Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.04.2018, Az. NotZ (Brfg) 4/17

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2018, 10368

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Gegenstand

Notarsache: Ablehnung des Antrags eines früheren Notars auf Erteilung der Erlaubnis zur Weiterführung der Amtsbezeichnung mit dem Zusatz "außer Dienst"


Leitsatz

Bei der Ablehnung des Antrags eines früheren Notars, ihm nach § 52 Abs. 2 BNotO die Erlaubnis zu erteilen, seine Amtsbezeichnung mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" weiterzuführen, darf sich die Landesjustizverwaltung auf eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des Notars stützen. Sie ist grundsätzlich nicht gehalten, die Entscheidung auf mögliche tatsächliche oder rechtliche Fehler zu überprüfen.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des [X.] vom 17. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger die Erlaubnis zu erteilen ist, die [X.]ezeichnung "Notar außer Dienst (a.D.)" zu führen.

2

Der am 10. Juni 1946 geborene Kläger ist seit Dezember 1975 als Rechtsanwalt zugelassen. Im Dezember 1978 wurde er zum Notar bestellt. Zum 30. Juni 2016 ist sein [X.] mit Erreichen der Altersgrenze nach § 48a [X.] erloschen. Unter dem 2. Mai 2016 hat der Kläger die Erlaubnis beantragt, nach seinem Ausscheiden als Notar die Amtsbezeichnung "Notar" mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" zu führen. Nach Einholung einer Stellungnahme des Präsidenten der [X.] wies die [X.] diesen Antrag mit [X.]escheid vom 25. Januar 2017 zurück.

3

Zur [X.]egründung der Zurückweisung hat die [X.] im Wesentlichen ausgeführt, ihrer Verwaltungspraxis entspreche es, die Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 [X.] daran auszurichten, ob der jeweilige Antragsteller Dienstpflichten in grob unredlicher Weise verletzt und dadurch das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer erschüttert habe. Hiervon sei im Streitfall auszugehen. Der Kläger sei während seiner Tätigkeit als Notar mehrfach wegen Verstößen gegen die ihm obliegenden Amtspflichten auffällig geworden:

4

So sei gegen ihn mit Disziplinarverfügung vom 21. März 1997 eine Geldbuße von 2.000 DM verhängt worden, weil er in mehreren Fällen Kaufverträge über [X.] abgewickelt habe, obwohl ihm keine entsprechenden Hinterlegungsanweisungen erteilt worden wären. Zudem habe er unter Verstoß gegen die Vorschriften der [X.] einerseits Sammelanderkonten angelegt und andererseits Darlehen in solchen Angelegenheiten vermittelt, in denen er zuvor als Notar tätig gewesen sei. Schließlich habe er in drei Fällen gegen [X.] verstoßen, indem er entgegen den ihm erteilten Aufträgen Auszahlungen vorgenommen habe, bevor die hierfür mit dem jeweiligen Treugeber festgelegten [X.]edingungen erfüllt gewesen seien.

5

Weiter sei dem Kläger gegenüber im Juni 2002 in einem weiteren Disziplinarverfahren eine Missbilligung ausgesprochen worden, weil er im Zusammenhang mit der [X.]ewerbung eines mit ihm soziierten Rechtsanwalts auf eine Anwaltsnotarstelle zwei unrichtige [X.]escheinigungen ausgestellt habe. So habe er dem Sozius 57 Vertretungszeiträume bescheinigt, von denen zwölf nicht mit den vom Landgerichtspräsidenten vorgenommenen Vertreterbestellungen übereingestimmt hätten. Zudem habe der Kläger zugelassen, dass sein Sozius an drei Tagen ohne [X.]estellung zum Vertreter für ihn tätig geworden sei.

