Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2012, Az. B 6 KA 42/11 R

6. Senat | REWIS RS 2012, 2244

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Beteiligtenfähigkeit einer Berufsausübungsgemeinschaft bei Zulassungsfragen - Klageänderung - Prozessurteil anstelle Sachurteil - keine Hinderung an abschließender Sachentscheidung - Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages zur Dialyseversorgung - Verwaltungsakt - Ablauf der Rechtsbehelfsfrist - Begrenzung auf ein Jahr - Beteiligung - Verwaltungsverfahren - Drittanfechtung einer Sonderbedarfszulassung für die Dialyseversorgung - Voraussetzung für Anfechtungsberechtigung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 1. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 5. bis 10.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Genehmigung zur Durchführung von [X.] für den Beigeladenen zu 3.

2

Die klagende Gemeinschaftspraxis (seit dem 1.1.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) bestand zum Zeitpunkt der Klageerhebung aus zwei Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie sowie einer praktischen Ärztin. Sie betreibt in [X.] ein Dialysezentrum und eine Diabetologische Schwerpunktpraxis. Zum [X.] trat eine weitere Vertragsärztin, Frau Dr. R., in die Berufsausübungsgemeinschaft ein.

3

Dem Beigeladenen zu 3. wurde mit Beschluss des [X.] vom [X.] eine Sonderbedarfszulassung in der Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 1. und 2. erteilt. Mit Schreiben vom [X.] erteilte die beklagte [X.] ([X.]) dem Beigeladenen zu 3. im Rahmen seiner Sonderbedarfszulassung eine Genehmigung zur Durchführung besonderer [X.] in eigener Dialysepraxis und in gemeinschaftlicher Berufsausübung mit Dres. H. gemäß § 8 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] für den [X.] in [X.] sowie gemäß Absatz 3 der Anlage 9.1.5 des [X.]/[X.] für die Betriebsstätten E. Klinik in [X.] und J.-Krankenhaus in [X.] nach § 3 Abs 3 Buchst a [X.]/[X.].

4

Hiergegen legte die Klägerin am 18.5.2006 Widerspruch ein, den die beklagte [X.] mit Beschluss vom [X.] als unzulässig zurückwies. Die Zusicherung sei nur eine notwendige Voraussetzung für die Sonderbedarfszulassung. Ihre Rechtmäßigkeit sei inzident im Verfahren gegen die Zulassung zu prüfen. Zur isolierten Anfechtung der Zusicherung fehle es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil auch nach einer Aufhebung der Zusicherung die Sonderbedarfszulassung weiter bestehen würde.

5

Das dagegen angerufene [X.] hat die Klage als unzulässig angesehen (Urteil vom 18.4.2007), weil es an der erforderlichen Klagebefugnis fehle.

6

Während des Verfahrens wurde die mittlerweile aus den Beigeladenen zu 1. bis 4. bestehende Berufsausübungsgemeinschaft aufgelöst. Sie gründeten zusammen mit [X.]. [X.] das "Medizinische Versorgungszentrum J. Straße in [X.] GmbH", das mit Beschluss vom 21.3.2007 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde. Zum ärztlichen Leiter wurde der Beigeladene zu 1. bestimmt. Die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie [X.]. [X.] verzichteten auf ihre Zulassung gemäß § 103 Abs 4a Satz 1 [X.]B V, um ab dem [X.] als Angestellte des [X.] (MVZ) tätig zu werden. Der Zulassungsausschuss widerrief die den Beigeladenen zu 1. bis 4. erteilte Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Praxis zum [X.]. Mit Beschluss vom selben Tage stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die dem Beigeladenen zu 3. erteilte Sonderbedarfszulassung zum [X.] ende. Dem MVZ wurde mit Beschluss vom 21.3.2007 gemäß [X.] [X.] ([X.]) aF die Genehmigung erteilt, die Beigeladenen zu 3. und 4. ganztags als angestellte Ärzte zu beschäftigen. Die [X.] hatte zuvor mitgeteilt, dass sie bereit sei, die bestehenden [X.] auf das MVZ zu übertragen.

