Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.07.2022, Az. NotZ (Brfg) 11/21

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2022, 5784

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Gegenstand

Bestellung eines amtlichen Notarvertreters für die Zeit der urlaubsbedingten Abwesenheit eines hauptberuflichen Notars


Leitsatz

Im Bereich des hauptberuflichen Notariats ist es nicht zu beanstanden, auch die Bestellung "einfacher" (nicht ständiger) Notarvertreter - gegebenenfalls im Wege der Selbstbindung der Verwaltung durch ermessenssteuernde Verwaltungsvorschrift - am Leitbild des § 39 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BNotO a.F. beziehungsweise § 39 Abs. 3 Satz 2 BNotO n.F. auszurichten. Daran hat sich auch das Vorschlagsrecht des Notars aus § 39 Abs. 3 Satz 3 BNotO a.F. beziehungsweise § 39 Abs. 3 Satz 4 BNotO n.F. zu orientieren.

Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Notarsenats des [X.] vom 15. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger für die [X.] seiner urlaubsbedingten Abwesenheit einen anwaltlichen [X.] zu bestellen.

2

Der Kläger ist hauptberuflicher Notar mit Amtssitz in [X.]              . Mit Schreiben vom 15. Februar 2021 ersuchte er den Beklagten als zuständige untere Aufsichtsbehörde, ihm während der Dauer eines geplanten Urlaubs vom 25. bis zum 29. Oktober 2021 Rechtsanwalt [X.]       , der bis 2019 als Notarassessor im [X.] tätig war und dort an insgesamt 89 Tagen Notarvertretungen wahrgenommen hatte, als [X.] zu bestellen.

3

Mit Bescheid vom 11. Juni 2021 wies der Beklagte den Antrag auf Bestellung von Rechtsanwalt [X.]      als [X.] nach Anhörung der [X.] zurück und bestellte auf den Hilfsantrag des [X.] den Notar [X.]      zum Vertreter in den Notargeschäften für den gewünschten [X.]raum. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, sein Auswahlermessen sei gemäß Nummer 14 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsvorschrift des [X.] zur Ausführung der Bundesnotarordnung und der Dienstordnung für Notarinnen und Notare vom 3. Dezember 1998 ([X.]. LSA S. 499; im Folgenden: [X.]) dahingehend eingeschränkt, dass zum [X.] in der Regel nur ein Notar, ein Notarassessor aus dem Vorbereitungsdienst des [X.] oder ein Notar a.D. bestellt werden solle. Den dagegen eingelegten Widerspruch des [X.] wies der Präsident des [X.] mit Bescheid vom 26. August 2021 zurück.

4

Mit seiner Klage begehrt der Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Juni 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2021, den Beklagten zur Bestellung von Rechtsanwalt [X.]       als [X.] für den [X.]raum vom 25. bis zum 29. Oktober 2021 zu verpflichten beziehungsweise hilfsweise die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids festzustellen. Der [X.] des [X.] hat die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Die Berufung hat er nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

