Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2003, Az. I ZR 206/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2578

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:26. Juni 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] Art. 23 Abs. 4;[X.] Art. 40 § 3Zu den "sonstigen aus Anlaß der Beförderung des verlorenen Gutes" entstan-denen Kosten (Beträgen) i.S. von Art. 23 Abs. 4 [X.] (Art. 40 § 3 [X.]) zählennur solche Aufwendungen, die bei vertragsgemäßer Beförderung gleicherma-ßen entstanden wären und zum Wert des Gutes am Bestimmungsort beigetra-gen hätten, die also nicht schadensbedingt entstanden [X.] [X.], [X.]. v. 26. Juni 2003 - [X.]/00 - [X.] LG Berlin- 3 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 26. Juni 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant undDr. Schaffertfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 14. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 11. August 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückge-wiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist Versicherer der M. GmbH (im folgenden: Versi-cherungsnehmerin), die in [X.] Zigaretten herstellen läßt. Sie nimmt [X.], die [X.], aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegendes Verlusts unversteuerter Zigaretten u.a. auf Ersatz von Tabaksteuer in [X.].Die Versicherungsnehmerin versandte in den Jahren 1995 bis 1997 [X.] des [X.] an eine [X.] Empfängerin- 4 -per Bahn unversteuerte Zigaretten. Bei dem innergemeinschaftlichen Versandunter Steueraussetzung werden in der Bundesrepublik [X.] hergestellteZigaretten von einem Steuerlager aus in Betriebe von berechtigten Empfängernin anderen Mitgliedstaaten verbracht. Die Steuerschuld für die Tabakwaren ent-steht mit deren Aufnahme in den Betrieb des berechtigten Empfängers, [X.] ist. Werden die Tabakwaren während des Transportsdem Steueraussetzungsverfahren entzogen, ist der Versender steuerpflichtig.In der [X.] von Oktober 1995 bis August 1997 kam es während [X.] nach [X.] in acht Fällen zu Diebstählen von Zigaretten. [X.] bei der Versicherungsnehmerin entstandene Tabaksteuer hat die [X.] teilweise aus Gründen der Kulanz erstattet. Den nicht ausgeglichenenSteuerbetrag hat die Klägerin der Versicherungsnehmerin - mit Ausnahme [X.] - ersetzt.Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei gemäß Art. 40§ 3 [X.] auch verpflichtet, die von der Versicherungsnehmerin wegen des [X.]s der Zigaretten geleistete und noch zu entrichtende Tabaksteuer zu er-statten.Die Beklagte ist dem entgegengetreten.Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das [X.] hat die Klage hinsichtlich der Tabaksteuer abgewiesen.Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, [X.] Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der von- 5 -ihr gezahlten Tabaksteuer in Höhe von 279.889,53 DM sowie 947.283 [X.], jeweils nebst Zinsen, weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten verneint,der Klägerin die Tabaksteuerbeträge zu erstatten, mit denen die [X.]nSteuerbehörden die Versicherungsnehmerin wegen des Entzugs der [X.] dem Steueraussetzungsverfahren belastet haben. Dazu hat es ausgeführt:Die gezahlte Tabaksteuer sei nicht gemäß Art. 40 § 3 der einheitlichenRechtsvorschriften für den [X.] ([X.]) zu