Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.09.2010, Az. 1 ABR 16/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 3422

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Gegenstand

(Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG - Tendenzträgereigenschaft von Psychologen in einem karitativen Unternehmen)


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 9. Dezember 2008 - 16 [X.] 1234/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die [X.]eigenschaft von Psychologen.

2

Die Arbeitgeberin, die ca. 600 Arbeitnehmer in 25 [X.]etriebsstätten beschäftigt, ist nach einem rechtskräftigen [X.]eschluss des [X.] vom 2. August 2005 (- 36 [X.]V 11795/05 -) ein Tendenzunternehmen iSv. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.], welches unmittelbar und überwiegend karitativen und erzieherischen Zwecken dient. Gegenstand ihres Unternehmens ist [X.]. die Einrichtung und der [X.]etrieb von Kindertagesstätten, Tagesförderstätten und Wohnheimen für behinderte Menschen. Ziel der Arbeitgeberin ist die Integration der von ihr betreuten behinderten Menschen in die Gesellschaft. Ihre Tätigkeit ist am [X.] ausgerichtet. Danach soll den behinderten Menschen ein möglichst normales, selbstbestimmtes Leben sowie die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden.

3

Das von der Arbeitgeberin in ihren Tagesförderstätten verfolgte Konzept strebt die Eingliederung von Menschen mit schweren [X.]ehinderungen in die Arbeitswelt zu einer für sie sinnvollen [X.]eschäftigung und persönlichen Entfaltung an. Dies umfasst die im Einzelfall bedarfsgerechten Hilfen und Maßnahmen zum Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der [X.] zu ermöglichen. Das von Psychologen vermittelte Angebot in den Tagesförderstätten besteht in der [X.]etreuung und Versorgung ihrer Nutzer sowie der Unterstützung der mit ihnen unmittelbar arbeitenden Mitarbeiter der Arbeitgeberin. Nach der Stellenbeschreibung „Psychologie in der Tagesförderstätte ([X.])“ vom 18. Juli 2005 gehören zu den Aufgaben der Psychologen [X.]. die psychologische Diagnostik und Intervention sowie die Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen. Daneben sind sie in die konzeptionelle Arbeit der Arbeitgeberin eingebunden. Die in der Tagesförderstätte eingesetzten Psychologen erbringen ihre therapeutischen und gutachterlichen Maßnahmen weitgehend frei von Weisungen der Arbeitgeberin und entscheiden dabei [X.]. eigenverantwortlich über die Art der Hilfeleistung für die von ihnen betreuten behinderten Menschen.

4

Zwischen der Arbeitgeberin und ihrem [X.]etriebsrat kam es in der Vergangenheit zu Meinungsverschiedenheiten über das [X.]estehen von Mitbestimmungsrechten bei der Einstellung von Psychologen, die auf der Grundlage der Stellenbeschreibung vom 18. Juli 2005 beschäftigt werden. Die Arbeitgeberin sieht diese als [X.] an, bei denen die [X.]eteiligungsrechte des [X.]etriebsrats eingeschränkt sind. Sie hat daher den [X.]etriebsrat mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 über die ab dem 1. November 2007 beabsichtigte Übernahme der zuvor befristet beschäftigten Psychologin K [X.] in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis lediglich informiert.

5

Der [X.]etriebsrat hat die Auffassung vertreten, er habe bei der Einstellung von Psychologen in den Tagesförderstätten nach §§ 99 ff. [X.] mitzubestimmen. Dem stehe die [X.]egelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht entgegen; die Psychologen seien keine [X.].

