Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2016, Az. B 13 R 9/16 R

13. Senat | REWIS RS 2016, 777

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Gegenstand

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten - Überweisungen eines gesetzlichen Betreuers vom Konto des verstorbenen Betreuten in Unkenntnis von dessen Tod


Leitsatz

Ein gerichtlich bestellter Betreuer, der in Unkenntnis des Todes des Betreuten über die zu Unrecht gezahlte Rente zugunsten Dritter verfügt, kann vom Rentenversicherungsträger nicht auf Erstattung in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 844,66 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Rentenleistung.

2

Der [X.]ersicherte ([X.]) bezog seit Dezember 1993 von der Beklagten Altersrente, die zuletzt auf sein Konto bei der [X.] ([X.]) überwiesen wurde. Die Klägerin war seit Juni 2010 gerichtlich bestellte Betreuerin des [X.] mit dem Aufgabenkreis ua der [X.]ermögenssorge. Am 28.10.2010 verstarb [X.]. Am 29.10.2010 ging die Rente iHv 895,68 [X.] für den Monat November 2010 auf dem Konto des [X.] ein, das sich zuvor mit 2943,40 [X.] im Soll befunden hatte. Noch am selben Tag überwies die Klägerin von diesem Konto Beträge von 144,47 [X.] und 712,81 [X.] an Dritte. Die Klägerin erfuhr am 1.11.2010 vom Tod des [X.] und teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom selben Tag mit.

3

Auf das Rückforderungsersuchen der Beklagten teilte die [X.] mit Schreiben vom 23.11.2010 mit, nur einen Betrag von 39,48 [X.] rückerstatten zu können, weil das Konto des [X.] keine ausreichende Deckung aufweise.

4

Nach Anhörung forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 3.3.2011 nach § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I einen Betrag von 844,66 [X.]. Die Klägerin sei [X.]erfügende iS dieser Bestimmung. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.6.2011 zurück.

5

Das [X.] hat der Klage durch Urteil vom [X.] stattgegeben und die Bescheide aufgehoben. Die Berufung der Beklagten hat das L[X.] mit Urteil vom 26.2.2016 zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht als [X.]erfügende iS des § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I gehandelt, als sie am 29.10.2010 die beiden Überweisungen vom Konto des [X.] getätigt habe. Denn im Fall einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen [X.]ertretung sei grundsätzlich nicht der [X.]ertreter, sondern der [X.]ertretene [X.]erfügender im Sinne dieser [X.]orschrift (Hinweis auf B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] RA 44/02 R - Juris). [X.]orliegend müssten die Erben des [X.] die beiden Überweisungen gegen sich gelten lassen. Sie seien daher [X.]erfügende iS von § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I. Mit dem Tod des Betreuten werde kraft Gesetzes ein neues [X.]ertretungsverhältnis - zwischen Betreuer und Erben - begründet, das solange fortbestehe, bis der Betreuer vom Tod des Betreuten Kenntnis habe oder sie hätte haben müssen. Die Klägerin wäre nur dann [X.]erfügende iS des § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I, wenn sie trotz Kenntnis bzw [X.] vom Tod des [X.] die Überweisung vorgenommen hätte, sie also bösgläubig gewesen wäre. Da die Erben des [X.] als Erstattungspflichtige nach § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I in Betracht kämen, seien die Rechte der Beklagten hinreichend gewahrt.

6

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine [X.]erletzung des § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I. Die Klägerin könne als [X.]erfügende iS dieser Bestimmung in Anspruch genommen werden. Die zur Nachlasspflegschaft ergangene Rechtsprechung des B[X.] sei auf den Fall der Betreuung nicht übertragbar. Im Gegensatz zum Nachlasspfleger sei der Betreuer nicht gesetzlicher [X.]ertreter der Erben. [X.]ielmehr ende die Betreuung automatisch mit dem Tod des Betreuten. Der Betreuer werde lediglich - zivilrechtlich - von der Haftung gegenüber gutgläubigen [X.] und den Erben freigestellt, solange er im Rahmen seiner Amtsausübung in Unkenntnis des Todes die Geschäfte ordnungsgemäß fortführe. Ihn als gesetzlichen [X.]ertreter der Erben zu verstehen, ginge über die Fiktion des [X.] seiner Befugnisse hinaus. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch des § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I werde von der Haftungsfreistellung des Betreuers nicht erfasst. Zudem seien im Rahmen des § 118 Abs 4 S 1 [X.]B [X.]I Gesichtspunkte der Gut- bzw Bösgläubigkeit unerheblich.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 26. Februar 2013 und des [X.] vom 26. Februar 2016 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidungen der [X.]orinstanzen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die [X.]orinstanzen haben im Ergebnis zu Recht den Rückforderungsbescheid der Beklagten aufgehoben.