7

Das L[X.] hat mit Urteil vom 1.10.2010 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Ihr Rechtsschutzbedürfnis sei aufgrund der Zulassung des MVZ und der damit verbundenen Übertragung der an die Beigeladenen erteilten Genehmigungen auf das MVZ entfallen. Eine Aufhebung der Zusicherung des [X.] würde nichts an der Rechtsstellung des MVZ und der in ihm beschäftigten Ärzte ändern. Es bedürfte daher in jedem Fall einer Anfechtung der mit Beschluss vom 21.3.2007 erfolgten Zulassung des MVZ und der damit verbundenen Anstellungsgenehmigungen. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe nicht, weil die Klägerin ihr Klageziel auch dadurch verfolgen könne, dass sie die dem MVZ erteilte Genehmigung und die Übertragung der [X.] auf das MVZ mit Rechtsmitteln angreife.

8

Mit Beschluss vom 8.12.2010 stellte der Zulassungsausschuss im Hinblick auf das Ausscheiden eines Mitglieds, der [X.], das Ende der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der klägerischen Berufsausübungsgemeinschaft zum 31.12.2010 und die Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit der verbliebenen Ärzte in Einzelpraxis fest. Die Widersprüche von [X.] und Frau [X.] gegen diese Entscheidung hat der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 22.3.2011 zurückgewiesen. Hiergegen ist noch das Verfahren L 3 KA 1/12 beim L[X.] anhängig. Der Zulassungsausschuss hat mit Wirkung vom 1.4.2011 eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen [X.] und Frau [X.] genehmigt, die in der Folgezeit um weitere Ärzte erweitert wurde.

9

Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Übertragung eines [X.] bewirke eine gesetzliche Klageänderung iS von § 96 Abs 1 [X.]G. Die [X.] des [X.] für den Beigeladenen zu 3. und des auf das MVZ übertragenen [X.] seien inhaltlich weitgehend identisch. Materiell beträfen beide Verwaltungsakte den Beigeladenen zu 3. Würde man hier keine Klageänderung annehmen, wäre kein effektiver Rechtsschutz gewährleistet, weil die Übertragung des [X.] nicht mehr angefochten werden könne. In der Sache rügt die Klägerin, nicht die [X.], sondern der Berufungsausschuss habe über die Zusicherung und Erteilung des [X.] entscheiden müssen. Er hätte jedenfalls die Entscheidung der [X.] nicht als bindend ansehen dürfen, sondern hätte selbst prüfen müssen, ob ein Sonderbedarf vorliege. Ein solcher Bedarf habe tatsächlich nicht bestanden. Entgegen der Auffassung des L[X.] bestehe, wenn man eine zwischenzeitliche Erledigung annehme, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Zum einen bestehe Wiederholungsgefahr, zum anderen werde sie einen Amtshaftungsanspruch geltend machen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 1.10.2010 und das Urteil des [X.] vom 18.4.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] aufzuheben.

Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1. bis 4. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend. Es fehle im Übrigen an der [X.] der Klägerin.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie hat nicht fristgerecht gegen die Genehmigung des [X.] an den Beigeladenen zu 3. Widerspruch eingelegt.

1. Die Revision der Klägerin ist zulässig.

a) Ihre Beteiligtenfähigkeit iS des § 70 [X.] ist nicht weggefallen. Dabei kann hier offen bleiben, ob im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens eine aufgelöste Gemeinschaftspraxis (seit dem Inkrafttreten des [X.] - [X.], 3439 - zum 1.1.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) weiterhin Beteiligte sein kann. Der Senat hat in der Vergangenheit für nachgehende Rechte und Pflichten einer Gemeinschaftspraxis regelmäßig in Anwendung von § 730 Abs 2 Satz 1 BGB deren Beteiligtenfähigkeit auch noch nach ihrer Auflösung angenommen (vgl [X.]-2500 § 85 [X.] Rd[X.]3; [X.], 35 = [X.]-2500 § 115b [X.], Rd[X.]3; [X.], 89 = [X.]-2500 § 85 [X.]1, Rd[X.]1). Allerdings betraf diese Rechtsprechung ausschließlich Fälle, in denen Geldforderungen umstritten waren. Da ein Zulassungsverfahren und damit auch ein Konkurrentenstreitverfahren stets zukunftsorientiert ist, mag eine Übertragung dieser Rechtsprechung des Senats auf eine solche Konstellation zweifelhaft oder jedenfalls besonders begründungsbedürftig sein. Hier hat die klägerische Berufsausübungsgemeinschaft aber ununterbrochen fortbestanden, sodass ihre Beteiligtenfähigkeit nicht in Frage steht.

