Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.12.2013, Az. 1 ABR 40/12

1. Senat | REWIS RS 2013, 468

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Gegenstand

Mitbestimmung bei der Arbeitszeit - Kappung von Arbeitszeiten - Auslegung einer Betriebsvereinbarung


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 27. März 2012 - 6 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer betrieblichen [X.]regelung.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Luft- und Raumfahrttechnik. Sie ist Mitglied im [X.]. Antragsteller ist der Betriebsrat eines von der beteiligten Arbeitgeberin und den weiteren Beteiligten geführten Gemeinschaftsbetriebs in O.

3

Nach § 2 Nr. 1 (I) des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der [X.] Metall- und Elektroindustrie ([X.]) beträgt die wöchentliche [X.] der Arbeitnehmer grundsätzlich 35 Stunden. Gemäß § 4 Nr. 1 (I) [X.] gilt als Mehrarbeit auch die über zehn Stunden täglich hinaus geleistete [X.]. Mehrarbeit ist nach § 4 Nr. 1 ([X.]) [X.] zu vergüten, soweit sie angeordnet oder vom Arbeitgeber gebilligt wurde.

4

Am 13. Mai 2009 schloss die Arbeitgeberin gemeinsam mit den weiteren Beteiligten und dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur [X.] ([X.]). Nach Nr. 2.2 [X.] können die Arbeitnehmer Beginn und Ende der [X.] von Montag bis Freitag innerhalb eines [X.]rahmens von jeweils 6:30 Uhr bis 21:00 Uhr selbst bestimmen. Die werktägliche [X.] von zehn Stunden darf nach Nr. 2.3 [X.] grundsätzlich nicht überschritten werden. Die [X.]en der Arbeitnehmer werden auf Gleitzeitkonten erfasst. Dazu ist in Nr. 2.4.1 [X.] bestimmt:

„Bei Über- oder Unterschreitung der regelmäßigen [X.] pro Monat wird die Differenz auf die Folgemonate übertragen. Der Gleitzeitrahmen beträgt bis zu +/- 150 Stunden. Trifft der Vorgesetzte keine Anordnung nach 2.4.3, Satz 2, so werden für [X.] auch [X.]guthaben über + 150 Stunden dem [X.] gutgeschrieben, für tarifliche Mitarbeiter, werden die über 150 Stunden hinausgehenden Stunden entspr. Ziff. 4 dem Freizeitkonto zugeführt. Verbleibt bei [X.]n am 31.12. ein positiver Saldo von mehr als 300 Stunden, so verfällt dieser. Wiedereinsetzen verfallener Gleitzeit ist ausgeschlossen. Der Betriebsrat wird über die verfallene Gleitzeit informiert.“

5

Für den Ausgleich des [X.]s ist nach Nr. 2.4.2 [X.] jeder Arbeitnehmer selbst verantwortlich. Weiter ist hierzu in Nr. 2.4.3 [X.] [X.] geregelt:

„Bei einem Stand des [X.]s zum Monatsende ab +/- 80 Stunden sollen Führungskraft und Mitarbeiter Maßnahmen vereinbaren, die die Einhaltung der Grenzen von +/- 150 Stunden sicherstellen, wobei [X.] nur durch [X.] ausgeglichen werden kann. Zur Sicherstellung der Gleitzeitgrenzen von -/+ 150 Stunden kann die Führungskraft bei einem Gleitzeitstand von -/+ 100 Stunden [X.] bei negativem Guthaben oder die Entnahme von Gleitzeit bei positivem Guthaben anordnen.“

6

Für Mitarbeiter mit tariflichem Arbeitsvertrag wird nach Nr. 4.1 [X.] zusätzlich zum [X.] ein persönliches Freizeitkonto geführt, auf dem genehmigte und geleistete [X.] gutgeschrieben werden.

7

Am 13. Oktober 2009 unterzeichneten der Betriebsrat und die Personalleitung des Gemeinschaftsbetriebes eine Protokollnotiz zu Nr. 2.3 [X.] ([X.]). Darin ist vereinbart:

        

„Die tägliche [X.] darf gemäß dem [X.] Stunden nicht überschreiten. Darüber hinaus geleistete [X.]en, sowie [X.]en außerhalb der [X.] sind im [X.]erfassungssystem zu protokollieren, werden aber dort systemseitig gekappt. In Fällen, die als Ausnahmen/Notfälle im Sinne des Gesetzes zu betrachten sind, kann der Mitarbeiter mit schriftlicher Zustimmung seiner Führungskraft sowie Personalbereich und Betriebsrat diese [X.]en seinem [X.] gutschreiben lassen.