1. [X.] (§ 54 Abs 1 [X.] Alt 1 SGG), mit der die Klägerin die Aufhebung des Rückforderungsbescheids über den Betrag von 844,66 Euro begehrt, ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 3.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2011 hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Klägerin hat nach § 118 Abs 4 [X.] [X.] für die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Rentenleistung (dazu unter 2a) weder als Empfängerin (dazu unter 2b) noch als [X.]erfügende (dazu unter 2c) zu haften.

2. Wird ein belastender [X.]erwaltungsakt mit der Anfechtungsklage angegriffen, ist für die rechtliche Beurteilung grundsätzlich der [X.]punkt seines Erlasses maßgeblich (stRspr, vgl Senatsurteile vom 10.7.2012 - [X.] 4-2600 § 118 [X.] RdNr 17 und vom 24.10.2013 - [X.] 4-2600 § 118 [X.] RdNr 20). Bei der im [X.]punkt der Erteilung des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2011 maßgeblichen Sach- und Rechtslage war vorliegend auf § 118 Abs 4 [X.] in der ab 1.1.2008 gültigen Fassung des [X.] vom 20.4.2007 ([X.] 554) abzustellen.

Nach § 118 Abs 4 [X.] [X.] in der hiernach maßgeblichen Fassung sind - soweit Geldleistungen für die [X.] nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind - sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als [X.]erfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben ([X.]erfügende), dem [X.] zur Erstattung des entsprechenden Betrags verpflichtet.

a) Die von der Beklagten gezahlte Altersrente für den Monat November 2010 ist eine Geldleistung iS des § 118 Abs 4 [X.] [X.], die für diesen Monat zu Unrecht erbracht worden ist, weil nach § 102 Abs 5 [X.] ein Anspruch auf Zahlung der Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats bestanden hat, in dem [X.] verstorben war, vorliegend also bis zum [X.] steht die Bindungswirkung der Rentenbewilligung nicht entgegen. Denn der diesbezügliche [X.]erwaltungsakt hat sich mit dem Tod des [X.] als Rentenberechtigtem auch ohne Aufhebungsbescheid nach § 39 Abs 2 SGB X "auf andere Weise" erledigt (vgl Senatsurteil vom 24.2.2016 - [X.] R 22/15 R - [X.] 4-2600 § 118 [X.] Rd[X.] mwN).

b) Die Klägerin kann von der Beklagten nicht als Empfängerin der zu Unrecht gezahlten Rentenleistung iS des § 118 Abs 4 [X.] Halbs 1 [X.] in Anspruch genommen werden.

Empfänger von Geldleistungen sind zum einen die Personen, die für die [X.] nach dem Tod des Berechtigten Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben (§ 118 Abs 4 [X.] Halbs 1 Alt 1 [X.]), also jene, die die zu Unrecht erbrachte Rentenleistung vom [X.] ohne Einschaltung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erhalten haben (vgl Senatsurteil vom 10.7.2012 - [X.] 4-2600 § 118 [X.] RdNr 26 mwN). Daneben zählen zu den Geldleistungsempfängern (§ 118 Abs 4 [X.] Halbs 1 Alt 2 [X.]) auch Personen, an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde. Derartige Fallgestaltungen liegen hier in Bezug auf die Klägerin nicht vor, weil sie die Überweisungen zugunsten von [X.] getätigt hat.

c) Die Klägerin kann von der Beklagten aber auch nicht als [X.]erfügende über die zu Unrecht gezahlte Rentenleistung iS des § 118 Abs 4 [X.] Halbs 2 [X.] in Anspruch genommen werden.