erstatten. Nach dieser Vorschrift müsse die [X.], Zölle und sonstige aus Anlaß der Beförderung des verlorenen Gutesgezahlte Beträge erstatten. Die Tabaksteuer gehöre nicht zu den "aus Anlaßder Beförderung des verlorenen Gutes" gezahlten Beträge, da sie wegen [X.] der Zigaretten angefallen sei. Sie gehöre zum [X.], der sich dagegen entweder durch die Angabe eines besonde-ren Interesses gemäß Art. 46 [X.] oder den Abschluß einer besonderen Versi-cherung schützen könne.Das Berufungsgericht hat dabei angenommen, die Entwicklung desFrachthaftungsrechts der Bahnen weg von der Haftung in Höhe des [X.] in Richtung auf den Wert des beschädigten oder [X.] geratenen Gutes am [X.] lasse das Ziel einer Absenkung [X.] der Bahn erkennen. [X.] habe der Absender dann- 6 -aber einen Anspruch auf Erstattung derjenigen Aufwendungen erhalten müs-sen, die ihm aus Anlaß der Beförderung entstanden seien. Denn der [X.] erhielte nicht den vollen Wert am [X.], wenn er Fracht, Zölle undsonstige Kosten selbst tragen müßte, da diese Beträge den Wert des Gutesverringerten. Bei dieser Ausgangslage seien nur Zölle, Frachten und sonstigeaus Anlaß der Beförderung gezahlte Beträge erstattungsfähig, die dazu beitrü-gen, daß [X.] am Ablieferungsort einen höheren Wert erlange. Schadens-bedingte Aufwendungen schieden damit von der [X.]keit aus, weilsie - auch nicht typischerweise - den [X.] nicht erhöhten. Bei deraufgrund des Entzugs der Zigaretten aus dem [X.] handele es sich jedoch gerade um eine schadens-bedingte Aufwendung. Sie gehöre daher - anders als beispielsweise eine in je-dem Fall zu entrichtende Einfuhrumsatzsteuer - nicht zu den "aus Anlaß [X.] des verlorenen Gutes" gezahlten Beträgen i.S. des Art. 40 § 3[X.].I[X.] Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch der [X.]. 40 § 3 [X.] i.V. mit § 67 Abs. 1 [X.], § 398 BGB auf Erstattung der [X.] verneint, mit denen die Versicherungsnehmerin von den fran-zösischen Steuerbehörden wegen des Entzugs von Zigaretten aus dem Steu-eraussetzungsverfahren belastet worden ist.1. Nach Art. 36 § 1 [X.] haftet die Eisenbahn grundsätzlich für Schäden,die durch gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes in der [X.] von der An-nahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entstehen. Die hier in Rede stehen-den Verlustfälle sind während dieses [X.]raums [X.] 7 -2. Der Umfang der bei Verlust geschuldeten Entschädigung ergibt sichaus Art. 40 [X.]. Nach Art. 40 § 1 [X.] hat die Eisenbahn bei gänzlichem oderteilweisem Verlust des Gutes ohne weiteren Schadensersatz eine Entschädi-gung zu zahlen, die in erster Linie nach dem Börsenpreis, andernfalls nach [X.] oder - in Ermangelung beider - nach dem gemeinen Wert von Gü-tern gleicher Art und Beschaffenheit an dem Tag und an dem Ort, an dem dasGut zur Beförderung angenommen worden ist, berechnet wird. Die Vorschriftentspricht damit inhaltlich weitgehend den in Art. 23 Abs. 1 und 2 [X.] enthal-tenen Regelungen.Eine [X.]keit der von der Versicherungsnehmerin gezahltenTabaksteuer nach Art. 40 § 1 [X.] hat das Berufungsgericht verneint, weil [X.] für die dem Steueraussetzungsverfahren entzogenen Zigarettennicht die in Rede stehende Steuer umfasse. Das läßt einen Rechtsfehler nichterkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.3. Neben