Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.05.2023, Az. 25 W (pat) 518/22

25. Senat | REWIS RS 2023, 4809

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2020 118 882

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 4. Mai 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] sowie der Richterin Dr. Rupp-Swienty, LL.M.,

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Widersprechenden wird als unzulässig verworfen, soweit mit ihr beantragt wird, die Eintragung der Wortmarke 30 2020 118 882 zu löschen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

3. Der Antrag der Widersprechenden, dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens vor dem [X.] und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Rechtsvorgänger der Inhaberin der Marke 30 2010 042 357 „flav’n tasty“, eingetragen für die Waren

2

„Klasse 29:

3

Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Sportlernahrung (soweit in Klasse 29 enthalten); Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Eiweiß; Nahrungsergänzungsmittel für sonstige, nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Proteinen; Diätgetränke für sonstige nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Proteinen; Milchgetränke mit überwiegendem Milchanteil;

4

Klasse 30:

5

Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, [X.], [X.], [X.], Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Sportlernahrung (soweit in Klasse 30 enthalten); Glukose für [X.]; Stärke für [X.]; Traubenzucker für [X.]; Diätgetränke für sonstige nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten und Ballaststoffen; Nahrungsergänzungsmittel für sonstige, nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten und Ballaststoffen;

6

Klasse 32:

7

Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; isotonische Getränke“,

8

hat mit Formblatt vom 23. März 2021 Widerspruch gegen die Eintragung der Marke 30 2020 118 882 „[X.]“, eingetragen für die Waren

9

„Klasse 3:

Aromastoffe [ätherische Öle]; Aromastoffe für Duftstoffe; pflanzliche Aromastoffe [ätherische Öle]; pflanzliche Aromastoffe für Speisen und Getränke [ätherische Öle]; Aromatherapiepräparate; Aromaöle; Ätherische Öle für die Aromatherapie; Ätherische Öle für die Aromatisierung von Lebensmitteln; Ätherische Öle und aromatische Extrakte;

Klasse 5:

Nahrungsergänzungsmittel, auch als Riegel, Getränke oder Getränkepulver; diätetische Lebensmittel, für medizinische und für nicht-medizinische Zwecke, als Ersatz für Mahlzeiten, auch als Riegel, Getränke oder Getränkepulver; Traubenzucker für medizinische Zwecke; Diätkapseln [diätetische Präparate]; Diätpillen für medizinische Zwecke; Ballaststoffe und Präparate daraus; [X.] zur Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel;

Klasse 29:

Pflanzliche Aromastoffe, ausgenommen ätherische Öle; Aromapräparate für die Zubereitung von nicht arzneimittelhaltigen Aufgüssen und Tees; Aromapräparate für Nahrungsmittel, insbesondere [X.], feine Backwaren, Kuchen; Fruchtpasten zum Aromatisieren von Speisen;

Klasse 30:

Aromawürzstoffe und Würzmittel; Gewürze; Aromatisierte Tees [ausgenommen für medizinische Zwecke]; Aromatisierte Zuckerwaren; Aromatisierter Essig; Aromatisierter Kaffee; Aromatisierter [X.]; Aromatisierter Sirup; [X.] Popcorn; [X.] Speiseeis; Glukosesirup zur Verwendung als Süßungsmittel für Speisen; Grundstoffe für die Zubereitung von Milchshakes [Aromastoffe]; Herzhafte Aromastoffe für Nahrungsmittel [ausgenommen ätherische Öle]; Kaffeeextrakte zur Verwendung als Aroma in Lebensmitteln; Malzextrakte zur Verwendung als Aromastoff; Zucker, natürliche Süßungsmittel, süße Glasuren und Füllungen sowie Bienenprodukte zu Speisezwecken; Zucker, insbesondere aromatisierter Zucker;

Klasse 32:

Aromatisierte Wasser; aromatisierte, kohlensäurehaltige Getränke; Essenzen für die Zubereitung von aromatisiertem Mineralwasser [nicht in Form von ätherischen Ölen]; Sirupe für die Zubereitung von aromatisiertem Wasser“,

eingelegt. Mit Schreiben vom 16. Juni 2021 hat der Inhaber der angegriffenen Marke die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] erhoben und - wie auch mit Schreiben vom 5. November 2021 - beantragt, das Widerspruchsverfahren zurückzustellen bzw. auszusetzen, da gegen die Widerspruchsmarke ein Verfahren wegen Verfalls anhängig sei. Dagegen hat sich der Rechtsvorgänger der Widersprechenden mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 gewandt, in dem er ausführt, dass der Antrag auf Löschung wegen Verfalls von Rechtsanwälten stamme und nicht begründet worden sei. Überdies werde das Widerspruchszeichen ausweislich der vorgelegten Unterlagen benutzt.

