Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011, Az. B 14 AS 101/10 R

14. Senat | REWIS RS 2011, 7566

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsleistung - Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung - Verwaltungsakteigenschaft der Zuweisung - öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch bei rechtsgrundlos erbrachter Arbeit - Anfechtungsklage - Leistungsklage - Klagehäufung


Leitsatz

1. Wenn in einer Eingliederungsvereinbarung keine Konkretisierung über den Inhalt einer Arbeitsgelegenheit vorgenommen worden ist, erfolgen die dann noch notwendigen Festlegungen durch einseitige Regelung des Trägers der Grundsicherung als Verwaltungsakt.

2. Für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch kommt es wegen der Prüfung des Rechtsgrundes für die geleistete Arbeit nicht allein auf das Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung, sondern auch auf die Regelungen in diesem Zuweisungsbescheid an.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem [X.] Wertersatz für geleistete Arbeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung.

2

Der alleinstehende Kläger bezieht von dem [X.] laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] ([X.]). Am [X.] schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung, nach der sich der Kläger verpflichtete, bei einem entsprechenden Angebot des [X.] an einer öffentlich geförderten Beschäftigung teilzunehmen. Mit Schreiben vom 4.1.2008 schlug der Beklagte dem Kläger eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung bei der [X.] ([X.]) für eine Tätigkeit bei der "[X.]' - Aufsammeln von Müll und Unrat im Stadtgebiet" vor. Gegen das Schreiben vom 4.1.2008 legte der Kläger mit Schreiben vom [X.] Widerspruch ein; den Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 zum [X.] als unzulässig.

3

Nachdem der Kläger bei der [X.] am [X.] eine entsprechende Vereinbarung über seine Tätigkeit unterzeichnet hatte, nahm er am [X.] seine Tätigkeit dort auf. Am [X.] stellte er seine Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsgelegenheit wieder ein. Daraufhin "kündigte" ihm der Maßnahmeträger mit Schreiben vom 9.4.2008. Mit Bescheid vom 17.7.2008 senkte der Beklagte wegen dieses Sachverhalts das [X.] ([X.]) des [X.] für den [X.]raum von drei Monaten um 30 Prozent. Den Widerspruch hiergegen wies er mit Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 zum [X.] 887/08 als unbegründet zurück.

4

Am 29.7.2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht ([X.]) [X.] ([X.] AS 1464/08), mit der er (ohne den Sanktionssachverhalt darzulegen) die Feststellung beantragte, dass die Arbeitsgelegenheit rechtswidrig gewesen sei, sowie die Verurteilung des [X.], ihm auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den [X.]raum [X.] bis [X.] den branchenüblichen Lohn zuzüglich Zinsen zu zahlen. Er bezog sich in der Klageschrift auf den Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 zum [X.] 887/08, den er in Kopie beifügte.

5

Im laufenden Klageverfahren hob der Beklagte seinen Sanktionsbescheid vom 17.7.2008 mit Schreiben vom [X.] auf und erklärte, dem Klagebegehren werde damit in vollem Umfang entsprochen. Der Kläger widersprach dem. Das Verfahren wegen der Sanktion sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewesen und bereits im Eilverfahren [X.] AS 1423/08 ER erledigt worden (Schreiben vom 6.10.2008, vom 23.10.2008 und vom 15.11.2008). Das Gericht wies den Kläger darauf hin, das Verfahren sei nach der Abhilfe durch den [X.] für erledigt zu erklären. Es stehe dem Kläger aber frei, hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs "nach Durchlaufen des notwendigen Widerspruchsverfahrens" eine weitere Klage zu erheben. "Auf Empfehlung des Gerichts" nahm der Kläger daraufhin den [X.] zurück, verlangte aber gleichwohl noch eine Entscheidung über den Feststellungsantrag.

