Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.03.2018, Az. B 5 RE 12/17 B

5. Senat | REWIS RS 2018, 11800

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht


Tenor

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 20. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens ausgenommen die Kosten des Beigeladenen zu 2 zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt die rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für die [X.] vom 18.1.2012 bis 31.3.2014.

2

Die Klägerin ist Volljuristin und Fachanwältin für Sozialrecht. Seit dem [X.] ist sie Mitglied der [X.] und Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in [X.]. Seit Mai 2009 ist sie als selbstständige Rechtsanwältin in [X.], zunächst in Bürogemeinschaft und sodann in eigener Kanzlei tätig.

3

Am 18.1.2012 nahm die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als selbstständige Rechtsanwältin bei dem Beigeladenen zu 2 eine Tätigkeit im Umfang von 50 Prozent einer Vollzeitstelle in der [X.] auf (unbefristeter Arbeitsvertrag vom 18.1.2012) und übt diese Beschäftigung - unterbrochen durch Mutterschutz und Elternzeit - aus.

4

Am [X.] beantragte die Klägerin bei der [X.] für diese Tätigkeit die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 [X.] ab dem frühestmöglichen [X.]punkt. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom [X.] ab, weil es sich bei der abhängigen Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 2 um keine berufsspezifische (anwaltliche) Tätigkeit handele. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom [X.] als unbegründet zurück.

5

Die hiergegen gerichtete Klage hat das [X.] mit Gerichtsbescheid vom [X.] abgewiesen.

6

Während des von der Klägerin veranlassten Berufungsverfahrens hat die [X.] die Klägerin mit Bescheid vom 7.2.2017 gemäß § 46 Abs 2 [X.] als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) für die Tätigkeit bei dem Beigeladenen zu 2 zugelassen. Am 16.3.2017 ist ihr die Zulassungsurkunde von der Rechtsanwaltskammer ausgehändigt worden. Unter dem [X.] hat der Beigeladene zu 1 gegenüber der [X.] bestätigt, dass die Klägerin seit [X.] im Versorgungswerk [X.] sei und für die zu befreiende Beschäftigung einkommensbezogene Pflichtbeiträge analog §§ 157 ff [X.] gezahlt habe.

7

Mit Bescheid vom [X.] hat die Beklagte die Klägerin auf ihren erneuten Befreiungsantrag für die im Arbeitsvertrag vom 18.1.2012 bezeichnete Tätigkeit bei dem Beigeladenen zu 2, für die eine Zulassung als Syndikusrechtsanwältin nach § 46a [X.] erteilt worden ist, von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs 1 S 1 [X.] ab Zulassung als Syndikusrechtsanwältin am 16.3.2017 befreit. Weiterhin hat die Beklagte die Klägerin auf ihren Antrag mit Bescheid vom 23.5.2017 für die [X.] vom 1.4.2014 bis zum 15.3.2017 hinsichtlich ihrer Beschäftigung als Mitarbeiterin bei dem Beigeladenen zu 2 rückwirkend nach § 231 Abs 4b [X.] von der Rentenversicherungspflicht befreit. Hinsichtlich der [X.] vom 18.1.2012 bis zum 31.3.2014 hat sie den Antrag der Klägerin auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b [X.] durch Bescheid vom [X.] abgelehnt, weil diese in dem genannten [X.]raum keine einkommensbezogenen Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt habe. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.

8

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] [X.] die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom [X.] zurückgewiesen. Gegenstand des Verfahrens sei nur der Bescheid vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.], der sich als rechtmäßig darstelle. Der Bescheid vom [X.] sei nicht gemäß § 96 [X.] Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Er habe den [X.] weder abgeändert noch ersetzt. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am [X.] vorgenommene Klageänderung sei unzulässig.

9

Gegen die Nichtzulassung der Revision in der ihm am 28.7.2017 zugestellten Berufungsentscheidung hat der Beigeladene zu 1 am 28.8.2017 Beschwerde beim [X.] erhoben. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] und einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] wegen Verletzung des § 96 [X.].