5

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

6

1. Das [X.] hat den Bescheid des Präsidenten des [X.] vom 11. Juni 2021 als ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig bewertet. Der Beklagte habe von seinem Auswahlermessen in einer dem Zweck des § 39 [X.] entsprechenden Weise unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens Gebrauch gemacht. Ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null habe nicht vorgelegen. Der Beklagte habe sich zu Recht durch Nummer 14 Abs. 3 [X.] daran gehindert gesehen, Rechtsanwalt [X.]        in dem hier in Rede stehenden [X.]raum mit der Notarvertretung zu betrauen. Als Rechtsanwalt gehöre dieser nicht zu dem in Nummer 14 Abs. 3 [X.] aufgeführten Personenkreis von Berufsträgern (Notar, Notarassessor aus Vorbereitungsdienst oder Notar a.D.). Dass die Justizverwaltung sich durch eine ermessenssteuernde Verwaltungsvorschrift allgemein dahin gebunden habe, im Regelfall solle auch der nicht ständige [X.] vorrangig aus dem genannten engen (unmittelbar berufsbezogenen) Personenkreis genommen werden, entspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 39 Abs. 3 Satz 2 [X.] für den Fall der ständigen Vertretung eines Notars und sei daher nicht zu beanstanden. Nummer 14 Abs. 3 [X.] kollidiere insbesondere nicht mit dem Vorschlagsrecht des zu vertretenden Notars aus § 39 Abs. 3 Satz 3 [X.] in der bis zum 31. Juli 2021 geltenden Fassung (aF) bzw. § 39 Abs. 3 Satz 4 [X.] in der Fassung ab 1. August 2021 (nF). Aus dieser Sollvorschrift ergebe sich nicht, dass der Vorschlag des antragstellenden Notars für die Aufsichtsbehörde bindend sei. Vielmehr verbleibe nach ihrem Sinn und Zweck die Verantwortung für die Vertreterbestellung in den Händen des Staates. Besondere die Bestellung von Rechtsanwalt [X.]         ausnahmsweise rechtfertigende Umstände lägen nicht vor. Schon aus dem Antrag des [X.] vom 15. Februar 2021 gehe hervor, dass mit Notar [X.]     eine nach Nummer 14 Abs. 3 [X.] vorrangig zu bestellende Person aus dem Kreis der Berufsträger, die ebenfalls das Vertrauen des [X.] genieße, in dem Abwesenheitszeitraum zur Verfügung stehe.

7

2. Ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 VwGO, § 111b Abs. 1 Satz 1, § 111d [X.] liegt nicht vor. Insbesondere bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des [X.] (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) noch hat die Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.].

8

a) Die Zulassung der Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des [X.], der gemäß § 84 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO als Urteil wirkt, geboten.

9

aa) Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) ist gegeben, wenn der Antragsteller im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und sich dies auf die Richtigkeit des Ergebnisses auswirken kann (st. [X.]srechtsprechung, z.B. [X.], Beschlüsse vom 20. Juli 2015 - [X.]([X.]) 12/14, D[X.] 2015, 872 Rn. 19 [insoweit nicht in [X.], 248 abgedruckt]; vom 23. November 2015 - [X.]([X.]) 5/15, D[X.] 2016, 311 Rn. 5; vom 20. Juli 2020 - [X.]([X.]) 5/19, [X.] 2020, 48 Rn. 2; vom 15. November 2021 - [X.]([X.]) 3/21, [X.] 2022, 206 Rn. 8 und vom 14. März 2022 - [X.]([X.]) 10/21, juris Rn. 9; jeweils mwN; siehe auch BeckOK [X.]/[X.], § 111d [X.] Rn. 3 [5. Edition, Stand: 31. Juli 2021]; [X.]/R.-[X.] Schenke, VwGO, 27. Aufl., § 124 Rn. 7).

bb) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die dagegen von dem Kläger vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

(1) Der Kläger ist zunächst der Auffassung, aus § 39 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] nF folge nicht, dass die nicht ständige Notarvertretung nur einem Notar, Notarassessor und Notar a.D. übertragen werden solle. Hinsichtlich der Bestellung eines nicht ständigen [X.]s komme allein die Regelung in § 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 [X.] nF zur Anwendung. Danach könne die nicht ständige Vertretung ohne Anhörung der [X.] auch einem Rechtsanwalt übertragen werden, der als [X.] fachlich und persönlich geeignet sei und von dem Notar vorgeschlagen werde. Dem Vorschlag des Notars sei grundsätzlich zu folgen. Im Bereich der nicht ständigen Vertretung verstoße die Verwaltungsvorschrift der Nummer 14 Abs. 3 [X.] somit gegen höherrangiges Recht.