6

Am selben Tag beantragte er bei dem [X.] die Zahlung eines [X.] in Höhe von 3177 Euro zuzüglich Zinsen. Dies lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 14.1.2009; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Die daraufhin erhobene Klage ([X.] AS 483/09) hat das [X.] durch Beschluss vom [X.] mit dem Klageverfahren [X.] AS 1464/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

7

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] die auf die (nachträgliche) Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arbeitsgelegenheit sowie den Antrag auf Zahlung von 3177 Euro zuzüglich Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Dabei hat es den Feststellungsantrag bereits als unzulässig angesehen, weil insoweit kein Feststellungsinteresse (mehr) dargelegt sei. Soweit der Kläger die Zahlung auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs begehre, sei die Klage unbegründet. Dabei könne offenbleiben, ob der Beklagte durch die Leistung des [X.] überhaupt einen Vermögensvorteil erlangt habe. Dies erscheine bereits deshalb zweifelhaft, weil die konkrete Maßnahme der Heranführung der Teilnehmer an den ersten Arbeitsmarkt unter besonderer Berücksichtigung der Belange von Personen mit erheblichen Vermittlungshemmnissen und sonderpädagogischem Förderbedarf gedient habe und aus diesem Grund vom [X.] mit insgesamt ca 400 000 Euro bezuschusst worden sei. Denn jedenfalls sei die Vermögensverschiebung nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Rechtsgrund sei vielmehr die am [X.] abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung. Gründe für die Nichtigkeit dieser Eingliederungsvereinbarung seien nicht ersichtlich. Soweit der Kläger geltend mache, die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Arbeitsgelegenheit, wie etwa das Erfordernis der Zusätzlichkeit, hätten nicht vorgelegen, begründe dies keinen Mangel der Eingliederungsvereinbarung, weil die konkret durchgeführte Arbeitsgelegenheit gar nicht Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung gewesen sei.

8

Mit der vom [X.] zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Rechtlicher Grund für die den Erstattungsanspruch begründende Vermögensverschiebung sei entgegen der Ansicht des [X.] nicht die Eingliederungsvereinbarung, sondern der "[X.]" vom 4.1.2008 gewesen. Dieser Bescheid und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid seien Gegenstand des Klageverfahrens. Deswegen hätte das [X.] den Klageantrag in dem Sinne auslegen müssen, dass der Kläger zunächst die Aufhebung "dieses Bescheides" verlangt habe. Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arbeitsgelegenheit ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass der Kläger hieraus einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch herleite. Dieser setze nicht voraus, dass der Rechtsgrund der Heranziehung nichtig sei. Im Übrigen sei nicht ausgeschlossen, dass noch ein Amtshaftungsprozess geführt werde.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts [X.] vom 24. Februar 2010 und den Bescheid des [X.] vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2008 aufzuheben und den [X.] zu verurteilen, dem Kläger für seine Tätigkeit in der [X.] vom 8. Januar 2008 bis 2. April 2008 den Betrag von 3177 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 15. Dezember 2008 zu zahlen,
hilfsweise festzustellen,
dass die dem Kläger vom [X.] angebotene Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Erstattungsanspruch setze voraus, dass die Eingliederungsvereinbarung als rechtliche Grundlage für die ausgeübte Tätigkeit nichtig sei. Dafür aber sei nichts vorgetragen.

Entscheidungsgründe

Der vom Kläger in der Revisionsinstanz gestellte Hauptantrag erweist sich als zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] ([X.]) [X.] als begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2, Abs 4 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>).

1. Der Kläger hat mit seiner zunächst erhobenen Klage (im Sinne der objektiven Klagehäufung) zum einen die Rechtswidrigkeit seiner Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit im Wege der "Feststellung" begehrt und zum anderen - im Wege der isolierten Leistungsklage - einen Wertersatz als öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch für im Rahmen dieser Arbeitsgelegenheit geleistete Arbeit. Nachdem er auf den unzutreffenden Hinweis des [X.] hin, die gerichtliche Geltendmachung seines Leistungsbegehrens setze ein Verwaltungsverfahren voraus, die Klage insoweit zurückgenommen hatte, konnte er dieses Begehren erneut klageweise geltend machen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 9. Aufl 2008, § 102 RdNr 11; B[X.]E 57, 184, 185 = [X.] 2200 § 385 [X.]). Diese zweite Klage hat das [X.] mit dem ursprünglich anhängig gemachten Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (§ 113 [X.]G). Beide Klagebegehren sind damit Streitgegenstand des Revisionsverfahrens.

a) [X.] hinsichtlich des ersten Klagebegehrens ist allerdings die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 [X.]G) und nicht die ihr gegenüber nachrangige Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 [X.]G). Entgegen der Auffassung des [X.] ist das Schreiben des Beklagten vom 4.1.2008 als Entscheidung der Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts gerichtet auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen zu qualifizieren (Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <[X.]B X>). Insoweit richtet sich das klägerische Begehren in der Sache auf Aufhebung dieses Verwaltungsaktes in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2008.