                 
        

Dieses Verfahren gewährleistet einerseits die Einhaltung des [X.]gesetzes und stellt andererseits sicher, dass dem Mitarbeiter in den o.g. Ausnahmen/Notfällen keine Nachteile entstehen. Die Beteiligung des Betriebsrates ist bei diesem Verfahren sichergestellt.“

8

In der [X.] vom 1. Januar 2010 bis zum 7. Dezember 2010 wurden auf der Grundlage der [X.] insgesamt 2.747,51 Arbeitsstunden systemseitig gekappt.

9

Der Betriebsrat kündigte mit Schreiben vom 1. Februar 2011 die Protokollnotiz sowie in Nr. 2.4.1 [X.] die Sätze 4 ff. Er hat geltend gemacht, die Kappungsregelungen seien unwirksam. Hierdurch werde unzulässig in vergütungsrechtlich geschützte Positionen der betroffenen Arbeitnehmer eingegriffen.

Der Betriebsrat hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Regelung von Satz 2 in der Protokollnotiz vom 13. Oktober 2009 zu Ziff. 2.3 der zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur [X.] vom 13. Mai 2009 mit folgendem Inhalt

                          

„Darüber hinaus geleistete [X.]en, sowie [X.]en außerhalb der [X.] sind im [X.]erfassungssystem zu protokollieren, werden aber dort systemseitig gekappt.“

                 

unwirksam ist;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass diese Regelung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, auf die der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der [X.] zur Anwendung kommt, unwirksam ist;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass diese Regelung durch die Kündigung des Antragstellers vom 1. Februar 2011 ohne Nachwirkung beendet worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass die Regelung der Ziff. 2.4.1 Sätze 4, 5 und 6 der zwischen dem Betriebsrat und den weiteren Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur [X.] vom 13. Mai 2009 mit folgendem Inhalt

                          

„Verbleibt bei [X.]n ein positiver Saldo von mehr als 300 Stunden, so verfällt dieser. Wiedereinsetzen verfallener Gleitzeit ist ausgeschlossen. Der Betriebsrat wird über die verfallene Gleitzeit informiert.“

                 

unwirksam ist;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass diese Regelung durch die Kündigung des Antragstellers vom 1. Februar 2011 ohne Nachwirkung beendet worden ist.

Die beteiligten Arbeitgeberinnen haben Antragsabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seine Anträge weiter.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen.

I. Das [X.] hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, neben der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin die weiteren am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgeberinnen [X.] und [X.], die ebenso wie die Beteiligte zu 2. auf Arbeitgeberseite die [X.] abgeschlossen haben, anzuhören.

1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG sind in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen anzuhören, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen sind. Die ordnungsgemäße Anhörung der Verfahrensbeteiligten ist von Amts wegen noch in der [X.] zu prüfen ([X.] 9. Juli 2013 - 1 [X.] - Rn. 11).

2. Die vom Betriebsrat begehrte Entscheidung betrifft auch die weiteren Beteiligten in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung. Sind die Anträge des Betriebsrats begründet, stünde zugleich fest, dass auch die Gleitzeitkonten der unter den Geltungsbereich der [X.] fallenden Arbeitnehmer der [X.] und [X.] nicht nach Maßgabe der angegriffenen Regelungen der [X.] und der Protokollnotiz gekappt werden dürften. Die Einbeziehung dieser Arbeitgeber in das Verfahren ist daher geboten. Einer Zurückverweisung der Sache an das [X.] bedarf es indes nicht. Der [X.] hat die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und den betroffenen Arbeitgeberinnen Gelegenheit gegeben, sich zu äußern (vgl. [X.] 25. September 2012 - 1 [X.] - Rn. 18).

II. Die Anträge des Betriebsrats sind unbegründet. Die angegriffenen Vorschriften der [X.] und der Protokollnotiz sind wirksam. Sie regeln die [X.] iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und nicht deren Vergütung.

