Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. V ZR 16/06

V. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 891

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[X.]BESCHLUSS V ZR 16/06 vom 9. November 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 9. November 2006 durch [X.] Dr. [X.], [X.] [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 19. Dezember 2005 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 74.520,79 • festgesetzt. Gründe [X.] Die Klägerin verlangt von dem [X.]n Herausgabe von Mieten in [X.] von 74.520,79 •, die dieser vom 13. Juni 1996 bis zum 1. September 1998 aus der Vermietung ihres Grundstücks in [X.]an andere Unterneh-men erzielt hat. Das Grundstück gehörte der aus dem früheren [X.][X.] hervorgegangenen [X.]Gmb[X.] Diese schloss am 24. August 1990 mit der damals noch als [X.]firmierenden [X.], deren alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB be-freiter Geschäftsführer und Gesellschafter der [X.] ist, einen [X.] - 4 - vertrag. Danach sollte die [X.] in den Gebäuden der Niederlassung der [X.] GmbH in [X.]einen Lebensmittelhandel betreiben, an dessen Gewinn die [X.] zu 90 % und die [X.] GmbH zu 10 % beteiligt sein sollten, und die Anlagen und Gebäude unentgeltlich nutzen dürfen. Vorge-sehen war auch, die Niederlassung in [X.]in eine Tochtergesellschaft [X.], die sich an der [X.] beteiligen sollte. Dazu kam es nicht. Die [X.] GmbH kündigte Ende 1990 den Kooperationsvertrag und veräußerte im Februar 1991 das Betriebsgrundstück an eine [X.]. GmbH, die die [X.] vergeblich auf Herausgabe des Anwesens verklagte. Dieser Kaufvertrag wurde nicht vollzogen. Im Jahre 1994 veräußerte die Kläge-rin ihre Anteile an der inzwischen in Liquidation befindlichen [X.] GmbH an [X.] , der am 2. Juni 1994 den Kooperationsvertrag kün-digte. Auf Grund eines Vergleichs wurde das Grundstück später der Klägerin zugeordnet, die am 13. Juni 1996 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetra-gen wurde und das Anwesen am 1. September 1998 zurückerhielt. In der [X.], diese habe die Vermietungen vorgenommen, verklagte die Klägerin zunächst die [X.] auf Herausgabe der eingenommenen Mieten. In diesem Rechtsstreit stellte sich heraus, dass der [X.] selbst Vermieter war und die [X.] ihm mit Mietvertrag vom 20. April 1991 das gesamte Anwesen zu einem monatlichen Mietzins von 1.000 DM vermietet hatte. Die Klägerin nimmt nunmehr den [X.]n auf Herausgabe der Mieten in [X.]. 2 Das [X.] hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgege-ben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Die Revision hat es nicht [X.]. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, deren Zurückweisung der [X.] beantragt. 3 - 5 - I[X.] 1. Nach Ansicht des [X.] hat die Klägerin einen Anspruch aus § 988 BGB im Berufungsverfahren fallen gelassen. Dieser stehe ihr auch nicht zu. Ein Anspruch aus §§ 987, 990 BGB sei ebenfalls nicht gegeben. Das aus dem Mietvertrag vom 20. April 1991 abgeleitete Besitzrecht sei seinerzeit wirksam entstanden, weil die [X.] zu diesem Zeitpunkt noch selbst zum Besitz berechtigt gewesen sei. Es bedürfe keiner Entscheidung darüber, ob deren Besitzrecht und mit diesem auch das Besitzrecht des [X.]n auf-grund der Kündigung des [X.] durch [X.]zum Ablauf des 31. Dezember 1994 erloschen sei. Der [X.] sei nach § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Herausgabe der Mieten auch in diesem Fall nur verpflichtet, wenn er die Wirksamkeit der Kündigung des Kooperationsvertrags gekannt habe. Das sei indes nicht festzustellen, da der [X.] an der Zulässigkeit einer [X.] Kündigung überhaupt und an einer Kündigung durch die [X.] GmbH berechtigterweise habe zweifeln dürfen. 4 2. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. 5 a) Die Verletzung liegt entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht schon darin, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zu § 988 BGB über-gangen hätte. 6 - 6 - aa) Dieses Vorbringen hat die Klägerin zwar entgegen der Annahme des [X.] nicht fallen gelassen. Sie hat vielmehr in der [X.] ihren gesamten Vortrag erster Instanz in Bezug genommen und aus-drücklich vollständig zum Gegenstand ihres zweitinstanzlichen Vortrags ge-macht. Mehr brauchte sie nicht zu tun, da es nach dem Urteil des [X.]s hierauf nicht ankam und sich der [X.] in seiner Berufungsbegründung mit ihrem Vorbringen auch zu diesem Punkt befasst hatte. 7 bb) Der Vortrag der Klägerin war aber unerheblich. Aus ihm ergab sich nicht, dass der Mietvertrag unwirksam und der [X.] nach § 988 BGB (vgl. dazu [X.], 4. Aufl., § 988 Rdn. 6) zur Herausgabe ver-pflichtet war. Ein zulässiges In-sich-Geschäft ist zwar nur wirksam, wenn es nach außen manifestiert wird. Dazu reicht aber seine - hier erfolgte - schriftliche Fixierung aus (Senat, Urt. v. 8. März 1991, [X.], NJW 1991, 1730). Die Grundsätze über den Vollmachtsmissbrauch sind auch auf In-sich-Geschäfte anzuwenden ([X.], Urt. v. 25. Februar 2002, [X.], NJW 2002, 1488). Voraussetzung hierfür ist indes ein Interessenwiderstreit, an dem es hier fehlt, weil der [X.] alleiniger Gesellschafter der [X.] ist. Für die Nich-tigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag. 8 b) Ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt aber darin, dass das Berufungsgericht ein Fehlen der nach § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Kenntnis des [X.]n von der Wirksamkeit der Kündigung des Kooperationsvertrags durch [X.]