6

Der [X.]etriebsrat hat nach einer Antragserweiterung in der [X.]eschwerdeinstanz - soweit für die [X.]echtsbeschwerde noch von [X.]edeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass dem [X.]etriebsrat bei der Einstellung von Psychologen im Tagesförderstättenbereich das Mitbestimmungsrecht nach §§ 99, 100 und 101 [X.] zusteht,

        

hilfsweise,

        

2.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung der Mitarbeiterin [X.] zum 1. November 2007 gem. §§ 99, 100, 101 [X.] aufzuheben.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat die ursprünglichen Anträge des [X.]etriebsrats, die auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts und seiner Verletzung bei der Einstellung von Frau [X.] gerichtet waren, ebenso wie den [X.] abgewiesen. Dagegen hat der [X.]etriebsrat [X.]eschwerde eingelegt und seine Anträge um einen auf die Einstellung von Psychologen in einer Tagesförderstätte bezogenen Feststellungsantrag erweitert. Das [X.] hat die [X.]eschwerde insgesamt zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die [X.]echtsbeschwerde des [X.]etriebsrats, mit der dieser nur seinen in der [X.]eschwerdeinstanz erhobenen Feststellungsantrag und den [X.] weiterverfolgt.

9

[X.]. Die [X.]echtsbeschwerde des [X.]etriebsrats ist unbegründet. Das [X.] hat den in der [X.]echtsbeschwerdeinstanz als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag zu [X.]echt abgewiesen. Der [X.] ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

1. Der in der ersten Instanz unterlegene [X.]etriebsrat hat den Feststellungsantrag im Wege der Antragserweiterung (§ 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 ArbGG, § 533 ZPO) ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt. Das [X.] hat diese als sachdienlich angesehen und zugelassen. Im Übrigen hat sich die Arbeitgeberin auf die geänderten Anträge rügelos eingelassen.

2. Mit seinem Antrag möchte der [X.]etriebsrat das [X.]estehen seines Mitbestimmungsrechts nach §§ 99 ff. [X.] bei der Einstellung festgestellt wissen, wenn die Arbeitnehmer auf der Grundlage der Stellenbeschreibung „Psychologie in der Tagesförderstätte ([X.])“ vom 18. Juli 2005 beschäftigt werden. Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

3. Für den Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der [X.]etriebsrat kann die Frage, ob für die im Antrag beschriebene Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht nach §§ 99 ff. [X.] besteht, durch einen abstrakten Feststellungsantrag losgelöst vom konkreten Einzelfall zur gerichtlichen Entscheidung stellen ([X.] 13. Febr[X.]r 2007 - 1 A[X.][X.] 14/06 - [X.]n. 10, [X.]E 121, 139).

II. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass der [X.]etriebsrat bei der Einstellung der in den Tagesförderstätten beschäftigten Psychologen nicht nach §§ 99 ff. [X.] mitzubestimmen hat. Das [X.]eteiligungsrecht wird insoweit durch § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] eingeschränkt. Die in den Tagesförderstätten beschäftigten Psychologen sind [X.].

1. Gem. § 99 Abs. 1 [X.] hat der Arbeitgeber in einem Unternehmen mit in der [X.]egel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern vor der Einstellung eines Arbeitnehmers die Zustimmung des [X.]etriebsrats einzuholen. Die Arbeitgeberin beschäftigt die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern.

2. Das Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung wird durch § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen.

a) Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] finden die Vorschriften dieses Gesetzes [X.]. auf solche Unternehmen und [X.]etriebe, welche unmittelbar und überwiegend karitativen und erzieherischen [X.]estimmungen dienen, keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des [X.]etriebs dem entgegensteht.