6

Sodann sei gegen den Kläger mit Verfügung vom 11. Februar 2003 eine Geldbuße in Höhe von 1.500 € verhängt worden, weil er

• bei insgesamt zehn [X.], die im Grundbuch eingetragene oder einzutragende Rechte zum Gegenstand gehabt hätten, das Grundbuch zuletzt mehr als sechs Wochen vor der [X.]eurkundung eingesehen, aber nur in drei Fällen über die damit verbundenen Gefahren belehrt habe;

• in einem Fall entgegen § 54a Abs. 2 Nr. 2 [X.]eurkG einen auf ein [X.] eingezahlten Restkaufpreis verwahrt habe, ohne dass eine vollständige schriftliche Verwahrungsanweisung aller Urkundsbeteiligten vorgelegen habe;

• in einem weiteren Fall zudem gegen seine Dokumentationspflichten gemäß § 54a Abs. 4 [X.]eurkG verstoßen habe, indem er die auf einem [X.] angefallenen Zinsen ausgezahlt habe, ohne das hierfür erforderliche Einvernehmen der Vertragsparteien schriftlich festzuhalten;

• (erneut) gegen einen Treuhandauftrag verstoßen habe, indem er einen von ihm treuhänderisch verwahrten [X.]etrag in Höhe von 490.000 DM ausgezahlt habe, ohne dass die hierfür vereinbarten Voraussetzungen eingetreten gewesen seien.

7

Im Juli 2010 sei ein weiteres Disziplinarverfahren eingestellt worden, weil die festgestellten Amtspflichtverletzungen wegen Zeitablaufs nicht mehr verfolgt werden konnten. [X.] habe der Kläger aber in fünf Fällen gegen seine Dokumentationspflichten verstoßen, indem er Verwahrungsanweisungen und [X.] nicht mit den vorgeschriebenen Annahmevermerken versehen habe.

8

Schließlich sei der Kläger im Juni 2013, rechtskräftig seit März 2014, wegen [X.]eihilfe zur Gläubigerbegünstigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur [X.]ewährung ausgesetzt worden sei. Der Verurteilung lag zum einen der Vorwurf zugrunde, der Kläger habe sich im Januar 2005 von einer bereits insolventen Genossenschaft (im Folgenden: D.W. Genossenschaft) Eigentumswohnungen verkaufen und den von ihm dafür geschuldeten Kaufpreis mit noch nicht fälligen Darlehensrückzahlungsansprüchen verrechnen lassen (Einsatzfreiheitsstrafe sechs Monate); zum anderen habe er sich im Juli 2005 für unberechtigte Forderungen im Zusammenhang mit der Rückgewähr seiner Genossenschaftseinlage von der Genossenschaft eine Grundschuld gewähren lassen ([X.] Tagessätze).

9

Durch diese Amtspflichtverstöße habe - so die [X.] im angefochtenen [X.]escheid - der Kläger seine Dienstpflichten in grob unredlicher Weise verletzt und das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit seiner notariellen Amtsausübung schwer erschüttert. Die von ihm zu verantwortenden Verstöße gegen seine Amtspflichten wögen in der Gesamtschau schwer.

Mit seiner am 6. Februar 2017 erhobenen Klage verlangt der Kläger, die [X.] zu verurteilen, ihm die begehrte Erlaubnis zu erteilen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen und die [X.]erufung nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der [X.]erufung, mit der er sein ursprüngliches [X.]egehren weiterzuverfolgen beabsichtigt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Das [X.] hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die [X.] habe dem Kläger die begehrte Erlaubnis ermessensfehlerfrei versagt. Zutreffend sei die [X.] bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen, dass die Justizverwaltung einem Notar die Weiterführung der Amtsbezeichnung nur dann verweigern dürfe, wenn er seine Dienstpflichten "in grob unredlicher Weise" verletzt und dadurch das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtspflichten schwer erschüttert habe; leichte und mittlere Disziplinarverstöße genügten nicht. Deshalb reichten die Verstöße des [X.] gegen Dokumentationspflichten, die Erteilung einer fehlerhaften [X.]escheinigung über Vertretungen durch den [X.], das Unterlassen einer [X.]estellung des [X.]s für drei Tage sowie die von der [X.]n beanstandete "Sanierung notleidender Verträge im Interesse der Erwerber durch Aushandeln von Finanzierungskonzepten" nicht für eine Versagung der Erlaubnis. Ob allein die festgestellten Treuhandverstöße, die zu keinem Schaden geführt hätten, die Versagung trügen, könne dahinstehen. Denn die Treuhandverstöße rechtfertigten die Ermessensentscheidung der [X.]n jedenfalls in der Gesamtschau mit der strafrechtlichen Verurteilung des [X.] wegen [X.]eihilfe zur Gläubigerbegünstigung in zwei Fällen.

