Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.05.2017, Az. XII ZB 310/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11248

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Versorgungsausgleich: Behandlung geringfügiger Anrechte beim Tod eines Ehegatten


Leitsatz

1. Zur Behandlung geringfügiger Anrechte beim Tod eines Ehegatten vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22. März 2017, XII ZB 385/15 - juris).

2. Werden geringfügige Anrechte als Rechnungsposten in die Gesamtsaldierung eingestellt, bleiben (fiktive) Teilungskosten unberücksichtigt, wenn diese Anrechte selbst nicht zum Ausgleich herangezogen werden sollen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 22. Familiensenats des [X.] vom 16. Mai 2013 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

[X.]: 3.240 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um den Versorgungsausgleich nach dem Tod eines Ehegatten.

2

Die am 30. April 1975 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit [X.] wurde auf einen am 20. September 2001 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts vom 3. November 2003 rechtskräftig geschieden. Die [X.] Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und ausgesetzt. [X.] ist am 9. Juli 2008 verstorben und von dem Antragsgegner beerbt worden. [X.] hat das Amtsgericht das - nunmehr gegen den Antragsgegner geführte - Verfahren zum Versorgungsausgleich aufgenommen und Auskünfte über die von den früheren Eheleuten in der gesetzlichen Ehezeit vom 1. April 1975 bis zum 31. August 2001 erworbenen Versorgungsanrechte eingeholt.

3

Beide Eheleute haben mehrere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die Antragstellerin hat bei der [X.] (Beteiligte zu 2) ein angleichungsdynamisches Anrecht mit einem Ausgleichswert von 10,3380 Entgeltpunkten ([X.]) und einem korrespondierenden Kapitalwert von 46.249,16 € sowie ein weiteres angleichungsdynamisches Anrecht mit einem Ausgleichswert von 0,8366 knappschaftlichen Entgeltpunkten ([X.]) und einem korrespondierenden Kapitalwert von 4.977,21 € erlangt. [X.] hat bei der [X.] (Beteiligte zu 4) ein [X.]s Anrecht mit einem Ausgleichswert von 0,0015 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 8,01 € sowie ein angleichungsdynamisches Anrecht mit einem Ausgleichswert von 17,2872 Entgeltpunkten ([X.]) und einem korrespondierenden Kapitalwert von 77.337,83 € erworben.

4

Darüber hinaus hat die Antragstellerin ein Anrecht der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der [X.] des [X.] (Beteiligte zu 3) mit einem Ausgleichswert von 5,45 Versorgungspunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 2.251,46 € sowie ein Anrecht aus einem privaten [X.] bei der [X.] (Beteiligte zu 1) mit einem Ausgleichswert von 4.136,78 € erlangt.

5

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich geregelt. Es hat die Ansicht vertreten, dass nur die von den früheren Eheleuten in der allgemeinen Rentenversicherung ([X.]) erworbenen Entgeltpunkte ([X.]) in den Versorgungsausgleich einzubeziehen und die Differenz der jeweiligen Ausgleichswerte zugunsten der Antragstellerin auszugleichen sei. Es hat den Versorgungsausgleich dementsprechend dahingehend geregelt, dass im Wege interner Teilung zu Lasten des Anrechts von [X.] ein auf das Ende der Ehezeit am 31. August 2001 bezogenes Anrecht in Höhe von 6,9492 Entgeltpunkten ([X.]) auf das [X.] der Antragstellerin übertragen wird. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der [X.] hat das [X.] die Entscheidung abgeändert und angeordnet, dass im Wege interner Teilung zu Lasten des Anrechts von [X.] ein auf das Ende der Ehezeit am 31. August 2001 bezogenes Anrecht in Höhe von 2,2550 Entgeltpunkten ([X.]) auf das [X.] der Antragstellerin übertragen wird. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:

8

Der Wertausgleich habe gemäß § 31 [X.] auf der Grundlage einer Gesamtsaldierung der Anrechte der Antragstellerin einerseits und des verstorbenen [X.] andererseits zu erfolgen. Dabei sei auf der Grundlage der korrespondierenden Kapitalwerte der jeweiligen Anrechte eine Wertbilanz aufzustellen und die [X.] zu ermitteln. Auch die an sich geringfügigen Anrechte seien dabei zu berücksichtigen. Zwar hätte § 18 Abs. 2 [X.] Anwendung gefunden, wenn der Versorgungsausgleich noch zu Lebzeiten des verstorbenen [X.] durchgeführt worden wäre. § 18 [X.] verfolge aber den Zweck, dem Versorgungsträger den unverhältnismäßigen Aufwand zu ersparen, für wertmäßig geringe Anrechte den Versorgungsausgleich umzusetzen und die dadurch entstehenden Kleinstrenten begründen und verwalten zu müssen. Ein solcher Aufwand entstehe hier nicht, weil die Anrechte lediglich Rechnungspositionen im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtsaldierung seien.

