Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2011, Az. 3 StR 115/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5932

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 115/11
vom
8. Juni
2011
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum Betrug u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführerin am 8. Juni 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. September 2010, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Betrug in [X.] "Urkundenfälschung"
(aus den Gründen ergibt sich: in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung) in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Weiter hat es der Angeklagten zur Auflage gemacht, 400 Stunden gemeinnützige Ar-beit nach Weisung der Jugendgerichtshilfe abzuleisten. Es hat festgestellt, -ersatz aber Ansprüche Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entge-genstehen. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit der auf eine Verfahrens-rüge und die Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revi-sion. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.
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1. Das [X.] hat die Verurteilung der Angeklagten auf folgende Feststellungen gestützt:
Der Ehemann der Angeklagten hatte sich entschlossen, sich in den [X.] von Kraftfahrzeugen gehobener Fahrzeugklassen zu bringen, um sie unter Vorlage unechter Urkunden zu veräußern.
In Ausführung dieses Entschlusses mietete er am 4. März 2009 durch [X.] seiner tatsächlich nicht vorhandenen Absicht, das Kraftfahrzeug ordnungsgemäß zurückzugeben, bei einem gewerblichen Vermieter einen Pkw

inem [X.] passende unechte Zulassungsbescheinigungen auf gestohlenen Blan-koformularen herstellen. Am 13. März 2009 verkaufte er das Fahrzeug weiter. Die Angeklagte unterstützte ihren Ehemann in Kenntnis der Herkunft des [X.] bei den Verkaufsgesprächen, indem sie dem Käufer und dessen Ehefrau suggerierte, sie und ihr Ehemann lebten in guten finanziellen [X.] und seien rechtmäßig im Eigenbesitz des Fahrzeugs. Der Käufer, dem sie den Pkw
überließen, zahlte einen Kaufpreis in Höhe von 39.1

Der Ehemann der Angeklagten mietete in weiterer Umsetzung seines [X.]es am 23. März 2009 ein Kraftfahrzeug der Marke Porsche Carre-kw
an einen [X.]. Die Angeklagte, die über den [X.] ihres Ehemanns informiert war, unterstützte ihn bei den Verkaufsverhandlungen, indem sie dem Käufer im Verein mit ihrem Ehemann zunächst am Telefon und anschließend anlässlich einer persönlichen Begegnung vorspiegelte, der zweite Schlüssel des [X.] könne dem Käufer nicht überlassen werden, weil sie ihn zuhause vergessen habe. Der Käufer, dem der Pkw
übergeben wurde, zahlte einen

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2. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen [X.] zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung in zwei Fällen nicht; sie sind zum objektiven Tatbestand der Betrugstaten unzureichend. Es fehlen Angaben zu Art und Höhe des den Käufern der Kraftfahrzeuge entstan-denen Schadens. Eine Schädigung der Käufer in Höhe des vollen von ihnen entrichteten Kaufpreises, auf den das [X.] jeweils Bezug nimmt, setzte voraus,
dass sie im Gegenzug kein Eigentum an den [X.]. Dazu, insbesondere zu den Voraussetzungen des § 932 Abs. 2 BGB unter besonderer Berücksichtigung des Gutglaubenserwerbs von Kraftfahrzeugen bei Vorlage unechter Zulassungsbescheinigungen
([X.], Urteil vom 23. Mai 1966
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VIII ZR 60/64, [X.] 1966, 720 f.; [X.], Urteil vom 26. Mai 2011
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434/11, juris Rn. 20 ff.; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 932 Rn.
56), legt das [X.] nichts dar.
Dies entzieht nicht nur dem Strafausspruch, sondern bereits dem Schuldspruch die Grundlage. Entgegen der Ansicht des [X.] kann dieser nicht deswegen bestehen bleiben, weil bei den Käufern auch im Falle ihres gutgläubigen Eigentumserwerbs wegen des nicht unerheblichen Prozessrisikos jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der schadensgleichen Ver-mögensgefährdung ein Betrugsschaden eingetreten sei ([X.], Urteil vom 8.
Mai 1990 -
1 [X.], [X.] 1990, 517, 518; Beschluss vom 15. Januar 2003 -
5 [X.], [X.], 230 f.). Denn nach der neueren Rechtsprechung des [X.] zum Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevant ist, ist es im Hinblick auf das Bestimmtheits-gebot des Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich, eigenständige Feststellungen zum Vorliegen des Vermögensschadens zu treffen, um so dieses Tatbestands-merkmal von den übrigen Tatbestandsmerkmalen des § 263 Abs. 1 StGB so-6
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wie die Fälle des versuchten von denen des vollendeten Betruges hinreichend deutlich abzugrenzen. Nur so lässt sich auch eine tragfähige Aussage zur Stoffgleichheit zwischen der vom Opfer erlittenen Vermögenseinbuße und dem vom Täter erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteil treffen. Von einfach ge-lagerten und eindeutigen Fallgestaltungen abgesehen bedeutet dies, dass der Schaden der Höhe nach zu beziffern und seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen ist ([X.], [X.] vom 23.
Juni 2010 -
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BvR
2559/08 u.a., [X.]E 126, 170, 211
f.).
Daran fehlt es hier. Weder ist ersichtlich, nach welchen wirtschaftlich nachvollziehbaren Maßstäben ein bezifferbarer Vermögensschaden allein in dem Bestehen eines zivilrechtlichen Prozessrisikos liegen kann, wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Strafverfahren feststeht oder nicht [X.] ist, dass der getäuschte Käufer gutgläubig Eigentum an dem Fahr-zeug erworben hat, noch werden Parameter für die Berechnung der Höhe eines solchen Schadens erkennbar.
3. Aufgrund der unzureichenden Feststellungen unterliegt das landge-richtliche Urteil der Aufhebung, soweit es die Angeklagte betrifft, ohne dass es noch auf die [X.] der Revision betreffend die Anwendung der §
17 Abs. 2, §
8 Abs. 2 Satz 1 JGG und den Angriff gegen die der Revision unterliegende ([X.], Beschluss vom 17.
Februar 2010 -
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StR
524/09, [X.]St 55, 62 Rn.
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ff.) Entscheidung nach § 111i Abs.
2 StPO ankäme. Auf die Ausführun-gen in der Antragsschrift des [X.] wird insoweit hingewiesen. Von der Aufhebung nicht betroffen ist die in den Gründen des landgerichtlichen Urteils enthaltene Entscheidung nach §
101 Abs.
7 Satz 2 bis 4 StPO, die einer Überprüfung lediglich auf sofortige Beschwerde zugänglich ([X.], Beschluss vom 24. Juni 2009 -
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StR 188/09, [X.]St 54, 30 ff.) und nicht Gegenstand der 8
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Revision der Angeklagten ist. Eine Erstreckung der Aufhebung auf den wegen anderer Taten verurteilten Mitangeklagten scheidet aus, §
357 Satz 1 StPO.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat
darauf hin, dass das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO das [X.] nicht hindert, aufgrund der neu zu treffenden Feststellungen zu einer Verschärfung des Schuldspruchs zu gelangen. Das [X.] wird -
gegebenenfalls nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO -
das der Angeklagten zur Last gelegte Tun unter dem Gesichtspunkt der Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB in der Variante der Absatzhilfe zu untersuchen haben.
[X.]

Ri[X.] Hubert ist erkrankt Schäfer

und daher gehindert zu

unterschreiben.

[X.]

Mayer Menges
10

Meta

3 StR 115/11

08.06.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2011, Az. 3 StR 115/11 (REWIS RS 2011, 5932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5932

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