Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2004, Az. II ZR 136/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4115

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:15. März 2004VondrasekJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: [X.] §§ 286 B, 287, 288, 290Ein Geständnis in einem Strafverfahren entfaltet in einem Zivilprozeß nicht [X.] der §§ 288, 290 ZPO, stellt aber im Rahmen der freien Beweiswür-digung nach § 286 ZPO ein wichtiges Indiz für die Wahrheit der [X.] dar. Das Gericht darf diesen Beweis nur als geführt ansehen, wennes zuvor alle für die Unrichtigkeit des Geständnisses angetretenen Beweiseerhoben hat.[X.], Urteil vom 15. März 2004 - [X.]/02 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 15. März 2004 durch [X.] h.c. Röhrichtund [X.] Dr. Goette, [X.], Dr. Graf und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] Hanseatischen Oberlandesgerichts [X.] vom [X.] aufgehoben.Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist ein Verein, dessen Zweck darin besteht, die Volksfestver-anstaltungen auf dem [X.] in [X.] sowie die [X.] [X.] durch Werbemaßnahmen zu fördern.Der Beklagte war Oberregierungsrat und leitete in der [X.] Senatsver-waltung das Referat "Volksfeste, Sonderveranstaltungen und Märkte", das sog.[X.]. Er war zeitweise auch Vorstandsmitglied des [X.]. Die übrigenVorstandsmitglieder sind Schausteller. Wegen deren häufiger Ortsabwesenheit- 3 -wurden die Geschäfte des Vereins weitgehend von dem Beklagten geführt,auch nachdem er nicht mehr dem Vorstand angehörte.Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von286.191,69 DM. Dazu behauptet er, der Beklagte habe in 28 Fällen ohne Zu-stimmung des Vorstands [X.] für eigene Zwecke oder zugunsten ihmnahe stehender Personen verwandt. Unter anderem wegen dieser Vorwürfe hatgegen den Beklagten ein Strafverfahren stattgefunden, in dem er ein umfas-sendes Geständnis abgelegt hat und daraufhin wegen Untreue zu einer Frei-heitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden ist.Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß zum [X.]. Seine Berufung ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die Revi-sion des Beklagten.Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet.[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei gemäß §§ 823Abs. 2 BGB, 266 Abs. 1 StGB zum Schadensersatz in dem eingeklagten [X.] verpflichtet. Daß er den Tatbestand der Untreue erfüllt habe, stehe [X.] seines Geständnisses in dem Strafverfahren. Zwar sei dieses [X.] nicht bindend. Gleichwohl führe die Beweiswürdi-gung dazu, daß der Beklagte an dem Geständnis festzuhalten sei. Damit steheauch der Umfang des Schadens [X.] 4 -I[X.] Diese Ausführungen sind nicht frei von [X.]. Das Berufungs-gericht hat den Prozeßstoff nicht erschöpfend ausgewertet.1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen,daß ein in einem anderen Prozeß abgelegtes Geständnis nicht die Wirkungender §§ 288, 290 ZPO entfaltet, sondern lediglich im Rahmen der freien Beweis-würdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen [X.] zu berücksichtigen ist ([X.], Urt. v. 30. Oktober 1984 - [X.], 83, 85; Urt. v. 15. Juni 1994 - [X.], NJW 1994, 3165,3167; [X.], Urt. v. 9. Februar 1995 - 2 [X.], NJW 1996, 1299, 1300;Stein/[X.], ZPO 21. Aufl. § 288 Rdn. 24, § 290 Rdn. 9;MünchKommZPO/Prütting, 2. Aufl. § 288 Rdn. 37, § 290 Rdn. 3). In diesemRahmen kann das Geständnis eine so große Beweiskraft entfalten, daß es zurrichterlichen Überzeugungsbildung auch dann ausreicht, wenn es widerrufenworden ist und die beweisbelastete Gegenpartei keine weiteren Beweismittelvorgebracht hat.2. Das Berufungsgericht hat aber den im Zivilprozeßrecht [X.] der Pflicht zur Erschöpfung der angebotenen Beweismittel nicht [X.]. Danach darf das Gericht seiner Entscheidung keine für eine [X.] un-günstige Tatsache zugrunde legen, ohne zuvor alle von dieser [X.] dazu an-gebotenen Gegenbeweise erhoben zu haben, sofern nicht ein verfahrens- oderbeweisrechtlicher Grund zur Ablehnung des Beweisantrags vorliegt ([X.],[X.]. v. 8. November 1978 - 1 BvR 158/78, NJW 1979, 413; [X.]Z 53, 245,259 f.; [X.], Urt. v. 29. Oktober 1996 - [X.], NJW-RR 1997, 238; [X.]. 18. November 2003 - [X.], [X.], 159, 162).- 5 -Gegen diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht verstoßen. Es hatversäumt, die von dem Beklagten angebotenen Beweise zu erheben. Der [X.] hat die Vorwürfe des [X.] bestritten und dazu in den mit der [X.] aufgezeigten Fällen Beweis angetreten. Er hat dieses Bestrei-ten auch nach seinem Geständnis in dem Strafverfahren aufrechterhalten. [X.] er zur Begründung seiner Berufung nach der strafgerichtlichen Verurteilungvorgetragen, daß er an seinen Einwendungen festhalte. In dem Schriftsatz [X.] hat er erklärt, daß er sein Geständnis aus dem Strafverfah-ren in allen Punkten widerrufe.Damit hätte das Berufungsgericht die von dem Beklagten angetretenenBeweise erheben müssen. Das Vorbringen des Beklagten war erheblich. [X.] es nicht darauf an, ob den angeblichen Auftragsvergaben [X.] zugrunde gelegen haben. Eine zum Schadensersatz verpflichtendeUntreue des Beklagten würde bereits dann ausscheiden, wenn den von ihmveranlaßten Zahlungen gleichwertige und dem Kläger nützliche Gegenleistun-gen entsprochen hätten.Dieser Beweisaufnahme standen verfahrens- oder beweisrechtlicheGründe nicht entgegen. Auch war sie nicht nach § 287 ZPO entbehrlich. [X.] bezieht sich nur auf die Höhe der Forderung, nicht auf den [X.] ([X.], Urt. v. 28. April 1982 - [X.], NJW 1983, 998). Hier abergeht es um die Frage, ob der Beklagte in den streitigen Fällen jeweils eine un-erlaubte Handlung begangen hat.3. Soweit der Beklagte hinsichtlich einzelner Fälle keinen Beweis ange-treten oder nur eine nach §§ 445 ff. ZPO unzulässige [X.]vernehmung [X.] hat, war das Verfahren des Berufungsgerichts ebenfalls fehlerhaft. [X.] [X.] hat sich auch insoweit zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im [X.] erklärt. Dieses Vorbringen hätte das Berufungsgericht würdigen müssen.Der pauschale Hinweis auf das Geständnis in dem Strafverfahren reichte [X.] aus.II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen, damit die Würdigung des Vortrags des [X.]n und die Beweisaufnahme nachgeholt werden können.RöhrichtGoette[X.]GrafStrohn

Meta

II ZR 136/02

15.03.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2004, Az. II ZR 136/02 (REWIS RS 2004, 4115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4115

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