9

Die Gesamtsaldierung führe im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Anrechte von [X.] mit [X.] von 77.345,84 € auszugleichen gewesen wären und die Anrechte der Antragstellerin mit [X.] von 57.614,61 €. Die [X.] der korrespondierenden Kapitalwerte in Höhe von 19.731,23 € sei noch zugunsten der Antragstellerin auszugleichen, wobei es zweckmäßig erscheine, den Ausgleich innerhalb der allgemeinen Rentenversicherung ([X.]) vorzunehmen. Es seien somit 2,2550 Entgeltpunkte ([X.]) vom [X.] des [X.] bei der [X.] auf das [X.] der Antragstellerin bei der [X.] zu übertragen.

2. Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin erkennen.

a) Stirbt ein Ehegatte - wie hier - nach Rechtskraft der Ehescheidung, aber vor rechtskräftiger Entscheidung über den Wertausgleich nach den §§ 9 bis 19 [X.], so ist das Recht des überlebenden Ehegatten auf Wertausgleich gegen die Erben geltend zu machen. Die Erben haben ihrerseits kein Recht auf Wertausgleich. Der überlebende Ehegatte darf indessen durch den Wertausgleich nicht bessergestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre (§ 31 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Um dies zu gewährleisten, ist auf der Grundlage ihrer (korrespondierenden) Kapitalwerte eine Gesamtbilanz aller auszugleichenden Anrechte beider Ehegatten zu erstellen und der Ausgleich zugunsten des überlebenden Ehegatten in Höhe des sich aus der [X.] ergebenden [X.] durchzuführen. Sind mehrere Anrechte auszugleichen, ist gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] nach billigem Ermessen zu entscheiden, welche Anrechte zum Ausgleich herangezogen werden. Dies zieht auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel.

b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht ferner entschieden, dass auch die - nach seinen Feststellungen - im Sinne von § 18 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] geringfügigen Einzelanrechte, nämlich das Anrecht der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes auf Seiten der Antragstellerin und das [X.] Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung auf Seiten des verstorbenen Ehemanns, als Rechnungsposten in die Gesamtbilanz einzustellen sind.

Welche auszugleichenden Anrechte in die Bilanz einzustellen sind, richtet sich - ebenso wie die Berechnung des Ehezeitanteils und des [X.] der einzelnen Anrechte - auch im Fall eines nach § 31 [X.] geltend zu machenden Anspruchs grundsätzlich nach den §§ 2 ff. [X.]. Nach § 18 Abs. 1 [X.] soll ein Wertausgleich bei einer geringfügigen Differenz der Ausgleichswerte von Anrechten gleicher Art nicht stattfinden; gemäß § 18 Abs. 2 [X.] soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen. Die Auswirkungen des § 18 [X.] auf die Berechnung des [X.] in den Fällen des § 31 [X.] ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

aa) Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass geringfügige Anrechte im Sinne von § 18 Abs. 2 [X.] und gleichartige Anrechte mit geringer Ausgleichsdifferenz im Sinne von § 18 Abs. 1 [X.] bei der Saldierung im Rahmen des § 31 [X.] generell außer Betracht bleiben müssten. Das Besserstellungsverbot des § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] erfordere eine Alternativberechnung, bei der zu prüfen sei, wie ein Hin-und-Her-Ausgleich bei Anwendung der §§ 9 bis 19 [X.] durchzuführen gewesen wäre und zu welchem Ergebnis dies geführt hätte. In die [X.] seien daher lediglich diejenigen Anrechte einzustellen, die auch im Falle einer fiktiven Durchführung des Versorgungsausgleichs ohne den Tod des einen Ehegatten unter Berücksichtigung der gesetzlichen Ausschlusstatbestände im Rahmen des [X.] bei der Scheidung auszugleichen gewesen wären (vgl. [X.], 507, 510; [X.] FamRZ 2013, 1046; [X.] Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 557; [X.] 2012, 56, 59).

