Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2006, Az. VIII ZB 29/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4273

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[X.] ZB 29/05 vom 28. März 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 2 Abs. 2 Satz 1, [X.]. 1000, 1003; ZPO §§ 103, 104 Die Festsetzung einer anwaltlichen [X.] nach § 2 Abs. 2 [X.] [X.] in Verbindung mit [X.]. 1000, 1003 [X.] [X.] im Kostenfestsetzungsverfah-ren nach §§ 103, 104 ZPO erfordert - wie bisher die Festsetzung einer anwaltli-chen [X.] nach § 23 [X.] (dazu [X.], Beschluss vom 26. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3713) -, dass die Parteien einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 ZPO haben pro-tokollieren lassen (§§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f. ZPO). [X.], Beschluss vom 28. März 2006 - [X.] - [X.]

LG Braunschweig - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 28. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 6. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 711,89 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin erwarb von der [X.] gemäß Bestellung vom 28. November 2003 ein [X.]fahrzeug. Mit ihrer am 9. September 2004 beim [X.] eingegangenen Klage hat die Klägerin von der [X.] die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 19.800 • Zug um Zug gegen Rück-gabe des Fahrzeugs verlangt. In der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2004 haben sich die Parteien ausweislich des Protokolls grund-sätzlich bereit erklärt, das Verfahren einvernehmlich in der Weise zu beenden, dass die Klägerin die Klage in Höhe der Nutzungsentschädigung teilweise zu-1 - 3 - rücknimmt und die Beklagte anschließend die Forderung anerkennt. Sodann hat die Klägerin die Klage in Höhe von 1.000 • zurückgenommen. Die Beklagte hat der Klagerücknahme zugestimmt und den [X.] im Übrigen aner-kannt. Daraufhin ist ein entsprechendes Anerkenntnisurteil ergangen. 2 Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin die von der Klä-gerin beantragte Festsetzung einer [X.] (§ 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Verbindung mit [X.]. 1000, 1003 [X.] [X.]) abgelehnt, weil der Rechtsstreit nicht durch Vergleich, sondern durch Urteil beendet worden sei. Die dagegen gerich-tete sofortige Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Im [X.] an die zur [X.] nach § 23 [X.] ergangene Rechtspre-chung des [X.] hat es die Auffassung vertreten, im Kostenfest-setzungsverfahren sei auch für die Festsetzung einer [X.] die [X.] eines förmlichen [X.]s im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erforderlich. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.
I[X.] Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet, so dass sie zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Beschwerdegericht wie zuvor schon die Rechtspflegerin die von der Klägerin beantragte Festsetzung einer [X.] nach § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Verbindung mit [X.]. 1000, 1003 [X.] [X.] abgelehnt, weil die Parteien keinen Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO haben protokollieren lassen. 3 - 4 - Das Beschwerdegericht ist hier von der Anwendung des [X.] ausgegangen. Das erscheint nicht selbstverständlich. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist zwar gemäß Art. 8 Satz 1 des Kosten-rechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 ([X.] I S. 718) am 1. Juli 2004 und damit vor Eingang der Klage beim [X.] am 9. September 2004 in [X.] getreten. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. [X.] wäre hier jedoch die Gebührenordnung für Rechtsanwälte, namentlich deren § 23, weiter [X.], wenn die Klägerin den unbedingten Klageauftrag vor dem 1. Juli 2004 erteilt haben sollte. Das kommt deswegen in Betracht, weil sich die erstinstanz-lichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich ihres bei den Akten befindlichen Schreibens vom 3. Juni 2004 unter Hinweis auf eine Vollmacht der Klägerin an die Beklagte gewandt haben. Bei dieser Vollmacht kann es sich allerdings auch nur um eine außergerichtliche Vollmacht gehandelt haben, zu-mal sich bei den Akten auch noch eine Prozessvollmacht der Klägerin vom 10. September 2004 befindet. Tatsächliche Feststellungen hat das Beschwer-degericht insoweit nicht getroffen. Das ist letztlich unschädlich, da hier weder die Festsetzung einer [X.] noch die einer [X.] in [X.] kommt. 4 1. Die Festsetzung einer anwaltlichen [X.] gemäß § 23 [X.] im Kostenfestsetzungsverfahren erfordert nach der vom Beschwerde-gericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des [X.] im [X.], dass die Parteien gemäß §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f. ZPO einen als Vollstreckungstitel tauglichen [X.] nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO haben protokollieren lassen ([X.], Beschluss vom 26. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3713 mit [X.] von [X.], [X.] 2003, 20; [X.], [X.]-Report 2002, 172; Kalb, [X.] 2004, 376; [X.], [X.], 36; [X.], [X.] 2003, 85; siehe auch den [X.] - 5 - schluss vom 1. März 2005 - [X.] ZB 54/04, NJW-RR 2005, 1303 unter II). Daran fehlt es hier. 6 2. Das Gleiche gilt gemäß der zutreffenden Ansicht des [X.] auch für die Festsetzung einer [X.] nach [X.]. 1000 Abs. 1 Satz 1, 1003 [X.] (ebenso [X.], [X.], 235 mit [X.] [X.], [X.]-Report 2005, 468, 469; vgl. auch [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., §§ 103, 104 Rdnr. 21 Stichwort [X.] unter c). Diese Gebühr entsteht für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim [X.] eines [X.]es, durch den der Streit oder die Ungewissheit der [X.] über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der [X.] beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der [X.] kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (vgl. nur AnwKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., [X.] 1000 Rdnrn. 41-43). Von der Entstehung der [X.] ist jedoch - wie schon bei § 23 [X.] - ihre prozessuale Er-stattungsfähigkeit und damit ihre Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO zu unterscheiden. Dazu bedarf auch die Einigung der förmli-chen Protokollierung als [X.]. Das erfordert das Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, welches gerade auch im [X.] gilt (vgl. Senatsbeschluss vom 8. März 2005 - [X.] ZB 55/04, NJW 2005, 1373 unter [X.]; ferner [X.], Beschluss vom 29. Juli 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1577 unter [X.]). 7 a) Aus dem Gesetzeszweck der [X.]. 1000 Abs. 1 Satz 1, 1003 [X.] ergibt sich nichts anderes. Die [X.] soll die frühere [X.] des § 23 [X.] ersetzen und gleichzeitig inhaltlich erweitern. Während die [X.] des § 23 [X.] durch Verweisung auf § 779 BGB ein gegen-8 - 6 - seitiges Nachgeben vorausgesetzt hat, soll die [X.] jegliche ver-tragliche Beilegung eines Streits der Parteien honorieren, mit Ausnahme ledig-lich eines vollständigen Anerkenntnisses des Anspruchs oder eines vollständi-gen Verzichts darauf. Durch den Wegfall der Voraussetzung des gegenseitigen Nachgebens soll insbesondere der in der Vergangenheit häufige Streit darüber vermieden werden, welche Abreden noch und welche nicht mehr als gegensei-tiges Nachgeben zu bewerten sind (BT-Drucks. 15/1971, [X.], 204). Unter der Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes kommt es deswegen nicht mehr auf einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung an. Auch insoweit bedarf das Kostenfestsetzungsverfahren aber [X.], praktikabler Grundlagen, die ohne förmliche Protokollierung eines gerichtli-chen Vergleichs nicht gewährleistet sind. So kann nicht in jedem Fall von Teil-rücknahme und Anerkenntnis hinsichtlich der verbleibenden Klageforderung eine Einigung angenommen werden. Vielmehr können solche Prozesserklärun-gen gegenüber dem Gericht abgegeben werden, ohne dass ihnen eine Eini-gung der Parteien zugrunde liegt. Die