Das [X.], Markenstelle für Klasse 5, besetzt mit einer Tarifbeschäftigten im gehobenen Dienst, hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2021 das Widerspruchsverfahren ausgesetzt. Eine Aussetzung des Widerspruchsverfahrens komme nach § 65 Abs. 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. § 32 Abs. 2 [X.] u. a. dann in Betracht, wenn dem Widerspruch voraussichtlich stattzugeben wäre und der Widerspruch - wie vorliegend - auf eine Marke gestützt werde, die Gegenstand eines Verfalls- oder [X.] sei. Gegen die Widerspruchsmarke 30 2010 042 357 „flav'n tasty“ sei selbst ein Löschungsverfahren wegen Verfalls anhängig. Da eine klangliche Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken „[X.]“ und „flav'n tasty“ in Betracht komme sowie Überschneidungen in den [X.] 29, 30 und 32 bestünden, sei eine zumindest teilweise Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen. Eine detaillierte Erörterung erfolge im Rahmen des [X.]. Die Entscheidung über den Bestand der Widerspruchsmarke 30 2010 042 357 „flav'n tasty“ habe daher Einfluss auf das Ergebnis des in Rede stehenden Widerspruchsverfahrens.

Gegen diesen Beschluss hat der Rechtsvorgänger der Widersprechenden Beschwerde eingelegt, die er damit begründet, dass das Verfahren zur Erklärung des Verfalls und der Löschung nach § 49 [X.] vor dem [X.] beendet sei. Die Widerspruchsmarke sei rechtserhaltend benutzt worden, da 46.000 mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkteinheiten in den Verkehr gebracht und jährliche Umsätze von mindestens … EUR

 erzielt worden seien. Dies ergebe sich u. a. aus der eingereichten eidesstattlichen Versicherung vom 5. Oktober 2021 und den Ausdrucken des Internetauftritts des Unternehmens, das die Widerspruchsmarke mit Zustimmung ihres Inhabers nutze. Ergänzend wurden an das [X.] gerichtete Schriftsätze vorgelegt.

Am 16. August 2022 ist die [X.] in das Markenregister als neue Inhaberin der Widerspruchsmarke 30 2010 042 357 „flav'n tasty“ eingetragen worden. Sie hat mit Schreiben vom 27. Februar 2023 mitgeteilt, dass sie das Beschwerdeverfahren übernimmt.

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

den Beschluss vom 15. Dezember 2021 aufzuheben, die Löschung der Eintragung der Wortmarke 30 2020 118 882 „[X.]“ anzuordnen und dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens gemäß der [X.]/EG aufzuerlegen.

Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat darauf hingewiesen, von dem Rechtsvorgänger der Widersprechenden sei nicht beachtet worden, dass seit 2020 Löschungsverfahren wegen Verfalls nach Widerspruch auch vor dem [X.] weitergeführt werden könnten. Dies könne auch dem von ihm vorgelegten Schriftsatz an das [X.] vom 27. September 2021 entnommen werden.

Am 26. März 2021 ist ein Antrag auf Erklärung des Verfalls der Eintragung der Widerspruchsmarke 30 2010 042 357 in das Markenregister eingetragen worden, der am 30. April 2021 veröffentlicht wurde. Das [X.] teilte ergänzend mit, der Rechtsvorgänger der Widersprechenden habe dem Antrag auf Verfall fristgemäß mit am 22. April 2021 dort eingegangenem Schreiben gemäß § 53 Abs. 5 Satz 3 [X.] widersprochen. Da die Gebühr zur Weiterverfolgung des [X.] gemäß § 53 Abs. 5 Satz 4 [X.] gezahlt worden sei, werde dieses fortgesetzt.

