Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2012, Az. B 6 KA 44/11 R

6. Senat | REWIS RS 2012, 2217

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - bedarfsunabhängige Ermächtigung einer ärztlich geleiteten Einrichtung zur Erbringung von Dialyseleistungen - keine Nachrangigkeit gegenüber einer Zulassung - keine Anfechtung mit einem Drittwiderspruch - Beteiligtenwechsel - Klageänderung - Voraussetzungen der sog defensiven Konkurrentenklage


Leitsatz

Die bedarfsunabhängig erteilte Ermächtigung einer ärztlich geleiteten Einrichtung zur Erbringung von Dialyseleistungen ist nicht nachrangig gegenüber einer Zulassung und kann daher nicht mit einem Drittwiderspruch angefochten werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 7.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Ermächtigung des Beigeladenen zu 2., der Träger einer ärztlich geleiteten Einrichtung für Dialyseleistungen ist.

2

Die klagende Gemeinschaftspraxis (seit dem 1.1.2007: [X.]) bestand zum [X.]punkt der Klageerhebung aus zwei Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie sowie einer praktischen Ärztin. Sie betreibt in [X.] ein Dialysezentrum und eine Diabetologische Schwerpunktpraxis. Zum [X.] trat eine weitere Vertragsärztin, Frau Dr. R., in die Berufsausübungsgemeinschaft ein.

3

Der Beigeladene zu 2. stellte mit Schreiben vom [X.] den Antrag, seine bestehende Ermächtigung zur Erbringung von Dialyseleistungen (zuletzt erteilt durch Beschluss vom [X.] bis zum 30.6.2003, mit Beschluss vom [X.] verlängert bis zum 31.12.2003) für den Standort [X.] in eine Ermächtigung nach den Bestimmungen der zum [X.] in [X.] getretenen Änderungen des Bundesmantelvertrag-Ärzte ([X.])/Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen ([X.]) umzuwandeln. Die zu 1. beigeladene [X.] ([X.]) sicherte mit Schreiben vom 4.12.2003 die Erteilung einer Genehmigung zur Übernahme eines [X.] nach § 3 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] zu. Mit Beschluss vom 17.12.2003 erteilte der Zulassungsausschuss die beantragte Ermächtigung nach § 10 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] für die Behandlung und Betreuung der in § 2 Abs 1 [X.] und 2 sowie Abs 2 [X.] bis 5 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] definierten Patientengruppen für die [X.] vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2013. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies der Beklagte mit Beschluss vom [X.] als unzulässig zurück.

4

Das [X.] hat der Klage stattgegeben und den Beschluss des [X.] - nicht den Beschluss des Beklagen - aufgehoben (Urteil vom 18.4.2007), weil er den Vorrang der niedergelassenen Ärzte gegenüber Ermächtigungen missachte. Ein so weitgehender Bestandsschutz, wie ihn § 10 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] gewähre, entspreche nicht den Vorgaben des § 31 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV).

5

Mit Beschluss vom 8.12.2010 stellte der Zulassungsausschuss im Hinblick auf das Ausscheiden eines Mitglieds, der Nephrologin Frau Dr. R., das Ende der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der klägerischen Berufsausübungsgemeinschaft zum 31.12.2010 und die Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit der verbliebenen Ärzte in Einzelpraxis fest. Die Widersprüche von [X.] und Frau [X.] gegen diese Entscheidung hat der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 22.3.2011 zurückgewiesen. Hiergegen ist noch das Verfahren L 3 KA 1/12 beim L[X.] anhängig. Der Zulassungsausschuss hat mit Wirkung vom 1.4.2011 eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen [X.] und Frau [X.] genehmigt, die in der Folgezeit um weitere Ärzte erweitert wurde.