2. Dem Kläger ist es nicht gelungen, einen durchgreifenden [X.] darzulegen (§ 124a Abs. 4, § 124 Abs. 2 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.]).

a) Entgegen der Auffassung des [X.] bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.]).

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit der Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Hiervon ist auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden kann und sich ohne nähere Prüfung nicht beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (z.[X.]. Senatsbeschluss vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 8/14, D[X.] 2015, 230 Rn. 5 mwN). Die angegriffene Entscheidung begegnet keinen solchen [X.]edenken. Die [X.]eurteilung des [X.]s, dass die [X.] durch die Ablehnung des [X.]egehrens des [X.], nach seinem Ausscheiden aus dem [X.] die [X.]ezeichnung "Notar außer Dienst (a.D.)" zu führen, weder die gesetzlichen Grenzen des ihr durch § 52 Abs. 2 Satz 2 [X.] eingeräumten Ermessens überschritten noch von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe (vgl. § 114 Satz 1 VwGO), ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend.

bb) Entgegen der Auffassung des [X.] bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht deshalb, weil das [X.] verkannt hätte, dass die [X.] eine im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 [X.] erforderliche "Gesamtabwägung" bzw. "Gesamtbetrachtung" unterlassen hätte.

(1) Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] erlischt mit dem Erlöschen des [X.]es auch die [X.]efugnis, die [X.]ezeichnung "Notar" oder "Notarin" zu führen. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] darf die [X.]ezeichnung grundsätzlich auch nicht mit einem auf das Erlöschen des Amtes hinweisenden Zusatz geführt werden. Allerdings kann die zuständige Justizverwaltung nach § 52 Abs. 2 [X.] einem früheren Anwaltsnotar, dessen Amt - wie hier - wegen Erreichens der Altersgrenze erloschen ist, die Erlaubnis erteilen, seine Amtsbezeichnung mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" weiterzuführen. Mit der Regelung des § 52 Abs. 2 [X.] wollte der Gesetzgeber die Entstehung des Eindrucks unehrenhaften Ausscheidens aus dem Amt vermeiden. Im Hinblick auf diesen Regelungszweck darf die Landesjustizverwaltung die Weiterführung der Amtsbezeichnung mit dem auf das Ausscheiden hinweisenden Zusatz nur verweigern, wenn besondere Gründe die Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens in diese Richtung rechtfertigen. Weil das Gesetz solche besonderen Gründe nicht ausdrücklich regelt, muss die Ermessensausübung sich an dem Zweck der Regelung des § 52 Abs. 2 [X.] orientieren (vgl. Senat, Urteil vom 13. März 2017 - [X.]([X.]) 4/16, D[X.] 2017, 876 Rn. 23; [X.]eschlüsse vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 8/14, D[X.] 2015, 230 Rn. 7; vom 23. Juli 2007 - [X.] 56/06, NJW-RR 2008, 140 Rn. 6). Wie sich der Regelung der Voraussetzungen, unter denen nach § 52 Abs. 2 [X.] die Erlaubnis erteilt und gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 [X.] wieder zurückgenommen werden kann, entnehmen lässt, will das Gesetz unter anderem verhindern, dass ein unwürdiger früherer Notar durch den weiteren Gebrauch der Amtsbezeichnung das Ansehen und das Vertrauen schädigt, die dem [X.] entgegengebracht werden (Senat, Urteil vom 13. März 2017 - [X.]([X.]) 4/16, D[X.] 2017, 876 Rn. 24; [X.]eschlüsse vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 8/14, D[X.] 2015, 230 Rn. 7; vom 23. Juli 2007 - [X.] 56/06, NJW-RR 2008, 140 Rn. 6; vom 9. Mai 1988 - [X.] 9/87, D[X.] 1989, 316, 318). Soll die Versagung auf Dienstverfehlungen des Notars gestützt werden, müssen diese von erheblichem Gewicht gewesen sein; der Notar muss seine Dienstpflichten in grob unredlicher Weise verletzt und dadurch das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer erschüttert haben (Senatsbeschlüsse vom 23. Juli 2007 - [X.] 56/06, aaO Rn. 7; vom 9. Mai 1988 - [X.] 9/87, D[X.] 1989, 316, 318).

