Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2008, Az. IV ZB 17/08

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1953

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[X.] BESCHLUSS [X.]vom 17. September 2008 in der [X.]Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja ZPO § 91a; [X.] Nr. 1003, 1000 1. In Ausnahmefällen (hier: sofortige Beschwerde und Rechtsbeschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren) kann sich die übereinstimmende Erledi-gungserklärung beider Parteien allein auf das gesamte Rechtsmittelver-fahren beziehen (Fortführung von [X.], Beschluss vom 11. Januar 2001 - [X.] - NJW-RR 2001, 1007 und Urteil vom 15. Mai 1998 - [X.] - NJW 1998, 2453) 2. Die Entstehung der [X.] nach [X.] Nr. 1003, 1000 hat nicht zur Voraussetzung, dass durch die Einigung der Parteien eine [X.] Entlastung des Gerichts eintritt. [X.], Beschluss vom 17. September 2008 - [X.] - [X.]

AG [X.]
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[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] am 17. September 2008 beschlossen: Die Antragsgegnerin trägt die dem Antragsteller in den Rechtsmittelverfahren entstandenen außergerichtli[X.] Kosten. [X.]: Bis 300 •. Gründe: [X.] Nach Erlass des vom Antragsteller, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, wegen einer Prämienforderung von 2.500,30 • zu-züglich der bis dahin entstandenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten beantragten Mahnbescheides haben die Parteien eine Ratenzahlungs-vereinbarung getroffen, wonach der Antragsteller zwar einen [X.] gegen die Antragsgegnerin erwirken, bei Zahlung der vereinbarten Raten jedoch von Vollstreckungsmaßnahmen absehen [X.]. Wegen dieser Vereinbarung hat der Antragsteller beim Amtsgericht beantragt, in den [X.] zusätzlich zu den im Mahnbe-scheid ausgewiesenen Rechtsanwaltskosten gemäß § 699 Abs. 3 ZPO eine [X.] nach den Nummern 1000, 1003 [X.] in Höhe 1 - 3 -

von 224,91 • aufzunehmen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit [X.] vom 13. Februar 2008 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben. In der dem Antragsteller am 17. März 2008 zugestellten Beschwerdeentschei-dung hat das [X.] die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Am 15. April 2008 ist die Beschwerdeschrift der Prozessbevoll-mächtigten des Antragstellers beim [X.] eingegangen. [X.] später hat die Antragsgegnerin mit ihrer letzten Rate in Höhe von 342,61 • sämtliche Forderungen des Antragstellers einschließlich der [X.] vereinbarungsgemäß begli[X.]. Noch vor Ablauf der bis zum 17. Juni 2008 verlängerten Frist zur Begründung der Rechts-beschwerde hat der Antragsteller eine Erledigungserklärung abgegeben. Die Antragsgegnerin hat sich der Erledigungserklärung sinngemäß ange-schlossen, hält sich jedoch nicht für verpflichtet, die Kosten des Be-schwerdeverfahrens zu tragen. 2 I[X.] Gegenstand der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien sind die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 13. Februar 2008 und die Rechtsbeschwerde. 3 Eine Erledigung des Kostenfestsetzungsverfahrens als solches i.S. des § 91a ZPO kommt nicht in Frage. Denn die Vorschrift setzt voraus, dass in dem erledigten Verfahren eine Kostengrundentscheidung möglich ist (vgl. statt aller: [X.]/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 91a Rdn. 7). Dies ist beim vorliegenden Streit um die Kostenfestsetzung im [X.] nicht der Fall ([X.]/Vollkommer aaO § 699 Rdn. 20); soweit hier Kosten entstehen, sind sie mit der Verfahrensgebühr [X.] - 4 -

golten. [X.] gilt für die in den Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten. Über sie ergeht eine gesonderte, vom Obsiegen im Rechtsstreit selbst unabhängige Entscheidung durch das Beschwerdegericht. Eine Rücknahme der Rechtsmittel des Antragstellers würde indes bei ihrer ur-sprüngli[X.] Begründetheit nicht zu einer angemessenen Kostenent-scheidung führen. Das geeignete Mittel, dies zu vermeiden, ist die Erle-digungserklärung allein auf das gesamte Rechtsmittelverfahren zu be-ziehen. Die Rechtsprechung des [X.]es lässt eine solche Erledigung der Rechtsmittel, ohne eine generelle Entscheidung über die Rechtsmittelerledigungserklärung zu treffen, in besonderen Fälle [X.] dann zu, wenn übereinstimmende Erledigungserklärungen der Par-teien vorliegen ([X.], Beschluss vom 11. Januar 2001 - [X.] - NJW-RR 2001, 1007 unter II 1 a; Urteil vom 15. Mai 1998 - [X.] - NJW 1998, 2453, 2454 unter II 2 m.w.[X.]; vom 18. Oktober 2006 - [X.]/04 - NJW-RR 2007, 411 unter [X.]). Ein solcher Fall liegt hier vor.