6

Das L[X.] hat mit Urteil vom [X.] auf die Berufung des Beigeladenen zu 2. festgestellt, dass sich der Rechtsstreit erledigt habe und dem Urteil des [X.] vom 18.4.2007 keine Rechtswirkungen zukommen. Die [X.] der Klägerin sei durch ihre Auflösung entfallen, sodass Erledigung eingetreten sei. Anders als bei [X.] gelte in [X.] eine aufgelöste Gemeinschaftspraxis nicht als weiterhin beteiligungsfähig.

7

Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene (Beschluss vom 17.8.2011) Revision eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Vorschrift des § 10 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] sei rechtswidrig, weil sie gegen § 31 Ärzte-ZV verstoße. Die Partner des [X.] könnten Rechtsansprüche auf zeitlich unbefristete Ermächtigungen nicht schaffen.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom [X.] aufzuheben und die Berufung des Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

9

Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1. und 2. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Entgegen der Auffassung des [X.] ist ihre [X.] im Sinne des § 70 [X.] [X.]G nicht weggefallen. Dabei kann hier offen bleiben, ob im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens eine aufgelöste [X.]spraxis (seit dem Inkrafttreten des [X.] - [X.], 3439 - zum 1.1.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) weiterhin Beteiligte sein kann. Der Senat hat in der Vergangenheit für nachgehende Rechte und Pflichten einer [X.]spraxis regelmäßig in Anwendung von § 730 Abs 2 Satz 1 BGB deren [X.] auch noch nach ihrer Auflösung angenommen (vgl [X.]-2500 § 85 [X.] Rd[X.]3; [X.], 35 = [X.]-2500 § 115b [X.], Rd[X.]3; [X.], 89 = [X.]-2500 § 85 [X.]1, Rd[X.]1). Allerdings betraf die Rechtsprechung ausschließlich Fälle, in denen Geldforderungen umstritten waren. Da ein Zulassungsverfahren und damit auch ein Konkurrentenstreitverfahren stets zukunftsorientiert ist, mag eine Übertragung dieser Rechtsprechung des Senats auf eine solche Konstellation zweifelhaft oder jedenfalls besonders begründungsbedürftig sein. Hier hat die klägerische Berufsausübungsgemeinschaft aber ununterbrochen fortbestanden, sodass ihre [X.] nicht in Frage steht.

Zwar hat der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 8.12.2010 die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit "beendet", weil ein Mitglied die zuvor von vier Personen betriebene Praxis verlassen hatte. Unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen eines solchen Personenwechsels, enthält der Beschluss des [X.] eine vertragsarztrechtliche Statusentscheidung. Die Entscheidung über das Bestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft betrifft den Status, in dem die vertragsärztliche Tätigkeit im Rechtsverhältnis zu den Versicherten und den vertragsarztrechtlichen [X.] ausgeübt wird (vgl [X.], 43 = [X.]-2500 § 103 [X.], Rd[X.]7; [X.], 222 = [X.]-5520 § 32 [X.], Rd[X.] für den Ausnahmefall der sachlich-rechnerischen Richtigstellung im Rechtsverhältnis von [X.] und Mitglied). Gegen diese Entscheidung haben aber Dr. D. und [X.] Widerspruch eingelegt, der gemäß § 96 Abs 4 Satz 2 [X.]B V und § 86a Abs 1 [X.]G aufschiebende Wirkung hatte. Diese Widersprüche hat der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 22.3.2011 zurückgewiesen, der noch gerichtlich angefochten ist. Bereits wegen der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel ist von einem Fortbestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen den verbliebenen Mitgliedern der [X.] auszugehen.