(2) Die [X.] ist bei ihrer Entscheidung von diesen Grundsätzen ausgegangen. Sie hat die dem Kläger vorgeworfenen (Dienst-)Vergehen in der Gesamtschau als ausreichend für die Annahme erachtet, der Kläger habe durch sie das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer erschüttert. Die vom Kläger vermisste Gesamtbetrachtung hat sie also - soweit erforderlich - vorgenommen.

cc) Auch bestehen - entgegen der Auffassung des [X.] - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht deshalb, weil das [X.] verkannt hätte, dass die [X.] im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigungsfähige Umstände berücksichtigt oder zu berücksichtigende Umstände nicht berücksichtigt hätte.

(1) Ohne Erfolg bleibt insoweit zunächst die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Rüge, das [X.] habe verkannt, dass die [X.] nicht dargelegt habe, weshalb gerade die dem Kläger zur Last gelegten Vorwürfe die Wesentlichkeitsgrenze in [X.]ezug auf "Unwürdigkeit" und "Schwere einer Vertrauensschädigung" überschritten haben sollten. Einen vom [X.]erufungsgericht übersehenen Ermessensfehler der [X.]n legt der Kläger damit nicht dar. Die [X.] hat erkannt, dass nicht jede Gesetzesübertretung eines Notars zur Versagung der Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 [X.] ausreicht, sondern es vielmehr einer Verletzung von Dienstpflichten in grob unredlicher Weise bedarf, durch die er das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer erschüttert hat. Sie hat den im Einzelnen dargelegten (Dienst-)Vergehen in der Gesamtschau ein solches Gewicht nachvollziehbar beigemessen. Weitere Darlegungen der [X.]n waren insoweit nicht erforderlich.

(2) Auch lässt sich ein Ermessensfehler der [X.]n entgegen der Auffassung des [X.] nicht mit der Erwägung begründen, sie habe nicht berücksichtigt, dass die im [X.] erfolgten strafrechtlichen Verurteilungen Vorgänge aus den Jahren 2004 und 2005 beträfen, zum Zeitpunkt des Ausscheidens des [X.] aus dem Amt des Notars also schon mehr als elf Jahre zurückgelegen hätten, und er sich ansonsten "auch in strafrechtlicher Hinsicht" nie etwas zuschulden habe kommen lassen, weshalb die gegen ihn verhängte Strafe auch bereits durch entsprechenden Gerichtsbeschluss erlassen worden sei.

Dass der Kläger weitere Straftaten begangen hätte, hat die [X.] schon nicht angenommen, geschweige denn die angefochtene Entscheidung darauf gestützt. Anhaltspunkte, dass die [X.] bei ihrer Entscheidung nicht im [X.]lick gehabt hätte, dass die abgeurteilten Taten bereits im Jahr 2004 und 2005 begangen wurden, bestehen nicht. Auch war die [X.] angesichts des Zeitablaufs nicht von vornherein daran gehindert, ihre Versagungsentscheidung auch auf die strafrechtlichen Verurteilungen zu stützen. Zwar mag das Gewicht strafrechtlicher Verurteilungen mit zunehmender zeitlicher Distanz der abgeurteilten Taten auch für die nach § 52 Abs. 2 [X.] zu treffende Ermessensentscheidung abnehmen. Wegen Zeitablaufs nicht mehr berücksichtigungsfähig sind sie aber erst dann, wenn - anders als im Streitfall - ein gesetzliches Verwertungsverbot greift (vgl. etwa § 51 Abs. 1 [X.]ZRG sowie § 110a Abs. 6 [X.], zu § 205a [X.] aF siehe [X.], [X.]eschluss vom 25. Januar 1971 - [X.]([X.]) 12/70, [X.]Z 55, 242).