b) Nach ständiger [X.]echtsprechung des [X.] dient ein Unternehmen karitativen [X.]estimmungen, wenn es den [X.] Dienst am körperlich oder seelisch leidenden Menschen zum Ziel hat und auf Heilung oder Milderung innerer oder äußerer Nöte des Einzelnen oder auf deren vorbeugende Abwehr gerichtet ist. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit des Unternehmens ohne Absicht der Gewinnerzielung erfolgt und der Unternehmer nicht ohnehin von Gesetzes wegen zu derartigen Hilfeleistungen verpflichtet ist (12. November 2002 - 1 A[X.][X.] 60/01 - zu [X.] 2 b [X.] der Gründe mwN, [X.]E 103, 329). Ein Unternehmen verfolgt eine erzieherische Tendenz iSd. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.], wenn durch planmäßige und methodische Unterweisung in einer Mehrzahl allgemein- oder berufsbildender Fächer die Persönlichkeit von Menschen geformt werden soll. Dagegen genügt es nicht, wenn die Tätigkeit des Unternehmens lediglich auf die Vermittlung gewisser Kenntnisse und Fertigkeiten gerichtet ist. Unerheblich ist dagegen, ob die erzieherische Tätigkeit gegenüber Kindern und Jugendlichen oder gegenüber Erwachsenen ausgeübt wird (31. Jan[X.]r 1995 - 1 A[X.][X.] 35/94 - zu [X.] 3 b [X.] (2) der Gründe mwN, AP [X.] 1972 § 118 Nr. 56 = EzA [X.] 1972 § 99 Nr. 126).

Die Arbeitgeberin ist ein Tendenzunternehmen iSv. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]. Sie verfolgt in ihrem aus einem [X.]etrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn bestehenden Unternehmen unmittelbar und überwiegend karitative und erzieherische Zwecke. Dies ist zwischen den [X.]eteiligten unstreitig und überdies vom [X.] in dem zwischen ihnen geführten Verfahren (- 36 [X.]V 11795/05 -) rechtskräftig festgestellt worden.

c) Das Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] bei der Einstellung der in einer Tagesförderstätte beschäftigten Psychologen ist ausgeschlossen. Das [X.] hat in [X.] nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei den auf der Grundlage der Tätigkeitsbeschreibung vom 18. Juli 2005 beschäftigten Psychologen um [X.] handelt, deren Einstellung nicht der Zustimmung des [X.]etriebsrats nach § 99 [X.] unterliegt.

[X.]) [X.]eschäftigte sind [X.], wenn die [X.]estimmungen und Zwecke des jeweiligen in § 118 Abs. 1 [X.] genannten Unternehmens oder [X.]etriebs für ihre Tätigkeit inhaltlich prägend sind ([X.] 13. Febr[X.]r 2007 - 1 A[X.][X.] 14/06 - [X.]n. 16, [X.]E 121, 139). Dies setzt voraus, dass sie die Möglichkeit haben, in dieser Weise auf die Tendenzverwirklichung Einfluss zu nehmen ([X.] 12. November 2002 - 1 A[X.][X.] 60/01 - zu [X.] 2 b [X.] der Gründe mwN, [X.]E 103, 329). Eine bloße Mitwirkung bei der [X.] genügt dafür nicht ([X.] 18. April 1989 - 1 A[X.][X.] 2/88 - zu [X.] 2 c der Gründe mwN, [X.]E 61, 305).