Die Klägerin hat sich dem Vortrag des Beigeladenen zu 1 angeschlossen. Die übrigen Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert.

II. [X.] hat keinen Erfolg. Soweit sich die Beschwerde auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] stützt, ist sie bereits unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt insoweit nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 [X.] (dazu 1.). Die im Übrigen einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] geltend machende Beschwerde ist zwar zulässig, jedoch unbegründet (dazu 2.).

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.]-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, [X.], 2. Aufl 2014, § 160a Rd[X.]2 ff). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Beigeladene zu 1 misst folgender Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei:

        

"Werden in einer wegen der Erfüllung der Befreiungsvoraussetzungen des § 6 [X.] vor dem 03.04.2014 bei Sozialgerichten anhängig gemachten und noch nicht entschiedenen Rechtssache die an den(die) jeweilige Kläger(in) gemäß den Bestimmungen der §§ 6, 231 Abs. 4b [X.] nach dem 31.12.2015 ergangenen Bescheide und Widerspruchsbescheide Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens nach § 96 [X.]?"

Er hat es allerdings versäumt, deren Klärungsbedürftigkeit schlüssig aufzuzeigen.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl [X.]-1500 § 160 [X.]). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das [X.] bzw das [X.] zu diesem [X.] noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist ([X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.]83 mwN). Hieran fehlt es.

Zwar führt der Beigeladene zu 1 aus, dass die aufgeworfene Frage noch nicht vom [X.] entschieden worden sei. Er legt jedoch nicht dar, dass die schon vorhandene höchstrichterliche Judikatur noch nicht einmal Anhaltspunkte für deren Beurteilung enthält. Im Gegenteil zeigt die Beschwerdebegründung selbst auf, nach welchen Maßstäben und mit welchem Ergebnis die hier maßgeblichen Tatbestandsmerkmale des § 96 [X.] "abändern und ersetzen" unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des [X.] auszulegen seien.

Der Beigeladene zu 1 trägt dementsprechend auch nicht ausreichend vor, dass trotz der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf bestehe.

Ist eine Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden, kann sie aufgrund einer Gesetzesänderung wieder klärungsbedürftig werden. Dies gilt selbst dann, wenn die höchstrichterlich ausgelegte [X.] nicht geändert worden ist. Bei einer Gesetzesänderung kann sich nämlich ähnlich wie bei einer grundlegenden Änderung der Lebensverhältnisse in einem bestimmten Bereich der Inhalt nicht ausdrücklich geänderter Normen wandeln bzw hierdurch eine Neuinterpretation des Gesetzes erforderlich werden (vgl [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.]20; vgl auch [X.] Beschluss vom [X.] - B 10 LW 5/13 B - Juris RdNr 8). Diese Umstände und ihre rechtlichen Konsequenzen für die Auslegung des Gesetzes sind in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des [X.] substantiiert vorzutragen (vgl [X.], aaO, Rd[X.]20). Diesen Anforderungen ist ebenfalls nicht genügt.

Zwar verweist der Beigeladene zu 1 auf den mit Wirkung zum 1.1.2016 eingeführten § 231 Abs 4b [X.] und legt des Weiteren dar, dass der während des Berufungsverfahrens ergangene, den Antrag der Klägerin auf rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht für die [X.] vom 18.1.2012 bis 31.3.2014 ablehnende Bescheid vom [X.] den ursprünglichen Bescheid vom [X.], mit dem der Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 [X.] [X.] abgelehnt worden ist, entgegen der Rechtsauffassung des [X.] ersetzt habe und damit Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 [X.] geworden sei. Er trägt aber nicht vor, dass diese Norm aufgrund des neu eingeführten § 231 Abs 4b [X.] neu interpretiert werden müsste; vielmehr macht er geltend, dass das [X.] den vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft unter die Rechtslage subsumiert habe. Damit rügt der Beigeladene zu 1 eine fehlerhafte Rechtsanwendung des § 96 [X.] durch das Berufungsgericht. Mit dem Hinweis auf eine unrichtige Rechtsanwendung der Vorinstanz wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache indes nicht dargetan (vgl nur BVerwG Beschluss vom [X.] 8.06 - Juris RdNr 6).