(3) Anders als der Kläger meint, steht der [X.]erücksichtigung seiner strafgerichtlichen Verurteilung im Rahmen der angefochtenen Entscheidung auch nicht entgegen, dass er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von "nur" sieben Monaten verurteilt wurde, die für den [X.] kraft Gesetzes nach § 47 Nr. 5, § 49 [X.] iVm § 24 [X.]eamtStG erforderliche Grenze mithin nicht überschritten worden ist. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist anerkannt, dass für die Versagung der Erlaubnis, die [X.]ezeichnung "Notar a.D." zu führen, nicht erforderlich ist, dass die der Versagung zugrundeliegenden Umstände ohne das unabhängig davon eintretende Ausscheiden des Notars aus dem Amt auch zu seiner Entfernung aus dem Amt geführt hätten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 8/14, D[X.] 2015, 230 Rn. 7; vom 23. Juli 2007 - [X.] 56/06, D[X.] 2008, 307 Rn. 6; vom 9. Mai 1988 - [X.] 9/87, D[X.] 1989, 316, 318).

(4) Dass sich die [X.] - wie der Kläger meint - bei ihrer Ermessensentscheidung nicht "in nachvollziehbarer Weise" damit auseinandergesetzt hätte, dass der Kläger die ihm vorgeworfenen Straftaten nicht bei Ausübung seines [X.]es begangen habe, trifft schon im Ansatz nicht zu. Vielmehr hat sich die [X.] mit diesem Gesichtspunkt im angefochtenen [X.]escheid sogar ausdrücklich befasst. Sie ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass die dem Kläger vorgeworfenen Straftaten zugleich einen Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] darstellen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

(5) Auch lässt sich entgegen der Auffassung des [X.] ein Ermessensfehler der [X.]n nicht damit begründen, sie habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger über Jahrzehnte aufgrund zahlreicher Ehrenämter und aufgrund seines herausragenden gesellschaftlichen und politischen Engagements in seiner Stadt auch privat besten Ruf und höchstes Ansehen genossen habe und genieße und ihm auch seine politischen Gegner [X.] und Eigenschaften wie Uneigennützigkeit, Geradlinigkeit, Fairness, Korrektheit und Unbeeinflussbarkeit bescheinigten. Kommt man - wie die [X.] - zum Ergebnis, dass ein ehemaliger Notar durch in grob unredlicher Weise erfolgte [X.] das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer erschüttert hat und der weitere Gebrauch der Amtsbezeichnung deshalb das dem [X.] entgegengebrachte Ansehen und Vertrauen schädigen würde, so ist unerheblich, ob der ehemalige Notar außerhalb seiner dienstlichen Tätigkeit positiv in Erscheinung getreten und sich dadurch - außerhalb seiner dienstlichen Tätigkeit - Anerkennung erworben hat.

dd) Schließlich bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils auch nicht deshalb, weil das [X.]erufungsgericht - wie der Kläger meint - die "evidente Unrichtigkeit des Urteils der kleinen Strafkammer vom 7. Juni 2013" verkannt hätte. Das [X.] ist jedenfalls zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die [X.] im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung auch die genannte strafrechtliche Verurteilung des [X.] berücksichtigen durfte. Die [X.] war im Rahmen des Verfahrens über die Erteilung der Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 [X.] insbesondere nicht gehalten, das rechtskräftige Strafurteil auf seine Richtigkeit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu überprüfen.