(2) Diese Ausführungen stellen die Argumentation des [X.] nicht in Frage. Dieses ist auf der Grundlage der [X.]srechtsprechung zur Notarvertretung zutreffend davon ausgegangen, dass es im Bereich des hauptberuflichen Notariats nicht zu beanstanden ist, auch die Bestellung "einfacher" (nicht ständiger) [X.] - gegebenenfalls im Wege der Selbstbindung der Verwaltung durch ermessenssteuernde Verwaltungsvorschrift - am Leitbild des § 39 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] aF/§ 39 Abs. 3 Satz 2 [X.] nF auszurichten, woran sich auch das Vorschlagsrecht des Notars aus § 39 Abs. 3 Satz 3 [X.] aF beziehungsweise § 39 Abs. 3 Satz 4 [X.] nF zu orientieren hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s entscheidet die Aufsichtsbehörde über den Antrag des Notars, ihm für die [X.] seiner Abwesenheit oder Verhinderung einen Vertreter zu bestellen, nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.]). Der Notar hat keinen Rechtsanspruch auf Bestellung eines (bestimmten) Vertreters. Vielmehr hat die Aufsichtsbehörde ein Entschließungsermessen, ob sie bei Verhinderung des Notars überhaupt einen Vertreter bestellt, und ein Auswahlermessen hinsichtlich der Person des Vertreters (z.B. [X.], Beschlüsse vom 31. März 2003 - [X.] 31/02, D[X.] 2003, 785; vom 26. März 2007 - [X.] 42/06, D[X.] 2007, 872 und vom 24. November 2014 - [X.] ([X.]) 4/14, D[X.] 2015, 395 Rn. 13). Richtschnur für die Ausübung des Ermessens sind die Erfordernisse einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege ([X.], Beschlüsse vom 10. März 1997 - [X.] 39/96, D[X.] 1997, 827, 828; vom 31. März 2003 aaO und vom 24. November 2014 aaO). Diesen gerecht zu werden, macht den Hauptzweck der Vertretung aus, an dem sich die Ermessensausübung zu orientieren hat ([X.], Beschluss vom 9. Januar 1995 - [X.] 6/93, D[X.] 1996, 186, 188; vgl. auch BeckOK [X.]/[X.] aaO § 39 [X.] Rn. 6). In diesem Rahmen ist neben dem Interesse des Notars an der Bestellung eines Vertreters, wie es unter anderem in dem Vorschlagsrecht nach § 39 Abs. 3 Satz 3 [X.] aF/§ 39 Abs. 3 Satz 4 [X.] nF zum Ausdruck kommt, vor allem zu beachten, dass das hauptberufliche Notariat durch seine klare Trennung der grundlegend unterschiedlichen Tätigkeiten des Notars und des Rechtsanwalts in besonderem Maße die Unabhängigkeit des Notars sichert und der [X.] dient. Die weitgehende Orientierung an diesem Leitbild auch bei der Auswahl der zur Notarvertretung heranzuziehenden Personen wahrt wesentliche Belange einer geordneten Rechtspflege ([X.], Beschluss vom 9. Januar 1995 aaO S. 189; siehe auch BeckOK [X.]/[X.] aaO Rn. 15 f; [X.], NJW 2020, 1475, 1477 f).

Eine Selbstbindung der Verwaltung bei der Auswahl von [X.]n ist grundsätzlich möglich. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, wenn das ([X.] der Justizverwaltung durch Ausführungsvorschriften zur Bundesnotarordnung allgemein dahin gebunden wird, dass zu "einfachen" (nicht ständigen) [X.]n im Bereich des hauptberuflichen Notariats im Regelfall vorrangig Notare, Notarassessoren und Notare a.D. bestellt und Angehörige anderer juristischer Berufe wie zum Beispiel Rechtsanwälte nur ausnahmsweise berücksichtigt werden. Dafür spricht die Regelung in § 39 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] aF/§ 39 Abs. 3 Satz 2 [X.] nF, die - obwohl sie nur den ständigen Vertreter betrifft - [X.] für die Bestellung von [X.]n hat ([X.], Beschluss vom 26. März 2007 aaO S. 873; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 39 Rn. 19). Da ermessenssteuernde Vorschriften auf den "Regelfall" zugeschnitten sind, muss die Behörde, wenn ein Fall wesentliche Besonderheiten aufweist, das bei ihrer Ermessenentscheidung berücksichtigen und gegebenenfalls von der Richtlinie abweichend entscheiden. Die Aufsichtsbehörde muss daher im besonders gelagerten Ausnahmefall auch eine andere Person zum Vertreter bestellen, wenn dies der Notar mit beachtlichen Gründen beantragt, insbesondere weil Personen aus dem engen (unmittelbar berufsbezogenen) Personenkreis nicht im aus Sicht des Notars notwendigen Umfang zur Verfügung stehen ([X.], Beschlüsse vom 2. Dezember 2002 - [X.] 11/02, D[X.] 2003, 226, 227 und vom 26. März 2007 aaO; [X.]/[X.]/[X.] aaO). In diesem Kontext hat der [X.] entschieden, dass dem Vorschlagsrecht des Notars erhebliches Gewicht zukommt, wenn durch die von der Justizverwaltung angebotenen Maßnahmen die Aufrechterhaltung eines (annähernd) vollständigen Bürobetriebs im Notariat nicht gewährleistet ist (Beschluss vom 26. März 2007 aaO S. 874).