bb) Nach anderer Auffassung sind im Rahmen des § 31 [X.] auch gleichartige Anrechte mit geringer [X.] im Sinne von § 18 Abs. 1 [X.] und einzelne geringwertige Anrechte im Sinne von § 18 Abs. 2 [X.] zu bilanzieren. In den Fällen des § 31 [X.] seien die einzelnen Anrechte bloße Rechnungsposten und ein Hin-und-Her-Ausgleich ausgeschlossen, so dass ein besonderer Verwaltungsaufwand bei der Teilung nicht entstehen könne und eine Zersplitterung von [X.] nicht zu besorgen sei. Daher gebe es insoweit für die Anwendung des § 18 [X.] keine Rechtfertigung (vgl. [X.], 517, 518 f.; OLG Celle FamRZ 2013, 382, 385; [X.] FamRZ 2012, 1807; [X.] FamRZ 2011, 1299; [X.] NJW-RR 2011, 1376; [X.] Beschluss vom 3. November 2010 - 23 UF 500/10 - juris Rn. 19; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6. Aufl. § 31 [X.] Rn. 6; [X.] Der Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 547; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 31 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.]. § 31 [X.] Rn. 4a; [X.]/Schüßler [X.] [Stand: Juni 2016] § 18 Rn. 17.2; [X.] Versorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 767; [X.] 2014, 539, 545).

Teilweise wird diese Auffassung allerdings auch mit der Modifikation vertreten, dass § 18 [X.] ausnahmsweise dann entsprechend anzuwenden sei, wenn die [X.]sdifferenz als solche die Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 3 [X.] nicht überschreite ([X.], 517, 518 f.; OLG Celle FamRZ 2013, 382, 385; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6. Aufl. § 31 [X.] Rn. 6; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 31 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.]. § 31 [X.] Rn. 4a; [X.]/Schüßler [X.] [Stand: Juni 2016] § 18 Rn. 17.2; [X.] Der Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 547; [X.] Versorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 767).

cc) Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass die letztgenannte Ansicht im Wesentlichen zutreffend ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - [X.] 385/15 - juris Rn. 17 ff.).

(1) Das Gesetz schließt die Anwendung des § 18 [X.] im Rahmen des § 31 [X.] zwar nicht generell aus. Allerdings ist von der [X.] auch in diesen Fällen in einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise Gebrauch zu machen.

Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, steht § 18 [X.] in einem Spannungsverhältnis zu dem im Versorgungsausgleich geltenden [X.]. Mit der hälftigen Teilung der erworbenen Anrechte soll grundsätzlich die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an dem in der Ehe erwirtschafteten Versorgungsvermögen gewährleistet werden. Auch wenn der [X.] durch das Gesetz nicht ausnahmslos eingehalten wird, ist er gleichwohl der Maßstab des [X.] und bei der Auslegung einzelner Vorschriften und bei Ermessensentscheidungen vorrangig zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2012 - [X.] 501/11 - FamRZ 2012, 513 Rn. 21 und vom 7. August 2013 - [X.] 211/13 - FamRZ 2013, 1636 Rn. 32).

Der Ausschluss des Ausgleichs von Anrechten in Anwendung von § 18 [X.] findet seine Grenze daher stets in einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des [X.]es (vgl. zu § 18 Abs. 1 [X.]: Senatsbeschlüsse vom 23. November 2016 - [X.] 323/15 - FamRZ 2017, 195 Rn. 11 und vom 28. September 2016 - [X.] 325/16 - FamRZ 2016, 2081 Rn. 10; vgl. zu § 18 Abs. 2 [X.]: Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2016 - [X.] 490/15 - FamRZ 2016, 1658 Rn. 8 und vom 2. September 2015 - [X.] 33/13 - FamRZ 2015, 2125 Rn. 25). Eine solche Beeinträchtigung liegt immer dann vor, wenn ein Anrecht mit geringem Ausgleichswert oder gleichartige Anrechte mit einer geringen [X.] unter Anwendung von § 18 [X.] nicht ausgeglichen werden, obwohl die mit der Vorschrift verfolgten Zwecke nicht oder nur in Ansätzen erreicht werden. Zweck des § 18 [X.] ist vornehmlich die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands für den Versorgungsträger, der mit der Teilung eines Anrechts und der Aufnahme eines Anwärters in das Versorgungssystem verbunden sein kann. Es sind aus diesem Grunde in erster Linie die Belange der Verwaltungseffizienz auf Seiten der Versorgungsträger gegen das Interesse des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Erlangung auch geringfügiger Anrechte abzuwägen. Hinzu kommt, dass § 18 [X.] neben der Reduzierung des Verwaltungsaufwands den weiteren Zweck verfolgt, sogenannte Splitterversorgungen zu vermeiden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. September 2015 - [X.] 33/13 - FamRZ 2015, 2125 Rn. 24 und vom 18. Januar 2012 - [X.] 501/11 - FamRZ 2012, 513 Rn. 23).