notwendige Abgrenzung könnte daher ohne förmliche Protokollierung eines gerichtlichen Vergleichs erneut zu [X.] führen. b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso wohl auch [X.], [X.] 2005, 419) lässt sich nichts Gegenteiliges daraus herleiten, dass auch andere Kostenpositionen - wie Privatgutachterkosten oder Auslagen zur Sachverhaltsermittlung, z.B. Detektivkosten - das Risiko der Un-klarheit in sich tragen. Das ist nicht stets zu vermeiden. Das ändert aber nichts daran, dass das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine rasche, vereinfachte, anhand der Prozessakten vorzunehmende gebührenrechtliche Überprüfung der Tätigkeit des Rechtsanwalts zugeschnitten ist ([X.], Beschluss vom 22. Dezember 2004 - [X.], [X.]-Report 2005, 679 unter [X.] b). Der Gesetzgeber hat es knapp, bündig und formal ausgestaltet. Wenngleich es [X.] - 7 - unter unumgänglich ist, dass [X.] erhebliche Vorgänge nicht aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich sind, knüpft das Kostenfestsetzungsverfahren vorwiegend an äußerliche, leicht erkennbare Kriterien an (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 104 Rdnrn. 1, 8, 18 m.w.Nachw.). 10 c) Nicht stichhaltig ist auch der Einwand ([X.], aaO, 37), dass die Be-mühungen der Anwälte um einen weniger aufwändigen Prozessausgang zu Unrecht nicht honoriert würden, wenn im Fall von Teilrücknahme und Aner-kenntnis im Übrigen ohne einen protokollierten Vergleich im [X.] keine [X.] festgesetzt werde. Auch die Ansicht der Rechtsbeschwerde, es sei für die Klägerin nicht hinnehmbar, dass sie die an-waltliche [X.] nunmehr in einem gesonderten Rechtsstreit einkla-gen müsse, ist nicht tragfähig. Beiden Erwägungen ist entgegenzuhalten, dass es den anwaltlich vertretenen Parteien ohne weiteres freigestanden hätte, einen [X.] zu schließen. Das Erkenntnisverfahren, welches die Klägerin unter Umständen [X.] muss, ermöglicht im Übrigen auch die Beantwortung der Frage, ob anwaltlich vertretene Parteien, die bewusst eine kostensparende [X.] unter Verzicht auf einen protokollierten Vergleich wählen, im Einzelfall stillschweigend einen Erlass (§ 397 Abs. 1 BGB) der [X.] vereinba-ren (so zur [X.]: [X.], [X.] 2002, 364, 365; [X.], aaO; zur [X.] ebenso: [X.], NJW 2005, 2161; En-ders, [X.] 2005, 410, 411). Ein solcher materiell-rechtlicher Einwand ist im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, es sei denn, er wäre unstreitig ([X.]/[X.], aaO, §§ 103, 104 Rdnr. 21, Stichwort Verzicht; Musielak/Wolst, aaO, § 104 Rdnr. 8 f., [X.]. m.w.Nachw.). 11 - 8 - d) Das Erfordernis eines protokollierten Vergleichs entfällt bei der not-wendigen generalisierenden Betrachtungsweise auch dann nicht, wenn die Feststellung eines vertraglichen Konsenses der Parteien im Einzelfall ohne Schwierigkeiten möglich sein sollte ([X.], Beschluss vom 26. September 2002, aaO, unter [X.]). Angesichts der freien Entscheidung der Parteien zur [X.] ohne förmlichen Vergleichsabschluss wäre dadurch ein Gerechtigkeitsgewinn kaum zu erzielen. Bei einer von Fall zu Fall differenzie-renden Betrachtungsweise stünde er auch in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, weil bei der Bandbreite der denkbaren Gestaltungen nicht selten darüber gestritten werden könnte, ob eine vertragliche Einigung vorliegt oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 8. März 2005, aaO, unter [X.] a bb, zu § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; [X.], Beschluss vom 12. Dezember 2002 - [X.], NJW 2003, 901 unter [X.] [X.], zu § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). 12 [X.] Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.01.2005 - 4 O 2436/04 - [X.], Entscheidung vom 06.04.2005 - 2 W 26/05 -

Meta

VIII ZB 29/05

28.03.2006

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2006, Az. VIII ZB 29/05 (REWIS RS 2006, 4273)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4273

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