Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.06.2010, Az. I B 199/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 6131

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Gegenstand

(Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. bei Auslandsbeteiligungen im VZ 2001)


Leitsatz

NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass sich der gemeinschaftsrechtlich bedingte Ausschluss der Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. bei Auslandsbeteiligungen im VZ 2001 auch auf die Situation einer Beteiligung von über 10 % bezieht.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Anwendung des im Zuge der Umstellung vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum sog. Halbeinkünfteverfahren neu geschaffenen § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.d.[X.] zur Fortentwicklung des [X.] vom 20. Dezember 2001 ([X.], 3858, [X.], 35) --[X.] 1999 n.F.-- im Streitjahr 2001.

2

Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine GmbH, war zu 100 % an einer ausländischen Vertriebsgesellschaft (mit Sitz in [X.]) beteiligt. Im Streitjahr kam es zu einer dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Teilwertabschreibung auf den [X.] (147.106 DM). Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --[X.]--) rechnete diesen Betrag bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens unter Hinweis auf § 8b Abs. 3 [X.] 1999 n.F. hinzu und änderte den Bescheid zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2001 entsprechend. Das Finanzgericht (FG) [X.] gab der dagegen gerichteten Klage durch Urteil vom 27. Oktober 2009  6 K 2724/06 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 591) unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 22. April 2009 [X.]/06 ([X.], 1460) und dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

3

Das [X.] macht mit seiner auf Zulassung der Revision gerichteten Beschwerde geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) habe; außerdem erfordere die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des [X.] --BFH-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

4

Die Klägerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Eine Zulassung der Revision kommt weder nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 noch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O in Betracht.

6

Ungeachtet der Frage, ob die Darlegungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erfüllt sind, fehlt es jedenfalls --bezogen auf die für den Streitfall erhebliche Rechtsfrage der Gemeinschaftsrechtmäßigkeit der zeitlichen Anwendungsregelung des § 34 [X.] 1999 n.F.-- an einem entsprechenden Klärungsbedürfnis durch eine (weitere) Entscheidung des [X.]. Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) ist damit ebenso ausgeschlossen wie das Erfordernis für eine Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O). Denn die aufgeworfene Rechtsfrage ist auf der Grundlage des [X.] in [X.]/NV 2009, 1460 so zu entscheiden, wie es das [X.] getan hat (s. auch das Zwischenurteil des [X.] Köln vom 14. Februar 2010  13 K 18/06, juris).

7

a) Aus dem Senatsurteil in [X.]/NV 2009, 1460 --auf das, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen wird (s. auch Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 [X.], [X.]E 227, 73, zu der vergleichbaren Situation bei [X.] folgt, dass die Sonderregelung zur zeitlichen Anwendung des § 8b Abs. 3 [X.] 1999 n.F. in § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] 1999 n.F. (jetzt § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 [X.] 2002) bei [X.] nicht zum Zuge kommt. Vielmehr ist die allgemeine Regelung in § 34 Abs. 2a Satz 1 [X.] 1999 n.F. (jetzt § 34 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002) maßgebend, die die Anwendung des § 8b Abs. 3 [X.] 1999 n.F. ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anordnet. Der in § 8b Abs. 3 [X.] 1999 n.F. geregelte Ausschluss von [X.] führt damit im Veranlagungszeitraum 2001 zu einer Schlechterstellung von [X.] gegenüber entsprechenden [X.], für die der Abzugsausschluss erst vom Veranlagungszeitraum 2002 an greift. Zwar bestand bei einer Beteiligung von mehr als 10 % an einer ausländischen Gesellschaft auch nach Maßgabe des früheren körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens ein vergleichbares Abzugsverbot; § 8b Abs. 2 Satz 2 [X.] 1999 a.F. bestimmte insoweit ein Abzugsverbot für Verluste aus der Veräußerung solcher Beteiligungen. [X.] aufgrund des Ansatzes mit dem niedrigeren Teilwert erfasste dieses Verbot jedoch nicht. Überdies war die besagte Regelung letztmals im Veranlagungszeitraum 2000 anzuwenden (vgl. § 34 Abs. 2a Satz 1 [X.] 1999 n.F., § 34 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002). Es verbleibt deshalb --unabhängig von der konkreten Beteiligungshöhe-- für 2001 eine gegenüber der Situation der Inlandsbeteiligung nachteilige Lage.

8

b) Diese Benachteiligung war aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht hinzunehmen. Sie verletzt, wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 22. Januar 2009 [X.]/07 "STEKO Industriemontage GmbH" (Internationales Steuerrecht --IStR-- 2009, 133) und dem nachfolgenden Senatsurteil in [X.]/NV 2009, 1460 ergibt, Art. 56 des Vertrages zur Gründung der [X.] i.d.[X.] zur Änderung des Vertrages über die [X.], der Verträge zur Gründung der [X.]en sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der [X.]en 2002 Nr. [X.], 1 --[X.]-- (jetzt Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] --AEUV-- i.d.[X.] zur Änderung des [X.] [X.] und des [X.] [X.], Amtsblatt der [X.] 2007 Nr. [X.]); infolgedessen ist § 34 Abs. 2a Satz 1 [X.] 1999 n.F. im Hinblick auf § 8b Abs. 3 [X.] 1999 n.F. im Veranlagungszeitraum 2001 für [X.] unanwendbar. Jenen Entscheidungen des [X.] und des erkennenden Senats (ebenso wie dem Senatsurteil in [X.]E 227, 73) lagen zwar Beteiligungsverhältnisse in Höhe von weniger als 10 % zugrunde. Für die im Streitfall gegebene Situation einer Alleinbeteiligung ändert sich an der beschriebenen Rechtsfolge --der Nichtanwendbarkeit von § 34 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. § 8b Abs. 3 [X.] 1999 n.F. im Veranlagungszeitraum 2001-- jedoch nichts. Hier wie dort wirkt der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht. Der Umstand, dass neben der konstatierten Verletzung der Freiheit des Kapitalverkehrs (Art. 56 [X.], Art. 63 AEUV) infolge der Alleinbeteiligung die Verletzung der Freiheit der Niederlassung (Art. 43 i.V.m. Art. 48 [X.], jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) tritt, ist kein tragfähiger Grund, den Senat zu einer Überprüfung seiner Rechtsprechung durch eine abermalige Revisionsentscheidung zu veranlassen und ggf. abermals den [X.] (gemäß Art. 267 AEUV) anzurufen. Denn das [X.]-Urteil in [X.], 133, gibt nicht dafür her, dass die Ungleichbehandlung von In- und [X.] bei Investitionen von über 10 % anders zu beurteilen wäre als bei Beteiligungen von bis zu 10 %. Dass der [X.] lediglich über letztere zu urteilen hatte, lag allein an der ihm gestellten, sachverhaltsbedingt verengten Vorlagefrage durch den Senatsbeschluss vom 4. April 2007 [X.]/06 ([X.]E 217, 541, [X.], 945), beeinflusst aber ersichtlich nicht das Ergebnis.

Meta

I B 199/09

08.06.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 27. Oktober 2009, Az: 6 K 2724/06 F, Urteil

§ 8b Abs 3 KStG 1999 vom 20.12.2001, § 34 Abs 2a S 1 KStG 1999 vom 20.12.2001, § 34 Abs 4 S 1 Nr 2 KStG 1999 vom 20.12.2001, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.06.2010, Az. I B 199/09 (REWIS RS 2010, 6131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6131

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