Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2006, Az. XII ZB 74/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3982

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[X.][X.]/05
vom 12. April 2006 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 520 Abs. 2 Satz 2 Die nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche Einwilligung des Gegners in die Verlängerung der Begründungsfrist muss, wenn der Gegner sie nicht selbst ge-genüber dem Gericht erklärt, in dem Fristverlängerungsantrag im Regelfall aus-drücklich dargelegt werden. Ausnahmsweise reicht eine konkludente Darlegung aus, etwa wenn sich die Einwilligung des Gegners zweifelsfrei aus dem Zu-sammenhang des Antrags mit bereits zuvor gestellten Verlängerungsanträgen ergibt. [X.], Beschluss vom 12. April 2006 - [X.]/05 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 12. April 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: beschlossen: Der Klägerin wird als Rechtsbeschwerdeführerin für das Rechts-beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin [X.] beigeordnet. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 3. [X.] Brandenburgischen Oberlan-desgerichts vom 13. April 2005 aufgehoben. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt. Gründe: [X.] Die Parteien streiten um Unterhalt. Die Klägerin hat gegen das ihr am 16. September 2004 zugestellte teilweise klagabweisende Urteil des [X.] fristgerecht Berufung eingelegt. Die [X.] ist [X.] verlängert worden, und zwar zunächst wegen Erkrankung des [X.] der Klägerin bis zum 15. Dezember 2004. Auf am 13. Dezember 2004 und 12. Januar 2005 eingegangene Anträge der Klägerin ist die Frist er-1 - 3 - neut, und zwar bis zum 13. Januar und sodann bis zum 3. Februar 2005, ver-längert worden. In der Begründung beider Anträge ist ausgeführt, dass zwi-schen den Parteien Vergleichsverhandlungen schwebten und die Gegenseite mit der Fristverlängerung einverstanden sei. 2 In einem am 2. Februar 2005 eingegangenen Schriftsatz vom 1. Februar 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine erneute Fristverlänge-rung bis zum 3. März 2005 beantragt, weil die Vergleichsverhandlungen kurz vor dem Abschluss stünden, die Parteien jedoch noch [X.] benötigten, den [X.] abschließend abzustimmen. Der Vorsitzende des Senats des Berufungs-gerichts hat am 4. Februar 2005 verfügt, dass ein Abdruck dieses Antrags dem gegnerischen Anwalt zugeleitet wird; zugleich hat er mit dem Vermerk "Zust. [X.]?" eine Wiedervorlage nach zwei Wochen angeordnet. Außerdem hat er an diesem Tage den Prozessbevollmächtigten der Klägerin telefonisch darauf hin-gewiesen, dass dem Verlängerungsantrag nicht stattgegeben werden könne, weil die Einwilligung der Gegenseite nicht dargelegt sei. Am 1. März 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin "mit versichertem Einverständnis der Gegenseite" beantragt, die Frist für die Berufungsbegründung bis zum 17. März 2005 zu verlängern. Die Klägerin hat am 15. März 2005 die Berufung begründet. Mit Fax-Schreiben vom 16. März 2005 hat der Vorsitzende des Senats des Berufungs-gerichts dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass ein zulässi-ger Antrag auf weitere Fristverlängerung nicht gestellt worden und die [X.] deshalb verfristet sei. Die Klägerin hat daraufhin am 24. März 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Diesen Antrag hat das [X.] mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. 3 - 4 - I[X.] 4 1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 238 Abs. 2 i.V. mit § 522 Abs. 1, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig, da der angefochtene Beschluss die Klägerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt und eine Entscheidung des [X.] deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung erforderlich ist. 2. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Das [X.] hat der Klä-gerin die begehrte Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu Un-recht versagt. 5 a) Nach Auffassung des [X.]s hat der [X.] der Klägerin es versäumt, rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsbegrün-dungsfrist ein Fristverlängerungsgesuch anzubringen, das einer positiven Be-scheidung zugänglich ist. Der Antrag vom 1. Februar 2005 erfülle diese Vor-aussetzung nicht. Diesem Antrag hätte nur mit Einwilligung des Gegners statt-gegeben werden können. Dabei genüge nicht, dass diese Einwilligung tatsäch-lich vorliege. Der [X.] müsse diese zwingende Voraussetzung in sei-nem Verlängerungsgesuch (zumindest) auch darlegen. Diese Darlegung habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dessen Verschulden der Klägerin zu-zurechnen sei, unterlassen. Hinzu komme, dass das Wiedereinsetzungsgesuch nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist von zwei Wochen eingereicht worden sei. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe spätestens durch den - nach seiner Angabe am 4. Februar 2005 erfolgten - telefonischen Hinweis des Vorsitzenden des Senats des [X.]s Kenntnis erlangt, dass die beantragte Fristverlängerung nicht ohne schriftliche Darlegung der Zustim-mung des Gegners gewährt werden könne. Er habe deshalb nicht bis zum 6 - 5 - schriftlichen Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 16. März 2005 darauf ver-trauen dürfen, die Fristverlängerung sei stillschweigend gewährt worden. 