1. Der Hauptantrag zu 1. ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

a) Nach seinem Wortlaut begehrt der Betriebsrat die Feststellung der Unwirksamkeit der Regelung in Satz 2 [X.], wonach unter den dort beschriebenen Voraussetzungen Arbeitsstunden zwar im [X.]erfassungssystem protokolliert, aber systemseitig gekappt werden. Ein solcher Entscheidungsausspruch würde dem Antragsbegehren des Betriebsrats jedoch nicht gerecht. Dieser wendet sich nach seinem gesamten Vorbringen nicht gegen die Protokollierung dieser [X.]en im [X.]erfassungssystem, sondern allein gegen deren Kappung. Ein am Wortlaut haftendes [X.] ließe des Weiteren unberücksichtigt, dass in Not- und Ausnahmefällen geleistete [X.]en nach Satz 3 [X.] von der Kappungsregelung ausgenommen sind. Nach der Antragsbegründung geht es dem Betriebsrat mit dem Hauptantrag zu 1. jedoch um die Feststellung, dass auch die zehn Stunden werktäglich übersteigende [X.] sowie die [X.] außerhalb der [X.] auf den Gleitzeitkonten der unter den Geltungsbereich der [X.] fallenden Arbeitnehmer unabhängig davon gutzuschreiben und zu vergüten ist, ob ein Not- oder Ausnahmetatbestand iSv. Satz 3 [X.] vorliegt. Für ein solches [X.] spricht auch, dass Anlass des Rechtsstreits die von der Beteiligten zu 2. nach Satz 2 [X.] vorgenommene Kappung von insgesamt 2.747,51 in der [X.] vom 1. Januar 2010 bis 7. Dezember 2010 geleisteten Arbeitsstunden war. Dies hält der Betriebsrat wegen des wirtschaftlichen Werts der in dieser [X.] geleisteten Arbeit für unwirksam.

b) Der so ausgelegte Antrag des Betriebsrats ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Er ist auf die Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses der Beteiligten gerichtet. Es geht um die Feststellung, dass die Regelung in Satz 2 [X.] unwirksam ist und die Arbeitgeberinnen deshalb nicht zur Kappung von Arbeitsstunden berechtigt sind. Für diesen Antrag besitzt der Betriebsrat das erforderliche rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung. Diese ist geeignet, einen betriebsverfassungsrechtlichen Konflikt der Beteiligten endgültig beizulegen und weitere Verfahren zwischen ihnen zu vermeiden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberinnen einem gegen sie ergehenden Feststellungsausspruch nicht nachkommen werden (vgl. auch [X.] 14. Mai 2013 - 1 [X.] - Rn. 13).

2. Der Hauptantrag zu 1. ist unbegründet. Nr. 2.3 [X.] regelt die [X.] im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn und nicht die vergütungspflichtige [X.]. Für die hierauf bezogene [X.] gilt nichts anderes. Die Kappung von Arbeitsstunden führt dazu, dass die hiervon erfasste [X.] nicht als nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 iVm. Nr. 3 [X.] zu verteilende [X.] behandelt wird. Damit haben die Betriebsparteien berücksichtigt, dass sie die Lage der [X.] nur innerhalb der gesetzlichen und tarifvertraglichen Grenzen festlegen können. Durch die Kappung wird jedoch nicht in vergütungsrechtlich geschützte Positionen der betroffenen Arbeitnehmer eingegriffen.

a) Die Protokollnotiz ist eine eigenständige normative Regelung iSv. § 77 Abs. 2 [X.]. Sie ist schriftlich niedergelegt, von den Betriebsparteien unterschrieben und enthält nicht lediglich Hinweise auf deren Motive bei Abschluss der [X.]. Die Betriebsparteien haben hierin für den Fall des Überschreitens der täglichen Höchstarbeitszeit als Rechtsfolge die Kappung dieser [X.] vorgesehen. Der Inhalt der [X.] geht insofern über den Regelungsgehalt von Nr. 2.3 [X.] hinaus, der sich zusammenfassend in der deklaratorischen Wiedergabe der aus § 3 [X.] folgenden zulässigen täglichen Höchstarbeitszeit erschöpft. Dieses Verständnis der [X.] entspricht auch dem der Beteiligten.

b) Wortlaut, Systematik und Zweck der [X.] sowie der Protokollnotiz machen deutlich, dass die Betriebsparteien mit Satz 2 [X.] eine [X.]regelung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] getroffen haben. Die Pflicht zur Vergütung geleisteter Arbeit bleibt hiervon unberührt.

