Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2005, Az. V ZR 106/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3288

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[X.] DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL

[X.]/04 Verkündet am: 3. Juni 2005 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 987 Abs. 1 und 2

Ermöglicht der Besitz einer Sache deren Nutzung, so ist eine auf Zahlung des objek-tiven Ertragswerts der Sache gerichtete Klage des Eigentümers für die [X.] ab [X.] oder Rechtshängigkeit der [X.] unabhängig davon schlüssig, wie der Besitzer die Sache genutzt hat. Es obliegt dem Besitzer einzuwenden, daß er ohne sein Verschulden ganz oder teilweise keine Nutzungen gezogen hat und deshalb einen geringeren Betrag schuldet.
[X.], Versäumnisurteil vom 3. Juni 2005 - [X.]/04 - [X.][X.] - 2 - - 3 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 20. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 15. März 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das [X.]eil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit mehreren gewerblich genutzten Gebäuden bebauten Grundstücks in [X.]. Die Beklagte hatte 1997 einen bis Ende 2000 befristeten Untermietvertrag über das mehr als 18.000 qm Nutzflä-- 4 - che umfassende Objekt geschlossen. Einige Flächen unterteilte sie in kleinere Abschnitte und vermietete diese weiter. Andere Teile des Grundstücks wurden entweder von der [X.] selbst genutzt oder blieben ungenutzt. Im Hinblick auf den Ablauf des zwischen der Klägerin und der Hauptmieterin bestehenden Mietverhältnisses zum 31. Dezember 2000 verhandelten die Parteien über die Konditionen eines zwischen ihnen zu schließenden Mietvertrags. Eine Eini-gung kam jedoch nicht zustande. Mit Schreiben vom 4. Januar 2001 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, daß die weitere Nutzung des Grundstücks [X.] erfolge.
Mit der Klage hat die Klägerin - neben der Räumung des Objekts und [X.] über die Namen und Anschriften der Untermieter der [X.] - ein nach dem objektiven Mietwert berechnetes Nutzungsentgelt in Höhe von 469.457,12 • für den [X.]raum vom 1. Februar 2001 bis zum 30. Juni 2001 so-wie von [X.] • monatlich ab dem 1. Juli 2001 geltend gemacht. Das [X.] hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels den [X.] für den [X.]raum bis Ende Juni 2001 insge-samt und für die [X.] ab 1. Juli 2001 wegen des 50.677,54 • nebst Zinsen übersteigenden Betrags abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:
[X.] - 5 - Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe - über die von der [X.] zugestandenen Mieteinnahmen von 50.677,54 • hinaus - keinen An-spruch auf Herausgabe von Nutzungen gemäß den §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 [X.]. Zwar sei die Beklagte seit Anfang Januar 2001 hinsichtlich ihres [X.] nicht in gutem Glauben gewesen. Die Klägerin habe jedoch die Mieteinnahmen der [X.] nicht vorgetragen und auch nicht substantiiert dargelegt, welche Gebäude oder Gebäudeteile von der [X.] selbst ge-nutzt und inwieweit Nutzungen nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirt-schaft schuldhaft nicht gezogen worden seien. Eine solche Darlegung sei er-forderlich, weil nach der Rechtsprechung des [X.] zu § 988 [X.] der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile bemessen werden könne, wenn Nutzungen gezogen worden seien; vielmehr beschränke sich der Anspruch in diesem Fall auf die Herausgabe der tatsächlich gezogenen Nutzungen. Entsprechendes müsse für den Anspruch aus § 987 Abs. 1 [X.] gelten. Die Vorschrift des § 987 Abs. 2 [X.], die den Ersatz für nicht gezogene Nutzungen von einem [X.] des Besitzers abhängig mache, liefe nämlich leer, wenn der [X.] den objektiven Mietwert der Sache bereits nach § 987 Abs. 1 [X.], also unabhängig von einem Verschulden, verlangen könne. Sofern die Klägerin zu der erforderlichen Darlegung nicht imstande sei, müsse sie zunächst Auskunft von der [X.] verlangen. I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. - 6 - 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines —[X.] nach den Vorschriften des [X.] bestimmt. Nach gefestigter Rechtsprechung finden die Vorschriften der §§ 987 ff. [X.] auf den Besitzer, dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist (Senat, [X.]. v. 24. November 1995, [X.], NJW 1996, 921 m.w.N.), und damit auch auf den infolge des Wegfalls des [X.] nicht mehr zum Besitz berechtigten Untermieter Anwendung ([X.] 131, 95, 102 f.; Senat, [X.]. v. 6. November 1968, [X.], [X.] § 987 [X.] Nr. 10; ebenso: [X.]/ [X.], [X.] [1999], [X.]. zu §§ 987-994 Rdn. 24; [X.]/[X.], [X.], 64. Aufl., Vorb. v. § 987 Rdn. 16; a.[X.]/[X.], [X.] [2003], § 540 Rdn. 30; [X.], [X.], 403 ff.).
Da die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit [X.] 2001 Kenntnis von ihrem fehlenden Besitzrecht hatte, ist sie verpflichtet, die ab diesem [X.]punkt gezogenen Nutzungen herauszugeben (§ 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 1 [X.]) und schuldhaft nicht gezogene Nutzungen zu [X.] (§ 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 2 [X.]).