Ungeachtet dessen ist auch noch vor dem Eintritt der Bestandskraft dieses Beschlusses erneut eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Dr. D. und [X.] genehmigt worden. Damit wurde zwar formal die zuvor bestehende Berufsausübungsgemeinschaft nicht fortgeführt. Die neue Berufsausübungsgemeinschaft bestand aber aus zwei der verbliebenen Mitglieder der früheren Berufsausübungsgemeinschaft und übte ihre Tätigkeit fortlaufend in den ursprünglichen Praxisräumen aus. Sie hat damit nahtlos die Tätigkeit der zuvor bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft fortgesetzt. Ein [X.], der als Klageänderung iS des § 99 Abs 1 [X.]G zu werten wäre, ist damit nicht eingetreten. Eine derartige Konstellation, in der tatsächlich eine personelle Kontinuität gewährleistet ist, steht vielmehr der Situation gleich, in der lediglich ein Mitgliederwechsel innerhalb der bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft stattfindet. Auch das Ausscheiden eines Mitglieds aus einer mehr als zweigliedrigen Berufsausübungsgemeinschaft ändert nichts an deren Fortbestand, sondern führt lediglich zur Anpassung des Rubrums (vgl [X.]-1500 § 141 [X.] Rd[X.]7; vgl auch zum Fortbestand der [X.] [X.], 344 Rd[X.]3; [X.], 1449 Rd[X.]6 ff), wie sie hier auch schon vorgenommen worden ist. In die Berufsausübungsgemeinschaft sind mittlerweile Prof. Dr. M. und - im [X.] an [X.] eingetreten, die ebenfalls in das Rubrum aufgenommen worden sind. Soweit das [X.] mit dem Verhältnis der personellen Besetzung zum Umfang des etwaigen Konkurrentenschutzes argumentiert, betrifft dies nicht den Bestand einer Berufsausübungsgemeinschaft, sondern eine materielle Frage des Drittschutzes. Ob ungeachtet des Fortbestandes der Berufsausübungsgemeinschaft das [X.] entfallen wäre, wenn der Berufsausübungsgemeinschaft kein Arzt mehr mit der Berechtigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten angehört hätte, kann hier offen bleiben.

2. Die Revision ist aber unbegründet. Auch wenn das [X.] zu Unrecht eine Erledigung des Rechtsstreits wegen Wegfalls der [X.] der Klägerin angenommen und keine Entscheidung in der Sache getroffen hat, kann der Senat auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen in der Sache selbst entscheiden (vgl [X.], 195, 196 = [X.]-4100 § 249e [X.] S 25). Soweit das [X.] festgestellt hat, dass dem Urteil des [X.] keine Rechtswirkung zukomme, ist dies als - im Ergebnis - zutreffende Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung anzusehen.

a) Die Klage war nicht bereits deshalb unbegründet, weil die Klägerin den Beschluss des [X.] möglicherweise nicht innerhalb der Monatsfrist des § 84 Abs 1 [X.]G angefochten hat. Diese Frist greift nur ein, wenn die Entscheidung des [X.] auch dem Konkurrenten bekannt gegeben worden ist. Ist eine solche Bekanntgabe nicht erfolgt, läuft zu Lasten des Konkurrenten grundsätzlich eine Jahresfrist (zu den näheren Einzelheiten vgl Urteile des Senats vom heutigen Tag in den Verfahren [X.] KA 40/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, und [X.] [X.]/11 R), die die Klägerin hier gewahrt hat.

b) Die Klägerin ist jedoch nicht zur Anfechtung der dem Beigeladenen zu 2. erteilten Ermächtigung berechtigt. Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (s zuletzt [X.]-1500 § 54 [X.] Rd[X.]7; [X.]-2500 § 101 [X.]1 Rd[X.]8; B[X.]E 105, 10 = [X.]-5520 § 24 [X.], Rd[X.]7 ff). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung des [X.] in der Sache zutrifft. Im vorliegenden Fall besteht schon keine Anfechtungsberechtigung der Klägerin.