Zwar hat die Klägerin mit der [X.]ornahme der Überweisungen gegenüber dem Geldinstitut als [X.]erfügungsberechtigte zivilrechtlich wirksam über das Konto des [X.] verfügt. Die Klägerin durfte trotz des Todes von [X.] in ihrer Eigenschaft als Betreuerin aufgrund ihrer Gutgläubigkeit hinsichtlich des [X.] der Betreuungsbefugnis gemäß § 1908i Abs 1 [X.], § 1893 Abs 1 i[X.]m § 1698a Abs 1 [X.] [X.] gesetzlich erlaubt tätig werden (dazu unter [X.]). Die durch die Überweisungen vorgenommenen [X.]erfügungen sind ihr aber nicht persönlich zurechenbar, weil sie aufgrund ihrer Unkenntnis von der Beendigung der Betreuung des [X.] noch gesetzlich geschützt die Überweisungen vornehmen durfte (dazu unter [X.]). Im Gegensatz zur Auffassung des [X.] hat die Klägerin mit den Überweisungen auch nicht als gesetzliche [X.]ertreterin der Erben des [X.] gehandelt. Daher kann sie auch als solche nicht haftbar gemacht werden (dazu unter cc).

[X.]) [X.]erfügende sind die Personen, die als [X.]erfügungsberechtigte über den der zu Unrecht erbrachten Rentenleistung entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (§ 118 Abs 4 [X.] Halbs 2 [X.]). Dies setzt mehr als nur die [X.]erfügungsberechtigung über das Konto voraus. Denn der [X.]erfügende muss dem Geldinstitut gegenüber wirksam zu Lasten des Kontos verfügt haben. In Betracht kommt insofern jeder berechtigte Dritte, jedoch auch der Rentner vor seinem Ableben und der Kontoinhaber, der den Kontostand unter einen der überzahlten Rentenleistung entsprechenden Betrag gesenkt hat, so dass im [X.]punkt der Rückforderung des [X.]s kein ausreichendes Guthaben vorhanden war (vgl stRspr, zB Senatsurteil vom 10.7.2012 - [X.] 4-2600 § 118 [X.] RdNr 29 mwN).

Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin als [X.]erfügungsberechtigte am 29.10.2010 mit den beiden Überweisungen gegenüber der [X.] wirksam zu Lasten des Kontos des [X.] über den der zu Unrecht geleisteten Rente entsprechenden Betrag verfügt. Denn gemäß § 1908i Abs 1 [X.], § 1893 Abs 1 i[X.]m § 1698a Abs 1 [X.] [X.] darf ein Betreuer im Fall der Beendigung der Betreuung durch den Tod des Betreuten die mit der Betreuung verbundenen ([X.] fortführen, bis er von der Beendigung Kenntnis erlangt hat oder sie kennen muss.

Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (vgl § 163 SGG) verstarb [X.] am 28.10.2010. Mit dem Tod des [X.] endete die Betreuung der Klägerin, ohne dass es einer diesbezüglichen gerichtlichen Entscheidung bedurfte (vgl [X.] in [X.]/[X.], Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl 2011, RdNr 6.678; [X.], ZE[X.] 2004, 453; vgl auch [X.] Beschluss vom 14.12.2011 - [X.] 489/10 - FamRZ 2012, 295). Da die Klägerin aber erst am 1.11.2010 vom Tod des [X.] Kenntnis erlangt hatte, war sie trotz der Beendigung der Betreuung aufgrund ihrer Gutgläubigkeit hinsichtlich des [X.] ihrer Betreuungsbefugnis am 29.10.2010 über das Konto des [X.] noch verfügungsberechtigt und hat mit den beiden Überweisungen gegenüber der [X.] wirksam [X.] über den der Rentenzahlung "entsprechenden Betrag" zu Lasten des Kontos des [X.] vorgenommen. Denn solange der Betreuer die Beendigung der Betreuung oder seines Amtes nicht kennt und auch nicht kennen muss, er also insoweit gutgläubig ist, wird gemäß § 1908i Abs 1 [X.], § 1893 Abs 1 i[X.]m § 1698a Abs 1 [X.] [X.] zu seinem Schutz das Fortbestehen seiner Befugnis ua zur [X.]ermögenssorge für den Betreuten fingiert (Poncelet in [X.], [X.], 7. Aufl 2014, § 1698a RdNr 7; [X.] in Staudingers Komm zum [X.], Stand: 2014, § 1698a RdNr 1; Olzen in [X.] zum [X.], 6. Aufl 2012, § 1698a RdNr 5). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei [X.]ornahme der Überweisungen nicht im Rahmen ihrer Amtsausübung als Betreuerin gehandelt hat, bestehen nach den Feststellungen des [X.] nicht.