angenommen hat, ohne der Klägerin Ge-legenheit zu geben, dazu ergänzend vorzutragen. 9 - 7 - aa) Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewis-senhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte ([X.] 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.; 96, 189, 204; 108, 341, 345 f.). Es hat in einem solchen Fall auf seine (geänderte) Rechtsauf-fassung hinzuweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellung-nahme zu eröffnen ([X.] 84, 188, 191; 86, 133, 144; 98, 218, 263; [X.] NVwZ 2006, 586, 587). 10 bb) Diesen Anforderungen ist das Berufungsgericht nicht gerecht gewor-den. Es leitet die fehlende Kenntnis des [X.]n von der wirksamen [X.] im Wesentlichen aus zwei Umständen ab: Zum einen habe der [X.] annehmen können, die ordentliche Kündigung sei ausgeschlossen. Zum anderen habe er davon ausgehen dürfen, dass alle Rechte aus dem Kooperationsvertrag an die [X.]. GmbH abgetreten worden seien. Nach dem bisherigen Prozessverlauf konnte die Klägerin mit dieser Wendung des Rechtsstreits nicht rechnen. 11 (1) Nach der Rechtsauffassung des [X.]s kam es auf die von dem Berufungsgericht angeführten Gesichtspunkte schon im Ansatz nicht an. Das [X.] befasst sich zwar mit der Kündigung des Kooperationsvertrags durch [X.] . Es leitet hieraus aber keine Beendigung des als stille Gesellschaft zu qualifizierenden ([X.], Urt. v. 12. Januar 1998, [X.], unveröff.) [X.] nach §§ 234, 132 HGB ab. Für das [X.] bringt die Kündigung vielmehr zum Ausdruck, dass der Zweck der mit dem [X.] eingegangenen stillen Gesellschaft endgültig nicht mehr erreichbar war und dies zu der Beendigung der Gesellschaft nach § 726 BGB geführt hat. 12 - 8 - (2) Nach dem rechtlichen Ausgangspunkt des [X.] kam es auf die Wirksamkeit der Kündigung und die Kenntnis des [X.]n hiervon an. Das Berufungsgericht hat diese Frage beraten und den Parteien als Ergebnis dieser Beratung in der mündlichen Verhandlung durch seinen Vorsitzenden den Hinweis erteilt, es sehe die Kündigung durch [X.] als rechtzeitig und das [X.]recht der [X.] als zum 31. Dezember 1994 beendet an. [X.] der Eindeutigkeit der Kündigung sei dem [X.]n als Geschäftsführer der [X.] bewusst gewesen, dass diese danach nicht mehr zum [X.] berechtigt und somit sein eigenes Besitzrecht ebenfalls erloschen war. Nach diesem Hinweis musste die Klägerin davon ausgehen, dass das [X.] von der Wirksamkeit der Kündigung und der Kenntnis des Beklag-ten hiervon überzeugt und weiterer Vortrag ihrerseits zu dieser Frage nicht an-gezeigt war. Diesen Eindruck bestätigte das Berufungsgericht, indem es nur dem [X.]n, nicht auch der Klägerin [X.] gewährte. 13 (3) Hinzu kam, dass der [X.] selbst seine fehlende Kenntnis bis da-hin nicht aus den in dem Berufungsurteil angeführten Umständen, sondern aus Zweifeln an dem Eigentum an den [X.], an der [X.] von E. [X.] und an der Rechtzeitigkeit seiner Kündigung sowie daraus ableitete, dass die Übertragung der Geschäftsanteile an der [X.] GmbH durch die Klägerin treuwidrig gewesen sei und der Kündigung entgegen gestanden habe. Dem entsprach das Vorbringen der [X.] in den Rechtsstreitigkeiten gegen die Klägerin, in welchen sie die Wirksamkeit der Kündigung nicht angegriffen hatte. Erst in dem nachgelassenen [X.]riftsatz hat der [X.] seinen Vortrag geändert. 14 cc) Das Berufungsgericht durfte zwar mit Rücksicht hierauf seine Rechtsauffassung ändern, musste der Klägerin aber Gelegenheit geben, [X.] - 9 - ren Vortrag zu halten. Das ist nicht geschehen. Dieser Verstoß gegen das [X.] führt zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 3. Für die neue mündliche Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin: 16 a) Auch bei Wirksamkeit des Mietvertrags der [X.] mit dem [X.]n kommt ein Anspruch der Klägerin aus §§ 987, 990 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen anfänglichen Fehlens eines Besitzrechts des [X.]n in Betracht. Mit diesem Mietvertrag hat die N.

