Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2008, Az. IX ZB 172/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2876

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[X.][X.]/07 vom 10. Juli 2008 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 203 Abs. 1 Nr. 3, § 60 Ein von dem Schuldner gegen den Treuhänder wegen der Ausschüttung un-pfändbaren Vermögens erwirkter Schadensersatzanspruch fällt als Einzel-schaden, der einen Ausgleich für diese die Gläubiger rechtswidrig begünsti-gende Maßnahme bildet, nicht in die Insolvenzmasse und unterliegt keiner [X.]. [X.], [X.]uss vom 10. Juli 2008 - [X.]/07 - [X.]AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter und [X.], Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] am 10. Juli 2008 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin werden der [X.]uss der 4. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des [X.]s [X.] vom 21. August 2007 und der [X.]uss des Amtsge-richts [X.] vom 18. Juli 2007 aufgehoben. Gründe: [X.] Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf den von ihr in Verbin-dung mit einem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellten Eigen-antrag am 22. April 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt [X.], [X.]

, zum Insolvenzverwalter bestellt. Nach Ankündigung der Restschuldbefreiung durch [X.]uss vom 7. Oktober 2003 und Bestellung des Insolvenzverwalters zum Treuhänder wurde das Insolvenzverfahren mit [X.]uss vom 29. Januar 2004 aufgehoben. Der Schuldnerin wurde am 29. Juni 2007 Restschuldbefreiung erteilt. 1 - 3 - Während der Dauer des Insolvenzverfahrens bezog die Schuldnerin eine Rente der [X.] von monatlich 254,27 bzw. 261,65 •, eine Rente der [X.] von monatlich 821,56 bzw. 844,37 •, welche die [X.] wegen eines Verrechnungser-suchens (§ 52 SGB I) der [X.], einer Gläubigerin der Schuldnerin, auf monatlich 623,78 • kürzte, sowie ein Arbeitseinkommen aus geringfügiger Beschäftigung von monatlich höchstens 240 •. Im Zeitraum von Oktober 2003 bis März 2005 belief sich die Differenz zwischen dem [X.] von monatlich 930 • und den der Schuldnerin - die Rente der [X.] wurde unmittelbar an den Treuhänder ausbezahlt - zur Verfügung stehenden monatlichen Mitteln auf 1.549,22 •. Auf die von der Schuldnerin erhobene [X.] wurde der Treuhänder im [X.] durch das [X.] [X.] verurteilt, diesen Betrag an die Schuldnerin zu bezahlen. 2 Der Treuhänder teilte dem Amtsgericht am 12. Juli 2007 mit, den Aus-schüttungsbericht für das letzte Jahr der Wohlverhaltensphase und die gesamte Wohlverhaltensphase erst nach Abschluss dieses Rechtsstreits vorlegen zu können. Mit [X.]uss vom 18. Juli 2007 hat das Amtsgericht angeordnet, dass die Anordnung der [X.] für den Betrag von 1.549,22 • aus-drücklich vorbehalten bleibt, weil der [X.] auf dem Treuhandkonto trotz formeller Beendigung des Verfahrens unverändert fortbestehe. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das [X.] die "Nachtragsverwaltung" hinsichtlich etwaiger Schadensersatzforderungen der Schuldnerin gegen den Treuhänder, Rechtsanwalt [X.], [X.] , angeordnet und zum Treuhänder für die [X.] Rechtsanwalt B. , [X.] , bestimmt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin. 3 - 4 - I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 204 Abs. 2 Satz 2 [X.] statthafte Rechtsbeschwerde ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Auf-hebung der vordergerichtlichen Entscheidungen. 4 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die [X.] erfas-se Forderungen, denen Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder zugrunde lägen. Die Anordnung einer [X.] sei nach Erteilung der Restschuldbefreiung zulässig. Die Schuldnerin könne sich nicht ohne [X.] auf die Unpfändbarkeit des auszuzahlenden Betrages berufen, weil es sich dabei nicht um Arbeitseinkommen, sondern um einen Schadensersatzanspruch handele. 5 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. 