Ebenso wenig ist die Klärungsbedürftigkeit mit dem Hinweis aufgezeigt, dass ein weiteres [X.] und verschiedene [X.] die Rechtslage unterschiedlich beurteilt hätten bzw die aufgeworfene Frage in weiteren zweitinstanzlichen Verfahren zur Entscheidung anstehen könne. Dass in diesen Verfahren Gesichtspunkte benannt worden sind, die abweichend von der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung eine neue Interpretation des § 96 [X.] erforderten, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid der [X.] vom [X.] nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Die Voraussetzungen des § 96 Abs 1 [X.] sind nicht gegeben.

Nach dieser Vorschrift wird ein neuer Verwaltungsakt ([X.]) nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen [X.] abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Zwar hat die Klägerin den Bescheid vom [X.] vollumfänglich mit der Klage angegriffen. Der in der Klageschrift formulierte Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten anzuerkennen, dass die Klägerin "bei ihrer Tätigkeit als Angestellte des Klinikums [X.], die sie ab dem 18.01.2013 aufgenommen hat, von der Versicherungspflicht gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 [X.] befreit ist", stellt keine zeitliche Beschränkung des Befreiungsbegehrens auf die [X.] erst ab Januar 2013 dar. Ausweislich der Klagebegründung handelt es sich bei der Jahresangabe "2013" im Antrag anstelle von "2012" vielmehr um einen offensichtlichen Schreibfehler. Auch ist der Bescheid vom [X.] nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom [X.] sowie bei noch nicht beendeter Rechtshängigkeit des Klageverfahrens ergangen.

Der Bescheid vom [X.] ändert den Bescheid vom [X.] jedoch weder ab noch ersetzt er diesen.

a) Abändern oder ersetzen setzt allgemein voraus, dass der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden [X.] mit dem des früheren identisch ist (vgl [X.] [X.] 4-1500 § 86 [X.] Rd[X.]0; [X.] [X.] 4-2500 § 95 [X.]7 Rd[X.]1), was durch Vergleich der in beiden [X.] getroffenen Verfügungssätze festzustellen ist (vgl [X.]E 47, 168, 170 = [X.] 1500 § 96 [X.]3 [X.] f; B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 96 Rd[X.]a mwN). Dabei reicht bei der Abänderung eines teilbaren [X.] eine Identität des streitbefangenen Teils aus.

Ausweislich des Vergleichs der Verfügungssätze der hier maßgeblichen Bescheide vom [X.] einerseits und vom [X.] andererseits liegt keine Identität der Regelungsgegenstände vor.

Mit Bescheid vom [X.] hat die Beklagte den "Antrag vom [X.] auf Befreiung von der Versicherungspflicht für Ihre abhängige Beschäftigung ab 18.1.2012 am Klinikum [X.] … abgelehnt …". Mit Bescheid vom [X.] hat die Beklagte "den Antrag vom 14.03.2016 auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b des [X.] ([X.]) für Ihre in der [X.] vom 18.01.2012 bis 31.03.2014 ausgeübte Beschäftigung als Mitarbeiterin beim [X.] abgelehnt".

Den in den Bescheiden verlautbarten Umständen lässt sich im Wege der Auslegung entnehmen, dass beide die Ablehnung der Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht für die [X.] vom 18.1.2012 bis 31.3.2014 auch (so Bescheid vom [X.]) bzw ausschließlich (Bescheid vom [X.]) regeln, wobei sich der erste Bescheid allerdings auf ihren Status als Rechtsanwältin und der zweite Bescheid auf ihren Status als Syndikusrechtsanwältin bezieht.

Die Auslegung eines [X.] hat ausgehend von seinem [X.] und der Heranziehung des in § 133 BGB ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedankens zu erfolgen, dass es nicht auf den Buchstaben, sondern auf den wirklichen Willen der Behörde bzw des [X.] ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat. Für die Ermittlung des erklärten Willens sind dabei auch die Umstände und Gesichtspunkte heranzuziehen, die zur Aufhellung des Inhalts der Verfügung beitragen können und die dem Beteiligten bekannt sind, wenn der [X.] sich erkennbar auf sie bezieht. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte ([X.] [X.] 4-5075 § 3 [X.] Rd[X.]5 mwN; [X.] Urteil vom 20.3.2013 - B 5 R 16/12 R - Juris Rd[X.]8).