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das B[X.] in seinem Urteil vom 7.2.2007 - im [X.] an die Entscheidung des [X.] vom 17.8.2004 ([X.] [X.]-1500 § 54 [X.]) - im Einzelnen dargestellt ([X.], 98 = [X.]-1500 § 54 [X.]0). Danach müssen (1) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin (2) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner (3) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des [X.] nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines [X.] abhängt, der von den bereits zugelassenen Leistungserbringern nicht abgedeckt wird ([X.], 98 = [X.]-1500 § 54 [X.]0, Rd[X.]9 ff; in der Folgezeit weiterführend zB B[X.]E 99, 145 = [X.]-2500 § 116 [X.], Rd[X.]7 f, 20, 22 bis 24; B[X.]E 103, 269 = [X.]-1500 § 54 [X.]6, Rd[X.]9 ff; B[X.]E 105, 10 = [X.]-5520 § 24 [X.], Rd[X.]7 ff; [X.]-2500 § 101 [X.]1 Rd[X.]9; zuletzt [X.]-1500 § 54 [X.] Rd[X.]8).

Das [X.] hat in einem Beschluss vom [X.] an diese Rechtsprechung angeknüpft ([X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 3405/08 - [X.] 2009, 376 = NVwZ 2009, 977) und ausgeführt, dass eine unter dem Aspekt der Berufsfreiheit nach Rechtsschutz verlangende Verwerfung der [X.] dann in Frage steht, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber auf den Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist ([X.] aaO unter [X.] unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004).

c) Mit der Ermächtigung nach § 10 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] wird der ärztlich geleiteten Einrichtung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet. Das muss der bereits zugelassene Leistungserbringer hinnehmen, wenn sein Status gegenüber dem von dem potentiellen Konkurrenten angestrebten Status keinen Vorrang genießt. Für die Anfechtungsberechtigung ist maßgeblich, ob die Erteilung der Ermächtigung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Leistungserbringer gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Leistungserbringer - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht (B[X.]E 103, 269 = [X.]-1500 § 54 [X.]6, Rd[X.] 22).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Ermächtigung des Beigeladenen zu 2. ist nicht nachrangig gegenüber der der Klägerin erteilten Zulassung, weil sie nicht von einer Bedarfsprüfung abhängig ist. Zwar werden ärztlich geleiteten Einrichtungen für die nephrologische Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten grundsätzlich bedarfsabhängige Ermächtigungen auf der Grundlage von § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 9 Abs 1 Satz 1 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] im Hinblick auf einen besonderen Versorgungsauftrag erteilt. Voraussetzung dafür ist ua, dass eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet ist (§ 4 Abs 1 Satz 2 [X.] der Anlage 9.1 [X.]/[X.]). Ob die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur erfüllt sind, stellt die zuständige [X.] gemäß § 9 Abs 1 Satz 3 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] im Verfahren nach § 6 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] fest. Danach ist der Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden [X.] ([X.]) durch eine [X.] zu bestimmen. Eine Auslastung der [X.] in der [X.] ist nach § 6 Abs 1 Satz 3 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] anzunehmen, wenn kontinuierlich [X.] der nach der Qualitätssicherungsvereinbarung festgelegten Patientenzahl von den dazu erforderlichen Ärzten versorgt wird. Eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur gilt als dauerhaft gesichert, wenn sich die [X.]en der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden (so § 6 Abs 1 Satz 4 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] in der ab [X.] geltenden Fassung). Das Gleiche gilt, wenn sich die [X.]en zwar schneiden, jedoch die bereits bestehenden [X.] in diesem Umfang ausgelastet sind (Satz 5 aaO nF, Satz 4 aaO aF).

