Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2007, Az. II ZR 51/06

II. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5418

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[X.] ZR 51/06 vom 5. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 64 Abs. 2; HGB § 130 a a) Die §§ 130 a Abs. 2 HGB, 64 Abs. 2 GmbHG verbieten dem Geschäftsführer grundsätzlich jegliche Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nach [X.] der Insolvenzreife. Für den Ausnahmefall einer im Interesse der Masse-erhaltung notwendigen Aufwendung ist der Geschäftsführer darlegungs- und beweispflichtig. b) Der Geschäftsführer muss sich über die wirtschaftliche Lage der [X.] verschaffen, bevor er einen [X.] mit aufwändigen Sanierungsbe-mühungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens beauftragt. c) Die Schadensersatzverpflichtung gemäß § 130 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 HGB zielt - ebenso wie die Ersatzpflicht aus § 64 Abs. 2 GmbHG - nicht auf Ersatz eines Quotenschadens, sondern auf Erstattung der verbotswidrig geleisteten Zahlungen ohne Abzug der fiktiven Insolvenzquote des befriedigten Gesell-schaftsgläubigers (vgl. [X.].Urt. v. 8. Januar 2001 - [X.], [X.] 146, 264, 278 f. zu § 64 Abs. 2 GmbHG; v. 26. März 2007 - [X.], [X.], 1006 zu § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB). [X.], Hinweisbeschluss vom 5. Februar 2007 - [X.]/06 - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 5. Februar 2007 durch [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] einstimmig beschlossen: Die Parteien und der Streithelfer werden darauf hingewiesen, dass der [X.]at beabsichtigt, die Revision des Streithelfers durch Be-schluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.
Gründe: Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg. [X.] Die Revision ist zwar unbeschränkt zulässig. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist den Ausführungen des Berufungsgerichts eine (zuläs-sige) Beschränkung der Revision auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs nicht zu entnehmen. Es heißt dort: "Die Revision gegen dieses Urteil wird [X.]." Soweit dies damit begründet wird, dass eine Entscheidung des [X.] "zu den Rechtsfolgen des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB bislang nicht ergangen" sei, ist dies nicht gleichbedeutend mit einer (zulässigen) [X.] auf den Betrag des Anspruchs (vgl. dazu [X.], Urt. v. 8. Dezember 1998 - [X.], [X.], 500). Entgegen der Ansicht der Revisionserwi-derung könnte nämlich das Bestehen des mit der Klage geltend gemachten An-spruchs auf Erstattung der von der [X.] geleisteten Zahlung gemäß § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB nicht dem Grunde nach festgestellt werden (§ 304 2 - 3 - ZPO), ohne die von dem Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachtete [X.] zu beantworten, ob nach § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB die geleisteten Zahlun-gen als solche zu erstatten sind oder nur ein Quotenschaden zu ersetzen ist, weil ein Quotenschaden von dem Kläger weder dargelegt noch geltend [X.] ist. Auf einzelne Rechtsfragen (hier innerhalb des [X.]) kann die Zulassung der Revision nicht wirksam beschränkt werden (vgl. [X.] 101, 276, 278). [X.] 1. Ohne Erfolg greift die Revision die im Wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen zum Vorliegen einer gemäß § 130 a Abs. 2 HGB verbotenen "Zahlung" der [X.] an den Streithelfer an. 3 a) Die Vorschrift verbietet - ebenso wie § 64 Abs. 2 GmbHG und §§ 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr. 6 [X.] - grundsätzlich jegliche Zahlung nach Eintritt der - hier unstreitigen - Insolvenzreife der Gesellschaft, um deren verteilungsfähige Vermögensmasse im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten (vgl. [X.] 143, 184; 146, 264, 274 f.). Für das Vorliegen des [X.] gemäß § 130 a Abs. 2 Satz 2 HGB ist der Geschäftsführer ebenso beweis-pflichtig wie für das Vorliegen sonstiger Ausnahmetatbestände. Das gilt - entgegen der Ansicht der Revision - auch für die Frage, ob die Beauftragung des Streithelfers durch die Beklagte in der konkreten Situation zur Abwendung von Nachteilen für die Masse sachdienlich und erforderlich war (vgl. [X.] 146 aaO) und dem an ihn gezahlten Pauschalhonorar eine angemessene, den Interessen der Gläubigergesamtheit entsprechende Gegenleistung gegenüber-stand. Nicht etwa muss der Kläger eine unzulässige Masseschmälerung infolge der unstreitig geleisteten Zahlung beweisen, sondern die Beklagte das Gegen-teil (so auch [X.] in MünchKommHGB 2. Aufl. § 130 a [X.]. 33 a.E.). Das entspricht auch der Beweislastregelung für den Ausnahmetatbestand eines "[X.]" i.S. von § 142 [X.] (vgl. dazu [X.], [X.], 49, 50 4 - 4 - m.w.Nachw.), dessen Voraussetzungen aber im Übrigen mit denjenigen des § 130 a Abs. 2 Satz 2 HGB nicht völlig übereinstimmen. 