6 a) Die angefochtene Entscheidung verstößt bereits gegen das auch im Beschwerdeverfahren zu beachtende ([X.] 159, 122, 124) Verschlechte-rungsverbot. Das Amtsgericht hat die [X.] "für die auf dem Treuhandkonto befindlichen Beträge ausdrücklich vorbehalten". Auf die hierge-gen von der Schuldnerin eingelegte sofortige Beschwerde hat das [X.] "hinsichtlich etwaiger Schadensersatzforderungen der Schuldnerin gegen den Treuhänder eine [X.] angeordnet". Die Beschwerdeentschei-dung enthält damit im Verhältnis zur Ausgangsentscheidung in zwei Punkten eine Verschärfung: Das Amtsgericht hat die [X.] auf die auf dem Konto vorhandenen Beträge beschränkt, das [X.] hingegen auf Schadensersatzansprüche der Schuldnerin erstreckt. Außerdem ist im [X.] - 5 - schied zu der Erstentscheidung eine künftige [X.] zwingend durchzuführen. Diese Änderungen zum Nachteil der Schuldnerin sind mit dem Verbot der reformatio in peius nicht zu vereinbaren. b) Davon abgesehen sind die angefochtenen [X.]üsse aufzuheben, weil die Voraussetzungen einer [X.] (§ 203 Abs. 1 [X.]) nicht durchgreifen. 8 aa) Das Insolvenzgericht hat gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eine Nach-tragsverteilung anzuordnen, wenn nach dem Schlusstermin Gegenstände der Masse ermittelt werden. Eine [X.] hat noch nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu erfolgen, falls unbekannte Vermögensgegenstände des Schuldners aufgefunden werden (Mohrbutter/Ringstmeier/Pape, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 17 Rn. 187). 9 bb) Im Streitfall ist indessen entgegen der Auffassung der Vordergerichte kein neues Schuldnervermögen aufgetaucht. 10 (1) Die Schuldnerin hat mit ihrem Antrag auf Erteilung von [X.] nach Maßgabe des § 287 Abs. 2 Satz 1 [X.] die pfändbaren Forderun-gen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende lau-fende Bezüge an einen von dem Gericht zu bestimmenden Treuhänder [X.]. Mit der [X.] durch das Insolvenzgericht und der Amts-übernahme sind diese Forderungen auf den Treuhänder übergegangen ([X.], [X.]. v. 13. Juli 2006 - [X.] ZB 117/04, [X.], 1651 f Rn. 14 ff). Sämtliche pfändbaren Forderungen der Klägerin auf Zahlung von Dienst- und Rentenbe-zügen sind damit Bestandteil der Insolvenzmasse. 11 - 6 - (2) Ein der Schuldnerin etwa gegen den Treuhänder zustehender Scha-densersatzanspruch fällt nicht als neuer Gegenstand in die Masse. 12 Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter oder Treuhän-der bilden einen neuen Vermögensgegenstand, wenn es sich um einen etwa auf der Veruntreuung von [X.] beruhenden Gesamtschaden handelt (MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 203 Rn. 15; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §§ 60, 61 Rn. 116). Vorliegend geht es indessen um einen Einzelschaden der Schuldnerin, weil sie ihren Ersatzanspruch aus der Vertei-lung von Beträgen an die Gläubiger herleitet, die gemäß § 292 Abs. 1 Satz 3, § 36 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 850c ZPO wegen Unpfändbarkeit nicht Bestandteil der Insolvenzmasse waren (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §§ 60, 61 Rn 65). Erweist sich die Rechtsauffassung der Schuldnerin als zutreffend, durften die unpfändbaren Bezüge nicht an die Gläubiger ausgeschüttet werden. War die Auskehr der Mittel an die Gläubiger rechtswidrig, kann ein Schadensersatzan-spruch, der die unrechtmäßige Ausschüttung im Interesse der Schuldnerin kompensieren soll, nicht in die Masse fallen, die, weil entsprechende Beträge tatsächlich dort vorhanden waren und zugunsten der Gläubiger verteilt wurden, andernfalls zu Unrecht doppelt begünstigt würde. Vielmehr steht ein etwaiger Schadensersatzanspruch alleine der Schuldnerin zu, die durch die Verteilung unpfändbarer Vermögensgegenstände einen Einzelschaden erlitten hat. Der Schadensersatzanspruch kann als Kompensation für entgegen dem Pfän-dungsverbot des § 850c ZPO zugunsten der Gläubiger tatsächlich vorgenom-mene Ausschüttungen nicht der Masse als neuer Gegenstand (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) zustehen. Mithin sind die Voraussetzungen einer Nachtragsvertei-lung, auch wenn die gegen das Urteil des [X.]s Würzburg erhobene Revision ohne Erfolg bleibt, nicht gegeben. Hat die Revision Erfolg, wird ein 13 - 7 - Schadensersatzanspruch also verneint, scheidet ein neuer Massegegenstand von vornherein aus. [X.] [X.] Gehrlein Pape Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 18.07.2007 - [X.]LG [X.], Entscheidung vom 21.08.2007 - 41 T 154/07 -

Meta

IX ZB 172/07

10.07.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2008, Az. IX ZB 172/07 (REWIS RS 2008, 2876)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2876

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