Zwar hat der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 8.12.2010 die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit "beendet", weil ein Mitglied die zuvor von vier Personen betriebene Praxis verlassen hatte. Unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen eines solchen Personenwechsels, enthält der Beschluss des [X.] eine vertragsarztrechtliche Statusentscheidung. Die Entscheidung über das Bestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft betrifft den Status, in dem die vertragsärztliche Tätigkeit im Rechtsverhältnis zu den Versicherten und den vertragsarztrechtlichen [X.] ausgeübt wird (vgl [X.], 43 = [X.]-2500 § 103 [X.], Rd[X.]7; [X.], 222 = [X.]-5520 § 32 [X.], Rd[X.] 26 für den Ausnahmefall der sachlich-rechnerischen Richtigstellung im Rechtsverhältnis von [X.] und Mitglied). Gegen diese Entscheidung haben aber Dr. D. und [X.] Widerspruch eingelegt, der gemäß § 96 Abs 4 Satz 2 SGB V und § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung hatte. Diese Widersprüche hat der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 22.3.2011 zurückgewiesen, der noch gerichtlich angefochten ist. Bereits wegen der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel ist von einem Fortbestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen den verbliebenen Mitgliedern der Gemeinschaft auszugehen.

Ungeachtet dessen ist auch noch vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist für diesen Beschluss vom Zulassungsausschuss erneut eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Dr. D. und [X.] genehmigt worden. Damit wurde zwar formal die zuvor bestehende Berufsausübungsgemeinschaft nicht fortgeführt. Die neue Berufsausübungsgemeinschaft bestand aber aus zwei der verbliebenen Mitglieder der früheren Berufsausübungsgemeinschaft und übte fortlaufend ihre Tätigkeit in den ursprünglichen Praxisräumen aus. Sie hat damit nahtlos die Tätigkeit der zuvor bestehenden Gemeinschaftspraxis fortgesetzt. Ein [X.], der als Klageänderung iS des § 99 Abs 1 SGG zu werten wäre, ist damit nicht eingetreten. Eine derartige Konstellation, in der tatsächlich eine personelle Kontinuität gewährleistet ist, steht vielmehr der Situation gleich, in der lediglich ein Mitgliederwechsel innerhalb der bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft stattfindet. Auch das Ausscheiden eines Mitglieds aus einer mehr als zweigliedrigen Berufsausübungsgemeinschaft ändert nichts an deren Fortbestand, sondern führt lediglich zur Anpassung des Rubrums (vgl [X.]-1500 § 141 [X.] Rd[X.]7; vgl auch zum Fortbestand der [X.], 344 Rd[X.]3; [X.], 1449 Rd[X.]6 ff), wie sie hier auch schon vorgenommen worden ist. In die Berufsausübungsgemeinschaft sind mittlerweile Prof. Dr. M. und [X.] eingetreten, die ebenfalls in das Rubrum aufgenommen worden sind. Soweit das [X.] mit dem Verhältnis der personellen Besetzung zum Umfang des etwaigen Konkurrentenschutzes argumentiert, betrifft dies nicht den Bestand einer Berufsausübungsgemeinschaft, sondern eine materielle Frage des Drittschutzes. Ob ungeachtet des Fortbestandes der Berufsausübungsgemeinschaft das [X.] entfallen wäre, wenn der Berufsausübungsgemeinschaft kein Arzt mehr mit der Berechtigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten angehört hätte, kann hier offen bleiben.

b) Da die [X.] - Die [X.]/[X.], der [X.], die [X.], die Landwirtschaftliche Krankenkasse [X.], [X.] und [X.] sowie der [X.] ihrer Beiladung im Revisionsverfahren zugestimmt haben, hat der Senat gemäß § 168 Satz 2 SGG ihre notwendige Beiladung nachholen können.