Unter Beachtung dieser Vorgaben ist der Bescheid vom [X.] dahin zu verstehen, dass er die Ablehnung der Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht wegen [X.] einer anwaltlichen Beschäftigung im Klinikum [X.] für die Dauer ihrer dortigen Beschäftigung beginnend mit dem 18.1.2012 bestimmt. Dies ergibt sich aus dem [X.], der die Ablehnung ausdrücklich auf die "abhängige Beschäftigung ab 18.01.2012 am Klinikum [X.]" bezieht, und der Begründung, dass es sich hierbei um keine berufsspezifische anwaltliche Tätigkeit handele. Der Antrag der Klägerin vom [X.] (Eingangsdatum des Fax), auf den der [X.] ausdrücklich Bezug nimmt und den er vollumfänglich bescheidet, bestätigt dieses Ergebnis. In dem Antrag hat die Klägerin unter Ziffer 2 angegeben: "Ich bin angestellt, berufsspezifisch beschäftigt als Rechtsanwältin/Volljuristin, Arbeitgeber …: Klinikum [X.] …, Beginn der Beschäftigung 18.01.2012". Im [X.] hieran hat die Klägerin unter Ziffer 3 erklärt: "Ich beantrage die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw Satz 5 [X.] aufgrund meiner gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen [X.] ab dem frühestmöglichen [X.]punkt …". Antrag und Bescheid beziehen sich mithin korrespondierend auf die geltend gemachte Beschäftigung der Klägerin als Rechtsanwältin bei dem Klinikum [X.] und deren Dauer unter Angabe des [X.]. Der Bescheid vom [X.] regelt damit eine Ablehnung der Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht für die geltend gemachte Tätigkeit als Rechtsanwältin bei dem Klinikum [X.] auch in dem [X.]raum 18.1.2012 bis 31.3.2014.

Dass der Bescheid vom [X.] die Ablehnung der Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht für ihre Beschäftigung bei dem Klinikum [X.] in der [X.] vom 18.1.2012 bis 31.3.2014 regelt, bedarf keiner gesonderten Erläuterung. Diese Ablehnung bezieht sich dabei allerdings im Unterschied zu dem Bescheid vom [X.] auf den neu erworbenen Status der Klägerin als Syndikusrechtsanwältin. Dies ergibt sich zum einen durch die Bezugnahme des Bescheides auf den Antrag der Klägerin vom [X.] (Eingangsdatum bei der [X.]), mit dem die Klägerin unter Hinweis auf die von ihr beantragte Zulassung als Syndikusrechtsanwältin die rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt hat, und zum anderen durch den Verweis des Bescheides auf § 231 Abs 4b [X.], der sich auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt bezieht. Der Bescheid vom [X.] regelt damit eine Ablehnung der Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht für ihre Beschäftigung bei dem Klinikum "[X.] " - gemeint [X.] in dem [X.]raum 18.1.2012 bis 31.3.2014 im Hinblick auf ihren Status als Syndikusrechtsanwältin. Eine Identität der Regelungsgegenstände beider Bescheide liegt aufgrund der unterschiedlichen Statusbezogenheit nicht vor.

Für eine enge Auslegung der [X.] im dargelegten Sinn spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 96 Abs 1 [X.] heutiger Fassung iVm der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur alten Rechtslage. Das [X.] hat § 96 Abs 1 [X.] in der bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie über seinen eigentlichen Anwendungsbereich hinaus entsprechend angewendet (vgl hierzu etwa [X.] Urteil vom 17.11.2005 - [X.]/11 AL 57/04 R - [X.] 4-1500 § 96 [X.] Rd[X.]6 f mwN). Mit Wirkung zum [X.] ist § 96 Abs 1 [X.] durch Art 1 [X.]6 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom [X.] ([X.]) neu gefasst worden. Die Gesetzesänderung ("nur dann") diente der Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm. Eine Einbeziehung des neuen [X.] soll nur noch möglich sein, wenn der ursprüngliche Bescheid nach Klageerhebung durch ihn ersetzt oder abgeändert wird (BT-Drucks 16/7716 [X.]). Eine entsprechende Anwendung der Norm kommt danach nicht mehr in Betracht.