[X.]) Die mit den Überweisungen vorgenommenen [X.]erfügungen der Klägerin über das Konto des [X.] sind ihr nicht persönlich zurechenbar. Denn sie durfte gemäß § 1908i Abs 1 [X.], § 1893 Abs 1 i[X.]m § 1698a Abs 1 [X.] [X.] über den Tod des [X.] hinaus gesetzlich berechtigt tätig werden mit der Folge einer "Haftungsfreistellung".

Diese spezielle "Haftungsfreistellung" für gutgläubig handelnde Betreuer ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 1698a Abs 1 [X.] [X.], jedoch bezweckt die [X.]orschrift eine solche. Sie soll sicherstellen, dass der Betreuer die Geschäfte bei unverschuldeter Unkenntnis über die Beendigung der Betreuung fortführen darf. Der Betreuer wird als gesetzlicher [X.]ertreter des Betreuten bis zum [X.]punkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens der Beendigung der Betreuung geschützt. Er soll keine Nachteile erleiden und insbesondere keine Haftung befürchten müssen, weil er von der Beendigung der Betreuung ohne [X.]erschulden keine Kenntnis erlangt hat (vgl zB [X.] in [X.], [X.], 75. Aufl 2016, § 1698a RdNr 1; [X.] in Staudingers Komm zum [X.], Stand: 2014, § 1698a RdNr 1; Olzen in [X.] zum [X.], 6. Aufl 2012, § 1698a RdNr 1; [X.]/[X.] in [X.], § 1698a RdNr 2 und 7, Stand: Einzelkommentierung August 2013, und § 1893 [X.] RdNr 5, Stand: Einzelkommentierung Juli 2010). Ohne diese Bestimmung würde der Betreuer - weil er objektiv betrachtet nicht mehr im Amt ist - gemäß § 179 [X.] als sogenannter [X.]ertreter ohne [X.]ertretungsmacht für die noch getätigten Rechtsgeschäfte persönlich einstehen und haften müssen (vgl [X.]/[X.] in [X.], § 1833 [X.] RdNr 206, Stand: Einzelkommentierung Juni 2016). [X.], diese vom Gesetzgeber gewollte besondere "Haftungsfreistellung" des gutgläubig und damit gesetzlich geschützt über das Konto des verstorbenen Betreuten verfügenden Betreuers nicht auch auf den Erstattungsanspruch des [X.]s nach § 118 Abs 4 [X.] [X.] zu übertragen, bestehen nicht. Im Gegenteil: Es entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn ein Betreuer, der in Unkenntnis vom Tod des Betreuten im Rahmen seiner gemäß § 1908i Abs 1 [X.], § 1893 Abs 1 i[X.]m § 1698a Abs 1 [X.] [X.] fingierten [X.]ertretungsmacht noch gesetzlich erlaubt [X.]erfügungen über dessen Konto vornehmen darf, aber trotz dieser zu seinem Schutz bestehenden speziellen gesetzlichen Ermächtigung dennoch über § 118 Abs 4 [X.] [X.] persönlich zur Erstattung der überzahlten Rentenleistung heranzuziehen wäre.

cc) Mit den Überweisungen hat die Klägerin aber auch keine den Erben des [X.] über § 118 Abs 4 [X.] [X.] zuzurechnenden [X.]erfügungen vorgenommen, für die sie als deren gesetzliche [X.]ertreterin oder persönlich zurechenbar haftbar gemacht werden könnte. Insoweit ist die zur Nachlasspflegschaft (§ 1960 [X.]) ergangene Entscheidung des [X.] ([X.] - Juris) auf den vorliegenden Fall einer Betreuung nicht übertragbar.

Das [X.] hat in dem vorgenannten Beschluss ausgeführt, dass [X.]erfügungen iS des § 118 Abs 4 [X.] [X.], die eine Person in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes oder eines ihr hoheitlich übertragenen privatrechtlichen Amtes getätigt habe, durch das sie zum gesetzlichen [X.]ertreter eines anderen bestellt worden sei, nicht ihr, sondern dem "[X.]ertretenen" als eigene zuzurechnen seien. Daher seien entsprechende [X.]erfügungen eines [X.], falls er in Ausübung dieses Amtes handele, nicht ihm, sondern allein den Erben zuzurechnen, die er vertrete ([X.]O RdNr 17). Gleichwohl sei die Forderung ihm gegenüber als gesetzlichem [X.]ertreter der Erben geltend zu machen.