Der Senat hat seine vorläufige Auffassung zur Sach- und Rechtslage den Beteiligten mit Schreiben vom 6. Februar 2023 mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss vom 15. Dezember 2021 sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die [X.] ist wirksam in vorliegendes Beschwerdeverfahren

als Rechtsnachfolgerin von [X.], dem früheren Inhaber der Widerspruchsmarke 30 2010 042 357, eingetreten. Sie wurde nach Einlegung der Beschwerde am 20. Januar 2022 nicht nur am 16. August 2022 als neue Inhaberin in das Markenregister eingetragen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 [X.]), sondern hat darüber hinaus mit Schreiben vom 27. Februar 2023 das Beschwerdeverfahren übernommen (§ 28 Abs. 2 Satz 3 [X.]).

2. Soweit mit der Beschwerde die Löschung der Eintragung der angegriffenen Wortmarke 30 2020 118 882 begehrt wird, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss des [X.]s, Markenstelle für Klasse 5, vom 15. Dezember 2021, mit dem ausschließlich über die Frage der Aussetzung des Widerspruchsverfahrens entschieden wurde. Zu dem Widerspruch aus der Marke 30 2010 042 357 selbst wurde darin keine abschließende Regelung getroffen. Mit der Formulierung „Aufgrund der anzunehmenden klanglichen Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken ‚[X.]‘ und [X.] sowie der Überschneidungen in den [X.] 29, 30 und 32 ist mit einer Verwechslungsgefahr, zumindest teilweise, zu rechnen“ ist lediglich die Aussetzungsanordnung begründet, jedoch keine Entscheidung in der Sache, also hinsichtlich des Widerspruchs getroffen worden. Damit ist die Beschwerde der Widersprechenden nicht statthaft, als sie sich gegen das Fehlen einer Anordnung zur Löschung der Eintragung der angegriffenen Wortmarke 30 2020 118 882 richtet (vgl. auch [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 66 Rn. 6). Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Frage der Aussetzung des Widerspruchsverfahrens.

3. Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 [X.] zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist, soweit sie sich gegen die mit dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des [X.]s getroffene Entscheidung, das Widerspruchsverfahren auszusetzen, richtet, zurückzuweisen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Anordnung lagen vor.

a) Gemäß § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] das Verfahren über einen Widerspruch außer in den in § 43 Abs. 3 [X.] genannten Fällen dann aussetzen, wenn dies sachdienlich ist. Gemäß § 32 Abs. 2, 2. Alt., [X.] kommt eine Aussetzung insbesondere dann in Betracht, wenn dem Widerspruch voraussichtlich stattzugeben wäre und die Marke, auf die er gestützt wird, selbst Gegenstand eines [X.] ist. Im Beschwerdeverfahren ist nicht nur das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einer Aussetzung, sondern auch das in diesem Zusammenhang ausgeübte Ermessen überprüfbar. Dem [X.] ist es aber verwehrt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des dem [X.] eingeräumten Ermessens zu setzen (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 43 Rn. 120). Entscheidungen, die ausdrücklich eine Aussetzung anordnen oder ablehnen bzw. die Fortsetzung eines ausgesetzten Verfahrens verweigern, sind in überprüfbarer Weise zu begründen (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 43 Rn. 119).

b) Gegen die Annahme der Markenstelle, zwischen der angegriffenen Wortmarke 30 2020 118 882 und der Widerspruchsmarke 30 2010 042 357 könne zumindest teilweise Verwechslungsgefahr bestehen, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Zum einen hat der Rechtsvorgänger der Widersprechenden auf die mit Schreiben vom 16. Juni 2021 erhobene Einrede der Nichtbenutzung Unterlagen eingereicht, so dass ein Nachweis der Benutzung zumindest für einige Waren nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Zum anderen weisen die Wortfolgen „flav’n tasty“ (Widerspruchsmarke 30 2010 042 357) und „[X.]“ (angegriffene Marke 30 2020 118 882) nicht nur im ersten, sondern auch im zweiten Bestandteil klangliche Gemeinsamkeiten bzw. begriffliche Annäherungen auf. Zudem handelt es sich bei den Waren der Klassen 5, 29, 30 und 32 sowie einigen Waren der Klasse 3 auf Seiten der angegriffenen Marke als auch bei den Waren der Klassen 29, 30 und 32 auf Seiten der Widerspruchsmarke um Lebensmittel, sei es in Form von fester Nahrung oder in Form von Getränken. Sie können aufgrund ihres identischen Verwendungszwecks, ihrer Beschaffenheit oder Produktionsweise zumindest teilweise Ähnlichkeiten aufweisen. Einer abschließenden und verbindlichen Beurteilung insbesondere der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bedarf es im Rahmen des hier in Rede stehenden [X.] jedoch nicht.