II[X.] Die Kosten der Beschwerdeverfahren waren entspre[X.]d § 91a ZPO der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Denn die vom Besch[X.]gericht zugelassene (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde des [X.] wäre ohne das erledigende Ereignis begründet gewesen. 5 Nach §§ 699 Abs. 3 ZPO, 2 [X.] i.V. mit [X.]. 1000 Abs. 1 Satz 1, 1003 [X.] wäre hier die [X.] wie beantragt in den [X.] aufzunehmen gewesen. 6 - 5 -

7 1. Gemäß Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 [X.] entsteht die Einigungs-gebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines [X.]es unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird; es sei denn, der [X.] beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der [X.] kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürf-tig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2006 - [X.]/05 - NJW-RR 2007, 359 unter II 1 m.w.[X.]). Während die frühere Vergleichsgebühr des § 23 [X.] durch Verweisung auf § 779 BGB ein gegenseitiges Nachgeben vorausgesetzt hatte, soll die [X.] jegliche vertragliche Bei-legung eines Streits der Parteien honorieren und so die frühere [X.] nicht nur ersetzen, sondern gleichzeitig inhaltlich erwei-tern. Durch den Wegfall der Voraussetzung gegenseitigen [X.] soll insbesondere der in der Vergangenheit häufige Streit darüber [X.] werden, welche Abrede noch und welche nicht mehr als gegen-seitiges Nachgeben zu bewerten ist (BT-Drucks. 15/1971, [X.] und 204). Unter der Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ([X.]) kommt es deswegen nicht mehr auf einen Vergleich i.S. von § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung an ([X.] aaO; vgl. [X.], [X.] 38. Aufl. Nr. 1000 [X.] Rdn. 5 und 10; v. [X.] in Ge-rold/[X.], [X.] 17. Aufl. Nr. 1000 [X.] Rdn. 3 f.; [X.]/Müller-Rabe, NJW 2006, 1927, 1929 f.). Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden, durch die zudem die Be-lastung der Gerichte gemindert wird ([X.] aaO unter Hinweis auf v. Ei-cken [X.]). - 6 -

8 2. Aus diesem gesetzgeberis[X.] Ziel einer Erweiterung der die [X.] auslösenden Sachverhalte folgt, dass jedenfalls dann, wenn die Einigung die Merkmale eines Vergleichs i.S. von § 779 BGB er-füllt, mithin schon nach der früher geltenden Regelung des § 23 [X.] eine Vergleichsgebühr angefallen wäre, regelmäßig auch eine Eini-gungsgebühr nach Nr. 1000 [X.] entsteht. So liegt der Fall hier. Nach § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich ein [X.], durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen [X.], an welches keine hohen Anforderungen zu stellen sind, beseitigt wird (vgl. dazu [X.], [X.] vom 1. März 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 1303 unter II). Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es nach § 779 Abs. 2 BGB gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. Hier hat nicht nur der Antragsteller durch die Bewilligung von Ratenzahlungen nachgegeben, sondern die Antragsgegnerin ihrerseits mit dem in der Ra-tenzahlungsvereinbarung enthaltenen Verzicht auf Rechtsbehelfe gegen den Mahn- und den [X.] dem Antragsteller eine schnelle Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet. Das geht über ein bloßes Anerkenntnis der Hauptforderung hinaus und stellt deshalb ein Nachge-ben i.S. von § 779 BGB dar (vgl. dazu [X.] aaO; [X.] 2005, 697, 698). 9 3. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind im Übrigen auch [X.] rechtsfehlerhaft, weil die Entstehung der [X.] nach [X.]. 1000, 1003 [X.] nicht zur Voraussetzung hat, dass durch die Einigung eine konkrete Entlastung der Gerichte eintritt. Zwar hat der Ge-setzgeber mit der Einführung der [X.] die Erwartung ver-knüpft, dass der mit dieser Gebühr geschaffene Anreiz zur [X.] - 7 -

[X.] Streitbeilegung generell eine Entlastung der Justiz mit sich bringen werde (BT-Drucks. 15/1971, [X.]), er hat jedoch - wie schon der Ge-setzeswortlaut zeigt - eine konkret messbare Entlastung des Gerichts im Einzelfall, deren Feststellung mitunter ohnehin erhebliche Probleme be-reiten würde, nicht zur Anspruchsvoraussetzung erhoben.
Deshalb ist es für den vorliegenden Fall auch nicht mehr entschei-dend, dass - anders als die Vorinstanzen angenommen haben - hier eine solche konkrete Entlastung sogar eingetreten ist, weil die Parteien auf einen streitigen Fortgang des Rechtsstreits im Falle pünktlicher Raten-zahlung einvernehmlich verzichten wollten und der Antragsteller nach vereinbarungsgemäßer Erfüllung seiner Forderungen auch nicht auf Maßnahmen der Zwangsvollstreckung angewiesen ist. 11 IV. Die dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtli[X.] Kosten hat die Antragsgegnerin zu tra-gen. Für eine analoge Anwendung des § 93 ZPO (vgl. dazu KG, [X.] vom 19. Juli 2005 - 1 [X.]/05 - unter juris Tz. 16 - in [X.] 2005, 697, 698 insoweit nicht abgedruckt) ist hier kein Raum. Der Vor-schrift liegt der [X.] zugrunde, dass es im Regelfall mutwillig erscheint, eine zur Anerkennung der Klageforderung bereite Partei in ei-nen Rechtsstreit hineinzuziehen, weshalb es unbillig wäre, sie mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten. Das lässt sich auf das vorliegende Beschwerdeverfahren aber schon deshalb nicht übertragen, weil das Verhalten des Antragstellers hier nicht mutwillig war. Die Parteien hatten sich darauf geeinigt, dass er seine sämtli[X.] Forderungen, auch die auf Erstattung der [X.], in einem [X.] titulie-ren lassen durfte. Nachdem ihm das Amtsgericht die antragsgemäße 12 - 8 -

Aufnahme der [X.] in den [X.] versagt hatte, konnte er wegen der [X.] der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde nicht abwarten, ob die Antragsgegnerin die getroffene [X.] vollständig erfüllen würde.
[X.] [X.] [X.] Dr. [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 13.02.2008 - 07-4302967-[X.] - [X.], Entscheidung vom 10.03.2008 - 3 [X.]/08 -

Meta

IV ZB 17/08

17.09.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2008, Az. IV ZB 17/08 (REWIS RS 2008, 1953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1953

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