Soweit der Träger der Grundsicherung den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eine bestimmte Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs 3 Satz 2 [X.]B II (hier in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ; seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom [X.] zum 1.1.2009 in § 16d Satz 2 [X.]B II geregelt) zuweist, handelt es sich nach dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelungen regelmäßig um einen Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 [X.]B X. Die auf den Einzelfall bezogenen Anforderungen an solche Arbeitsgelegenheiten, die systematisch zum Katalog der Eingliederungsleistungen (vgl § 14 [X.]B II) gehören, und die daraus folgenden Obliegenheiten des Hilfebedürftigen lässt der maßgebliche Gesetzestext weder in § 2 Abs 1 Satz 2 [X.]B II ("Grundsatz des Forderns") noch in § 3 Abs 1 [X.]B II ("Leistungsgrundsätze") noch in §§ 14, 16 Abs 3 [X.]B II ohne weitere Umsetzungen ausreichend konkret erscheinen. Der Gesetzgeber gibt für den Einsatz von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei im öffentlichen Interesse liegenden zusätzlichen Arbeiten vielmehr einen weit gesteckten Rahmen vor, der im Einzelfall durch Festlegungen hinsichtlich des konkreten Inhalts der Arbeitsgelegenheit und der Erbringung der Mehraufwandsentschädigung auszufüllen ist (Voelzke in [X.]/[X.], [X.]B II, § 16d [X.]B II, RdNr 53 f, Stand 12/2010; [X.] in jurisPR-[X.] 27/2005 [X.] 1; [X.], Grundsicherung und Sozialhilfe, II.4 Rd[X.]5, Stand 1. Februar 2009).

Jedenfalls wenn in einer Eingliederungsvereinbarung (oder einem sie ersetzenden Verwaltungsakt) keine Konkretisierung über eine Arbeitsgelegenheit vorgenommen worden ist, bedarf es dieser Festlegungen "im Nachgang", die - sofern keine ergänzenden Vereinbarungen zwischen Träger der Grundsicherung und [X.] geschlossen werden - durch einseitige Regelung des Trägers erfolgen. Anders als etwa ein Arbeitsangebot iS von § 144 Abs 1 Satz 2 [X.] (<[X.]B III> vgl insoweit [X.] Beschluss vom 27.10.2003 - [X.] [X.] 82/03 B) oder ein Angebot einer Trainingsmaßnahme nach § 48 [X.]B III (vgl B[X.] Urteil vom 19.1.2005 - [X.]/11 [X.] 39/04 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.]) erschöpft sich die Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit regelmäßig nicht im Nachweis einer Gelegenheit zum Vertragsschluss mit einem Maßnahmeträger und bedeutet nicht lediglich behördliche Vorbereitungshandlungen, die einer eigentlichen Sachentscheidung (etwa einer Sanktion) vorangehen. Die Zuweisung bestimmt vielmehr abschließend gegenüber dem Hilfebedürftigen, welche Leistungen zu seiner Eingliederung in Arbeit vorgesehen sind, damit er auf dieser Grundlage seine Entscheidung über die Teilnahme an der Maßnahme treffen kann (B[X.] Urteil vom 16.12.2008 - [X.] [X.]/07 R - B[X.]E 102, 201 = [X.] 4-4200 § 16 [X.], RdNr 31). Da mit der Zuweisung - auch - über die Gewährung einer Eingliederungsleistung entschieden wird (vgl § 3 Abs 1 [X.]B II), ist für die [X.] unerheblich, dass das vom Hilfebedürftigen erwartete Verhalten vom Träger nicht vollstreckt werden kann ([X.] in jurisPR-[X.] 27/2005 [X.] 1).

Vorliegend war in der am [X.] geschlossenen Eingliederungsvereinbarung nicht näher festgelegt, welcher Art eine für die Förderung des [X.] geeignete Arbeitsgelegenheit sein müsste. Das in der Eingliederungsvereinbarung formulierte Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung "bei Verfügbarkeit und Eignung" war für sich genommen noch nicht ausreichend bestimmt, um die entsprechende Obliegenheit des [X.], hieran teilzunehmen, auszulösen. Entgegen der Auffassung des [X.] erschöpft sich das Schreiben vom 4.1.2008 nicht lediglich in der Aufforderung, sich bei der [X.] vorzustellen, sondern enthält die notwendigen weitergehenden Konkretisierungen durch den Beklagten. Der Beklagte hat eine konkrete Maßnahme bezeichnet und Aussagen zur Art der Tätigkeit, dem Maßnahmeträger, dem Arbeitsort, dem zeitlichen Umfang, der Lage und Verteilung und dem Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit sowie der Höhe der Mehraufwandsentschädigung getroffen. Damit liegt ein Verwaltungsakt im oben dargestellten Sinne vor.