2. Die Revision der Klägerin ist jedoch unbegründet. Zwar hat das [X.] die Berufung zu Unrecht als unzulässig verworfen. Entgegen der Auffassung des [X.] lagen die allgemeinen und besonderen Prozessvoraussetzungen der Berufung vor. Es fehlte insbesondere nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Entscheidung des Rechtsstreits durch Prozessurteil anstelle eines [X.] hindert den Senat aber nicht an einer abschließenden Sachentscheidung (vgl [X.], 195, 196 = [X.]-4100 § 249e [X.]).

a) Die von der Klägerin mit ihrer Revision weiter verfolgte Klage wäre nur unzulässig gewesen, wenn ihre Rechte durch die hier in Rede stehende Genehmigung des [X.] offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl [X.], 98 = [X.]-1500 § 54 [X.]0, Rd[X.]4, 17; [X.], 145 = [X.]-2500 § 116 [X.], Rd[X.]7; [X.], 269 = [X.]-1500 § 54 [X.]6, Rd[X.]6; [X.], 10 = [X.]-5520 § 24 [X.], Rd[X.]6). Das ist nicht der Fall.

b) Die Klägerin hat ihr Begehren zutreffend mit einer Anfechtungsklage verfolgt.

aa) Bei der Genehmigung eines [X.] handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Die Genehmigung zur Übernahme eines [X.] nach § 7 Abs 2 Anlage 9.1 [X.]/[X.] oder der Übergangsvorschrift des § 8 Anlage 9.1 [X.]/[X.] vermittelt die Berechtigung zur je nach dem Umfang des [X.] näher spezifizierten nephrologischen vertragsärztlichen Versorgung der definierten Patientengruppen.

bb) Das Begehren der Klägerin hat sich nicht iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erledigt durch den Beschluss des [X.], mit dem die Beendigung der Sonderbedarfszulassung zum [X.] festgestellt wurde. Damit wurde die Genehmigung des [X.] an den Beigeladenen zu 3. nicht gegenstandslos. Sie wurde vielmehr auf das neu gegründete MVZ übertragen. Die Genehmigung wurde dem Beigeladenen zu 3. erteilt nach § 8 Abs 2 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] iVm § 5 Abs 7 Buchst c der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren ([X.]). Gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 [X.] 2 [X.] ist bei mehr als 100 Patienten und je weiteren 50 Patienten pro Jahr jeweils ein weiterer Arzt erforderlich. Diese Genehmigung zur Übernahme eines [X.] ist nach der Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft unverändert in der nunmehr vom MVZ betriebenen Dialysepraxis verblieben und auf den Beigeladenen zu 3. als angestellten Arzt übertragen worden. Die Genehmigung zugunsten des MVZ, die die Klägerin auch im Verfahren L 3 [X.] 8/11 vor dem [X.] für das [X.] angreift, ist nach § 96 SGG Gegenstand dieses Verfahrens geworden. Der Regelungsgegenstand der Genehmigung ist identisch, weil sie in vollem Umfang bei der Dialysepraxis verbleibt, in der zuvor der ärztliche Leistungserbringer tätig war, gegen dessen Berechtigung der [X.] sich wendet. [X.] ein Arzt aus der Dialysepraxis aus, hat die Dialysepraxis nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 [X.] innerhalb von sechs Monaten nachzuweisen, dass der ausgeschiedene Arzt durch einen entsprechenden Arzt ersetzt wurde. Daraus, wie auch aus der Antragsberechtigung nach § 7 Abs 2 Anlage 9.1 [X.]/[X.], wird deutlich, dass der Versorgungsauftrag beim Ausscheiden eines Arztes nicht erlischt, sondern in der Dialysepraxis verbleibt, wie dies auch § 4 Abs 1b Anlage 9.1 [X.]/[X.] seit dem [X.] für den Versorgungsauftrag nach § 3 Abs 3 Buchst a ausdrücklich bestimmt. Erst wenn der Nachweis innerhalb von sechs Monaten nicht erbracht wird, ist die Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialyseleistungen der Anzahl der verbliebenen Ärzte anzupassen, § 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 [X.].