Das [X.] hat den Ablehnungsbescheid des Beklagten unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte umfassend dahingehend geprüft, ob der Beklagte von seinem ([X.] in einer dem Zweck des § 39 [X.] entsprechenden Weise unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens Gebrauch gemacht hat. Es hat dabei eine Ermessensreduzierung auf Null zutreffend verneint. Denn der Beklagte war durch Nummer 14 Abs. 3 [X.], die dem [X.] von § 39 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] aF/§ 39 Abs. 3 Satz 2 [X.] nF Rechnung trägt und deshalb keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, gehindert, Rechtsanwalt [X.]        auf Vorschlag des [X.] zu dessen Vertreter zu bestellen. Nach dieser Verwaltungsvorschrift soll zum Vertreter in der Regel nur ein Notar, ein Notarassessor aus dem Vorbereitungsdienst des [X.] oder ein Notar a.D. bestellt werden, die nicht als Mitarbeiter bei einem Notar beschäftigt sind. Die Bestellung anderer zum Richteramt befähigter Personen kommt nur in Betracht, wenn die [X.] bescheinigt, dass in ihrem Bezirk [X.] aus dem vorgenannten engen (unmittelbar berufsbezogenen) Personenkreis nicht zur Verfügung stehen. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass der Fall wesentliche, zu einer Abweichung von der Richtlinie zwingende Besonderheiten aufweise. Insbesondere war die Bestellung von Rechtsanwalt [X.]       nicht zur Aufrechterhaltung eines möglichst störungsfreien Betriebs des Notariats erforderlich. Denn mit Notar [X.]       stand ein [X.] zur Verfügung, der die Vorgaben der Nummer 14 Abs. 3 [X.] erfüllte und vom Kläger - jedenfalls hilfsweise - als geeigneter Vertreter ausdrücklich benannt und vorgeschlagen wurde.

(3) Entgegen der Auffassung des [X.] bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Nummer 14 Abs. 3 [X.] unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) beziehungsweise eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Ermessensanwendung auf der Grundlage von § 39 Abs. 1 und 3 [X.] i.V.m. Nummer 14 Abs. 3 [X.] ist - wie ausgeführt - vorrangig am Interesse einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege auszurichten. Dabei handelt es sich um einschränkende Berufsausübungsregelungen fraglos rechtfertigende Gründe des Gemeinwohls (vgl. [X.], Beschluss vom 10. März 1997 - [X.] 39/96, D[X.] 1997, 827, 828).

Für eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist gleichfalls nichts ersichtlich. Die ermessenssteuernde Regelung in Nummer 14 Abs. 3 [X.] erfasst nach ihrem klaren Wortlaut nur den Regelfall ("soll in der Regel"), so dass die Aufsichtsbehörde Besonderheiten des Einzelfalls angemessen Rechnung tragen und abweichend entscheiden kann. Von einem faktischen generellen Ausschluss der Bestellung von Rechtsanwälten zu [X.]n kann keine Rede sein.