Der Beigeladene zu 2. ist hier aber nicht auf der Grundlage von § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 9 Abs 1 Satz 1 der Anlage 9.1 [X.]/[X.], sondern bedarfsunabhängig nach der Übergangsregelung des § 10 Abs 1 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] ermächtigt worden. Bei ärztlich geleiteten Einrichtungen, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages zu den besonderen Versorgungsaufträgen zur Erbringung von Dialyseleistungen ermächtigt waren, was bei dem Beigeladenen zu 2. der Fall war, wurde auf Antrag die Ermächtigung in eine Ermächtigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages für die in § 3 Abs 3 Buchst d definierten Patientengruppen für die Dauer von zehn Jahren umgewandelt. Diesen Einrichtungen, zu denen auch der Beigeladene zu 2. gehörte, wurde mithin ohne weitere Prüfung eine zehnjährige Ermächtigung erteilt, die nach § 10 Abs 1 Satz 3 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] auf Antrag um weitere zehn Jahre verlängert wird. § 10 Abs 1a der Anlage 9.1 [X.]/[X.] in der ab dem [X.] geltenden Fassung sieht nunmehr sogar eine Verlängerung von 20 Jahren vor. Erst eine weitere Verlängerung erfolgt nach den Bestimmungen des § 9 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] und damit bedarfsabhängig. Nach den Hinweisen der [X.] ([X.]) zu dieser Regelung ("Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, Hinweise und Erläuterungen für die Kassenärztlichen Vereinigungen", Anlage zum Rundschreiben [X.]-25-VII-6/2002 vom [X.]) sollte unter Berücksichtigung der historisch gewachsenen Versorgungsstrukturen und der bestehenden Versorgungssituation eine dauerhafte wirtschaftliche Grundlage für die in der vertragsärztlichen Versorgung von Dialysepatienten bereits seit Jahren tätigen Einrichtungen geschaffen werden. Die nach der Übergangsregelung ermächtigten Institute erhielten mithin die Gewähr, insgesamt 20 Jahre weiterhin Leistungen erbringen zu dürfen.

d) Die unter Bestandsschutzaspekten zu erteilende Ermächtigung nach § 10 Abs 1 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] widerspricht auch höherrangigem Recht nicht. Sie beruht auf der Vorschrift des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV, wonach die [X.] und der [X.] im [X.] Regelungen treffen können, die über die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Ärzte-ZV hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen. Nach § 31 Abs 7 Ärzte-ZV ist die Ermächtigung zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen. Die auf der Grundlage des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV erlassenen Vorschriften des § 5 [X.]/§ 9 [X.] bestimmen, dass die [X.] geeignete Ärzte und in Ausnahmefällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter, in einem Leistungskatalog definierter Leistungen auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ermächtigen können, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich ist.

Mit der Beschränkung auf die Ermächtigung zur Übernahme des [X.] für die in § 3 Abs 3 Buchst d der Anlage 9.1 [X.]/[X.] definierten Patientengruppen erfolgt eine Bestimmung ihres sachlichen Umfangs, wie § 31 Abs 7 Ärzte-ZV dies fordert (zur Anwendbarkeit von § 31 Abs 7 Ärzte-ZV auf bedarfsunabhängig zu erteilende Ermächtigungen vgl B[X.] [X.]-5540 § 5 [X.]). Die Ermächtigung ist auch, wie § 31 Abs 7 Ärzte-ZV dies vorsieht, zeitlich begrenzt. Die Laufzeit der Ermächtigung von zehn Jahren mit einer Verlängerungsoption um weitere 20 Jahre ist zwar ungewöhnlich lang, im Hinblick auf die Besonderheiten der nephrologischen Versorgung aber nicht zu beanstanden. Sowohl bei der hier gemäß § 10 Abs 1 der Anlage 9.1 [X.] festgesetzten Dauer von zehn Jahren, die die Klägerin angreift, als auch bei der nach § 10 Abs 1a der Anlage 9.1 [X.] vorgesehenen Verlängerungsoption um weitere 20 Jahre, die hier nicht Gegenstand ist, die aber an eine nach Absatz 1 erteilte Ermächtigung anknüpft, ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei § 10 der Anlage 9.1 [X.] um eine Übergangsvorschrift handelt. Sie erfasst nur die Fälle, in denen ärztlich geleitete Einrichtungen schon beim Inkrafttreten dieses Vertrages zur Erbringung von Dialyseleistungen ermächtigt waren. Diesen Einrichtungen, die schon in der Vergangenheit zur Sicherstellung der Versorgung erforderlich waren, wurde Bestandsschutz gewährt. Angesichts ihrer vorherigen Teilnahme an der Versorgung und der erheblichen dafür erforderlichen Investitionen ist es in diesem speziellen Bereich gerechtfertigt, die Dauer der Ermächtigung derjenigen einer Zulassung anzunähern. Damit werden auch der ärztlich geleiteten Einrichtung, die sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Das erscheint im Hinblick auf die kostenintensiven Investitionen, die für den Betrieb einer Dialysepraxis zu tätigen sind, nachvollziehbar. Ein Anreiz dafür, in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten tätig zu werden, besteht nur dann, wenn das Kostenrisiko hinreichend wirtschaftlich abgesichert ist. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 17.8.2011 ([X.]-1500 § 54 [X.] Rd[X.]) ausgeführt, dass es sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer entspricht, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet wird. Die für bedarfsabhängig erteilte Ermächtigungen in § 9 Abs 6 Satz 1 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] festgelegte Dauer von zehn Jahren und die Verlängerung um zehn Jahre (Satz 2 aaO) lassen erkennen, dass auch bei ärztlich geleiteten Einrichtungen der hohe sachliche und personelle Aufwand bei der Durchführung von Dialyseleistungen zu berücksichtigen ist. Anders als etwa der ermächtigte Krankenhausarzt, der für seine ambulanten Leistungen Mittel des Krankenhauses in Anspruch nehmen kann, muss eine ärztlich geleitete Einrichtung die gleichen Investitionen tätigen wie ein zugelassener Nephrologe, der eine Dialysepraxis betreibt. Die ärztlich geleitete Einrichtung erfüllt vom Umfang her den gleichen Versorgungsauftrag. Mit der Gleichstellung wird nicht zuletzt auch berücksichtigt, dass die ärztlich geleiteten Einrichtungen in der Vergangenheit und auch derzeit noch einen wichtigen Beitrag zur flächendeckenden nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten leisten.

