Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2011, Az. IX ZR 212/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8342

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[X.]BESCHLUSS [X.]/08 vom 23. März 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 Abs. 2 Satz 3 Rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, das Berufungsgericht habe die allgemein [X.]e Rechtsprechung des [X.] grundlegend missverstanden, so ist die Erforderlichkeit der Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nur dann hinreichend ausgeführt, wenn durch einen Vergleich der [X.], nicht notwendig geschriebenen Obersätze des [X.] mit der herangezogenen Rechtsprechung eine Rechtssatzabweichung darge-legt wird. [X.], Beschluss vom 23. März 2011 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr. [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die Richterin [X.] am 23. März 2011 beschlossen: Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 25. Zivilsenats des [X.] vom 23. Sep-tember 2008 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000 • fest-gesetzt. Gründe: Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. 1 [X.] Die Begründung des Rechtsmittels genügt den gesetzlichen Anforderun-gen nicht. 2 1. Mit der [X.] und der Behauptung, das Berufungs-gericht habe die Rechtsprechung des Senats zu der Frage, wann ein Scha-3 - 3 - densersatzanspruch gegen den Steuerberater entstanden sei (beispielhaftes Zitat von [X.], Urteil vom 12. Februar 1998 - [X.] ZR 190/97, [X.], 786 und [X.], Urteil vom 11. Mai 1995 - [X.] ZR 140/94, [X.] 129, 386), grundlegend missverstanden, ist das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung als Grund der Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung hätte vielmehr einen bestimmten, entscheidungserheblichen Obersatz des Berufungsurteils herausarbeiten müs-sen, der, sei es aufgrund eines Missverständnisses, sei es aufgrund anderer Erwägungen, von dem Obersatz einer Vergleichsentscheidung abweicht. In dieser Hinsicht gilt nichts anderes als für die Zulassungsgründe der grundsätzli-chen Bedeutung und der Rechtsfortbildung (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 22. Oktober 2009 - [X.] ZB 50/09, [X.], 237 Rn. 4). Auf den Obersatzver-gleich stellt der Senat auch für die Einheitlichkeitssicherung in ständiger Recht-sprechung ab (vgl. zuletzt etwa [X.], Beschluss vom 16. Dezember 2010 - [X.] ZR 150/08, bei juris Rn. 2; vom 2. Dezember 2010 - [X.] ZR 56/09, bei juris Rn. 2; vom 16. September 2010 - [X.] ZB 203/09, bei juris Rn. 1). Diese Auslegung deckt sich mit dem von der Beschwerde selbst ange-führten Beschluss des [X.] vom 8. September 2004 ([X.], [X.], 154, 155 unter I[X.] 2. a). Der [X.] hat dort zwar zum Aus-druck gebracht, ebenso wie die Heranziehung eines unrichtigen Obersatzes erzeuge ein grundlegendes Missverständnis eine strukturelle [X.] der fehlerhaften Rechtsanwendung (kritisch dagegen Hk-ZPO/[X.], 4. Aufl. § 543 Rn. 28). In der Sache bedeutet das jedoch nichts anderes als die Subsumtion unter einen Obersatz, welcher - hier infolge eines Missverständnis-ses - von der Vergleichsentscheidung abweicht. Sonst kann ein Missverständ-nis zwar schwerwiegend sein, es wäre aber nicht grundlegend. 4 - 4 - Im Sinne des Obersatzvergleiches hat auch der [X.] seine ältere Zulassungsrechtsprechung klargestellt (grundlegend [X.], Beschluss vom 18. März 2004 - [X.], NJW 2004, 1960, 1961 unter 2.a; aus jüngerer [X.] vgl. etwa [X.], Beschluss vom 16. Juli 2009 - [X.], bei juris; vom 19. Juni 2008 - [X.]/07, bei juris Rn. 7). Ebenso verfahren andere oberste Bundesgerichte (vgl. etwa [X.], 1264 Nr. 792). Um nichts anderes als eine versteckte Obersatzdivergenz handelt es sich schließlich, wenn ein Gericht in einer bestimmten Rechtsfrage in ständiger Praxis höchstrichterliche Recht-sprechung nicht berücksichtigt, was der [X.] als Rechtsfehler mit sym-ptomatischer Bedeutung bezeichnet (vgl. Beschluss vom 29. Mai 2002 - [X.], [X.] 151, 42, 46). 