aa) In Nr. 2.2 [X.] haben die Betriebsparteien den zeitlichen Rahmen der [X.] festgelegt. Danach ist für die Wochentage Montag bis Freitag der frühestmögliche Arbeitsbeginn 6:30 Uhr und das spätmöglichste Arbeitsende 21:00 Uhr. Innerhalb dieser [X.]spanne können die Arbeitnehmer nach Nr. 2.1 [X.] Beginn und Ende der [X.] selbst bestimmen sowie Gleitzeit in Anspruch nehmen. Nach Nr. 2.3 [X.] darf die werktägliche [X.] allerdings zehn Stunden nicht überschreiten. Auf diese Regelung nimmt Satz 2 [X.] Bezug und sieht ergänzend vor, dass darüber hinaus geleistete [X.]en zwar zu protokollieren sind, jedoch systemseitig gekappt und damit nicht dem [X.] zugeführt werden. Hiermit haben die Betriebsparteien erkennbar ein [X.]regime schaffen wollen, das den Arbeitnehmern ein hohes Maß an [X.]souveränität gewährt und zugleich sicherstellt, dass die gesetzlichen Höchstgrenzen des [X.]rechts beachtet werden. Das entspricht dem Regelungsauftrag des § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Dieses Mitbestimmungsrecht bezweckt, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer [X.] und damit zugleich ihrer freien und für die Gestaltung ihres Privatlebens nutzbaren [X.] zur Geltung zu bringen ([X.] 10. November 2009 - 1 [X.] - Rn. 14). Da die Betriebsparteien dabei die gesetzlichen Höchstgrenzen der [X.] beachten müssen (Fitting 26. Aufl. § 87 Rn. 98), haben sie bestimmt, dass die über zehn Stunden hinaus geleistete werktägliche [X.] gekappt und grundsätzlich nicht als nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu verteilende [X.] behandelt wird. Dass sie mit Nr. 2.4 [X.] und Satz 2 [X.] die arbeitszeitrechtlichen Höchstgrenzen nur unvollständig in den Blick genommen haben, weil diese Bestimmungen die Ausgleichszeiträume des § 3 Satz 2 [X.] unberücksichtigt lassen, ist für diesen Rechtsstreit unerheblich.

bb) Der Annahme des Betriebsrats, die Kappungsregelung in Satz 2 [X.] betreffe vergütungspflichtige [X.], steht entgegen, dass hiermit den Betriebsparteien eine gesetzwidrige Regelungsabsicht unterstellt wird, da eine derartige Regelung für die in den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer bereits nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. [X.] unwirksam wäre. Der in dem Betrieb anwendbare Manteltarifvertrag sieht in § 4 Nr. 1 [X.] vor, dass als vergütungspflichtige Mehrarbeit auch die arbeitgeberseitig angeordnete oder gebilligte [X.] gilt, die über zehn Stunden täglich hinaus geleistet wird. Damit haben die Tarifvertragsparteien die vergütungsrechtliche Behandlung von außerhalb der Vorgaben des [X.]gesetzes geleisteter Arbeit abschließend tariflich geregelt. Ein durch die Betriebsparteien auszufüllender Gestaltungsspielraum verbleibt in vergütungsrechtlicher Hinsicht nicht. Aus Wortlaut, Systematik und Zweck der Protokollnotiz ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Betriebsparteien diesen Tarifvorbehalt bewusst missachten wollten. Es ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich, dass die Betriebsparteien für die [X.] eine abweichende Regelung treffen wollten, da Satz 2 [X.] nicht zwischen tariflichen und [X.]n unterscheidet. Eine gesetzeskonforme Auslegung der [X.] und der Protokollnotiz spricht daher gegen die Auffassung, die Kappung von Arbeitsstunden beseitige Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer.

cc) Auch bei einem arbeitszeitrechtlichen Verständnis von Satz 2 [X.] bleibt diese Bestimmung für Individualansprüche der Arbeitnehmer bedeutsam. Hiernach werden die [X.]en, die innerhalb der vorgesehenen [X.] bis zu zehn Stunden werktäglich erbracht werden, durch Gutschrift auf dem [X.] vom Arbeitgeber im Verhältnis zum Arbeitnehmer [X.] gestellt (vgl. hierzu [X.] 28. Juli 2010 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 135, 197). Nur wenn ein Arbeitnehmer länger als zehn Stunden werktäglich arbeitet, haben sich die Arbeitgeberinnen ein besonderes Prüfungsrecht vorbehalten. Solche [X.]en werden nach Satz 2 [X.] im [X.]erfassungssystem protokolliert und nach Satz 3 [X.] nur in Ausnahme- und Notfällen mit Zustimmung von Arbeitgeber und Betriebsrat dem [X.] gutgeschrieben.

3. Der vom Betriebsrat in der [X.] im Wege der Antragserweiterung eingeführte weitere Hilfsantrag fällt dem [X.] nicht zur Entscheidung an. Er ist erkennbar nur für den Fall gestellt, dass der Hauptantrag zu 1. als Globalantrag allein deswegen keinen Erfolg hat, weil die Kappungsregelung in Satz 2 [X.] nur insoweit rechtsunwirksam ist, als tarifliche Arbeitnehmer hiervon betroffen sind.