c) Die Berufung ist jedoch in der Sache zurückzuweisen, weil die Frist für die Einlegung des Widerspruchs nicht gewahrt war. Die Klägerin hat am 18.5.2006 gegen die Genehmigung vom 21.5.2003 Widerspruch eingelegt. Damit war nicht nur die in § 84 Abs 1 Satz 1 SGG festgelegte Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsaktes verstrichen, sondern auch die - hier maßgebliche - Jahresfrist des § 84 Abs 2 Satz 3 iVm § 66 Abs 2 SGG. Zwar ist die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen zu 3. der Klägerin nicht bekanntgegeben worden, weil die [X.] sie nicht am Verfahren beteiligt hat. Die Klägerin hat vielmehr nach ihrem Bekunden erst im Winter 2005/2006 von dritter Seite Kenntnis von der Genehmigung erhalten. Auch wenn die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen zu 3. der Klägerin nicht bekanntgegeben worden ist, folgt daraus nicht, dass es keine zeitliche Grenze für die Anfechtung der Entscheidung gibt. Für den Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gegen die Genehmigung des [X.] gilt vielmehr ebenso wie für die Anfechtung einer Zulassung eine Begrenzung auf ein Jahr. Im Interesse der Planungssicherheit für den von der Zulassung begünstigten Arzt und nicht zuletzt im Interesse der Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung muss ausgeschlossen werden, dass der Status eines Vertragsarztes noch Jahre nach seiner Begründung durch Rechtsbehelfe von Konkurrenten in Frage gestellt werden kann (vgl Urteil des Senats vom heutigen [X.] [X.]/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

aa) Bei der Genehmigung der Durchführung eines [X.] nach § 3 Anlage 9.1 [X.]/[X.] handelt es sich zwar nicht um eine Statusentscheidung. Wegen des engen Zusammenhangs zwischen der Zusicherung und der anschließenden Genehmigung des [X.] und der Sonderbedarfszulassung sind aber beide hinsichtlich der Anfechtungsfrist gleich zu behandeln (vgl dazu Urteil des Senats vom heutigen [X.] [X.] 41/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Die Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 Buchst e [X.] 2 [X.], wie sie hier auch der Beigeladene zu 3. erhalten hat, wird im Hinblick auf die Durchführung eines [X.] für die nephrologische Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyseleistungen erteilt. Die Zusicherung der Genehmigung der Durchführung eines [X.] und die anschließende Genehmigung sind Voraussetzung für die Erteilung und den Umfang der Sonderbedarfszulassung. Sowohl die Zusicherung als auch die Genehmigung durch die [X.] sind bindend für die Zulassungsgremien, die insofern keine eigene Prüfung mehr vornehmen. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 24 Buchst e [X.] 2 [X.], der allein daran anknüpft, dass "die Genehmigung … erteilt werden soll". Entgegen der Auffassung der Klägerin wird damit die Kompetenz der Zulassungsgremien in [X.] nicht in Frage gestellt. Die Sonderbedarfszulassung wird von den Zulassungsgremien erteilt. Allein die Vorfrage, ob die Durchführung eines Versorgungsvertrages zugesichert und genehmigt wird, wird gemäß § 4 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 [X.]/[X.] iVm § 7 Abs 1 [X.] von der [X.] entschieden. Soweit eine Bedarfsprüfung nach § 7 Abs 2 Anlage 9.1 [X.]/[X.] iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 [X.] 2 [X.] durchgeführt wird, erfolgt sie in diesem Rahmen durch die [X.] (vgl dazu Urteil des Senats vom heutigen [X.] [X.] 41/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Auch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 8 Abs 2 [X.]/[X.] iVm § 5 Abs 7 Buchst c [X.] wird von der [X.] geprüft und festgestellt. Bei dieser Sachlage kann eine Sonderbedarfszulassung für die Dialyseversorgung nicht mit Erfolg angefochten werden, wenn die Zusicherung und die Genehmigung nicht ebenfalls selbstständig angefochten werden können. Im Hinblick auf die Bedeutung des Versorgungsauftrages für die Sonderbedarfszulassung sind daher die Zusicherung und die Genehmigung der Durchführung eines [X.] grundsätzlich eigenständig anfechtbar. Die Anfechtung unterliegt aber derselben zeitlichen Beschränkung wie die Anfechtung der Sonderbedarfszulassung.