5 Der Obersatzvergleich muss, ähnlich wie früher bei der [X.], von der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nachvollzogen wer-den (vgl. bereits [X.], Beschluss vom 29. Mai 2002 - [X.], aaO S. 45; vom 27. März 2003 - [X.], [X.] 154, 288, 293; Hk-ZPO/[X.] aaO § 544 Rn. 18). Diesen Begründungsanforderungen der Nichtzulassungsbe-schwerde ist mit der Bezeichnung der ganz allgemeinen Rechtsfrage, wann der Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater entsteht, hier nicht genügt. 6 2. Der von der Beschwerde weiter genannte Grund zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, das Berufungsurteil habe unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 12. Februar 1998 ([X.] ZR 190/97, aaO) fehlerhaft ange-nommen, schon die belastenden Steuerbescheide beruhten auf pflichtwidrigem Verhalten des Beraters und die Versäumung der Einspruchsfrist habe diesen Schaden nur verfestigt, statt erstmals einen Schaden entstehen zu lassen, [X.] nur einen Subsumtionsfehler, der nicht zur Zulassung der Revision führen kann. Diese Abgrenzungsfrage mag der tatrichterlichen Würdigung 7 - 5 - Schwierigkeiten bereiten und häufiger zu Fehlern führen. Es ist aber nicht [X.], dass solche Subsumtionsergebnisse auf der Anwendung eines [X.] Obersatzes beruhen. Unter diesen Umständen ist eine [X.] oder Nachahmungsgefahr durch das Berufungsurteil, die ohnehin nur indizielle Bedeutung für eine Obersatzabweichung haben können, nach der Zu-lassungsrechtsprechung des [X.] nicht begründet. I[X.] Die Rechtsgrundsätze, nach denen das Berufungsgericht den Streitfall entschieden hat, sind in der Rechtsprechung des [X.] geklärt und ohne Abweichung im Grundsätzlichen angewendet worden. 8 1. Die Haftung des Steuerberaters für einen Veranlagungsschaden des Mandanten, den der Berater zu vertreten hat, beginnt mit der Bekanntgabe der entsprechenden Steuerbescheide ([X.], Urteil vom 11. Mai 1995 - [X.] ZR 140/94, [X.] 129, 386, 390; st.Rspr.). Als Bekanntgabe genügt diejenige an den Berater; auf die Kenntnis des Mandanten selbst kann es erst in [X.], in denen § 68 StBerG aF, anders als hier, für den Verjährungsbeginn nicht mehr anzuwenden ist ([X.], Urteil vom 10. Januar 2008 - [X.] ZR 53/06, [X.], 613 Rn. 11; vom 7. Februar 2008 - [X.] ZR 198/06, [X.], 1612 Rn. 29). Soweit es sich um einen Schaden aus Beteiligung an einer Personen-gesellschaft handelt, reicht infolge der Bindungswirkung für die persönliche Steuerfestsetzung die Bekanntgabe der Grundlagenbescheide an die Gesell-schaft oder ihren steuerlichen Berater aus ([X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.] ZR 218/08, [X.], 138 Rn. 11). 9 - 6 - 2. Hat eine einzige, in sich abgeschlossene Verletzungshandlung [X.] ausgelöst, beginnt nach dem Grundsatz der Schadensein-heit die Anspruchsverjährung bereits, sobald irgendein Teilschaden entstanden ist. Das gilt auch im Hinblick auf nachträglich auftretende, zunächst nur drohen-de Folgen, die als möglich vorhersehbar sind. Haben sich dagegen mehrere selbständige Handlungen des Schädigers ausgewirkt, so beginnt die Verjährung regelmäßig mit den jeweils dadurch verursachten Schäden gesondert zu laufen ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2005 - [X.] ZR 115/01, [X.], 148, 150 unter II[X.] 2. a mwN). 10 a) Im Beschwerdefall hat das Berufungsgericht bereits nach unstreitigem Sachverhalt angenommen, der Beklagte habe die mangelhafte Buchführung der von ihm betreuten Gesellschaften zu vertreten und damit den Schaden der auf Schätzungen des Finanzamts beruhenden Steuerbescheide vom 14. Oktober 2003 schuldhaft verursacht. Die Beweislastfrage hat es in diesem Zusammen-hang ausdrücklich offen gelassen. Ein auf die Beweislast bezogener Zulas-sungsgrund eröffnet sich folglich nach dem Berufungsurteil nicht. Der Angriff der Beschwerde gegen die Subsumtion des Berufungsgerichts, nach welcher der Beklagte bereits aufgrund seiner vorangegangenen Pflichtverletzungen auf Ersatz des [X.] vom 14. Oktober 2003 gehaftet hat, könnte zwar revisionsrechtlich von Interesse sein, lässt aber gleichfalls keinen Grund zur Zulassung des [X.] erkennen. 