Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Az. 3 StR 239/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1371

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 239/12
vom
15. November 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
gefährlicher Körperverletzung;
hier:
[X.]ablehnung und Anhörungsrüge

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat am 15.
November 2012 be-schlossen:
Das
Ablehnungsgesuch gegen [X.] am [X.] wird verworfen.
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den [X.] vom 18.
September 2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 18.
September 2012 hat der [X.] die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22.
Dezember 2011 gemäß §
349 Abs. 2 [X.] verworfen und auf die Rüge, der [X.] sei
-
infolge des Beschlusses des Präsidiums des [X.] vom 28.
Juni 2012, mit dem dem Vorsitzenden des erkennenden [X.]s, [X.] am [X.] [X.], zusätzlich der Vorsitz des 2. Straf-senats übertragen worden ist -
nicht ordnungsgemäß besetzt, unter Hinweis auf den Beschluss des [X.] vom 23.
Mai 2012 (2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334) zusätzlich ausgesprochen, dass der [X.] besetzt ist. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Anhörungs-rüge des Verurteilten, die in der Sache im Wesentlichen beanstandet, sein [X.]
-
3
-
spruch auf rechtliches Gehör sei bei der Entscheidung über die Besetzungsrü-ge verletzt, da diese ohne weitere Begründung zurückgewiesen worden ist. Desweiteren sei ihm die (veränderte) Besetzung der zur Entscheidung über sein Rechtsmittel zuständigen Spruchgruppe des [X.]s nicht mitgeteilt [X.].
Zugleich hat der Verurteilte im [X.] -
wie schon im Revisionsverfahren -
[X.] am [X.] [X.] wegen der Besorg-nis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er -
wie ebenfalls
bereits im Revisionsverfahren -
im Wesentlichen geltend gemacht, dass wegen der Mitwirkung des abgelehnten [X.]s als Mitglied des Präsidiums an dessen
-
"offensichtlich rechtswidrigen" -
Beschlüssen zur Geschäftsverteilung vom 15.
Dezember 2011 und vom 28.
Juni 2012 sowie infolge seiner Teilnahme an den -
"von Anfang an rechtswidrigen" -
Anhörungen von [X.]n des [X.] durch das Präsidium vom 15.
Dezember 2011 und vom 18.
Januar 2012 "ein vernünftiger Angeklagter" besorgen
müsse, "dass Herr Ri[X.] [X.] auch in anderen Situationen, insbesondere in Beratungen im dritten [X.] ... über einen Besetzungseinwand gegen den doppelten [X.], eine vergleichbare Haltung einnehmen und ein offensichtlich rechts-widriges Verhalten nicht unterbinden werde, sowie dass er unzulässigen Ein-flussnahmen auf die richterliche Entscheidungsfindung nicht hinreichend [X.]" werde. Der abgelehnte [X.] biete aus diesen Gründen auch keine ausreichende Gewähr dafür, "dass in dem Revisionsverfahren des Ange-klagten auch hinsichtlich der Besetzungsfrage ausschließlich rechtmäßig gear-beitet" werde. Ein vernünftiger Angeklagter müsse besorgen, "dass -
wenn be-reits mit Kollegen ein derartiges Vorgehen akzeptiert und mit der eigenen Stimme zustimmend unterstützt" werde -
"ein Angeklagter dann erst recht kei-nen fairen Umgang erwarten" dürfe.
2
-
4
-
II.
1. Die Ablehnung von [X.] am [X.] [X.] ist als [X.] zu verwerfen.
Der [X.] braucht vorliegend nicht zu entscheiden, ob das [X.] verspätet und deshalb unstatthaft ist. Entscheidet das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung im [X.] -
wie hier gemäß §
349 Abs. 2 [X.]
-, so kann ein Ablehnungsgesuch in entsprechender An-wendung des §
25 Abs. 2 Satz 2 [X.]
nur so lange statthaft vorgebracht wer-den, bis die Entscheidung ergangen ist