[X.]) Die Voraussetzungen für die [X.]eigenschaft sind wegen des durch § 118 Abs. 1 [X.] vermittelten [X.] in Abhängigkeit von den in der Vorschrift aufgeführten Unternehmens- und [X.]etriebszwecken zu bestimmen. Mit dem [X.] hat der Gesetzgeber das aus dem Demokratie- und Sozialst[X.]tsprinzip folgende [X.]echt der Arbeitnehmer auf Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten mit [X.]ücksicht auf die grundrechtlichen Freiheitsrechte der von § 118 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfassten Arbeitgeber begrenzt (Fitting [X.] 25. Aufl. § 118 [X.]n. 2). In [X.]ezug auf diese Arbeitgeber erweist sich § 118 Abs. 1 [X.] als eine grundrechtsausgestaltende [X.]egelung, bei deren Auslegung und Anwendung es nicht auf das Gewicht der durch die in Frage stehenden Mitbestimmungsrechte geschützten [X.]elange der Arbeitnehmer ankommt ([X.] 20. April 2010 - 1 A[X.][X.] 78/08 - [X.]n. 18, EzA [X.] 2001 § 118 Nr. 9). Die in ihr bestimmte eingeschränkte Geltung der organisatorischen Vorschriften des [X.]etriebsverfassungsgesetzes und seiner [X.]eteiligungsrechte führt zu einer von Verfassungs wegen gebotenen Privilegierung der davon begünstigten Arbeitgeber. Die Verwirklichung ihrer unternehmerischen Ziele darf durch die betriebliche Mitbestimmung nicht ernsthaft beeinträchtigt werden, da ansonsten ihre durch § 118 Abs. 1 [X.] geschützten Freiheitsrechte verletzt würden. An einer solchen [X.]eeinträchtigung von grundrechtlichen [X.]echtspositionen fehlt es aber bei Unternehmen und [X.]etrieben, die lediglich karitativen oder erzieherischen [X.]estimmungen außerhalb des durch Art. 7 Abs. 4, 5 GG geschützten [X.]ereichs dienen ([X.] 5. Oktober 2000 - 1 A[X.][X.] 14/00 - zu [X.] 1 b [X.] der Gründe, AP [X.] 1972 § 118 Nr. 67 = EzA [X.] 1972 § 118 Nr. 72). [X.]ei diesen beruht die eingeschränkte Geltung des [X.]etriebsverfassungsgesetzes auf ihrem besonderen Unternehmenszweck. Die damit verbundene Privilegierung hält sich zwar im [X.]ahmen des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der betrieblichen Mitbestimmung zustehenden Entscheidungsspielraums und ist deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der unterschiedliche [X.]ezug zu den besonderen Freiheitsrechten des Grundgesetzes und die durch § 118 Abs. 1 [X.] vermittelte [X.]egünstigung bei der Geltung des [X.]etriebsverfassungsgesetzes gebietet es aber, bei diesen Arbeitgebern für die [X.]eigenschaft ihrer [X.]eschäftigten ein höheres Maß an Einflussnahme auf die geschützte Tendenz zu verlangen, als bei den anderen von § 118 Abs. 1 [X.] erfassten Arbeitgebern.

cc) [X.]ei Arbeitgebern, deren unternehmerische [X.]etätigung einem besonderen Grundrechtsschutz unterliegt, können die Voraussetzungen für die [X.]eigenschaft einzelner Arbeitnehmer schon dann erfüllt sein, wenn jenen in nicht völlig unbedeutendem Umfang Arbeiten übertragen sind, durch die sie Einfluss auf die grundrechtlich geschützte Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers nehmen können ([X.] 20. April 2010 - 1 A[X.][X.] 78/08 - [X.]n. 21, EzA [X.] 2001 § 118 Nr. 9; 20. November 1990 - 1 A[X.][X.] 87/89 - zu [X.] 4 a der Gründe, AP [X.] 1972 § 118 Nr. 47 = EzA [X.] 1972 § 118 Nr. 57).