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne auf dieser Grundlage nicht Ersatz des objektiven Ertragswerts ihres Eigentums verlangen, sondern müsse zur schlüssigen Darlegung der An-spruchshöhe im einzelnen darlegen, für welche Flächen die Beklagte Mietein-nahmen erzielt, welche sie selbst genutzt und in welcher Höhe sie nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft schuldhaft keine Nutzungen gezo-gen habe. - 7 -
a) Zwar kann der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen nach § 987 Abs. 1 [X.] nicht nach dem objektiven Ertragswert der Gebrauchsvorteile be-messen werden, wenn tatsächliche Nutzungen in Form von Früchten (z.B. [X.]) gezogen worden sind. Andernfalls entstünde ein Widerspruch zu § 987 Abs. 2 [X.], der die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen nur nach Rechtshängigkeit bzw. bei Bösgläubigkeit des Besitzers (§ 990 Abs. 1 [X.]) und unter der zusätzlichen Voraussetzung des Verschuldens anordnet (Senat, [X.]. v. 21. September 2001, [X.], NJW 2002, 60, 61). Hieraus folgt, daß der gutgläubige, unverklagte Besitzer, der die Sache nicht selbst genutzt, sondern weitervermietet hat, nur auf Herausgabe des [X.]es nach § 987 Abs. 1 [X.] in Anspruch genommen werden kann. Demgemäß gehört hier die Angabe der tatsächlichen Mieteinnahmen zu einem schlüssigen Klagevortrag. b) Auch im Fall eines verschärft haftenden, also bösgläubigen oder ver-klagten Besitzers sind der Anspruch aus § 987 Abs. 1 [X.] einerseits und der-jenige aus § 987 Abs. 2 [X.] andererseits grundsätzlich auseinander zu [X.]. Hinsichtlich der an einen schlüssigen Klagevortrag zu stellenden Anforde-rungen ist aber zu beachten, daß der Eigentümer zu dem für den Anspruch aus § 987 Abs. 2 [X.] zusätzlich erforderlichen Verschulden grundsätzlich keinen gesonderten Vortrag halten muß. Ermöglicht der Besitz - wie hier - objektiv eine Nutzung, handelt der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer regelmäßig [X.], wenn er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht erfüllt ([X.], [X.]. v. 20. Dezember 2001, [X.], NJW 2002, 1050, 1052). Demgemäß hat der Besitzer in entsprechender Anwendung des § 282 [X.] a.F. (§ 280 Abs. 1 Satz 2 [X.] n.F.) darzulegen und zu beweisen, daß ihm die unterlassene Ziehung von Nutzungen nicht vorzuwerfen ist (vgl. [X.] 8 - landt/[X.], [X.], 64. Aufl., § 987 Rdn. 8; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 987 Rdn. 79; [X.]/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, [X.], 2. Aufl., § 987 Rdn. 2 sowie [X.]/[X.], [X.] [1999], [X.]. zu §§ 987-993 Rdn. 69 u. § 989 Rdn. 35). Für die [X.] nach Rechtshängigkeit oder Eintritt der Bösgläubigkeit ist eine auf Ersatz des objektiven Ertragswerts gerichtete Klage deshalb unab-hängig davon schlüssig, wie der Besitzer die Sache genutzt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 20. Dezember 2001, [X.], aaO). Hat er sie unter Wert vermietet, schuldet er Herausgabe der Mieteinnahmen nach § 987 Abs. 1 [X.] und Ersatz der Differenz zum üblichen [X.] nach § 987 Abs. 2 [X.]. Hat der Besitzer die Sache selbst genutzt, schuldet er Ersatz des objektiven Mietwerts, weil hiernach seine [X.] bewertet werden (vgl. Senat, [X.]. v. 21. September 2001, [X.], NJW 2002, 60, 61). Hat er keine Nutzun-gen gezogen, ist der übliche [X.] nach § 987 Abs. 2 [X.] zu ersetzen. Es obliegt dann dem Besitzer einzuwenden, daß er einen geringeren Betrag schul-det, weil er ohne sein Verschulden ganz oder teilweise keine Nutzungen aus der Sache gezogen hat. Der Schlüssigkeit eines alternativ auf § 987 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] ge-stützten Klageantrags (zur Möglichkeit, einander ausschließende Anspruchs-grundlagen geltend zu machen, vgl. [X.] 19, 387, 390; [X.], [X.]. v. 20. Mai 1987, [X.], [X.], 1013) steht nicht entgegen, daß der Besitzer, der fehlendes Verschulden an einer unterlassenen Nutzziehung einwenden will, hierzu notwendigerweise auch darlegen muß, inwieweit die Sache wäh-rend seiner Besitzzeit ungenutzt geblieben ist. Zwar handelt es sich dabei um eine Tatbestandsvoraussetzung des § 987 Abs. 2 [X.], auf die sich seine - auf das fehlende Verschulden beschränkte - Darlegungs- und Beweislast nicht be-- 9 - zieht. Ein sachlicher Grund, es dem Eigentümer deshalb zu verwehren, seine Klage auf Herausgabe bzw. Ersatz des dem objektiven Ertragswert der Sache entsprechenden Betrags alternativ auf § 987 Abs. 1 und § 987 Abs. 2 [X.] zu stützen, folgt hieraus indessen nicht. Insbesondere wird der Besitzer nicht [X.], Informationen preiszugeben, die der Eigentümer sonst nicht erlangen könnte. Der Besitzer ist aufgrund des Auskunftsanspruchs des Eigentümers über die von ihm gezogenen Nutzungen (§ 260 [X.], vgl. [X.] 32, 76, 96 für § 988 [X.]) materiell-rechtlich verpflichtet, nähere Angaben zu der [X.] während seiner Besitzzeit zu machen. Es ist ihm deshalb [X.], im Rahmen des Entlastungsbeweises darzulegen, in welchen [X.]räu-men oder hinsichtlich welcher Teile er aus der Sache des Eigentümers [X.] keine Nutzungen zu ziehen vermochte.
II[X.]