5 b) Die tatrichterliche Würdigung, dass die genannten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise erlaubte Zahlung nicht dargetan seien, ist aus [X.] nicht zu beanstanden. Zutreffend weist das Berufungsgericht insbe-sondere darauf hin, dass die erhoffte Sanierung der Schuldnerin mit Kreditmit-teln ungeeignet war, deren Überschuldung und damit deren Insolvenzreife ge-mäß § 19 Abs. 2 [X.] zu beseitigen. Die Frage einer positiven Fortführungs-prognose stellte sich unter diesen Umständen nicht mehr, weil diese nach § 19 Abs. 2, 3 [X.] nur für die Bewertung des Schuldnervermögens von Bedeutung ist, eine danach gegebene Insolvenzreife wegen Überschuldung aber nicht aus-räumen kann. Wie der vom Kläger vorgelegte [X.] zeigt, waren die Aktiva erheblich überbewertet. Verbindlichkeiten von ca. 5,5 Mio. • standen [X.] von nur 3,4 Mio. • und Zerschlagungswerte von 2,7 Mio. • gegenüber. Auch der im Insolvenzverfahren für die Veräußerung des [X.] der Schuldnerin erzielte Kaufpreis von 2,3 Mio. • deckte die [X.] bei weitem nicht. Die Beklagte war auch Geschäftsführerin der [X.] der Schuldnerin und wusste bei ihrer Bestellung zur Geschäfts-führerin im Dezember 2002, dass die Schuldnerin in erheblichen wirtschaftli-chen Schwierigkeiten war. Dass es zu einem - gemäß § 130 a Abs. 1 Satz 3 HGB unverzüglich zu stellenden - Insolvenzantrag keine Alternative gab, hätte die Beklagte bei pflichtgemäßem Vorgehen bereits durch Aufstellung eines Vermögensstatus erkennen können und müssen, bevor sie den Streithelfer mit aufwändigen Sanierungsbemühungen beauftragte. Soweit die Revision eine zumindest teilweise Erforderlichkeit der mit dem Pauschalhonorar abgegoltenen Leistungen des Streithelfers geltend macht, fehlt es an konkretem Sachvortrag nach Grund und Höhe der darauf entfallenden Aufwendungen. - 5 - 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Erstattung der von der [X.] geleisteten Zahlung ohne Abzug der fiktiven Insolvenzquote des Streithelfers nach den Grundsätzen in dem [X.]atsurteil vom 8. Januar 2001 ([X.] 146, 264, 278 f. zu § 64 Abs. 2 GmbHG) zugespro-chen. 6 7 Dass in § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB - im Gegensatz zu § 64 Abs. 2 GmbHG - von einem u.a. durch die Zahlung entstehenden "Schaden" die Rede ist, begründet keinen rechtserheblichen Unterschied, wie sich schon aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/3441 [X.]) ergibt. Dort heißt es: "Die in Absatz 3 Satz 1 und 2 vorgesehene Schadensersatzpflicht entspricht § 93 Abs. 2, 3 Nr. 6 [X.], 64 Abs. 2 GmbHG". Um den üblichen Schadensbegriff im Sinne der Differenzhypothese handelt es sich hier ohnehin nicht, weil der [X.] regelmäßig das Erlöschen einer dadurch getilgten Gesellschaftsverbind-lichkeit gegenübersteht und dies einen "Schaden" in dem hier gemeinten Sinn nicht ausschließen kann. Andernfalls würde die Vorschrift leer laufen. Vielmehr handelt es sich - wenn überhaupt - um einen speziellen Schadensbegriff, wie er auch § 93 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 6 [X.] zugrunde liegt. Danach liegt der "Schaden" schon in dem Abfluss der Mittel (vgl. [X.], [X.] 7. Aufl. § 93 [X.]. 22). Gleichgültig ist dabei, ob man hier einen "Ersatzanspruch eigener Art" (so [X.] 146 aaO zu § 64 Abs. 2 GmbHG) oder einen "Schadensersatzan-spruch eigener Art" annimmt. Soweit es um einen durch "Zahlungen" entste-henden Schaden geht, ist damit auch ein Quotenschaden nicht gemeint; dieser wird vielmehr durch die Alternative des durch Versäumung der Insolvenzan-tragspflicht entstandenen Schadens in § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB erfasst (vgl. v. [X.] in [X.]/[X.] v. Westphalen, HGB § 130 a [X.]. 13). Das Gesetz unterscheidet davon den durch verbotene Zahlungen entstehenden "Schaden". Der gegenteiligen u.a. von [X.] vertretenen Auffassung (vgl. zuletzt [X.], 2177), die sich auch gegen die gefestigte Rechtsprechung des [X.]ats zu - 6 - § 64 Abs. 2 GmbHG richtet, vermag der [X.]at nicht zu folgen. Die ungekürzte Ersatzpflicht für geleistete Zahlungen ohne Abzug der fiktiven Insolvenzquote rechtfertigt sich im Falle des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB ebenso wie im Fall des § 64 Abs. 2 GmbHG aus den Erwägungen im [X.]atsurteil vom 8. Januar 2001 aaO. Eine die Zulassung der Revision gebietende Grundsatzfrage stellt sich hier nicht. Goette Kurzwelly [X.] Gehrlein [X.] Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.03.2005 - 8 O 198/04 - [X.], Entscheidung vom 09.02.2006 - 6 U 607/05 -

Meta

II ZR 51/06

05.02.2007

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2007, Az. II ZR 51/06 (REWIS RS 2007, 5418)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5418

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