(2) Stellen Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert lediglich Rechnungsposten in der Gesamtbilanz dar, ohne dass sie selbst zum Ausgleich herangezogen werden sollen, sprechen keine hinreichend gewichtigen Gründe dafür, sie abweichend vom [X.] nicht zu berücksichtigen. Denn durch die Nichtberücksichtigung in der Gesamtbilanz würden weder Splitterversorgungen vermieden noch würde ein Verwaltungsaufwand bei den betreffenden Versorgungsträgern erspart.

Erst wenn es in Rede steht, diese geringfügigen Anrechte selbst zum Ausgleich heranzuziehen - weil etwa ausschließlich der verstorbene Ehegatte ehezeitliche Versorgungsanrechte erworben hat oder überhaupt nur Anrechte mit geringem Ausgleichswert für den [X.] zu Verfügung stehen - ist nach § 18 Abs. 2 [X.] das Absehen von der Einbeziehung des Anrechts nach den sonst üblichen Kriterien für die Ermessensausübung zu erwägen (Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - [X.] 385/15 - juris Rn. 21 f.). Dasselbe gilt in - einer gegebenenfalls entsprechenden - Anwendung von § 18 [X.], wenn ein zwar an sich höherwertiges Anrecht zum Ausgleich herangezogen werden soll, jedoch nach durchgeführter Gesamtsaldierung aller wechselseitigen - nicht notwendig gleichartigen - Anrechte nur eine geringe [X.] zum konkreten Ausgleich verbleibt, welche die Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 [X.] nicht überschreitet. Hierin kann keine unzulässige Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 18 Abs. 1 [X.] auf nicht gleichartige Anrechte gesehen werden (aA [X.], 507, 510; jurisPK-BGB/[X.] [Stand: September 2016] § 31 [X.] Rn. 25.2). Denn die nach Sinn und Zweck des § 18 [X.] maßgebliche Frage, ob die Durchführung des Ausgleichs für den Versorgungsträger mit einem unnötigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre oder das Entstehen unerwünschter Splitterversorgungen begünstigt, stellt sich in solchen Fällen auch bei einem im Rahmen des § 31 [X.] vorzunehmenden Einmalausgleich (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - [X.] 385/15 - juris Rn. 23).

(3) Der Berücksichtigung geringfügiger Anrechte als Rechnungsposten in der aufzustellenden Gesamtbilanz steht es schließlich auch nicht entgegen, dass dies bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einem anderen Ausgleichsergebnis führen kann, als wären diese Anrechte bei einem unter Lebenden durchgeführten Hin-und-Her-Ausgleich nach § 18 [X.] unberücksichtigt geblieben.

Zwar darf der überlebende Ehegatte nach § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] durch den Wertausgleich grundsätzlich nicht besser gestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich unter Lebenden durchgeführt worden wäre. Mit dieser Regelung soll allerdings nur ausgedrückt werden, dass der überlebende Ehegatte nicht unter Beibehaltung seiner eigenen Anrechte den vollen Ausgleich der Anrechte des Verstorbenen verlangen kann, sondern der Ausgleich auf eine zugunsten des überlebenden Ehegatten bestehende [X.] der beiderseits erworbenen Anrechte beschränkt bleibt. In der Regelung dieses Grundsatzes erschöpft sich die Bedeutung von § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Die Vorschrift verfolgt demgegenüber nicht den Zweck, solche Besserstellungen des ausgleichsberechtigten Ehegatten auszuschließen oder zu beschränken, die sich aus der Systematik des Versorgungsausgleichs selbst ergeben. Daher schließt es das Besserstellungsverbot des § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] insbesondere nicht aus, Ermessenserwägungen nach § 18 [X.] unter anderen Gesichtspunkten und mit anderen Ergebnissen vorzunehmen, als dies bei einem Wertausgleich unter Lebenden der Fall gewesen wäre (Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - [X.] 385/15 - juris Rn. 25 f.). Aus diesem Grunde kann aus § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] folgerichtig auch nicht - umgekehrt - das von der Rechtsbeschwerde reklamierte "[X.]" in Bezug auf die Anwendung von § 18 [X.] hergeleitet werden.