Die Anfechtungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat den Bescheid vom 4.1.2008 zunächst mit dem Widerspruch angegriffen und innerhalb der Klagefrist, die mit Zugang des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2008 zu laufen begann, Klage erhoben. Soweit er sich in der Klageschrift nicht auf den Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 zum [X.], sondern auf den Widerspruchsbescheid vom selben Tag zum [X.] 887/08 bezogen hat, handelte es sich um eine offensichtliche Verwechslung. Es ergab sich aus der Klageschrift ausdrücklich, dass Streitgegenstand nur die behauptete Rechtswidrigkeit der Maßnahme und der daraus folgende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sein sollte. An keiner Stelle lassen dagegen die Sachverhaltsschilderungen oder die rechtlichen Ausführungen einen Bezug auf die Sanktionsentscheidung des Beklagten vom 17.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2008 erkennen. Der Kläger hat schließlich mit seiner Klage das Schreiben vom 4.1.2008 zwar nicht ausdrücklich als Verwaltungsakt angegriffen, insoweit war er aber von dem Beklagten und dem Gericht unzutreffend dahin belehrt worden, ein Verwaltungsakt liege nicht vor. Sein Vorbringen ist damit bei zutreffender Auslegung als Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2008 auszulegen. Das für die vorliegende isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 2 [X.]G notwendige Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich daraus, dass nach Aufhebung des Verwaltungsaktes wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Zuweisung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Betracht kommt (dazu sogleich).

b) Das Klagebegehren, einen Wertersatz im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zu erhalten, macht der Kläger zulässig im Wege der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs 5 [X.]G geltend (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 8 [X.] 11/08 R - [X.] 61, 385 = juris RdNr 9). Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2008 ist dabei nicht iS des § 54 Abs 4 [X.]G mit der Leistungsklage kombiniert, weil der angefochtene Bescheid nicht den geltend gemachten Erstattungsanspruch betrifft. Es handelt sich um eine Klagehäufung.

2. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Anfechtung des Verwaltungsaktes vom 4.1.2008 und - daran anschließend - die allgemeine Leistungsklage des [X.] in der Sache Erfolg haben. Es fehlt insoweit an den notwendigen Feststellungen des [X.].

a) Der Kläger macht hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Zuweisungsbescheides in erster Linie geltend, es fehle an der Zusätzlichkeit der Maßnahme nach § 16 Abs 3 Satz 2 [X.]B II. Die insoweit notwendige, an § 261 Abs 2 Satz 1 [X.]B III orientierte Prüfung (vgl dazu B[X.] Urteil vom 16.12.2008 - [X.] [X.]/07 R - B[X.]E 102, 201 = [X.] 4-4200 § 16 [X.] Rd[X.]7) hat das [X.] ausgehend von seiner Rechtsauffassung, ein anfechtbarer Verwaltungsakt liege nicht vor, vollständig unterlassen. Dies wird das [X.] nachzuholen haben. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob sich die Rechtswidrigkeit der Zuweisung in die streitige Arbeitsgelegenheit aus anderen Gründen ergibt.

b) Anspruchsgrundlage für das klägerische Leistungsbegehren kann allein ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch als gewohnheitsrechtlich anerkanntes und aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut sein. Dieser Anspruch gleicht eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage aus und verschafft dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des [X.], wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund oder ohne eine sonstige [X.]e Vermögensverschiebung erfolgt ist (vgl zu allem nur B[X.] Urteil vom [X.] - B 8 [X.] 11/08 R - [X.] 61, 385 = juris RdNr 11 sowie grundlegend B[X.]E 16, 151 = [X.] Nr 1 zu § 28 [X.]). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen [X.] (vgl B[X.] aaO [X.] 61, 385 unter Hinweis auf BVerwGE 71, 85, 88; 87, 169, 172 f; 100, 56, 59; 112, 351, 353 f ). Ein solcher Anspruch kommt im Anwendungsbereich des [X.]B II in Betracht, wenn vom Hilfebedürftigen nach Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung Arbeiten geleistet worden sind, die sich als [X.] erweisen (dazu Urteil des [X.] [X.]/10 R - zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen; zu Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Bundessozialhilfegesetz bereits BVerwGE 105, 370; [X.] DVBl 2005, 781).