7 b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 8 aa) Die Klägerin war ohne ihr Verschulden an der fristgerechten [X.] gehindert; denn sie durfte darauf vertrauen, dass ihren Anträ-gen, diese Frist bis zum 3. März 2005 bzw. weiter bis zum 17. März 2005 zu verlängern, entsprochen würde. Da die [X.] bereits zuvor über einen Monat hinaus verlängert worden war, konnte diese Frist nur mit Einwilligung des [X.] verlängert werden (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nach der Rechtsprechung des [X.] muss diese Einwilligung nicht schriftlich und gegenüber dem Berufungsgericht erklärt werden; sie kann vielmehr auch vom [X.] des Berufungsklägers eingeholt werden ([X.] Beschluss vom 9. November 2004 - [X.] - FamRZ 2005, 267). In diesem Fall muss die Erteilung der Einwilligung in dem Fristverlängerungsantrag dargelegt werden ([X.] Beschluss vom 22. März 2005 - [X.] 36/04 - FamRZ 2005, 1082 m.w.N.). 9 Dem Fristverlängerungsgesuch der Klägerin vom 1. Februar 2005 lässt sich konkludent die Erklärung entnehmen, der gegnerische Anwalt habe auch in die nunmehr erneut beantragte Fristverlängerung eingewilligt. Dafür spricht der Zusammenhang dieses Antrags mit den vorangegangenen [X.], in denen der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die schweben-den Vergleichsverhandlungen hingewiesen und ausdrücklich die Einwilligung des gegnerischen Anwalts dargelegt hat. Der Fristverlängerungsantrag der Klä-gerin vom 1. Februar 2005 stellt ausdrücklich den Abschluss dieser Vergleichs-verhandlungen in Aussicht und betont, dass "die Parteien" - also auch der [X.] - 6 - klagte - die Fristverlängerung benötigten, um den Vergleich abschließend [X.] und zur Protokollierung im schriftlichen Verfahren vorzulegen. 11 bb) Die Klägerin hat auch rechtzeitig auf die Wiedereinsetzung angetra-gen und die hierfür maßgebenden Gründe fristgerecht geltend gemacht. 12 Die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist muss - entgegen der Auffassung des [X.]s - nicht innerhalb von zwei Wochen, sondern, wie sich aus § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergibt, binnen eines Monats beantragt werden. Diese Frist begann nicht, wie das [X.] meint, schon deshalb am 4. Februar 2005, weil der Vorsitzende des Senats des Ober-landesgerichts an diesem Tag den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ange-rufen und ihm - auf dessen Rückruf - mitgeteilt hat, dass dem [X.] vom 1. Februar 2005 nicht entsprochen werden könne. Zum Inhalt dieses durch Nachweis der Telefongesellschaft belegten [X.] hat die Klägerin glaubhaft gemacht, ihr Prozessbevollmächtigter habe dem Senatsvorsitzenden ausdrücklich versichert, dass der [X.] in die Fristverlängerung eingewilligt und zugesagt habe, diese Einwilligung un-mittelbar und rechtzeitig dem [X.] zu übermitteln. Der Senatsvor-sitzende habe sich daraufhin erkundigt, ob denn tatsächlich begründete Hoff-nung bestehe, den Rechtsstreit durch Vergleich zu beenden. Der [X.] habe dies bejaht. 13 Ausweislich des Akteninhalts hat der Senatsvorsitzende am selben Tag (4. Februar 2005) verfügt, dass ein Abdruck des Fristverlängerungsgesuchs dem gegnerischen Anwalt zugeleitet wird; zugleich hat er mit dem Vermerk "Zust. [X.]?" eine Wiedervorlage nach zwei Wochen angeordnet. Bei Würdigung dieser Umstände ist nicht ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Klä-gerin bereits aufgrund des mit dem Senatsvorsitzenden geführten [X.] - 7 - sprächs zu dem Ergebnis kommen musste, dass sein Fristverlängerungsge-such endgültig abschlägig beschieden worden sei. Vielmehr ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde der Vortrag der Klägerin zu unterstellen, sie habe dem Telefongespräch entnehmen können, über die begehrte Fristverlängerung [X.] erst später und unter Berücksichtigung ihrer Darlegungen zur Einwilligung des Beklagtenvertreters entschieden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin durfte deshalb bis zu einer endgültigen abschlägigen Entscheidung darauf ver-trauen, dass seinem Gesuch um Fristverlängerung entsprochen würde, und konnte deshalb mit einem Wiedereinsetzungsgesuch zunächst zuwarten. Dieses Vertrauen war erst dann nicht mehr gerechtfertigt, nachdem der Vorsitzende des Senats des [X.]s mit Fax-Schreiben vom 16. und 24. März 2005 eine Fristverlängerung endgültig abgelehnt hatte. Die ein-monatige [X.] begann deshalb frühestens am 16. März 15 - 8 - 2005; sie wurde durch das am 24. März 2005 eingegangene [X.] in Verbindung mit der zuvor eingegangenen Berufungsbegrün-dung gewahrt. Hahne [X.] [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.09.2004 - 21 F 70/03 - [X.], Entscheidung vom 13.04.2005 - 15 UF 227/04 -

Meta

XII ZB 74/05

12.04.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2006, Az. XII ZB 74/05 (REWIS RS 2006, 3982)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3982

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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