[X.]ei Arbeitgebern hingegen, bei denen der durch § 118 Abs. 1 [X.] vermittelte [X.] einen so weitgehenden Schutz nicht erfordert, setzt die [X.]eigenschaft der von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer voraus, dass diese bei den [X.] im Wesentlichen frei über die Aufgabenerledigung entscheiden können. Die Möglichkeit zur unmittelbaren Einflussnahme auf die karitative oder erzieherische Tendenz fehlt hingegen, wenn sie bei diesen Aufgaben über keinen oder nur einen geringfügigen Gestaltungsfreiraum verfügen, etwa weil sie einem umfassenden Weisungsrecht oder Sachzwängen ausgesetzt sind ([X.] 12. November 2002 - 1 A[X.][X.] 60/01 - zu [X.] 2 b [X.] (2) der Gründe, [X.]E 103, 329). Andererseits setzt die [X.]eigenschaft nicht notwendig die alleinige Entscheidungsbefugnis des Arbeitnehmers voraus. Ein inhaltlich prägender Einfluss auf die karitative oder erzieherische Tendenzverwirklichung kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitnehmer in bedeutende planerische, konzeptionelle oder administrative Entscheidungen in dem tendenzgeschützten [X.]ereich einbezogen ist und sein [X.]eitrag vom Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen Fachkunde nicht übergangen werden kann. Eine Vorgesetztenstellung allein vermag die [X.]eigenschaft hingegen nicht zu begründen. Der Arbeitnehmer muss vielmehr durch seine Weisungen gerade auf die unmittelbar von dem Arbeitgeber verwirklichte Tendenz Einfluss nehmen. In zeitlicher Hinsicht reicht ein unbedeutender Anteil der tendenzbezogenen Aufgaben an der Arbeitszeit des Arbeitnehmers ebenfalls nicht aus. Für die Annahme einer [X.]eigenschaft ist regelmäßig ein bedeutender Anteil an seiner Gesamtarbeitszeit erforderlich. Nur unter diesen Voraussetzungen ist die durch § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] bewirkte [X.]egünstigung der Unternehmen mit einer karitativen oder erzieherischen Zweckbestimmung gerechtfertigt.

dd) [X.]ei der [X.]ewertung des Gestaltungsfreiraums eines im tendenzgeschützten [X.]ereich beschäftigten Arbeitnehmers steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein [X.]eurteilungsspielraum zu. Dessen fallbezogene Würdigung ist in der [X.]echtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob der Sachverhalt fehlerfrei festgestellt wurde, die [X.]ewertungsmaßstäbe nicht verkannt sind und die Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Punkte vertretbar erscheint.

ee) Die in den Tagesförderstätten der Arbeitgeberin beschäftigten Psychologen sind [X.] in [X.]ezug auf die von der Arbeitgeberin verfolgte karitative Tendenz.

Die vom [X.]etriebsrat nicht mit Verfahrensrügen angegriffene tatrichterliche Würdigung des [X.] lässt einen [X.]echtsfehler nicht erkennen. Nach den Feststellungen des [X.]s erbringen die Psychologen ihre therapeutische Arbeit frei von Weisungen der Arbeitgeberin. Die ihnen dadurch eröffnete Gestaltungsmöglichkeit besteht insbesondere bei der Entscheidung über die Art der Hilfeleistung für die behinderten Menschen. Darüber hinaus wirken die Psychologen an der konzeptionellen Arbeit mit, bei der ihr therapeutisches Fachwissen von der Arbeitgeberin berücksichtigt wird. Damit sind ihnen in dem überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit tendenzbezogene Aufgaben übertragen, bei denen sie aufgrund ihres Gestaltungsfreiraums über eine prägende Einflussnahme auf die Tendenzverwirklichung der Arbeitgeberin verfügen. Anders als der [X.]etriebsrat meint, erfordert die [X.]eigenschaft nicht noch zusätzlich die Übertragung einer Vorgesetztenstellung.

d) Danach ist das Mitbestimmungsrecht des [X.]etriebsrats bei der Einstellung in [X.]ezug auf die in Tagesförderstätten der Arbeitgeberin eingesetzten Psychologen ausgeschlossen, da eine „Vermutung“ dafür spricht, dass diese Maßnahme aus tendenzbezogenen Gründen vorgenommen wird (vgl. [X.] 1. September 1987 - 1 A[X.][X.] 22/86 - zu [X.] 2 a [X.] der Gründe, [X.]E 56, 71).

III. Der Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Der [X.]etriebsrat hat in der Anhörung klargestellt, dass der [X.] lediglich für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag gestellt werden soll. Diese innerprozess[X.]le [X.]edingung ist nicht eingetreten.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Wisskirchen    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 16/09

14.09.2010

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Berlin, 7. Mai 2008, Az: 39 BV 20479/07, Beschluss

§ 99 BetrVG, § 118 Abs 1 S 1 Nr 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.09.2010, Az. 1 ABR 16/09 (REWIS RS 2010, 3422)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3422

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