c) Nicht frei von rechtlichen Bedenken sind allerdings die Feststellungen des [X.] zum Ausgleichswert und zum korrespondierenden Kapitalwert (2.251,46 €) des von der Antragstellerin erworbenen Anrechts bei der [X.] des [X.]. Die insoweit zu erhebenden Beanstandungen betreffen aber keine Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin.

aa) Das Beschwerdegericht hat das von der Antragstellerin erworbene Anrecht der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes mit seinem um die hälftigen [X.] (105,90 €) bereinigten Ausgleichswert als Kapitalwert in die Gesamtsaldierung eingestellt. Dies ist fehlerhaft, weil das betroffene Anrecht der Zusatzversorgung als bloßer Rechnungsposten in die Gesamtsaldierung eingeht und tatsächlich nicht geteilt wird. Es besteht deshalb auch keine Veranlassung, den Ausgleichswert um die Kosten einer fiktiven Teilung des Anrechts zu vermindern ([X.], 517, 519; vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - [X.] 385/15 - juris Rn. 26, 29). Durch die entgegenstehende Verfahrensweise des [X.] wird die Antragstellerin indessen lediglich begünstigt, weil die an sich gebotene Berücksichtigung des um [X.] nicht bereinigten [X.] die [X.] in der [X.]sbilanz und damit ihren Ausgleichsanspruch vermindert hätte.

bb) Im Übrigen steht einer Verwertung der von der [X.] erteilten Versorgungsauskunft unter den hier obwaltenden Umständen weder die Entscheidung des [X.] vom 9. März 2016 zur (erneuten) Unwirksamkeit der Startgutschriftenregelungen für [X.] Versicherte ([X.], 201 = [X.], 583) noch die Rechtsprechung des Senats zur Verfassungswidrigkeit der Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren durch die Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (grundlegend Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - [X.] 697/13 - juris Rn. 26 ff. zur [X.] in [X.] bestimmt) entgegen.

(1) Allerdings beruht das von der 1953 geborenen Antragstellerin ehezeitlich erworbene Anrecht der Zusatzversorgung (ausschließlich) auf einer Startgutschrift für [X.] Versicherte. Auch im Verfahren über den Versorgungsausgleich darf ein vom Träger der Zusatzversorgung mitgeteilter und anhand verfassungswidriger Satzungsbestimmungen ermittelter Wert einer Startgutschrift grundsätzlich nicht die Grundlage für eine gerichtliche Regelung sein (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - [X.] 626/15 - juris Rn. 17 mwN). Unter den besonderen Voraussetzungen des vorliegenden Falls bedarf es indessen keiner neuen Feststellungen zum Ehezeitanteil des von der Antragstellerin erworbenen Anrechts. Die von den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes neu zu regelnden [X.] zu den Startgutschriften für [X.] Versicherte werden für die Antragstellerin voraussichtlich - wenn überhaupt - zu einer Erhöhung dieser Startgutschriften führen. Soweit dadurch auch der korrespondierende Kapitalwert ihres in die Gesamtsaldierung eingestellten [X.]-Anrechts steigen sollte, wäre dies für die Antragstellerin als Rechtsbeschwerdeführerin ungünstig.

