Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2016, Az. VI ZR 116/16

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 900

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2016:131216BVIZR116.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

VI ZR
116/16

vom

13. Dezember 2016

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GG Art. 103 Abs.1; ZPO § 256 Abs. 1, § 544 Abs. 7
Das Gericht verletzt den Anspruch der [X.] auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, wenn es -
ohne zuvor einen Hinweis auf seine geänderte Auffassung zu geben -
einen Feststellungsantrag überraschend mit der Begründung abweist, er sei unklar und könne auch nicht in ausreichend klarer Form gestellt werden. Die [X.] muss Gelegenheit erhalten, ihren Klageantrag zu ändern und die Bedenken des Gerichts auszuräumen (Fortführung, Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 -
VI [X.]).
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2016 -
VI [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am
13. Dezember 2016
durch den Vorsitzenden [X.], die
Richterin von [X.], [X.] und die
Richterinnen Dr. Roloff
und Müller

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 4. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der [X.] der Klägerin abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin
zu-rückgewiesen.
Streitwert: 30.354,76

Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von dem
Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß § 116 [X.] Schadensersatz und Feststellung wegen eines [X.] am 6. April 2008, bei dem der als Ersthelfer tätige Geschädigte durch ein 1
-
3
-

bei einer [X.] Haftpflichtversicherung versichertes Kraftfahrzeug schwer verletzt wurde. Aufgrund der unfallbedingten Verletzungen gewährt die Klägerin dem Geschädigten seit dem 3. Mai 2010 eine Verletztenrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 60 %. Die [X.] ist dem Grunde nach unstreitig. Vorliegend geht es allein um den von der Klägerin als Erwerbsschaden geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.
Die Klägerin behauptet, der Geschädigte sei durch den Unfall in seiner Haushaltstätigkeit -
soweit Tätigkeiten für die anderen Familienmitglieder, seine Lebensgefährtin und sein am 20. Juli 2009 geborenes Kind, in Rede stünden -
in Höhe von 1,38 Stunden pro Tag beeinträchtigt. Hieraus errechne sich ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von [X.] vom 3. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2013 ein Betrag in Höhe von 16.444,36

Das [X.] hat der auf Zahlung dieses Betrags sowie auf Feststel-lung der Ersatzpflicht für den zukünftig entstehenden Haushaltsführungsscha-den gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des
Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin
mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg,
soweit sich die Klägerin
ge-gen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet
und führt insoweit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückver-weisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Im Übrigen war die Nicht-zulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
2
3
4
-
4
-

1.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt, in-dem es den Feststellungsantrag überraschend mit der Begründung abgewiesen hat, er sei unzulässig.
a) Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überra-schungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der [X.]en auf rechtliches Gehör. Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die [X.]en sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sach-dienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine [X.] vor Gericht verhan-delt (Senat, Beschluss vom 6. Juli 2010 -
VI [X.], NJW-RR 2010, 1363 Rn. 3). Ändert das Berufungsgericht im Verlauf des Verfahrens seine der [X.] zunächst mitgeteilte Auffassung zur Zulässigkeit eines Klageantrags, muss es ihr
einen erneuten Hinweis erteilen. Die [X.] muss Gelegenheit erhalten, ihren Klageantrag zu ändern und die Bedenken des Gerichts auszuräumen.
b) Den danach gebotenen Hinweis hat das Berufungsgericht der Klägerin nicht erteilt. Es hat ausgeführt, es sei
unklar, was die Klägerin festgestellt [X.] wolle. Ein Hinweis mit dem Ziel, den Antrag klarzustellen, sei entbehrlich, weil die Klage auch bei Umstellung des Antrags nicht zulässig werde. Sei die Feststellung beabsichtigt, dass der
Beklagte den Teil des
Haushaltsführungs-schadens zu ersetzen habe, der dem Erwerbsschaden zuzurechnen sei, [X.] es sich um eine abstrakte Rechtsfrage. Solle der Antrag darauf abzielen, die Eintrittspflicht des
Beklagten für auf die Klägerin nach § 116 [X.] übergegan-gene Ansprüche festzustellen, fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn die [X.] dem Grunde nach sei zwischen den [X.]en unstreitig.
5
6
7
-
5
-

c) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, hätte das Berufungsgericht -
nachdem es zunächst von der Zulässigkeit der Feststel-lungsklage ausgegangen sei und den [X.]en dies auch mitgeteilt habe -
ihr
den gebotenen Hinweis erteilt, hätte sie die Feststellung beantragt,
"dass [der]
Beklagte verpflichtet ist, ihr den Aufwand wegen des seit dem 1.1.2014 entstandenen und künftig noch entstehenden [X.] des Geschädigten aus Anlass des [X.] zu erstatten, soweit der Ersatzan-spruch wegen des [X.] des Geschädigten für diesen Zeitraum gemäß § 116 [X.] auf sie übergegangen ist."

Zu Recht meint die Klägerin,
dass der Feststellungsantrag in dieser Form auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts zuläs-sig ist, §
256 Abs. 1 ZPO. Zwar mag die Haftung des
Beklagten dem Grunde
nach zwischen den [X.]en unstreitig sein. Nach den getroffenen Feststellun-gen hat der Beklagte aber nur den beruflichen Erwerbsschaden des Geschädig-ten anerkannt und die Klägerin insoweit klaglos gestellt. Seine Ersatzpflicht hin-sichtlich etwaiger
auf die Klägerin als Teil des [X.] übergegange-ner Haushaltsführungsschäden hat er
hingegen ausdrücklich abgelehnt und dadurch sein
Anerkenntnis auf einen abgrenzbaren Teil des Schadens be-schränkt (vgl. Senat, Urteil vom 29. Oktober 1985 -
VI [X.], [X.] 1986, 304 f.). Der Feststellungsantrag soll
in Bezug auf diesen abgrenzbaren Scha-densposten Klarheit hinsichtlich der grundsätzlichen Einstandspflicht des
Be-klagten schaffen und die hieraus möglicherweise resultierenden Ersatzansprü-che vor einer drohenden Verjährung schützen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Sep-tember 1999 -
VI ZR 195/98,
[X.] 1999, 1439 f.).
Es erscheint nicht von [X.] ausgeschlossen, dass ein Ersatzanspruch wegen eines ab dem
1.
Januar 2014 entstehenden [X.] auf die Klägerin übergegangen ist und von ihr zukünftig geltend gemacht werden könnte.

8
9
-
6
-

d) Die Gehörsverletzung ist auch erheblich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf den von der Klägerin in der [X.] gehaltenen Vortrag seine Ansicht aufgibt, dass ein Fest-stellungsantrag nicht zulässig gestellt werden könne.
2. Im Übrigen war die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulas-sung der Revision zurückzuweisen, weil sie keine durchgreifenden Zulassungs-gründe gegen die Begründung des Berufungsgerichts aufzeigt, dass ein Haus-haltsführungsschaden für den Zeitraum vom 3. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2013
nicht ausreichend dargetan ist
(§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer nä-heren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgese-hen.

Galke
von [X.]
[X.]

Roloff
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.10.2014 -
2 [X.] -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 04.03.2016 -
14 [X.] -

10
11

Meta

VI ZR 116/16

13.12.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2016, Az. VI ZR 116/16 (REWIS RS 2016, 900)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 900

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 116/16 (Bundesgerichtshof)

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör: Überraschende Abweisung eines Feststellungsantrags wegen Unzulässigkeit


VI ZR 305/15 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 133/06 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 1272/20 (Bundesgerichtshof)

Rechtliches Gehör: Pflicht des Gerichts zur Erfassung des wesentlichen Kerns des Vorbringens einer Partei


VI ZR 305/15 (Bundesgerichtshof)

Berufung im Arzthaftungsprozess: Gehörsverletzung bei unzureichender Berücksichtigung eines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 177/09

VI ZR 116/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.