11 b) Der Beklagte hat allerdings mit der verspäteten Einlegung der [X.] gegen die Steuerbescheide vom 14. Oktober 2003 erneut seine [X.] verletzt. Er musste hierbei aber nur Nachteile seiner Mandanten aus der vorangegangenen Pflichtverletzung abwenden oder mindern, für die er nach der hier maßgeblichen Ansicht des Berufungsgerichts ohnehin einzustehen hatte. 12 - 7 - Ein solches Versäumnis enthält keine selbständige schadensursächliche Pflichtverletzung, welche die frühere schadensstiftende Handlung - als [X.] - gleichsam aufgehoben hat und eine neue [X.] hätte anlaufen lassen können (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 1997 - [X.] ZR 180/96, [X.], 779, 780 unter I[X.] 1.). Der geltend gemachte Schaden war nach Annahme des Berufungsge-richts bereits aufgrund der älteren Pflichtverletzung des Beklagten vollen [X.] entstanden. Dagegen rügt die Beschwerde zwar, der geltend gemachte Veranlagungsschaden beruhe ausschließlich auf einem groben Schätzungsfeh-ler des Finanzamtes und sei deshalb dem Beklagten nicht als Folge der von ihm zu vertretenden Buchhaltungsmängel zuzurechnen. Sie beanstandet [X.] auch hier lediglich einen Rechtsfehler, ohne die grundsätzliche Bedeutung des Schutzzwecks der verletzten Vertragspflicht im Hinblick auf das finanzver-fahrensrechtlich drohende Risiko einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen herauszuarbeiten. Das genügt zulassungsrechtlich nicht. 13 Das Risiko einer fehlerhaften Schätzung gehört im Übrigen [X.] in den Zurechnungszusammenhang einer Pflichtverletzung, nach welcher das Finanzamt Besteuerungsgrundlagen schätzen durfte. Bestand der mögliche Fehler - wie hier - darin, dass das Finanzamt bei unklarer Verteilung der [X.] zwischen einem Speiseeishersteller und einem Verkäufer dieser Produk-te an Endverbraucher für beide Gesellschaften den wahrscheinlich insgesamt erzielten Gewinn als Besteuerungsgrundlage in Ansatz gebracht hat, statt eine immerhin fragwürdige Aufteilung vorzunehmen, so lag gerade diese Vorge-hensweise nicht außerhalb jeder Erwartung, sondern verwirklichte nur das spe-zifische Schätzungsrisiko, welches nach dem Ausgangspunkt des [X.] von dem Beklagten zu vertreten war. 14 - 8 - c) Für die nach den [X.] vom 14. Oktober 2003 ver-anlagten [X.] der GmbH sind die Kläger als ihre Gesellschafter durch [X.] vom 25. Januar 2007, die dem Beklagten am [X.] zugegangen sind, persönlich in Anspruch genommen worden. Hieran will die Beschwerde für den Verjährungsbeginn anknüpfen, obwohl die Haf-tungsbescheide nur einen Teilschaden betreffen. 15 Der [X.] hat noch nicht entschieden, wann der Anspruch auf Ersatz eines Drittschadens der Geschäftsführer bei dem laufenden [X.] und [X.] einer GmbH verjährt, sofern sie in [X.] Schutzbereich einbezogen sind und vom Finanzamt persönlich nach den §§ 34, 69, 191 AO für Steuernachforderungen gegen die GmbH in Haftung ge-nommen werden. Diese Rechtsfrage hat die Beschwerde weder bezeichnet noch hat sie hieraus eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache herzulei-ten versucht, was freilich mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erfolgver-sprechend gewesen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Januar 2003 - [X.], [X.] 153, 254, 257). Für das Beschwerdegericht war die bezeichnete 16 - 9 - Frage nicht entscheidungserheblich, weil es als schadensbegründend auch in-soweit bereits die Schätzungsbescheide vom 14. Oktober 2003 angesehen hat. [X.] Raebel Gehrlein
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.06.2007 - 7 O 477/06 - [X.], Entscheidung vom 23.09.2008 - 25 U 114/07 -

Meta

IX ZR 212/08

23.03.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2011, Az. IX ZR 212/08 (REWIS RS 2011, 8342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8342

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