bb) [X.] enthält als möglichen zeitlichen Anknüpfungspunkt für eine Begrenzung in § 66 Abs 2 SGG die Jahresfrist für den Fall, dass keine oder eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung erteilt wurde. Innerhalb eines Jahres soll eine Anfechtung auch dann noch möglich sein, wenn der Betroffene nicht ordnungsgemäß über seine Verfahrensrechte informiert wurde. Im Interesse der Rechtssicherheit ist aber nach dem Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes eine Anfechtung grundsätzlich ausgeschlossen. In Anlehnung an diesen Grundsatz, dem eine gesetzgeberische Bewertung des [X.] einerseits und der Rechtssicherheit andererseits zu entnehmen ist, kann auch ein Drittwiderspruch gegen eine Sonderbedarfszulassung zulässig nur binnen einer Jahresfrist eingelegt werden (Urteil des Senats vom heutigen [X.] [X.]/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Diese Zeitdauer ist im Vertragsarztrecht für die Anfechtung von [X.] auch dann angemessen, wenn die Zulassungsentscheidung dem Konkurrenten überhaupt nicht im Sinne des § 84 Abs 1 Satz 1 SGG bekannt gemacht worden ist. Gleiches gilt für die Zusicherung und Genehmigung der Durchführung eines [X.] in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten.

Die Anfechtungsberechtigung eines bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arztes setzt ua voraus, dass er und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (vgl zuletzt [X.]-1500 § 54 [X.] 26 Rd[X.]8 mwN; für die Zusicherung der Genehmigung von [X.] vgl Urteil des Senats vom heutigen [X.] [X.] 41/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Letztlich geht es darum, ob der bereits niedergelassene Arzt durch die Tätigkeit des Konkurrenten im räumlichen Einzugsbereich seiner Praxis wegen der Überschneidung der ärztlichen Tätigkeit wirtschaftlich beeinträchtigt wird. Dass für den niedergelassenen Arzt eine solche Konkurrenz binnen eines Jahres erkennbar wird, kann unwiderleglich vermutet werden. Den Fristbeginn markiert in diesen Fällen die tatsächliche Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit, die in aller Regel mit dem dafür in der Zulassung genannten Datum übereinstimmen wird. Allein die Statusverleihung muss nicht notwendig zur Kenntnis der bereits niedergelassenen Vertragsärzte gelangen, wenngleich Neuzulassungen - wie im [X.] - häufig in Publikationen der [X.] bekannt gegeben werden. Es kann aber jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, soweit sie Auswirkungen in einer Konkurrenzsituation hat, nicht unbemerkt bleibt. Insofern liegt eine ähnliche Situation vor wie in baurechtlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten. Das [X.] wendet nicht nur im unmittelbaren [X.] die Jahresfrist des § 58 Abs 2 VwGO an, wenn der Nachbar von einer Baugenehmigung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl BVerwGE 78, 85, 89 f). Dabei betont das [X.] eine Verpflichtung des Nachbarn, nach Erkennen der Beeinträchtigung ungesäumt seine Einwendungen geltend zu machen. Für die Zulassungen in der vertragsärztlichen Versorgung gilt der hierin zum Ausdruck kommende Gedanke des Interessenausgleichs in besonderem Maße.

Mit der Jahresfrist werden die Interessen der Beteiligten jeweils angemessen berücksichtigt. Der Arzt, dem eine Sonderbedarfszulassung erteilt und im [X.] daran die Durchführung eines nephrologischen Versorgungsauftrages genehmigt wird, hat ein berechtigtes Interesse an Rechtssicherheit in einem überschaubaren Zeitraum. Er stellt seine gesamte berufliche Tätigkeit hierauf ab. Gerade in dem hier betroffenen Bereich müssen uU erhebliche Investitionen getätigt und finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden. Gleichzeitig wird eine Versorgungsstruktur für die von dem Versorgungsauftrag umfassten Patientengruppen aufgebaut und von den Versicherten auch in Anspruch genommen. Die Einbindung in die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfordert sowohl für Statusentscheidungen als auch für andere Entscheidungen, die ausnahmsweise von [X.] unter Konkurrenzgesichtspunkten angegriffen werden können, ein besonderes Maß an Verlässlichkeit. Gegen dieses Interesse des von der (Neu)Zulassung Begünstigten ist abzuwägen der Anspruch des [X.]n auf Rechtsschutz, der eine verfahrensrechtliche Absicherung seines Grundrechtsschutzes darstellt (vgl [X.] [X.]-1500 § 54 [X.] Rd[X.] 26). Dieses Recht des [X.]n wird durch die Anwendung der Ausschlussfrist von einem Jahr ab der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Sind die Folgen eines [X.] binnen eines Jahres nach Aufnahme der Tätigkeit nicht spürbar, ist von keiner ernsthaften Beeinträchtigung der durch die vertragsärztliche Tätigkeit eröffneten [X.] auszugehen. Das gilt erst recht, wenn - wie hier - drei Jahre zwischen dem Erlass des Verwaltungsaktes und der Widerspruchseinlegung liegen.