Das angefochtene [X.]eil ist deshalb aufzuheben, soweit es zu Lasten der Klägerin ergangen ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu dem objekti-ven Ertragswert des von der [X.] innegehaltenen Gewerbeobjekts treffen kann. Ferner ist der [X.] Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag unter Be-rücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu ergänzen. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht, soweit erforderlich, auch zu prüfen haben, ob die Klage unter dem Gesichtspunkt des Verzugs der [X.] mit der Herausgabe des Objekts (§ 990 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 286 Abs. 1 [X.] a.F.) begründet ist. - 10 - Sollte es für die neue Entscheidung - trotz der Möglichkeit der Klägerin, Nutzungsersatz in Höhe des objektiven Mietwerts zu verlangen - auf die Höhe der tatsächlich gezogenen Nutzungen ankommen, wird das Berufungsgericht den von der Revision zu Recht als übergangen gerügten Vortrag der [X.] zu berücksichtigen haben, sie habe vor Juli 2001 Mieteinnahmen von ca. 23 DM/qm bei einem Leerstand von 25 % erzielt (Berufungsbegründung S. 2 u. 5, [X.]). Im übrigen wäre hinsichtlich der Darlegung der Mieteinnahmen - ungeachtet des daneben bestehenden materiell-rechtlichen Auskunftsanspruchs der Klägerin - eine sekundäre Behauptungslast der [X.] (vgl. [X.] 145, 170, 184 m.w.N.) naheliegend und daher von dem Be-rufungsgericht zu erwägen.

[X.]

[X.]Stresemann

Meta

V ZR 106/04

03.06.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2005, Az. V ZR 106/04 (REWIS RS 2005, 3288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3288

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