Der Senat kann vorliegend auf Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht entscheiden, ob die Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nach diesen Grundsätzen vorliegen, wie der Kläger meint. Entgegen der Auffassung des [X.] kann der Hilfebedürftige einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gerichtet auf Wertersatz für eine [X.] erbrachte Arbeit nicht lediglich dann beanspruchen, wenn die Eingliederungsvereinbarung bzw ein entsprechender ersetzender Bescheid (vgl § 15 Abs 1 Satz 5 [X.]B II) an rechtlichen Mängeln leidet (zu einer solchen Konstellation vgl B[X.] aaO). Dort, wo die Eingliederungsvereinbarung für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Durchführung einer bestimmten Arbeitsgelegenheit darstellt (wovon auch das [X.] ausgeht), kommt es in der Konsequenz wegen der Prüfung des [X.] für die geleistete Arbeit nicht allein auf das Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung, sondern auch auf die (hier im Bescheid vom 4.1.2008 getroffenen) weiteren Regelungen zu der konkret durchgeführten Maßnahme an. Insbesondere wenn eine solche Maßnahme zwar auf eine im öffentlichen Interesse liegende Arbeit im Sinne einer wertschöpfenden, fremdnützigen Tätigkeit gerichtet ist, sich aber nicht als zusätzlich iS des § 16 Abs 3 Satz 2 [X.]B II darstellt, kann die erbrachte Arbeit [X.] zugewandt sein (zum Ganzen Urteil des Senats aaO). Dabei kann der Senat vorliegend offen lassen, inwieweit ein Hilfebedürftiger sich auf die Rechtswidrigkeit der Maßnahme aus diesem Grund berufen und einen Wertersatz für geleistete Arbeit verlangen kann, wenn er einen entsprechenden Zuweisungsbescheid zunächst nicht angegriffen hat. Ebenso kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand offen bleiben, ob ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auch in Fällen in Betracht kommt, in denen sich die Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit aus anderen (zB personenbezogenen) Gründen als rechtswidrig erweist.

Die notwendigen Feststellungen zur Beurteilung der Maßnahme "Aktion 'Saubere Stadt' - Aufsammeln von Müll und Unrat im Stadtgebiet" wird das [X.] bei Prüfung des Anfechtungsbegehrens nachzuholen haben. Sollte sich die Maßnahme danach als rechtswidrig erweisen und entsprechende Arbeiten ohne Rechtsgrund erfolgt sein, wird es Feststellungen zum zeitlichen Umfang der Maßnahme (Anzahl der täglichen Stunden), zur ortsüblichen Entlohnung einer entsprechenden Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und schließlich zu den Aufwendungen des Trägers der Grundsicherung zur Sicherung des Lebensunterhalts des [X.], die einer ggf von ihm erbrachten Arbeitsleistung gegenüberstehen, zu treffen haben, bevor eine abschließende Entscheidung getroffen werden kann.

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 14 AS 101/10 R

13.04.2011

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 24. Februar 2010, Az: S 45 AS 1464/08, Urteil

§ 16 Abs 3 S 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 261 Abs 2 S 1 SGB 3, § 31 S 1 SGB 10, § 812 BGB, § 54 Abs 1 SGG, § 54 Abs 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011, Az. B 14 AS 101/10 R (REWIS RS 2011, 7566)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7566

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 14 AS 98/10 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsleistung - 1-Euro-Job - Arbeitsleistung ohne Rechtsgrund - öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch - …


B 14 AS 75/12 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsleistung - Arbeitsgelegenheit - Wertersatz für geleistete Arbeit - öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch …


B 4 AS 1/10 R (Bundessozialgericht)

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsleistung - Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung - kein Arbeitsverhältnis - kein Vergütungsanspruch …


B 14 AS 53/08 R (Bundessozialgericht)

Absenkung bzw Wegfall des Arbeitslosengeld II - Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung - Zulässigkeit der Sprungrevision …


B 14 AS 195/11 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsvereinbarung - Rechtswidrigkeit eines Ersetzungsbescheides - Zulässigkeit der Umstellung von der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.