d) Die Fristversäumnis ist hier auch nicht dadurch geheilt, dass die [X.] in dem angefochtenen Beschluss hierauf nicht eingegangen ist. Zum einen hat die [X.] den Widerspruch im Ergebnis zu Recht als unzulässig angesehen. Zum anderen hätte die [X.] auch nicht zu Lasten des Beigeladenen zu 3. über den verspäteten Widerspruch der Klägerin in der Sache entscheiden und damit den Rechtsweg eröffnen dürfen; bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung ist kein Raum für eine Wiedereröffnung des Rechtswegs durch behördliche Sachentscheidung (vgl BVerwGE 65, 313, 318; [X.] in Meyer/Ladewig/[X.]/[X.], aaO, § 84 Rd[X.] 7a).

e) Die Geltung der Jahresfrist mindert nicht die Pflicht der [X.] und der Zulassungsgremien, im Verfahren gemäß § 12 Abs 2 SGB X diejenigen zu beteiligen und zu informieren, zu deren Gunsten Drittschutz besteht. Die zeitliche Eingrenzung der Anfechtungsberechtigung dient der Rechtssicherheit und entlastet die zuständigen Behörde nicht von ihren verfahrensrechtlichen Pflichten. Verstöße gegen diese Pflicht führen indes nicht zur Verlängerung der Jahresfrist, sondern können allenfalls Amtshaftungsansprüche des Arztes auslösen, der nicht am Verfahren beteiligt worden ist, obwohl seine Betroffenheit aus der Sicht der Zulassungsgremien oder der [X.] auf der Hand lag.

f) Ob die Revision darüber hinaus auch deshalb keinen Erfolg haben kann, weil der Beigeladene zu 3. eine Genehmigung nach der Übergangsvorschrift des § 8 Anlage 9.1 [X.]/[X.] erhalten hat, die von keiner Bedarfsprüfung nach § 6 Anlage 9.1 [X.]/[X.] abhängt (vgl dazu Urteil vom heutigen [X.] [X.] 44/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen), war nicht mehr zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten [X.] ist nur hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. bis 4. veranlasst; nur diese haben im Revisionsverfahren Anträge gestellt (vgl [X.], 257 = [X.]-1300 § 63 [X.], Rd[X.]6).

Meta

B 6 KA 42/11 R

17.10.2012

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 18. April 2007, Az: S 2 KA 37/07, Urteil

§ 54 Abs 1 SGG, § 66 Abs 2 SGG, § 70 Nr 1 SGG, § 84 Abs 1 S 1 SGG, § 99 Abs 1 SGG, § 131 Abs 1 S 3 SGG, § 82 Abs 1 SGB 5, Anl 9.1 § 3 BMV-Ä, Anl 9.1 § 4 Abs 1 S 1 BMV-Ä, Anl 9.1 § 7 Abs 2 BMV-Ä, Anl 9.1 § 8 Abs 2 BMV-Ä, Anl 9.1 § 3 EKV-Ä, Anl 9.1 § 7 Abs 2 EKV-Ä, Anl 9.1 § 8 Abs 2 EKV-Ä, Anl 9.1 § 4 Abs 1 S 1 EKV-Ä, Anl 9.1 § 6 EKV-Ä, § 730 Abs 2 S 1 BGB, Art 12 Abs 1 GG, § 31 S 1 SGB 10, § 12 Abs 2 SGB 10, Anl 9.1 § 6 BMV-Ä

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2012, Az. B 6 KA 42/11 R (REWIS RS 2012, 2244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2244

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