Ist mithin dem Beigeladenen zu 2. auf der ihrerseits wirksamen Grundlage des § 10 der Anlage 9.1 [X.]/[X.] ohne eine Bedarfsprüfung ermächtigt worden, ist diese Ermächtigung nicht als nachrangig gegenüber der Zulassung der Klägerin anzusehen. Das hat zur Folge, dass eine Drittanfechtung dieser Ermächtigung nicht in Betracht kommt.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 Abs 2 und 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 7. ist nicht veranlasst, weil sie im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu B[X.]E 96, 257 = [X.]-1300 § 63 [X.], Rd[X.]6).

Meta

B 6 KA 44/11 R

17.10.2012

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 18. April 2007, Az: S 2 KA 75/04, Urteil

§ 82 Abs 1 SGB 5, § 54 Abs 1 SGG, § 70 Nr 1 SGG, § 84 Abs 1 SGG, § 99 Abs 1 SGG, § 5 BMV-Ä, Anl 9.1 § 3 Abs 3 Buchst d BMV-Ä, Anl 9.1 § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 BMV-Ä, Anl 9.1 § 6 Abs 1 BMV-Ä, Anl 9.1 § 9 Abs 1 S 1 BMV-Ä, Anl 9.1 § 9 Abs 1 S 3 BMV-Ä, Anl 9.1 § 10 Abs 1 BMV-Ä, Anl 9.1 § 10 Abs 1a BMV-Ä, § 9 EKV-Ä, Anl 9.1 § 3 Abs 3 Buchst d EKV-Ä, Anl 9.1 § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 EKV-Ä, Anl 9.1 § 6 Abs 1 EKV-Ä, Anl 9.1 § 9 Abs 1 S 1 EKV-Ä, Anl 9.1 § 9 Abs 1 S 3 EKV-Ä, Anl 9.1 § 10 Abs 1 EKV-Ä, Anl 9.1 § 10 Abs 1a EKV-Ä, § 31 Abs 1 Ärzte-ZV, § 31 Abs 2 Ärzte-ZV, § 31 Abs 7 Ärzte-ZV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2012, Az. B 6 KA 44/11 R (REWIS RS 2012, 2217)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2217

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