(1) Ob und inwieweit sich eine [X.]ehörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens auf ein Strafurteil stützen darf, ohne den zugrundeliegenden Sachverhalt selbst zu ermitteln und eigenständig strafrechtlich zu bewerten, inwieweit einem Strafurteil für ein nachfolgendes Verwaltungsverfahren also [X.]indungswirkung zukommt, bestimmt sich grundsätzlich nach den einschlägigen verwaltungsrechtlichen Vorschriften (vgl. [X.] in Eyermann/Fröhler, 14. Aufl., § 121 Rn. 17), im Streitfall also nach § 52 Abs. 2 [X.]. Diese Vorschrift sieht eine solche [X.]indung im Ergebnis vor. Sie ist ihr nach ihrem Sinn und Zweck zu entnehmen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen folgt dies schon - wie das [X.] zu Recht angenommen hat - aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 96 Abs. 1 [X.], 57 Abs. 1 [X.]DG. Sind die in einem rechtskräftigen Strafurteil getroffenen Feststellungen für ein nachfolgendes Disziplinarverfahren bindend, so muss dies erst recht für das Verfahren nach § 52 Abs. 2 [X.] gelten. Denn hier sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sogar geringere Anforderungen an die Feststellung der für die Entscheidung erheblichen [X.] zu stellen als in einem gegen den Notar geführten Disziplinarverfahren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 8/14, D[X.] 2015, 230 Rn. 10; vom 26. März 2007 - [X.] 37/06, D[X.] 2008, 307 Rn. 8 f.). Eine [X.]indung an ein rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil besteht im Rahmen des § 52 Abs. 2 [X.] aber auch hinsichtlich der (straf-)rechtlichen [X.]ewertung der jeweiligen Tat. Denn ebenso wenig, wie der Zweck des § 52 Abs. 2 [X.] darin liegt, die gegen den betroffenen Notar erhobenen Vorwürfe in einer dem formellen Disziplinarverfahren genügenden Weise nachzuholen und zu klären (vgl. Senatsbeschlüsse aaO), ist es Aufgabe der Justizverwaltung im Rahmen des Verfahrens nach § 52 Abs. 2 [X.], eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung eines ehemaligen Notars - revisionsähnlich - auf ihre rechtliche Richtigkeit zu überprüfen.

Ob anderes gilt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils offenkundig unrichtig sind (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 2 [X.]DG) bzw. ein dem Strafgericht unterlaufener Rechtsirrtum für die [X.]ehörde ohne weiteres erkennbar ist (vgl. zu § 5 Abs. 2 [X.]: [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. Juli 2008 - 3 [X.] 12.08 Rn. 9, juris), kann im Streitfall offen bleiben.

(2) Dass seine Verurteilung wegen [X.]eihilfe zur Gläubigerbegünstigung durch Entgegennahme einer Grundschuld (Einsatzstrafe 90 Tagessätze) offenkundig unrichtig wäre, behauptet der Kläger selbst nicht. Allein die [X.]ehauptung, die Feststellung der kleinen Strafkammer, die Grundschuldbestellung sei "zumindest auch auf sein [X.]etreiben hin" erfolgt, sei unzutreffend und beruhe auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung im Strafverfahren, nimmt der Justizverwaltung nicht die Möglichkeit, sich im Rahmen des Verfahrens nach § 52 Abs. 2 [X.] auf das rechtskräftige Strafurteil zu stützen.