(4) Soweit der Kläger geltend macht, in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt zu sein, weil der Präsident des [X.]) für eine Notarin in [X.] ([X.]) regelmäßig seit mehr als zehn Jahren eine berufsfremde Person (Leitender Oberstaatsanwalt a.D.) zum [X.] bestelle (es handele sich um die Konstellation aus [X.], Beschluss vom 26. März 2007 - Not 42/06, D[X.] 2007, 872), vermag er einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Gleichbehandlungsgebot) nicht aufzuzeigen. Er übergeht dabei bereits, dass vorliegend ein Notar a.D. als [X.] zur Verfügung stand, wodurch ein (annähernd) störungsfreier Betrieb des Notariats während der Abwesenheit des [X.] gewährleistet war, während dies in der vom Kläger in Bezug genommenen Konstellation (zunächst) gerade nicht der Fall war. Darüber hinaus hat der Präsident des [X.] in dem Widerspruchsbescheid vom 26. August 2021, ohne dass der Kläger dem entgegentritt, ausgeführt, dass die Präsidenten der vier zum Bezirk des [X.] gehörenden Landgerichte als untere Aufsichtsbehörde bei ihren Entscheidungen Nummer 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] einheitlich anwendeten und dabei den Vorschlägen der Notare besonderes Gewicht beimäßen. Wenn ein konkreter Einzelfall wesentliche Besonderheiten aufweise oder Personen aus dem Kreis der in Nummer 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] Genannten nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stünden, würden auch andere zum Richteramt befähigte Personen zu [X.]n bestellt. In den letzten Jahren habe allerdings lediglich der Präsident des Landgerichts [X.] in einem Einzelfall eine Person wiederholt zum [X.] bestellt, die nicht zu der nach Nummer 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] vorrangig zu berücksichtigenden Personengruppe gehöre. Insoweit lägen jedoch - anders als im Streitfall - besondere Gründe vor, insbesondere auch ein besonders enges Vertrauensverhältnis. Insoweit bemerkt der [X.] ergänzend, dass sich bereits aus dem Beschluss vom 26. März 2007 (aaO S. 873) ergibt, dass es sich hierbei um einen Leitenden Oberstaatsanwalt a.D. und [X.] handelt, der als Vater der Notarin die Aufrechterhaltung eines störungsfreien Notariatsbetriebs in besonders hohem Maß gewährleistet.

2. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) veranlasst.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (st. [X.]srechtsprechung; z.B. [X.], Beschlüsse vom 20. Juli 2015 - [X.]([X.]) 12/14, D[X.] 2015, 872 Rn. 9; vom 20. Juli 2020 - [X.]([X.]) 2/19, [X.] 2021, 33 Rn. 5; vom 15. November 2021 - [X.]([X.]) 3/21, [X.] 2022, 206 Rn. 13 und vom 14. März 2022 - [X.]([X.]) 10/21, juris Rn. 32; siehe auch BeckOK [X.]/[X.] aaO § 111d [X.] Rn. 5; [X.]/R.-[X.] Schenke, VwGO, 27. Aufl., § 124 Rn. 10; jeweils mwN). [X.] ist eine Rechtsfrage dabei nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen (z.B. [X.], Beschluss vom 14. März 2016 - [X.]([X.]) 5/15, D[X.] 2016, 879 Rn. 15 mwN).

b) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob Nummer 14 Abs. 3 [X.] mit höherrangigem Recht im Einklang stehe und insbesondere das gesetzliche Vorschlagsrecht des zu vertretenden Notars gemäß § 39 Abs. 3 Satz 3 [X.] aF/§ 39 Abs. 3 Satz 4 [X.] nF genügend berücksichtigt werde, bedarf keiner weiteren Klärung. Sie kann auf der Grundlage der bislang ergangenen [X.]srechtsprechung - wie oben dargelegt - ohne weiteres beantwortet werden. Es besteht kein Grund, die Wirksamkeit derartiger ermessenssteuernder Verwaltungsvorschriften in Zweifel zu ziehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 111g Abs. 1 [X.] i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

[X.]     

      

Reiter     

      

Böttcher

      

Frank     

      

Kuske     

      

Meta

NotZ (Brfg) 11/21

11.07.2022

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 15. Oktober 2021, Az: Not 8/21

§ 39 Abs 3 S 2 Halbs 1 BNotO vom 27.04.2002, § 39 Abs 3 S 3 BNotO vom 27.04.2002, § 39 Abs 3 S 2 BNotO vom 25.06.2021, § 39 Abs 3 S 4 BNotO vom 25.06.2021, § 111b Abs 1 S 1 BNotO, § 111d BNotO, § 84 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 84 Abs 3 VwGO, § 124 Abs 2 VwGO, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.07.2022, Az. NotZ (Brfg) 11/21 (REWIS RS 2022, 5784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5784

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