dem Warenwert hat die Eisenbahn gemäß Art. 40 § 3 [X.], derinhaltlich dem Art. 23 Abs. 4 [X.] entspricht, Fracht, Zölle und sonstige [X.] der Beförderung des verlorenen Gutes gezahlte Beträge zu erstatten.Welche Aufwendungen zu den "sonstigen aus Anlaß der Beförderung des verlo-renen Gutes" gezahlten Beträge zählen, ist in Literatur und [X.]) Weitgehende Einigkeit besteht darüber, daß Kosten, die vor der Über-nahme des Gutes durch den Frachtführer aufgewendet wurden, grundsätzlichnicht zu ersetzen sind, weil sie sich bereits im Versandwert des Gutes nieder-geschlagen haben (vgl. [X.], Transportrecht, 4. Aufl., Art. 23 [X.] [X.]. 10;- 8 -[X.].HGB/[X.], Art. 23 [X.] [X.]. 33; [X.].HGB/Mutz,Art. 40 [X.] [X.]. 8; [X.]/[X.], [X.], Art. 23 [X.]. 26; [X.], [X.],[X.], 2. Aufl., Art. 23 [X.]. 19). Es werden mithin nur solche Kosten von Art. 40§ 3 [X.] bzw. Art. 23 Abs. 4 [X.] erfaßt, die erst nach Beginn der Beförderungentstehen und deshalb den Wert des Gutes am Übernahmeort noch nicht er-höht haben.b) In bezug auf die letztgenannten Aufwendungen wird die Auffassungvertreten, daß sie nach Art. 23 Abs. 4 [X.] und nach Art. 40 § 3 [X.], da dieseVorschrift den gleichen Regelungsgehalt wie die [X.]-Bestimmung hat, erstat-tungsfähig seien, wenn sie mit der konkreten Beförderung in einem engen Zu-sammenhang stünden. Unerheblich sei, ob der Ersatzberechtigte sie im [X.] auf den vertragsgemäßen Ablauf der Beförderung getätigt habe oder obsie sich erst aus der vertragswidrigen Entwicklung des Transports ergebenhätten. Diese insbesondere in [X.], [X.] und [X.], [X.] in anderen Ländern vertretene Ansicht (siehe die Nachweise in Münch-Komm.HGB/[X.], Art. 23 [X.] [X.] 138-141) wird hauptsächlich mit derunscharfen Fixierung des Zusammenhangs (sont en outre remboursés le prixdu transport, [X.] dutransport de la marchandise, ...) zwischen den Kosten und dem Transport be-gründet (vgl. [X.].HGB/[X.], Art. 23 [X.] [X.]. 37).c) Nach anderer (engerer) Auffassung sind nur solche Kosten gemäßArt. 23 Abs. 4 [X.] zu erstatten, die bei vertragsgemäßer Beförderung glei-chermaßen entstanden wären und zum Wert des Gutes am [X.] hätten, die also nicht schadensbedingt entstanden sind (vgl. [X.],[X.]. v. 13.2.1980 - IV ZR 39/78, [X.], 522, 523 = NJW 1980, 2021; [X.] [X.] 1991, 427, 428; [X.] aaO Art. 23 [X.] [X.]. 10 m.w.N.;- 9 -[X.] aaO Art. 23 [X.]. 18; [X.].HGB/[X.], Art. 23 [X.] [X.]. 38;[X.]/[X.] aaO Art. 23 [X.]. 26; [X.], [X.], 7. Aufl., [X.]. 425).d) Der Senat schließt sich im Grundsatz der Auffassung an, die eine en-ge Auslegung des Art. 23 Abs. 4 [X.] befürwortet.Die Haftungsregelungen des Art. 23 Abs. 1 bis 4 [X.] unterscheiden wiedie des Art. 40 § 1 bis 3 [X.] zwischen dem Schaden, der durch den [X.] eingetreten ist, und den transportbedingten Kosten des Absen-ders/Empfängers. Die Schäden werden gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 [X.],Art. 40 § 1 [X.] durch Wertersatz und darüber hinaus - nach dem ausdrückli-chen Verbot der Art. 23 Abs. 4 [X.] und Art. 40 § 1 [X.] - nicht kompensiert.[X.] bleiben vor allem Folgekosten, zu denen sämtliche [X.] Aufwendungen gehören. Das Risiko hierfür trägt grundsätzlich die [X.], die auch das Risiko für entgangenen Gewinn oder Produktionsausfall [X.] trifft (vgl. [X.].HGB/[X.], Art. 23 [X.] [X.]