Nichts anderes gilt, soweit sich der Kläger auch gegen seine Verurteilung wegen [X.]eihilfe zur Gläubigerbegünstigung durch Abschluss und Durchführung des [X.] im Januar 2005 wendet. Zwar macht der Kläger insoweit geltend, seine Verurteilung sei evident unrichtig, und begründet dies damit, dass die festgestellten Tatsachen einen strafrechtlichen Vorwurf nicht trügen. Von einem für die [X.] offensichtlichen Rechtsirrtum der Strafkammer kann aber nicht ausgegangen werden. Denn ob - wie der Kläger meint - das vom [X.] im Revisionsverfahren bestätigte ([X.] deshalb falsch ist, weil die vorgenommene Verrechnung des Darlehensanspruchs des [X.] mit der Kaufpreisforderung der D.W. Genossenschaft angesichts der grundpfandrechtlichen Absicherung des Darlehensanspruchs auf dem dem Kläger verkauften Grundstück den Tatbestand des § 283c StG[X.] nicht erfüllt, ist eine strafrechtliche Frage, deren [X.]eantwortung durchaus nicht auf der Hand liegt. Auf ihre rechtskräftige [X.]eantwortung im für ihre Klärung primär vorgesehenen Strafverfahren durfte sich die [X.] verlassen.

b) Auch ist die [X.]erufung nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.]). [X.]esondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, das heißt überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht ([X.] in [X.]/[X.], VwGO, 23. Aufl., § 124 Rn. 9 mwN). Dies legt der Kläger schon nicht dar.

Für rechtlich besonders schwierig hält der Kläger zunächst die Frage,

"ob im Falle des [X.], welche (offenkundig) nicht mehr in der Lage ist, den überwiegenden Teil ihrer Verbindlichkeiten zu erfüllen, die Verrechnung eigener, auf dem betreffenden Grundbesitz einredefrei grundbuchrechtlich gesicherter Forderungen des Käufers mit dem Kaufpreis - und zwar nur, soweit dieser hierzu überhaupt ausreicht - den Tatbestand der Gläubigerbegünstigung (durch die Verkäuferin) bzw. [X.]eihilfe (durch den Käufer) erfüllen kann."

Diese Frage stellt sich im Streitfall schon nicht, weil die [X.] eine entsprechende Prüfung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung - wie dargelegt - nicht vorzunehmen hatte, von einem Ermessensfehler mithin auch dann nicht ausgegangen werden könnte, wenn sich die strafrechtliche Verurteilung des [X.] nach einer vertieften strafrechtlichen Prüfung als falsch erweisen würde.

Auch lassen sich besondere rechtliche Schwierigkeiten entgegen der Annahme des [X.] nicht mit der Frage begründen, ob die Würdigung des dargestellten Verhaltens als strafrechtlich relevant "aus Sicht eines zumindest durchschnittlichen Juristen mit der [X.]efähigung zum Richteramt evident falsch ist". Darf sich - wie dargelegt - die Justizverwaltung im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 [X.] grundsätzlich auf rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen stützen und ist sie nicht gehalten, eine solche Entscheidung rechtlich zu überprüfen, so liegen im Streitfall ersichtlich keine [X.]esonderheiten vor, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigten.

c) Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche [X.]edeutung. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 52 Abs. 2 [X.] zu beachtenden "Richtlinien und Maßstäbe" sind in der Rechtsprechung des erkennenden Senats geklärt.

d) Schließlich ist die [X.]erufung auch nicht deshalb zuzulassen, weil das angefochtene Urteil des [X.]s von einer Entscheidung des [X.]undesgerichtshofs abwiche (§ 124 Abs. 2 Nr. 4). Keine der vom Kläger in [X.]ezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen hat die Frage zum Gegenstand, unter welchen Voraussetzungen einem ehemaligen Notar die Erlaubnis zur Führung der [X.]ezeichnung "Notar a.D." versagt werden kann.

Galke    

        

Offenloch    

        

[X.]

        

Strzyz    

        

[X.]rose-Preuß    

        

Meta

NotZ (Brfg) 4/17

23.04.2018

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Köln, 17. Juli 2017, Az: 2 VA (Not) 2/17

§ 52 Abs 2 BNotO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.04.2018, Az. NotZ (Brfg) 4/17 (REWIS RS 2018, 10368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10368


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. NotZ (Brfg) 4/17

Bundesgerichtshof, NotZ (Brfg) 4/17, 23.04.2018.


Az. 2 VA (Not) 2/17

Oberlandesgericht Köln, 2 VA (Not) 2/17, 17.07.2017.


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