Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2000, Az. X ZB 24/99

X. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2336

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSX ZB 24/99vom9. Mai 2000in dem [X.] 2 -Der X. Zivilsenat des [X.] hat am 9. Mai 2000 durchden Vorsitzenden Richter [X.], [X.] Scharen, [X.], [X.] [X.]in [X.]:Die sofortige Beschwerde des [X.]n gegen den [X.]uß [X.] [X.] vom 24. November 1999 wird [X.] zurückgewiesen.[X.] Die Klägerin, die [X.] [X.], [X.] [X.]n aus einem [X.] für die Durchführung von fünf Flü-gen auf Zahlung von insgesamt 120.000,-- DM in Anspruch. Das [X.] den [X.]n unter Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von75.000,-- DM verurteilt.Gegen das ihm am 14. September 1998 zugestellte Urteil legte der [X.] Berufung ein; die Berufung ging am 14. Oktober 1998 beim Oberlandes-gericht [X.] ein. Mit [X.] vom 12. November 1998 beantragte [X.] die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Dieser [X.]war unter Angabe des erstinstanzlichen Aktenzeichens an das Landgericht[X.] adressiert. Er ging dort per Telefax am 12. November 1998 gegen- 3 -17.40 Uhr ein. Zu diesem Zeitpunkt waren die Akten dem Oberlandesgericht[X.] übersandt zur Entscheidung über eine Beschwerde des [X.]ngegen die teilweise Versagung von Prozeßkostenhilfe. Mit Übersendungs-schreiben vom Freitag, den 13. November 1998, legte die Geschäftsstellenbe-amtin des Landgerichts [X.] das Gesuch des [X.]n um [X.] Berufungsbegründungsfrist dem Oberlandesgericht [X.] vor. [X.] dieses Schreiben am Dienstag, den 17. November 1998, ein. [X.] Gericht den [X.]n auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfristhingewiesen hatte, begründete der [X.] die Berufung mit [X.] vom30. November 1998 und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den [X.]. Zur Begründung trug er vor:Der [X.] vom 12. November 1998 sei ihm während eines [X.] vorgelegt worden. Er sei von einer ansonsten sehr zuver-lässigen Rechtsanwaltsgehilfin falsch adressiert worden. Dies habe er bei [X.] des Schreibens übersehen. Entgegen seiner Weisung habe [X.] wegen ungewöhnlich starker Arbeitsbelastung an [X.] und weil die bereitliegende Akte versehentlich durch andere Aktenverdeckt worden sei, sich nicht am 13. November 1998 nach dem Erfolg [X.] erkundigt. Ein etwaiges Anwaltsverschulden sei [X.] deshalb unschädlich, weil der [X.] so rechtzeitig beim Gericht ersterInstanz eingegangen sei, daß seine fristgerechte Weiterleitung an [X.] ohne weiteres habe erwartet werden dürfen.2. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weildie Berufungsbegründung nicht rechtzeitig eingegangen ist. Die Frist werdenicht durch den aufgrund fehlerhafter Adressierung beim unzuständigen Land-gericht [X.] eingegangenen [X.] gewahrt, weil dieser [X.]- 4 -nicht rechtzeitig in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt sei.Das Wiedereinsetzungsgesuch des [X.]n gegen die Versäumung der [X.] sei nicht begründet, denn die Versäumung sei auf eindem [X.]n nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden [X.] zurückzuführen. Dies ergebe sich zwar nicht schondaraus, daß der [X.] die Berufung nicht fristgerecht begrün-det habe, obwohl ihm am letzten [X.] eine dem Fristverlängerungsge-such stattgebende Entscheidung nicht vorgelegen habe. [X.] sei dem[X.]n des [X.]n jedoch, daß er die fehlerhafte Adressie-rung des Gesuchs übersehen habe. Es könne nicht davon ausgegangen wer-den, daß sich dieses Verschulden letztlich nicht ausgewirkt habe. Wie sich ausden Stellungnahmen des Geschäftsleiters des Landgerichts [X.] vom7. Oktober 1999 und der zuständigen Geschäftsstellenbeamtin vom 6. [X.] ergebe, wäre ein rechtzeitiger Eingang des [X.] beimOberlandesgericht [X.] am Montag, den 16. November 1998, nur danngewährleistet gewesen, wenn die Verfügung der Geschäftsstelle [X.] samt dem Telefax noch bis vormittags 11.00 Uhr auf [X.] gelegt worden wäre. Da an Freitagen beim Landgericht [X.] um12.00 Uhr [X.] sei, erfolge der letzte [X.] Wachtmeisterei zur Verteilung ausgehender Post um 11.00 Uhr. Nur dann,wenn der [X.] bei der zu diesem Zeitpunkt abgetragenen Post gewesenwäre, hätte er am Montag, den 16. November 1998 beim [X.]