26a Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Etwas [X.] gilt grundsätzlich auch dann nicht, wenn die Ablehnung mit einer Anhö-rungsrüge gemäß §
356a [X.]
verbunden wird, die
sich jedoch -
wie hier (s.
unten 2.) -
deswegen als unbegründet erweist, weil die gerügte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vorliegt, so dass nicht mehr in eine erneute Sach-prüfung einzutreten ist, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör in entschei-dungserheblicher Weise verletzt worden ist. Denn §
356a [X.] verfolgt allein den Zweck, dem Revisionsgericht, das in der Sache entschieden hat, Gelegen-heit zu geben, im Falle eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör diesem Mangel durch erneute Sachprüfung selbst abzuhelfen, und hier-durch die Notwendigkeit eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu vermei-den. Dagegen dient er nicht dazu, einem unzulässigen Ablehnungsgesuch durch die unzutreffende Behauptung einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG doch noch Geltung zu
verschaffen (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
Februar 2007 -
3 [X.], [X.], 416, 417 mwN; [X.], Beschluss vom 20.
Juni 2007 -
2 BvR 746/07; [X.]/Siolek, [X.], 26.
Aufl., §
26a
Rn.
37). Ob [X.] gilt, wenn -
wie vorliegend -
die Ablehnung im [X.] gegen einen [X.] angebracht wird, der -
aus denselben Gründen -
schon 3
4
-
5
-
im Revisionsverfahren abgelehnt worden, indes (hier: wegen Urlaubs) nicht an der Revisionsentscheidung beteiligt gewesen ist, kann jedoch dahinstehen.
Denn das Ablehnungsgesuch des Verurteilten ist jedenfalls deshalb [X.], weil in ihm entgegen §
26a Abs. 1 Nr. 2 [X.]
kein Grund zur Ableh-nung angegeben ist. Eine völlig ungeeignete Begründung steht dabei rechtlich einer fehlenden Begründung gleich (vgl. [X.], [X.], 55.
Aufl., §
26a, Rn.
4a mwN; [X.], Beschlüsse vom 4.
Januar 1989 -
3 [X.], vom 24.
Oktober 1996 -
5 [X.], [X.]R [X.] §
26a
Unzulässigkeit 2
und 7
sowie vom 1.
Februar 2005 -
4 [X.], [X.], 173, 174). So ver-hält es sich hier: Die Tätigkeit des abgelehnten [X.]s in seiner Eigenschaft als Mitglied des Präsidiums des [X.] ist -
auch bei Anlegen eines strengen Maßstabes und zugleich wohlwollender Auslegung des Vorbrin-gens des Verurteilten -
zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs im vorlie-genden Verfahren offensichtlich gänzlich ungeeignet. Ungeachtet der -
auch mit
Blick auf die Rechtsprechung des [X.] -
unzutreffenden Bewertungen der herangezogenen Präsidiumstätigkeiten des [X.]s entbehrt der allein aus diesen gezogene Schluss auf seine Voreingenommenheit ge-genüber dem Verurteilten jeden sachlichen Bezugs und ist in keiner Weise nachvollziehbar.
Den Anträgen des Verurteilten, ihm die zur Entscheidung über sein Ab-lehnungsgesuch berufenen [X.] (vorab) namhaft zu machen sowie seiner Verteidigerin die dienstliche Erklärung des abgelehnten [X.] zuzuleiten und dieser vor einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu zu geben, war demgemäß nicht nachzukommen: §
24 Abs. 3 Satz 2 [X.] findet keine Anwendung, wenn das [X.] Ausscheiden der abgelehnten [X.] (§
26a Abs. 2 Satz 1 [X.]) gemäß §
26a Abs. 1 [X.] als unzulässig zu verwerfen ist (vgl. [X.], [X.], 5
6
-
6
-
55. Aufl., §
24 Rn. 21; [X.], Beschluss vom 13.
Februar 2007 -
3 [X.], [X.], 416, 417).
Der
senatsinterne
Geschäftsverteilungsplan
ist dem Verurteilten bekannt.
2. Die Anhörungsrüge (§
356a [X.]) ist zurückzuweisen, weil der [X.] rechtlichen Gehörs nicht verletzt [X.] ist.

Der [X.] hat bei seiner Entscheidung über die Revision zum Nachteil des Verurteilten weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem dieser nicht gehört worden ist, noch hat er Vorbringen des Verurteilten übergangen. Dem [X.] lagen bei seiner Entscheidung alle Schriftsätze der Verteidigerin vor
und [X.] Gegenstand der Beratung. Der [X.] hat insbesondere die in der Revisi-onsbegründung, der Gegenerklärung sowie in allen anderen Schriftsätzen enthaltenen Ausführungen zur Kenntnis genommen, bei seiner Beratung [X.] erwogen und seiner
Entscheidung zugrunde gelegt. Dies gilt uneinge-schränkt auch für die im Revisionsverfahren erhobene Besetzungsrüge.
Aus dem Umstand, dass der [X.] deren Erfolglosigkeit nicht näher begründet hat, kann -
entgegen der Ansicht des Verurteilten -
nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden;
denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegen-genommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat
(vgl. [X.], Urteil vom 8.
Juli 1997 -
1 BvR 1621/94, [X.]E
96, 205, 216). So war es auch hier. Die bloße Mitteilung des [X.] steht im Übrigen in Einklang mit dem -
auch verfassungs-rechtlich unbedenklichen -
Grundsatz, dass eine weitergehende Begrün-dungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen nicht besteht
(vgl. [X.], [X.], 7
8
-
7
-
55.
Aufl., §
34 Rn. 1 mwN; [X.], Beschluss vom 11.
August 2009 -
3 [X.], [X.], 483, 484; [X.], Beschluss vom 17.
Juli 2007 -
2 BvR 496/07, [X.], 463).
Eine Ausnahme hiervon ist vorliegend nicht er-sichtlich. Vielmehr liegt es auf der Hand, dass dies erst recht gilt, wenn -
wie hier -
das Vorbringen schon von seinem sachlichen und rechtlichen Gehalt her keinen Anlass bietet, die Entscheidung näher zu begründen. Zu einer Mittei-lung der [X.]sbesetzung vor der Revisionsentscheidung bestand ebenfalls kein Anlass (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5.
April 2006 -
5 [X.], [X.], 538, 539 und vom 17.
Juli 2012 -
5 StR 33/12). Die Geschäftsverteilung des [X.] und die des [X.]es waren dem Verurteilten im Üb-rigen bekannt.

[X.]

[X.] Hubert

Mayer Spaniol

Meta

3 StR 239/12

15.11.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Az. 3 StR 239/12 (REWIS RS 2012, 1371)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1371

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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