(2) Soweit die vom Beschwerdegericht für seine Feststellungen herangezogene Versorgungsauskunft der [X.] vom 4. Juli 2011 möglicherweise auf geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Sterbetafeln und daraus abgeleiteten Barwertfaktoren beruht, bestehen gegen die Verwertung dieser Auskunft im vorliegenden Fall schon deshalb keine durchgreifenden Bedenken, weil sie vor dem 1. Januar 2013 erteilt worden ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - [X.] 697/13 - juris Rn. 48 zur [X.] in [X.] bestimmt).

d) Bei der Berechnung des [X.]s ist der vom Beschwerdegericht gewählte Ansatz, im Rahmen der [X.] eine Saldierung von Kapitalwerten und korrespondierenden Kapitalwerten der auszugleichenden Anrechte vorzunehmen, grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. März 2017 - [X.] 385/15 - juris Rn. 28 und vom 5. Juni 2013 - [X.] 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 30).

aa) Allerdings ist es in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob ein [X.] gesetzlicher Rentenanrechte ohne weiteres anhand der - auf das Ehezeitende bezogenen - korrespondierenden Kapitalwerte durchgeführt werden kann, wenn in die Gesamtbilanz sowohl [X.] als auch angleichungsdynamische Anrechte einzustellen sind.

Eine Auffassung verweist darauf, dass gemäß § 47 Abs. 6 [X.] bei einem [X.] nicht nur die Kapitalwerte und korrespondierenden Kapitalwerte zu berücksichtigen seien, sondern auch die weiteren wertbildenden Faktoren der Anrechte, zu denen insbesondere die Dynamik gehöre. Bei einer nur auf das Ehezeitende bezogenen Kapitalwertbetrachtung bliebe die unterschiedliche Dynamik [X.]r und angleichungsdynamischer Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung außer Betracht. Aufgrund der unterschiedlichen Dynamik könnten [X.], die am Ende der Ehezeit annähernd gleich hoch seien, zu nicht mehr vergleichbaren Versorgungsleistungen führen. Ein Vergleich von [X.]n und angleichungsdynamischen Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung müsse mit Blick auf die Wahrung des [X.]es auch die unterschiedlichen Anpassungen der aktuellen Rentenwerte und der aktuellen Rentenwerte ([X.]) zwischen dem Ende der Ehezeit und der Entscheidung über den Wertausgleich einbeziehen, weil sich hierin die unterschiedliche Dynamik der Anrechte widerspiegele. Hierfür eigne sich der sogenannte [X.], der in dem früheren § 3 Abs. 2 Nr. 1a [X.] zur Vergleichbarmachung des Werts von [X.]anrechten mit Westanrechten vorgesehen gewesen sei (vgl. [X.], 507, 509; [X.] Beschluss vom 8. Juni 2012 - 1 UF 152/12 - juris Rn. 15 ff.; OLG Celle FamRZ 2013, 382, 383 f.; [X.]/[X.]. § 47 [X.] Rn. 5; [X.] Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 557; [X.] Der Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 546).

Nach der Gegenansicht soll die Saldierung der in den Ausgleich einzubeziehenden Anrechte im Rahmen des § 31 [X.] ausschließlich anhand der korrespondierenden Kapitalwerte vorzunehmen sein. § 47 Abs. 6 [X.] verweise nicht auf § 31 [X.], so dass davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber die bei einer Saldierung der korrespondierenden Kapitalwerte im Rahmen des § 31 [X.] entstehenden Bewertungsunschärfen bewusst in Kauf genommen habe. [X.] entstünden zudem nicht nur im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Dynamik von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern es seien gegebenenfalls auch andere Versorgungsanrechte anzugleichen. Hierfür fehle es an handhabbaren [X.]en, die das Gericht heranziehen könne, ohne in jedem Einzelfall auf versicherungsmathematische Feststellungen angewiesen zu sein (vgl. [X.] FamRZ 2014, 1639 f.; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6. Aufl. § 31 [X.] Rn. 6).

bb) Dieser Streit bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.