Schon unter der Geltung alten Rechts hatte das [X.] allerdings eine ausdehnende Anwendung des § 96 [X.] abgelehnt, wenn zwar die späteren Entscheidungen auf derselben Rechtsgrundlage ergangen waren und es auch um dieselbe Rechtsfrage ging, die rechtlich relevanten Sachverhaltsumstände und Tatsachengrundlagen aber nicht oder nur teilweise deckungsgleich waren, weil nur so dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie angemessen Rechnung getragen werden könne (vgl etwa zum Vertragsarztrecht [X.]E 78, 98, 101 = [X.] 3-2500 § 87 [X.]2, [X.]; zur Beitragserhebung in der Unfallversicherung [X.]E 91, 128 = [X.] 4-2700 § 157 [X.], RdNr 8; zu Betriebsprüfungen [X.]E 93, 109 = [X.] 4-5375 § 2 [X.], Rd[X.]1). Wenn aber schon nach altem Recht eine Veränderung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen eine Anwendung des § 96 [X.] ausgeschlossen hat, muss dies erst recht unter der Geltung neuen Rechts gelten.

Eine Änderung des Streitstoffs liegt auch in diesem Fall vor.

Für die Frage, ob die Klägerin eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b [X.] für die [X.] vom 18.1.2012 bis 31.3.2014 beanspruchen kann, ist maßgeblich, ob in diesem [X.]raum einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt worden sind (vgl § 231 Abs 4b S 4 [X.]). Hierauf kam es in der Ablehnungsentscheidung der [X.] vom [X.] indes nicht an; entscheidungsrelevant war insoweit, ob die Klägerin eine anwaltliche Tätigkeit ausgeübt hat.

b) Entsprechend der fehlenden Identität des [X.] in den Bescheiden vom [X.] und [X.] besteht auch keine Änderung oder Ersetzung des [X.]s durch den späteren Bescheid iS von § 96 Abs 1 [X.]. Eine Änderung liegt vor, wenn der [X.] teilweise aufgehoben und durch eine Neuregelung ersetzt wird; Ersetzung ist gegeben, wenn der neue [X.] vollständig an die Stelle des bisherigen tritt (vgl nur [X.] [X.] 4-2400 § 22 [X.] Rd[X.]5 mwN). Der Bescheid vom [X.] ist durch den Bescheid vom [X.] weder ganz noch teilweise aufgehoben worden. Vielmehr ist der Bescheid vom [X.] neben den Bescheid vom [X.] getreten und entfaltet die oben aufgezeigte eigene Regelungswirkung. Dementsprechend hat die Klägerin im Berufungsverfahren beide Bescheide nebeneinander in dem hier streitigen Umfang angefochten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [X.] iVm § 154 Abs 2 und 3, § 162 Abs 3 VwGO.

Der Streitwert richtet sich nach § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 [X.] iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 GKG. Ausgehend von dem Antrag des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs 1 S 1 GKG) ist ein Auffangwert von 5000 Euro anzunehmen, weil keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen Interesses des Beigeladenen zu 1 (vgl [X.], [X.], 48. Aufl 2018, § 47 GKG Rd[X.]) vorliegen (§ 52 Abs 2 GKG).

Meta

B 5 RE 12/17 B

22.03.2018

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: RE

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 5. August 2015, Az: S 4 R 4352/13, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 2 Nr 3 SGG, § 96 SGG vom 23.09.1975, § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 231 Abs 4b SGB 6, § 133 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.03.2018, Az. B 5 RE 12/17 B (REWIS RS 2018, 11800)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11800

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