Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 15.10.2015, Az. 1 BvR 2329/15

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2015, 3851

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erbringung notarieller Dienstleistungen nach englischem Recht durch deutschen Rechtsanwalt im Inland - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Subsidiarität sowie mangels hinreichend substantiierter Begründung


Gründe

I.

1

1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und war bis zum Erreichen der Altersgrenze Notar im Bezirk des [X.]. Er ist ferner Barrister-at-Law und [X.] in [X.] und [X.]. Als [X.] Notar möchte er in [X.] notarielle Dienste unter [X.] Siegel nach englisch-rechtlichen notariellen Vorschriften unter Beachtung des [X.] Rechts erbringen.

2

Die Präsidentin des [X.] lehnte die Erteilung einer von dem Beschwerdeführer erbetenen schriftlichen Bestätigung, dass sie seiner notariellen Tätigkeit unter [X.] Siegel in [X.] nicht entgegentreten werde, ab. Auch die unter anderem auf Feststellung gerichtete Klage, dass der Beschwerdeführer berechtigt sei, als [X.] Notar in [X.] eine nach [X.] Recht ausschließlich in [X.] bestellten Notaren vorbehaltene Tätigkeit auszuüben, blieb vor dem [X.] ohne Erfolg. Den Antrag des Beschwerdeführers, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen, hat der [X.] abgelehnt.

3

2. Mit seiner gegen beide gerichtliche Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 101 [X.]. Daneben rügt er eine Verletzung von Art. 15, Art. 16, Art. 17 der [X.] ([X.]) und von Art. 6 der [X.] ([X.]).

II.

4

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 [X.]). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

5

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt schon im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht den Darlegungsanforderungen.

6

Der Beschwerdeführer trägt nicht vor, was er in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung beim [X.] vorgetragen hat. Weiterhin hat er davon abgesehen, die entsprechenden Schriftsätze vorzulegen. Ob er durch hinreichenden Vortrag in den Instanzen alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen hat, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. [X.] 74, 102 <113 f.>; 104, 65 <70>), lässt sich hiernach nicht zuverlässig überprüfen.

7

2. Auch hinsichtlich der geltend gemachten Grundrechtsverletzungen ist die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend begründet.

8

Nach §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz [X.] ist ein Beschwerdeführer gehalten, den Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Er ist des Weiteren verpflichtet, das angeblich verletzte Grundrecht oder grundrechtsgleiche Recht zu bezeichnen und substantiiert darzutun, inwieweit es durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein soll (vgl. [X.] 81, 208 <214>; 99, 84 <87>). Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, muss sich der Beschwerdeführer auch mit deren Gründen auseinandersetzen ([X.] 85, 36 <52>; 101, 331 <345>; 105, 252 <264>).

9

Der Beschwerdeführer hat bereits davon abgesehen, den der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Lebenssachverhalt und den Gang der Gerichtsverfahren zu schildern. Soweit sich der Lebenssachverhalt und der Verfahrensablauf aus den angegriffenen Entscheidungen ergeben, ist es jedenfalls nicht Aufgabe des [X.], die beigefügten Anlagen auf verfassungsrechtlich relevante Lebenssachverhalte hin zu prüfen (vgl. [X.] 80, 257 <263>; 83, 216 <228>; 131, 66 <82>).

Darüber hinaus fehlt es an der gebotenen Auseinandersetzung mit den umfangreichen Gründen der angegriffenen Entscheidungen. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung seine Rechtsansicht näher darstellt und auch umfangreich Rechtsprechung und Literatur zitiert, wird dieser Vortrag nicht in einen Zusammenhang mit den Gründen der angegriffenen Gerichtsentscheidungen gebracht. Dabei wird auch nicht näher dargelegt, inwieweit Verfassungsrecht unter Berücksichtigung des Maßstabs, anhand dessen das [X.] gerichtliche Entscheidungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüft (vgl. [X.] 97, 12 <27>; BVerfGK 6, 46 <50>; 10, 13 <15>; 10, 159 <163>), verletzt sein soll.

So ist auch die Rüge, dass die Nichtzulassung der Berufung beziehungsweise die unterlassene Vorlage des Verfahrens an den [X.] zur Vorabentscheidung (Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] verletze, nicht hinreichend substantiiert, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt, dass den angegriffenen Entscheidungen eine willkürliche Auslegung oder Anwendung des Prozessrechts zugrunde liegt. Das [X.] beanstandet die Auslegung und Anwendung von Normen, die die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung regeln, nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind oder das Gericht Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] grundlegend verkannt hat (vgl. [X.] 82, 286 <299>; 87, 282 <284 ff.>). Diese Grundsätze gelten auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. [X.] 135, 155 <231 Rn. 180>). Daher bedeutet nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich auch einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] (vgl. [X.] 126, 286 <315>).

Soweit der Beschwerdeführer in der Nichtzulassung der Berufung durch den [X.] zugleich eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 [X.] sieht, sind die diesbezüglichen Ausführungen ebenfalls nicht hinreichend substantiiert. Dies gilt ebenso für die Rüge des Verstoßes gegen weitere Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte und die Rüge des Verstoßes gegen Art. 6 [X.], dessen Verletzung der Beschwerdeführer zwar nicht unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen kann, sondern allenfalls mittelbar in Verbindung mit einem einschlägigen Grundrecht (vgl. [X.] 74, 102 <128>; 111, 307 <317>; 128, 326 <367 f.>). Auch mit der Rüge einer Verletzung der [X.] hat die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg, weil aus der [X.] keine Rechte des Beschwerdeführers folgen, die gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.], § 90 [X.] vor dem [X.] geltend gemacht werden können.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2329/15

15.10.2015

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 20. Juli 2015, Az: NotZ(Brfg) 13/14, Beschluss

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 Halbs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 267 Abs 3 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 15.10.2015, Az. 1 BvR 2329/15 (REWIS RS 2015, 3851)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1010 REWIS RS 2015, 3851

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