GmbH nämlich die Nutzung des [X.] vollständig dem [X.]n überlassen. Das gibt Veranlas-sung zu prüfen, ob der Gesellschaftszweck schon dadurch unerreichbar gewor-den und damit das Besitzrecht der [X.] entfallen war. 17 b) Der Ausschluss einer ordentlichen Kündigung lässt sich nur aus der [X.] des Kooperationsvertrags ableiten, wonach die Vereinbarung —bis zum Vollzug aller erforderlichen Verträge bzw. Erteilung der endgültigen Genehmigungen durch die [X.] gelten solle ([X.], Urt. v. 12. Januar 1998, [X.], unveröff.). Was den [X.]n zu der Annahme hat veran-lassen können, diese Genehmigung sei noch erreichbar, nachdem die Klägerin ihre Anteile an der [X.]GmbH auf [X.]übertragen hatte, erschließt sich ohne nähere Feststellungen nicht. 18 c) Auch die Annahme des [X.], der [X.] habe Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung aus der Abtretung der Rechte und Pflichten aus dem Kooperationsvertrag an die [X.].

GmbH ableiten dürfen, findet in den getroffenen Feststellungen keine Grundlage. Der [X.] hat die Wirk-19 - 10 - samkeit dieser Abtretung als Geschäftsführer der [X.] in Abrede gestellt und unter anderem deshalb die Herausgabe des Grundstücks an die [X.]. GmbH verweigert. Auch hatte die [X.] einem Wechsel der Gesellschafter der durch den Kooperationsvertrag entstandenen Gesellschaft nicht zugestimmt ([X.], Urt. v. 12. Januar 1998, [X.], unveröff.). [X.] [X.] [X.]midt-Räntsch Stresemann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.07.2005 - 17 O 464/04 - [X.], Entscheidung vom 19.12.2005 - I-9 [X.] -

Meta

V ZR 16/06

09.11.2006

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. V ZR 16/06 (REWIS RS 2006, 891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 891

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