c) Das vor dem [X.] anhängige Verfahren zur Erklärung des Verfalls der Eintragung der Widerspruchsmarke 30 2010 042 357 begründet das Risiko, dass deren Eintragung - ggf. auch teilweise - gelöscht und somit die Grundlage einer etwaigen (auch teilweisen) Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke 30 2020 118 882 aufgrund des Widerspruchs entfallen wird. Das Verfallsverfahren ist entgegen der Auffassung des Rechtsvorgängers der Widersprechenden nicht beendet, da die Neuregelung des § 53 [X.] bereits vor Einleitung des [X.] in [X.] getreten ist und dieses - entgegen § 53 Abs. 4 [X.] a. F. - somit nach Einlegung eines dagegen gerichteten Widerspruchs und nach Zahlung der Gebühr zur Weiterverfolgung vor dem [X.] fortgesetzt wird (§ 53 Abs. 5 Satz 4 [X.]). Somit ist die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens sachdienlich, bis über den [X.] rechtskräftig entschieden ist. Der Tenor des angegriffenen Beschlusses vom 15. Dezember 2021 enthält zwar eine solche Aussage zur Dauer der Aussetzung nicht. Allerdings kann den Gründen entnommen werden, dass die Markenstelle für Klasse 5 eine Aussetzung als sachdienlich angesehen hat, solange das Verfallsverfahren anhängig ist. Insofern hat sie sachlich zutreffend und ermessensfehlerfrei über den Aussetzungsantrag entschieden.

4. Für eine Kostenauferlegung bestand kein Anlass, so dass der [X.] der Widersprechenden zurückzuweisen war.

Mangels Differenzierung der Kosten wird der Antrag dahingehend ausgelegt, dass sowohl die Kosten des Verfahrens vor dem [X.] als auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Gegenseite auferlegt werden sollen und der Beschluss vom 15. Dezember 2021 auch insoweit mit der Beschwerde angegriffen wird, als keinem Beteiligten Kosten auferlegt worden sind. Allerdings entspricht es nicht der Billigkeit, dem Inhaber der angegriffenen Marke Kosten gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] oder § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufzuerlegen. Für ein Abweichen des Grundsatzes, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt (§ 63 Abs. 1 Satz 3 [X.], § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]), bedarf es stets besonderer Umstände. Solche sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 63 Rn. 7, § 71 Rn. 13). Vorliegend sind keine Umstände erkennbar und auch nicht geltend gemacht worden, die eine Auferlegung von Kosten auf den Inhaber der angegriffenen Marke angezeigt erscheinen lassen.

Die von dem Rechtsvorgänger der Widersprechenden zur Begründung der Pflicht zur Kostentragung herangezogene Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist vorliegend keine taugliche Rechtsgrundlage. Zum einen werden durch den darin enthaltenen Artikel 14 lediglich die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der obsiegenden [X.] in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, von der unterlegenen [X.] getragen werden, sofern [X.] dem nicht entgegenstehen. Die Verpflichtung einer einzelnen [X.] zur Kostentragung ergibt sich daraus nicht unmittelbar. Zum anderen sind für vorliegendes Verfahren die bereits genannten Regelungen gemäß § 63 Abs. 1 [X.] und § 71 Abs. 1 [X.] einschlägig, so ein Rückgriff auf die zu ihnen nicht in Widerspruch stehende Richtlinie entbehrlich ist.

Meta

25 W (pat) 518/22

04.05.2023

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.05.2023, Az. 25 W (pat) 518/22 (REWIS RS 2023, 4809)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4809

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