Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.12.2017, Az. 4 BN 32/17

4. Senat | REWIS RS 2017, 340

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Begriff des Landschaftsschutzgebiets und nicht verbundene Teilgebiete


Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst. Auf ihre Fragen lässt sich anhand des Gesetzeswortlauts und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres bereits im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde antworten. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es nicht.

2

1. Die in verschiedenen Formulierungen präsentierte Frage, ob ein Landschaftsschutzgebiet im Sinne des § 26 [X.] aus mehreren geografisch nicht miteinander verbundenen Teilgebieten bestehen kann, ist zu bejahen.

3

Nach § 26 Abs. 1 [X.] sind Landschaftsschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen aus einzeln benannten Gründen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist.

4

Die Vorschrift trifft weder hinsichtlich der Größe noch des Zuschnitts nähere Angaben. Der Umgriff richtet sich nach dem Zweck des Schutzes, der erreicht werden soll (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 26 [X.] Rn. 10). Schutzgegenstand ist eine Fläche, nicht bestimmte Einzelbestandteile oder Einzelobjekte (Schink, Naturschutz- und Landschaftspflegerecht [X.], 1989, Rn. 595). Die großräumige Perspektive mag der Grund dafür sein, dass es sich bei Landschaftsschutzgebieten regelmäßig um großflächige Gebiete handelt. Innerhalb dieser Gebiete können sich Grundstücke befinden, welche die Kriterien für die Schutzausweisung nicht erfüllen. Sie dürfen in den Schutzumgriff nur einbezogen werden, wenn sie für den Schutz der schutzfähigen Flächen in irgendeiner Weise von Bedeutung sind, und sei es als Puffer- oder Randzone ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2003, § 26 Rn. 11). Eine Unterschutzstellung von Grundstücken, die zum Schutzzweck keinen Beitrag leisten, ist nicht erforderlich. Auch kann es geboten sein, Grundstücke, die sich für eine Unterschutzstellung eignen, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vom Schutzumgriff auszunehmen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 5. Februar 2009 - 7 CN 1.08 - [X.] 406.400 § 23 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 36). Die Existenz solcher Grundstücke kann dazu führen, dass das Schutzgebiet nicht in sich geschlossen ist, sondern aus Teilgebieten besteht, die nicht einmal eine Punktverbindung aufweisen. Dies nimmt das [X.] hin, wenn die Teilgebiete durch die vom Verordnungsgeber gesetzmäßig verfolgten [X.] verklammert sind.

5

Der Systematik des [X.]es widerspricht das nicht.

6

§ 20 Abs. 3 [X.] steht der Gliederung eines Landschaftsschutzgebiets in mehrere geografisch nicht miteinander verbundene Teilgebiete nicht entgegen. Die Vorschrift erklärt die in § 20 Abs. 2 [X.] genannten Schutzgebiete zu Bestandteilen des Biotopverbundes, soweit sie dafür die entsprechende fachliche Eignung aufweisen. Das ist im Hinblick auf die in § 21 Abs. 1 [X.] definierten Zwecke des Biotopverbundes der Fall, wenn sie zur dauerhaften Sicherung der Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten, Biotope und Lebensgemeinschaften sowie der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen und zur Verbesserung des Zusammenhangs des Netzes "Natura 2000" beitragen. Ein Biotopverbund ist ein Zusammenschluss von Flächen, welche die in § 21 Abs. 1 [X.] bezeichneten Anforderungen an die ökologische Wertigkeit von geschützten Flächen erfüllen. Dass die Flächen, die miteinander verbunden werden, Bestandteile in sich geschlossener Schutzgebiete sein müssen, ergibt sich aus § 20 Abs. 3 [X.] nicht.

7

Auch § 29 [X.] rechtfertigt nicht die Schlüsse, welche die Antragstellerin aus ihm zieht. In der Vorschrift geht es um Objektschutz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1995 - 4 NB 8.95 - [X.] 406.401 § 18 [X.] Nr. 4 S. 9) und nicht, wie bei § 26 [X.], um [X.]. Die Grenze zwischen Objekt- und [X.] wird nicht dadurch aufgelöst oder die Grenzziehung entbehrlich, dass ein Landschaftsschutzgebiet in geografisch separierte Teilgebiete gegliedert wird. Nicht die geografischen Grenzen eines Landschaftsraums, sondern die [X.] sind maßgeblich dafür, ob § 26 oder § 29 [X.] zur Anwendung kommt. Ein Landschaftsschutzgebiet, das aus mehreren auseinander liegenden Teilgebieten besteht, ist mit einer Mehrzahl geschützter Landschaftsbestandteile nicht identisch.

8

2. Mit der mehrfach variierten Frage nach dem Inhalt des Begriffs der Erholung im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 3 [X.] möchte die Antragstellerin die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs zum Gegenstand eines Revisionsverfahrens machen, dem Erholungswert eines Landschaftsraums könne auch dadurch Rechnung getragen werden, dass dem Betrachter aus angrenzenden Bereichen der Anblick einer naturnahen Zone bzw. großer Freiflächen ermöglicht werde, die nicht durch weitere Wege für Erholungssuchende erschlossen seien oder sonst jederzeit betreten werden könnten ([X.] Rn. 48). Auch das führt nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Der in § 26 Abs. 1 Nr. 3 [X.] verwendete Begriff der Erholung ist in § 7 Abs. 1 Nr. 3 [X.] legal definiert und umfasst das natur- und landschaftsverträglich ausgestaltete Natur- und Freizeiterleben einschließlich natur- und landschaftsverträglicher sportlicher Betätigung ([X.], in: [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2016, § 26 Rn. 21 m.w.[X.]). Ob dem Gebiet eine "besondere Bedeutung" für die Erholung im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zukommt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und insbesondere danach, ob sich aus der Lage, der Beschaffenheit oder der Schönheit des Gebiets ein besonderer Erlebnis- und Entspannungswert ergibt ([X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, Stand Mai 2017, § 26 [X.] Rn. 12; [X.] a.a.[X.], jeweils m.w.[X.]). Zu Recht geht daher der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit dem [X.] (Urteil vom 15. November 1993 - 5 S 615/91 - [X.], 190 <192>) davon aus, dass dem - besonderen - Erholungswert nicht nur durch einen Aufenthalt in einer naturnahen Zone Rechnung getragen werden kann, sondern auch dadurch, dass dem Betrachter aus angrenzenden Bereichen der Anblick einer naturnahen Zone ermöglicht wird. Einen hierüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 32/17

19.12.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 13. Dezember 2016, Az: 14 N 14.2400, Urteil

§ 26 Abs 1 Nr 3 BNatSchG 2009, § 20 Abs 3 BNatSchG 2009, § 29 BNatSchG 2009, § 7 Abs 1 Nr 3 BNatSchG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.12.2017, Az. 4 BN 32/17 (REWIS RS 2017, 340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 340

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

14 N 15.295 (VGH München)

Wirksamkeit einer Verordnung über ein Landschaftsschutzgebiet


14 N 14.2400 (VGH München)

Wirksamkeit einer Landschaftsschutzgebietsverordnung


14 N 15.873 (VGH München)

Grenzziehung von Landschaftsschutzgebieten


4 CN 12/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Einbeziehung eines Grundstücks in ein Landschaftsschutzgebiet; Verhältnismäßigkeit


4 BN 30/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Einbeziehung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen in ein Landschaftsschutzgebiet


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.