. 38).Diese enge Auslegung des Art. 23 Abs. 4 [X.] (Art. 40 § 3 [X.]) magzwar zu Lücken bei der Ersatzleistung führen, weil nach Art. 23 Abs. 1 und 2[X.] (Art. 40 § 1 [X.]) nur der [X.]/gemeine Wert des in Verlustgeratenen Gutes ersetzt wird. Sie entspricht aber sowohl dem Wortlaut als auchdem beschränkten Zweck des Art. 23 Abs. 4 [X.]. [X.] sind nur"sonstige aus Anlaß der Beförderung des verlorenen Gutes entstandene Ko-sten". Aus dieser Formulierung ergibt sich, daß es sich um Aufwendungen han-deln muß, die auch bei vertragsgemäßer Abwicklung der Beförderung entstan-den wären (vgl. [X.] aaO Art. 23 [X.]. 18; [X.]/[X.] aaO Art. 23 [X.]. 28).- 10 -Legt der Warenversender auf die Haftung des Beförderers für nicht vonArt. 23 [X.] (Art. 40 [X.]) erfaßte [X.], so hat er - woraufdas Berufungsgericht mit Recht hingewiesen hat - die Möglichkeit, gemäßArt. 26 [X.] (Art. 46 [X.]) ein besonderes Lieferinteresse zu deklarieren([X.].HGB/[X.], Art. 23 [X.] [X.]. 38; [X.]/[X.] aaO Art. 23[X.]. [X.] Auf der Grundlage dieses rechtlichen Ausgangspunktes hat das Be-rufungsgericht zutreffend angenommen, daß es sich bei der von der Versiche-rungsnehmerin gezahlten Tabaksteuer um schadensbedingte Aufwendungengehandelt hat, deren [X.]keit nicht von Art. 40 § 3 [X.] umfaßt wird.Die im Steueraussetzungsverfahren (§§ 15 bis 17 TabakStG) beförderten Ziga-retten wurden durch Diebstahl während des Transports in den Verkehr [X.]. Nach § 18 Abs. 1, 3 und 4 Nr. 1 TabakStG ist die Versicherungsnehme-rin dadurch Steuerschuldnerin geworden. Bei vertragsgemäßer Abwicklung [X.] wären ihr die in Rede stehenden Kosten nicht entstanden. Es [X.] sich mithin um durch die Schädigung selbst verursachte Aufwendungen,die nicht nach Art. 40 § 3 [X.] (Art. 23 Abs. 4 [X.]) erstattungsfähig sind (Her-ber/[X.] aaO Art. 23 [X.]. 39 für die Entrichtung von Steuern wegen [X.], die im Steueraussetzungsverfahren befördert und durch Diebstahldem Verfahren entzogen werden; ebenso [X.] aaO [X.]. 425).Der Revision kann nicht darin beigetreten werden, daß nicht der [X.], sondern bereits der Transport der Zigaretten im Steueraussetzungsver-fahren die Steuerschuld ausgelöst habe, weil die Ware während der Beförde-rung latent mit der Steuerpflicht behaftet gewesen sei. Die Revision berücksich-tigt nicht genügend, daß die Warenbeförderung im Steueraussetzungsverfahrenkeinen [X.] darstellt. Bei einem Transport von [X.] -waren im Verfahren nach den §§ 15 bis 17 TabakStG ist die Steuer gemäß § 8Abs. 1 Nr. 2 TabakStG zunächst ausgesetzt und daher noch nicht entstanden.Im Streitfall ist die Versendung der Zigaretten nach § 16 Abs. 1 Nr. [X.] erfolgt, so daß § 8 Abs. 1 Nr. 2 TabakStG zur Anwendung kommt. Ineinem solchen Fall entsteht die Tabaksteuer also nicht schon aufgrund der Be-förderung, sondern aufgrund der Tatsache, daß die Zigaretten während [X.] dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden sind (§ 18Abs. 1 TabakStG).II[X.] Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 [X.].[X.]. [X.]

Meta

I ZR 206/00

26.06.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2003, Az. I ZR 206/00 (REWIS RS 2003, 2578)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2578

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.