(1) Allerdings lässt sich aus dem Umstand, dass § 31 [X.] nicht zu den in § 47 Abs. 6 [X.] ausdrücklich aufgeführten Fällen eines kapitalwertbezogenen [X.]s gehört, für sich genommen noch nichts für die Unanwendbarkeit des § 47 Abs. 6 [X.] bei der Bewertung von Anrechten entnehmen, deren Kapitalwerte bzw. korrespondierenden Kapitalwerte im Rahmen einer [X.] nach § 31 [X.] gegenüberzustellen sind. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien erschließt, lag der redaktionellen Fassung des § 47 Abs. 6 [X.] die Vorstellung zugrunde, mit der Aufzählung von §§ 6 bis 8, 18 Abs. 1 und 27 [X.] sämtliche Fälle erfasst zu haben, in denen nach dem geltenden Recht ein [X.] auf der Grundlage von Kapitalwerten und korrespondierenden Kapitalwerten noch erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 16/11903 S. 56). Tatsächlich dürfte insoweit ein gesetzgeberisches Versehen vorliegen, denn ein solcher [X.] ist - neben dem hier interessierenden Fall des § 31 [X.] - auch dann notwendig, wenn wegen der Einbeziehung von ausländischen Anrechten nach § 19 Abs. 3 [X.] ein (teilweises) Absehen vom Wertausgleich bei der Scheidung in Betracht kommt (vgl. [X.]/[X.]. § 47 [X.] Rn. 13; [X.] 2014, 539, 540).

(2) Im vorliegenden Fall haben die beiden früheren Ehegatten allerdings fast ausschließlich angleichungsdynamische Rentenanrechte in der allgemeinen bzw. in der knappschaftlichen Rentenversicherung ([X.]) erworben. Lediglich der verstorbene Ehemann hat ein ehezeitliches [X.]s Anrecht mit einem Ausgleichswert von 0,0015 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 8,01 € erlangt. Angesichts der offenkundigen wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit dieses Anrechts für den [X.] erscheint es auch mit Blick auf den [X.] nicht geboten, der unterschiedlichen Dynamik von angleichungs- und [X.]n Rentenanrechten im Rahmen der Gesamtbilanz durch Anpassungsberechnungen Rechnung tragen zu müssen.

(3) Im Übrigen hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Gericht den [X.] trotz der Verschiedenartigkeit der darin einbezogenen Versorgungen (hier: gesetzliche Rentenversicherung, Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, private Rentenversicherung) grundsätzlich auf eine nominale Gegenüberstellung der ihm von den Versorgungsträgern mitgeteilten Kapitalwerte bzw. korrespondierenden Kapitalwerte stützen kann. Eine Verpflichtung des Gerichts, nach § 47 Abs. 6 [X.] tatrichterliche Feststellungen zu den sonstigen wertbildenden Faktoren - z.B. Leistungsspektrum, Dynamik, Finanzierungsverfahren, Insolvenzschutz, Teilkapitalisierungsrechte - der miteinander verglichenen Anrechte zu treffen und diese mit in die Betrachtung einzubeziehen, besteht nur dann, wenn ihm mit einer entsprechenden Anregung eines der Beteiligten Anhaltspunkte für einen von dem korrespondierenden Kapitalwert der miteinander verglichenen Versorgungen abweichenden Wert aufgezeigt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Dezember 2015 - [X.] 450/13 - FamRZ 2016, 697 Rn. 19 f. und vom 21. September 2016 - [X.] 264/13 - FamRZ 2017, 26 Rn. 34, jeweils zu § 27 [X.]). Dies ist hier nicht der Fall; insoweit greift auch die Rechtsbeschwerde die angefochtene Entscheidung nicht an. Oft werden die Beteiligten an weitergehenden Ermittlungen zur Bewertung ihrer Anrechte auch kein Interesse haben, weil die umfassende Berücksichtigung der in § 47 Abs. 6 [X.] genannten wertbildenden Faktoren bei der Bewertung der einzelnen Anrechte in der Regel eine versicherungsmathematische Begutachtung erforderlich machen würde, deren Aufwand vielfach in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des damit erlangten (besseren) Erkenntnisgewinns steht.

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 310/13

10.05.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Dresden, 16. Mai 2013, Az: 22 UF 210/12

§ 18 Abs 2 VersAusglG, § 31 Abs 1 VersAusglG, § 31 Abs 2 VersAusglG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.05.2017, Az. XII ZB 310/13 (REWIS RS 2017, 11248)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 3229 REWIS RS 2017, 11248

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 310/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 385/15 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichsverfahren: Behandlung geringfügiger Anrechte bei Tod eines Ehegatten vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich


XII ZB 385/15 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 550/11 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichsverfahren: Beschwerdeberechtigung des Versorgungsträgers bei Ausschluss des Wertausgleichs durch das Familiengericht


2 UF 98/17 (OLG Bamberg)

Versorgungsausgleich bei einer nach DDR-Recht zu scheidenden Ehe nach Tod eines Ehegatten


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.