Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2013, Az. 9 AZR 554/11

9. Senat | REWIS RS 2013, 6601

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Gegenstand

Altersteilzeit - Vergütung von Lehrern - Annahmeverzug - Angebot der Arbeitsleistung


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. April 2011 - 6 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung während der Altersteilzeit.

2

Der am 11. Juli 1953 geborene Kläger ist beim beklagten [X.] (Beklagter) als Fachlehrer an einer staatlichen berufsbildenden Schule beschäftigt. Vor dem Wechsel in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis war er mit [X.] der Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten tätig. Darüber hinaus leistete der Kläger planmäßige Mehrarbeitsstunden. Die von ihm tatsächlich erteilten Unterrichtswochenstunden entsprachen dem Deputat einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft.

3

Die Parteien schlossen am 14. Mai 2008 auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 und des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 einen [X.] im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2013 und einer Freistellungsphase vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2018. In dem „Änderungsvertrag“ heißt es auszugsweise:

        

„§ 2   

        

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des § 3 Absatz 1 Unterabsatz 2 TV [X.], was einem künftigen Beschäftigungsumfang von 40 v. H. ergibt.

        

…“    

4

Der Kläger wurde ab Beginn der Arbeitsphase des [X.] mit [X.] der Unterrichtszeit einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft eingesetzt. Seine [X.] wurde auf dieser Basis ermittelt. Die vom Kläger geleistete Mehrarbeit wurde nicht vergütet, sondern in Freizeit abgegolten.

5

Mit Schreiben vom 24. September 2009, das am 29. Oktober 2009 beim zuständigen Schulamt einging, machte der Kläger unter Bezugnahme auf die Urteile des [X.] vom 19. Mai 2009 (- 9 [X.]/08 -, - 9 [X.]) die Neuberechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit in der Altersteilzeit und die sich daraus ergebende höhere [X.] geltend. Im Antwortschreiben vom 3. November 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, in Umsetzung der Urteile des [X.] werde der Beschäftigungsumfang nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 TV [X.] ab dem 29. Oktober 2009 auf [X.] erhöht. Der Kläger erhält seitdem [X.] auf der Basis dieses Beschäftigungsumfangs.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe unter Berücksichtigung der Verfallfrist des § 37 TV-L bereits ab dem 1. April 2009 das höhere Entgelt zu. Ein wörtliches Angebot seiner weiteren Arbeitsleistung sei entbehrlich gewesen. Im Übrigen hätte der Beklagte ihn auf die Entscheidungen des [X.] vom 19. Mai 2009 hinweisen bzw. diese Urteile auch ohne eine Aufforderung umsetzen müssen. Er habe bereits gegenüber dem Mitarbeiter des Schulamts, mit dem im Mai 2008 der [X.] ausgehandelt worden sei, geäußert, er finde es ungerecht, dass dem [X.] nicht auch die planmäßige Mehrarbeit zugrunde gelegt werde, habe sich jedoch im Ergebnis damit abgefunden.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass er seit dem 1. April 2009 Anspruch auf Entgelt auf der Basis der erhöhten [X.] von 20/40 hat.

8

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger hätte seine Arbeitsleistung zumindest wörtlich anbieten müssen. Er habe den Kläger nicht von sich aus auf die Rechtsprechung des [X.] hinweisen müssen. Er habe entschieden, den Beschäftigungsumfang ab dem Zeitpunkt einer entsprechenden Antragstellung zu erhöhen. Einen solchen Antrag habe der Kläger erst am 29. Oktober 2009 gestellt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet. Das [X.] hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert. Die Klage ist jedenfalls unbegründet.

I. Die Vorinstanzen haben den Klageantrag zutreffend so ausgelegt, dass [X.] nur der [X.]raum vom 1. April 2009 bis einschließlich 28. Oktober 2009 ist. Der Klageantrag enthält zwar keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung. Es ist zwischen den Parteien jedoch unstreitig, dass der Kläger für die [X.] nach dem 28. Oktober 2009 die begehrte erhöhte Vergütung erhalten hat. Ob der Kläger gehalten war, in Bezug auf diesen bereits bei Klageerhebung abgeschlossenen [X.]raum Leistungsklage zu erheben (vgl. zum fehlenden Feststellungsinteresse bei Möglichkeit der Leistungsklage: [X.] 18. März 1997 - 9 [X.] - zu I 1 der Gründe mwN, [X.]E 85, 306), oder ob aufgrund der konkreten Gegebenheiten eine abschließende Klärung der Streitfragen allein auf der Grundlage eines Feststellungsurteils zu erwarten war (vgl. [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 23 mwN, [X.]E 134, 202; 19. Mai 2009 - 9 [X.]/08 - Rn. 38), kann dahinstehen. Das Feststellungsinteresse ist lediglich für eine stattgebende Entscheidung unverzichtbar (st. Rspr., vgl. [X.] 14. November 2012 - 5 [X.] - Rn. 12; 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 13, [X.]E 128, 73; kritisch [X.]/[X.]/[X.] ArbGG 3. Aufl. § 46 Rn. 71).