Der Tätigkeitsbereich eines Betreuers ist jedoch von dem eines [X.] zu unterscheiden. Der Wirkungskreis des [X.] umfasst allgemein die Sicherung und [X.]erwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der unbekannten Erben. Seine hoheitliche Bestellung durch das Nachlassgericht begründet gleichzeitig die privatrechtliche gesetzliche [X.]ertretungsmacht für die unbekannten Erben bezüglich aller Nachlassangelegenheiten. Infolgedessen vertritt er die unbekannten Erben gerichtlich in allen den Nachlass betreffenden Rechtsstreitigkeiten, dh er ist insoweit aktiv und passiv zur Prozessführung befugt. Tritt ein Nachlasspfleger in Ausübung seines Amtes auf, geschieht dies ausschließlich in Wahrnehmung seiner Aufgaben als gesetzlicher [X.]ertreter der Erben. Auch bei einer gegen ihn als Nachlasspfleger gerichteten Klage ist er Beklagter nur als gesetzlicher [X.]ertreter der (unbekannten) Erben. Etwas anderes gilt nach der benannten Entscheidung des [X.] nur dann, wenn er nicht in Ausübung seines Amtes handele, sondern - eventuell gelegentlich der Amtsausübung - ein Eigengeschäft tätige, das nicht den Erben, sondern ihm selbst zuzurechnen sei. Nur in diesem Fall könne er persönlich (und mit seinem Privatvermögen) in Anspruch genommen werden, im Übrigen nur aufgrund eigener unerlaubter Handlung oder einer [X.]erletzung seiner Auskunftspflicht ([X.]O Juris RdNr 15).

Im Gegensatz zum Nachlasspfleger handelt der Betreuer - auch nach dem Tod des Betreuten - jedoch nicht als gesetzlicher [X.]ertreter der Erben. [X.]ielmehr endet die Betreuung bzw das Amt des Betreuers - wie unter [X.]) bereits ausgeführt - (automatisch) auch ohne Wissen des Betreuers, wenn der Betreute verstirbt. Durch die Fiktion des [X.] seiner [X.]ertretungsbefugnis für den Betreuten im Fall seiner Unkenntnis von der Beendigung der Betreuung wird für den Betreuer nach § 1908i Abs 1 [X.], § 1893 Abs 1 i[X.]m § 1698a Abs 1 [X.] [X.] aber keine neue gesetzliche [X.]ertretungsmacht für die Erben begründet. [X.]ielmehr wird ausschließlich seine [X.]ertretungsmacht als Betreuer als fortbestehend fingiert. Daher sind die von der Klägerin getätigten Kontoverfügungen zwar auch gegenüber den Erben des [X.] wirksam, ihnen aber nicht wie eigene [X.]erfügungen iS des § 118 Abs 4 [X.] [X.] zuzurechnen. Denn die Klägerin ist am 29.10.2010 bei [X.]ornahme der beiden Überweisungen zu Lasten des Kontos des [X.] aufgrund ihrer Gutgläubigkeit hinsichtlich des [X.] der Betreuungsbefugnis gesetzlich geschützt ausschließlich (noch) als dessen Betreuerin tätig geworden, so dass diese Kontoverfügungen - wie unter [X.]) ausgeführt - auch nicht ihr persönlich zuzurechnen sind.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 [X.] Teils 3 SGG i[X.]m § 154 Abs 2 [X.]wGO.

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 [X.] Teils 1 SGG i[X.]m § 63 Abs 2 [X.], § 52 Abs 1 und 3 [X.] sowie § 47 Abs 1 [X.] GKG.

Meta

B 13 R 9/16 R

14.12.2016

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Kassel, 26. Februar 2013, Az: S 10 R 360/11, Urteil

§ 118 Abs 4 S 1 SGB 6, § 179 BGB, § 1698a Abs 1 S 1 BGB, § 1893 Abs 1 BGB, § 1908i Abs 1 S 1 BGB, § 1960 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2016, Az. B 13 R 9/16 R (REWIS RS 2016, 777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 777

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