Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.01.2021, Az. 3 StR 444/20

3. Strafsenat | REWIS RS 2021, 9586

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Gegenstand

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Zäsurwirkung bei Tatbegehung zwischen zwei Vorverurteilungen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. Juli 2020 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben; die Feststellungen bleiben bestehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung der mit Strafbefehl des [X.] vom 2. April 2020 festgesetzten Einzelstrafen nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Es hat des Weiteren die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 StPO). Die Überprüfung des Urteils auf Grund der allgemeinen Sachrüge hat mit Ausnahme der Gesamtstrafenbildung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.

3

Diese erweist sich als rechtsfehlerhaft, denn aus den bisherigen Feststellungen des [X.]s ergibt sich nicht zweifelsfrei, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB vorgelegen haben.

4

Der Angeklagte hat die hier abgeurteilte Tat zwischen zwei möglicherweise ihrerseits untereinander gesamtstrafenfähigen Vorverurteilungen begangen. Eine Gesamtstrafenfähigkeit der durch Strafbefehl des [X.] vom 22. Januar 2020 festgesetzten Geldstrafe und der durch das [X.] einbezogenen Strafen aus dem Erkenntnis vom 2. April 2020 käme dann in Betracht, wenn zum Zeitpunkt der letztgenannten Verurteilung der Strafbefehl vom 22. Januar 2020 bereits rechtskräftig und noch nicht vollstreckt gewesen wäre. Hierzu hat das [X.] bislang keine Feststellungen getroffen.

5

Sollten die beiden Vorverurteilungen gesamtstrafenfähig sein, wäre eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit der hier abgeurteilten Tat nicht möglich. Insoweit gilt: Wurde zwar die eine neue Strafe nach sich ziehende Tat vor einer rechtskräftigen Vorverurteilung begangen, lag dieser aber eine Tat zugrunde, die wiederum vor einer (nicht erledigten) vorausgegangenen Vorverurteilung begangen wurde, hat die zeitlich erste Entscheidung ihrerseits Zäsurwirkung, nicht hingegen die zweite. Das spätere Erkenntnis hat [X.] keine eigenständige Bedeutung; denn es wäre nicht ergangen, wenn mit dem früheren Erkenntnis die Taten aus beiden Entscheidungen geahndet worden wären (vgl. [X.], Beschluss vom 24. November 2020 - 3 [X.], juris Rn. 17 mwN).

6

Durch die vom [X.] vorgenommene nachträgliche Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe ist der Angeklagte beschwert, denn es ist nicht auszuschließen, dass die Geldstrafen aus den Verurteilungen vom 22. Januar 2020 und 2. April 2020 zu einer Gesamtgeldstrafe zusammengeführt werden.

7

Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht. Ergänzende Feststellungen sind möglich, dürfen den bisherigen jedoch nicht widersprechen.

Schäfer     

        

Wimmer     

        

Paul   

        

Anstötz     

        

Erbguth     

        

Meta

3 StR 444/20

13.01.2021

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Osnabrück, 10. Juli 2020, Az: 3 KLs 20/20

§ 55 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.01.2021, Az. 3 StR 444/20 (REWIS RS 2021, 9586)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9586

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