II. Der [X.] war nicht verpflichtet, dem Kläger bereits ab dem 1. April 2009 Entgelt auf der Basis eines erhöhten Deputats zu zahlen.

1. Nach den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt ein Arbeitnehmer gemäß § 611 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt ([X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] - Rn. 26).

2. Der Kläger hat im [X.] [X.] der Arbeitsleistung einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft erbracht. Nach dem vom [X.] festgestellten Sachverhalt (§ 559 ZPO) befand sich der [X.] auch nicht gemäß § 615 iVm. § 293 ff. BGB im Annahmeverzug. Der Gläubiger kommt nach § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

a) Der Kläger hat dem [X.]n eine weitere Unterrichtstätigkeit weder tatsächlich (§ 294 BGB) noch wörtlich (§ 295 BGB) angeboten. Ohne Rechtsfehler ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Äußerungen des [X.] gegenüber dem Mitarbeiter des Schulamts vor Abschluss des [X.] kein Angebot in diesem Sinne darstellten. Gegen diese Annahme des [X.]s richtet sich auch kein Angriff der Revision.

b) Entgegen der Ansicht des [X.] war ein wörtliches Angebot der Arbeitsleistung auch nicht entbehrlich.

aa) Zwar ist ein Angebot entbehrlich, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die Leistung anzunehmen, beharrt (vgl. [X.] 9. Oktober 2000 - II [X.] - zu 1 der Gründe; [X.]/[X.] BGB 72. Aufl. § 295 Rn. 4). Das [X.] hat jedoch keine Tatsachen festgestellt (§ 559 ZPO), aus denen sich ergibt, dass der [X.] unter keinen Umständen bereit war, den Kläger mit der erhöhten Stundenzahl zu beschäftigen. Entgegen der Auffassung des [X.] folgt aus dem im [X.] vereinbarten Beschäftigungsumfang nicht die Entbehrlichkeit eines wörtlichen Angebots. Die Angabe der Teilzeitquote erfolgte nur deklaratorisch (vgl. [X.] 19. Mai 2009 - 9 [X.]/08 - Rn. 45).

bb) Das Angebot einer weiteren Unterrichtstätigkeit war auch nicht nach § 296 BGB entbehrlich. Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine [X.] nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es nach dieser Vorschrift des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Zwar konnte der Kläger weiteren Unterricht erst nach einer entsprechenden Ergänzung des Stundenplans erteilen. Doch war hierfür nicht eine [X.] nach dem Kalender bestimmt. Die Lage der weiteren Unterrichtsstunden konnte jederzeit nach den schulischen Erfordernissen bestimmt werden (vgl. [X.] 30. April 2008 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 126, 316). Im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis ist § 296 BGB regelmäßig unanwendbar (vgl. [X.] 25. April 2007 - 5 [X.] - Rn. 19; 7. Dezember 2005 - 5 [X.] - zu I 2 der Gründe). Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des [X.] von der Anwendbarkeit des § 296 BGB aus ([X.] 19. September 2012 - 5 [X.] - Rn. 28; vgl. auch 22. Februar 2012 - 5 [X.] - Rn. 14 mwN; 19. Januar 1999 - 9 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 90, 329).

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    [X.]    

                 

Meta

9 AZR 554/11

16.04.2013

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Jena, 22. Oktober 2010, Az: 3 Ca 79/10, Urteil

§ 615 BGB, § 295 BGB, § 296 S 1 BGB, § 611 BGB, § 293 BGB, § 3 AltTZTV

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2013, Az. 9 AZR 554/11 (REWIS RS 2013, 6601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6601

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

4 Sa 1108/14

6 Sa 593/21

11 Sa 1566/13

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