4. Der Hilfsantrag zu 2. ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Antrag ist zulässig. In zeitlicher Hinsicht ist er einschränkend dahingehend auszulegen, dass die begehrte Feststellung den [X.]raum ab dem 2. Juni 2011 betrifft. Nachdem die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben, hat die Kündigung der Protokollnotiz vom 1. Februar 2011 unter Berücksichtigung der dreimonatigen Frist des § 77 Abs. 5 [X.] erst mit Ablauf des 1. Juni 2011 Wirkung entfaltet.

b) Der Antrag ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob Satz 2 [X.] überhaupt isoliert kündbar war (vgl. hierzu [X.] 6. November 2007 - 1 [X.] - Rn. 26 ff., [X.]E 124, 314). Auch wenn man dies unterstellt, wirkt diese Bestimmung gemäß § 77 Abs. 6 [X.] nach. Hiernach gelten in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, die Regelungen einer Betriebsvereinbarung weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Regelung in Satz 2 [X.] ist eine solche Angelegenheit. Sie steht im unmittelbaren Sachzusammenhang mit der [X.] und bestimmt das [X.]ende bei der Inanspruchnahme von Gleitzeit. Dies unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] der Mitbestimmung des Betriebsrats (vgl. Fitting § 87 Rn. 115). Die Nachwirkung ist nach den Feststellungen des [X.]s nicht durch den Abschluss einer anderen Abmachung entfallen.

5. Der Hauptantrag zu 2. ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Antrag ist als Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. In der gebotenen Auslegung ist er darauf gerichtet, festzustellen, dass die Gleitzeitkonten der außertariflich vergüteten Arbeitnehmer nicht nach Nr. 2.4.1 Satz 4 [X.] zum 31. Dezember eines Kalenderjahres bei 300 Plusstunden gekappt, sondern ohne Obergrenze fortgeschrieben werden. Mit diesem Verständnis ist der Antrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Er ist auf die Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses der Beteiligten gerichtet. Es geht um die Feststellung, dass die [X.] den behaupteten Inhalt hat. Hierfür besteht das erforderliche rechtliche Interesse des Betriebsrats, da dieser zwischen den Beteiligten streitig ist.

b) Der Antrag ist unbegründet.

aa) Nr. 2.4.1 Satz 4 [X.] greift ebenso wenig wie die weiteren Regelungstatbestände in dieser Bestimmung in vergütungsrechtlich geschützte Positionen der von der Kappung betroffenen [X.] ein. Die Norm dient allein dazu, das zum „Gleiten“ verfügbare Arbeitsvolumen dieser Arbeitnehmer zu begrenzen.

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verstößt Nr. 2.4.1 Satz 4 [X.] nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 75 Abs. 1 [X.]. Es fehlt im Hinblick auf den Regelungsgegenstand schon an einer Vergleichbarkeit der Arbeitnehmergruppen. [X.] und AT-Angestellte befinden sich insoweit nicht in einer vergleichbaren Situation.

(1) Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen ([X.] 1. Februar 2011 - 1 [X.] - Rn. 20 mwN).

(2) Hiernach liegen schon tatbestandlich keine gleichgelagerten Sachverhalte vor, die den Anwendungsbereich des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes eröffnen. Für [X.] beträgt der Gleitzeitrahmen 150 Stunden. Wird dieser für diese Personengruppe überschritten, werden die darüber hinaus geleisteten Stunden dem nach Nr. 4 [X.] geführten Freizeitkonto zugeführt. Demgegenüber werden für [X.] die über 150 Stunden geleisteten Arbeitsstunden dem [X.] bis zu einem Positivsaldo von 300 Stunden zugeführt. Für beide Gruppen gilt damit eine gänzlich unterschiedliche Regelungssystematik. Eine im Verhältnis zu tariflichen Arbeitnehmern nachteilige Behandlung der [X.] könnte allenfalls darin liegen, dass nur zugunsten der tariflich vergüteten Arbeitnehmer Freizeitkonten geführt werden, auf die [X.]guthaben von mehr als 150 Stunden übertragen werden. Diese unterschiedliche Behandlung gegenüber [X.] ist jedoch nicht Gegenstand des [X.] zu 2.

6. Der Hilfsantrag zum Hauptantrag zu 2. ist unbegründet. Die Regelungen wirken - wie oben dargelegt - jedenfalls gemäß § 77 Abs. 6 [X.] nach. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die erfolgte Teilkündigung wirksam war.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Schäferkord    

        

    Schwitzer    

                 

Meta

1 ABR 40/12

10.12.2013

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG München, 8. November 2011, Az: 25 BV 182/11, Beschluss

§ 87 Abs 1 Nr 2 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 3 BetrVG, § 83 Abs 3 ArbGG, § 256 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.12.2013, Az. 1 ABR 40/12 (REWIS RS 2013, 468)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 468

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