen [X.]stand haben. Es ist aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das [X.]rufungsgericht zurückzuverweisen. Für das erneute [X.]rufungs-verfahren wird auf Folgendes hingewiesen: 8 9 1. Den Entscheidungsgründen des [X.]rufungsurteils ist unter [X.] zu entnehmen, dass die Klägerin im [X.]rufungsverfahren die in erster Instanz gestellten Anträge weiterverfolgt hat. Trifft dies zu, hätte das [X.]rufungsgericht der Klägerin mit dem [X.]eilsausspruch zu a) etwas zuge-sprochen, was nicht beantragt war (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO): Der im landge-richtlichen [X.]eil wiedergegebene Klageantrag zu 1 zielt auf die Untersagung der Verwendung des konkret beschriebenen [X.]es der [X.]klagten in [X.] ab, das in der zweiten Zeile das Wort —[X.] und in einer weite-ren Zeile den Hinweis —Fachanwälte für Arbeitsrecht, Familienrecht, Verwal-tungsrecht und [X.] enthielt. Das [X.]rufungsgericht hat der [X.]klagten dagegen schlechthin untersagt, den [X.]griff —[X.] auf dem [X.] [X.] zu verwenden, solange an diesem Standort kein Fachanwalt tätig ist. Auch der [X.]eilsausspruch zu b) weicht von dem entsprechenden Klagean-trag zu 2 ab; diese Abweichung ist indessen unter dem Gesichtspunkt des § 308 ZPO unbedenklich, weil das ausgesprochene Verbot eine [X.]dingung enthält und daher gegenüber dem unbedingten Klageantrag ein Minus darstellt. 2. Hinsichtlich der beanstandeten [X.]zeichnung —[X.] wird das [X.]rufungsgericht Folgendes zu beachten haben: 10 a) Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der Dienstleistungen der Rechtsanwälte und Notare in Anspruch nehmen möchte, wird eine entsprechende Werbung in der Regel nicht nur flüchtig, sondern mit zumindest normaler Aufmerksamkeit betrachten. 11 - 7 - b) Nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu urteilen, wird ein interes-sierter Verbraucher zwischen der als Teil des Kanzleinamens firmenähnlich verwendeten Kurzbezeichnung (§ 9 [X.]) der in einer überörtlichen Sozietät tätigen [X.]rufsträger einerseits und der Qualifikation der einzelnen Sozien an einem konkreten Standort andererseits zu unterscheiden wissen. Wird der Kurzbezeichnung ein Zusatz zur Qualifikation der [X.]rufsträger wie —Rechtsan-wälte und Notarefi oder —Wirtschaftsprüfer und [X.] hinzugesetzt, ver-steht der Verkehr dies als Hinweis darauf, dass sich in der entsprechenden Kanzlei [X.]rufsträger dieser Qualifikation zusammengeschlossen haben (vgl. [X.], [X.]schl. v. 30.11.1998 [X.] NotZ 29/98, NJW 1999, 428, 429; [X.]schl. v. 23.9.2002 [X.] AnwZ ([X.]) 67/01, [X.], 346; vgl. auch [X.]VerfG, [X.]schl. v. 8.3.2005 [X.] 1 [X.]vR 2561/03, NJW 2005, 1483, 1484). Mit Recht hat das [X.] angenommen, der Verkehr verstehe unter Fachanwälten Rechts-anwälte, die auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisiert sind und eine entspre-chende Zusatzqualifikation erworben haben. Der interessierte Verbraucher wird annehmen, dass er Näheres zu der Spezialisierung der einzelnen Anwälte der Liste der Sozietätsmitglieder entnehmen kann. Ist eine solche Kanzlei [X.] für den Verbraucher erkennbar [X.] an mehreren Standorten tätig, so hat er keinen Anlass anzunehmen, dass alle in dem Zusatz zur Kurzbezeichnung genannten Qualifi-kationen an sämtlichen Standorten vertreten sind. Vielmehr wird der Interes-sent, soweit es ihm darauf ankommt, anhand der näheren Angaben über die Sozietätsmitglieder prüfen, welche Qualifikationen die an einem bestimmten Standort der Sozietät tätigen [X.]rufsträger haben. 12 Die Verwendung des [X.]griffs —[X.] als Zusatz zu der Kurzbe-zeichnung einer überörtlichen Anwaltssozietät [X.] etwa in der Form —Dr. X & Partner [X.] Rechtsanwälte, Fachanwälte, Notarefi [X.] auf einem Praxisschild oder auf dem [X.]iefkopf setzt danach voraus, dass eine den Plural rechtfertigende Zahl von Sozietätsmitgliedern Fachanwälte sind. Nicht erforderlich ist, dass an 13 - 8 - jedem Standort, an dem [X.] etwa auf dem Praxisschild [X.] die firmenmäßige [X.]-zeichnung mit dem Zusatz verwendet wird, ein oder mehrere Fachanwälte tätig sind. 14 c) Verwendet eine Sozietät in ihrer Kurzbezeichnung eine auf eine Zu-satzqualifikation hinweisende [X.]zeichnung, muss sie [X.] zumal wenn nicht alle Sozietätsmitglieder die zusätzliche Qualifikation aufweisen [X.] dort, wo die [X.] der Sozietät namentlich aufgeführt sind, die ([X.] benennen. Dies kann die Namensleiste auf dem [X.]iefbogen, das Praxisschild, das die Namen der an diesem Standort tätigen Sozietätsmitglieder aufführt, oder die Liste der Sozietätsmitglieder in einer [X.] oder auf der Internetseite der Kanzlei sein. Im Streitfall bedeutet dies, dass die [X.]klagte zur Vermeidung einer Irreführung jedem [X.] jeweils konkret und eindeutig seine berufliche Qualifikation zuzuordnen hat, also Rechtsanwalt, Notar oder Fachanwalt unter Angabe des Fachgebiets. Der Kanzleiauftritt darf keinen Zweifel an der jeweiligen Qualifikation der einzel-nen benannten [X.]rufsträger aufkommen lassen (vgl. [X.], [X.]. v. 5.5.1994 [X.] I ZR 57/92, [X.], 736, 737 = [X.], 613 [X.] Intraurbane Sozietät). Das ist insbesondere auch dann zu beachten, wenn die [X.]zeichnung —[X.] mit oder ohne Angabe des Gebiets, auf das sich diese Qualifikation [X.], außerhalb einer Kurzbezeichnung der Sozietät verwendet wird. - 9 - I[X.] Der Senat hat hinsichtlich der Gerichtskosten für das [X.]rufungsurteil und das Revisionsverfahren von der in § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. 15 [X.]ornkamm Pokrant [X.]üscher

[X.]rgmann [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 15.04.2004 - 12 O 527/03 - OLG [X.], Entscheidung vom 02.09.2004 - 2 U 50/04 -

Meta

I ZR 152/04

29.03.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2007, Az. I ZR 152/04 (REWIS RS 2007, 4452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4452

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1 BvR 2561/03

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