. Zwar habe der [X.] möglicherweise darauf vertrauen dürfen,daß sein am 12. November 1998 nach [X.] als Telefax eingegangener[X.] noch am Tag nach seinem Eingang überprüft und weitergeleitetwerde. Darauf, daß die Bearbeitung dieses Vorgangs bis 11.00 Uhr vormittagsabgeschlossen gewesen sei, habe er aber nicht vertrauen [X.] 5 -3. Die nach § 519 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des [X.]n hat keinen Erfolg.a) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, ein Verschulden des [X.] des [X.]n ergebe sich nicht bereits daraus, daß erdie Berufung nicht fristgerecht begründet habe, obwohl ihm am letzten Tag derFrist noch keine positive Entscheidung des Berufungsgerichts über sein Frist-verlängerungsgesuch bekannt gewesen sei. Ein Berufungsführer, der ein er-stes Verlängerungsgesuch unter Angabe der Gründe des § 519 Abs. 2 Satz 3anbringt, kann mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Bewilligung der Fristver-längerung rechnen ([X.], [X.]. v. 7.10.1992 - [X.], NJW 1993,134 f.). Ihm ist ein Verschulden deshalb nicht anzulasten, wenn er sich nichtinnerhalb der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht über das Schicksal [X.] erkundigt hat.b) Das Berufungsgericht geht weiter zutreffend davon aus, daß [X.] jedoch den [X.], mit dem er die Verlängerung der Beru-fungsbegründungsfrist beantragt hat, auf Richtigkeit und Vollständigkeit zuprüfen hatte, und daß deswegen ein dem [X.]n nach § 85 Abs. 2 ZPO an-zurechnendes Verschulden seines [X.]n ursächlich dafürgeworden ist, daß der fristgebundene [X.] nicht rechtzeitig an das Be-rufungsgericht gelangt ist. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts vom 20. Juni 1995 ([X.] 93, 99 ff.) und der darauf beruhendenRechtsprechung des [X.] muß der [X.] und ihrem Prozeß-bevollmächtigten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressatenfristgebundener Verfahrenserklärungen nicht allgemein abgenommen und aufunzuständige Gerichte verlagert werden ([X.] 93, 99ff., 114). [X.] darf allerdings darauf vertrauen, daß das mit der Sache befaßt- 6 -gewesene Gericht den bei ihm eingereichten, aber für das Rechtsmittelgerichtbestimmten [X.] im ordentlichen Geschäftsgang dorthin [X.]. Eine etwaige Fehlleitung fällt, unabhängig von ihren konkreten Ursachen,in den Verantwortungsbereich des Gerichts. Voraussetzung ist aber, daß der[X.] so zeitig bei dem mit der Sache befaßt gewesenen Gericht eingeht,daß die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichenGeschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann. Die [X.] darf dann nichtnur darauf vertrauen, daß der [X.] überhaupt weitergeleitet wird, son-dern auch darauf, daß er noch fristgerecht beim Rechtsmittelgericht eingeht.Mit dem Übergang des [X.]es in die Verantwortungssphäre des [X.] verpflichteten Gerichts, wirkt sich ein etwaiges Verschulden der[X.] oder ihres [X.]n nicht mehr aus.Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das am 12. Novembernach [X.] eingegangene Faxschreiben ist noch am Tag nach seinemEingang überprüft und weitergeleitet worden. Nach den dienstlichen Äußerun-gen des Geschäftsleiters des Landgerichts [X.] und der zuständigen Ge-schäftsstellenbeamtin ist aber davon auszugehen, daß ein rechtzeitiger Ein-gang beim [X.], den 16. November, nur erreicht wer-den konnte, wenn der [X.] in der Geschäftsstelle bis spätestens amFreitag, den 13. November, 11.00 Uhr bearbeitet und auf den Abtrag gelegtworden wäre. Entscheidend ist daher, ob im ordentlichen Geschäftsgang damitzu rechnen war, daß der Eingang am 13. November bis 11.00 Uhr bearbeitetsein würde. Dies war zwar unter optimalen Bedingungen, nicht aber im [X.] Geschäftsgang ohne weiteres zu erwarten. Die zuständige [X.] hat in ihrer Stellungnahme angegeben, üblicherweise die [X.] bis ca. 11.00 Uhr zu erledigen. Dies ist aber, worin dem Berufungsge-richt beizutreten ist, angesichts der Vielzahl der Aufgaben eines [X.] -stellenbeamten und der Vielfältigkeit des täglichen Arbeitsablaufes nicht zwin-gend. Auf einen besonders günstigen Verlauf der Bearbeitung, der nicht [X.] Erledigung solcher anderen Aufgaben gestört wird, kann die [X.] und ihr[X.]r nicht vertrauen. Das Berufungsgericht ist deswegen [X.] davon ausgegangen, daß die Versäumung der Berufungsbegründungs-frist auf dem Verschulden des [X.]n des [X.]n beruht.Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.[X.]Scharen[X.]RaebelMühlens

Meta

X ZB 24/99

09.05.2000

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2000, Az. X ZB 24/99 (REWIS RS 2000, 2336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2336

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