Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. IX ZB 247/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 288

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[X.][X.]/08 vom 3. Dezember 2009 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja[X.] § 35 Abs. 1, § 287 Abs. 2, § 300 a) Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach Ende der Laufzeit der [X.] wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfah-ren zu diesem [X.]punkt noch nicht abgeschlossen werden kann. b) Ist über die Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens zu [X.], muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu [X.] nach § 290 [X.] und zur Stellungnahme gegeben werden. Die Ankündigung der Restschuldbefreiung, die Wohlverhaltensphase und die dort sonst zu beachtenden Obliegenheiten des Schuldners entfallen. c) Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren nach Ablauf der [X.] Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der [X.] für den Neuerwerb ab dem [X.]punkt des Ablaufs der Abtretungserklärung. d) Bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit der im laufenden Verfahren Restschuld-befreiung erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb ein-zuziehen und für die Masse zu sichern. Wird Restschuldbefreiung erteilt, hat er den eingezogenen Neuerwerb, der danach nicht in die Masse gefallen ist, an den Schuldner auszukehren. [X.], [X.]uss vom 3. Dezember 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] und [X.] am 3. Dezember 2009 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 11. Juni 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen. Der Wert des [X.] wird auf 8.400 • festge-setzt. Gründe: [X.] Die Schuldnerin beantragte am 1. Februar 2002 die Eröffnung des [X.] über ihr Vermögen sowie Restschuldbefreiung. Sie trat ihre pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an [X.] Stelle tretende laufende Bezüge für die [X.] von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Gericht in diesem Verfahren zu bestellen-den Treuhänder ab. Mit [X.]uss vom 28. Februar 2002 eröffnete das [X.] das Insolvenzverfahren zum 1. März 2002 und bestellte den [X.] zum Insolvenzverwalter. 1 - 3 - Die Schuldnerin erhält von der [X.] und eine Hinterbliebenenrente von monatlich 650 • bzw. 620 • sowie von der [X.] eine weitere Witwenrente von mo-natlich 420 •. Den pfändbaren Teil aus den Renten der Landesversicherungs-anstalt vereinnahmte der Verwalter während des laufenden Insolvenzverfah-rens. Die Witwenrente der [X.]

Berufsgenossenschaft wurde bis Juni 2007 aufgrund ausdrücklicher Einverständniserklärung der Schuldnerin auf das [X.] überwiesen. Seit August 2007 zahlt die [X.] Be-rufsgenossenschaft die Hinterbliebenenrente auf Anweisung der Schuldnerin auf ein Konto ihrer Tochter. 2 Am 3. April 2008 beantragte der Verwalter, nach § 850e Nr. 2 ZPO an-zuordnen, dass die drei Renten zur Berechnung der nach § 850c ZPO pfändba-ren Teile des monatlichen Gesamteinkommens zusammenzurechnen seien. 3 Mit [X.]uss vom 6. Mai 2008 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - diesem Antrag stattgegeben. Der nach dem so festgestellten Gesamteinkom-men von 1.688,23 • gemäß § 850e ZPO pfändbare Teil des Einkommens sei von der [X.]auf das Anderkonto des [X.] zu zahlen. Der unpfändbare Grundbetrag sei in erster Linie aus der Altersrente zu entnehmen, § 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO. 4 Die gegen diesen [X.]uss erhobene sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelas-senen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Abweisungsbegehren weiter. 5 - 4 - I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zu-gelassen worden ist, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO (vgl. [X.], [X.]. v. 5. Februar 2004 - [X.] ZB 97/03, [X.], 834, 835; v. 6. Mai 2004 - [X.] ZB 104/04, [X.], 1379; v. 6. Juli 2006 - [X.] ZB 220/04, [X.] 2007, 353; v. 23. April 2009 - [X.] ZB 35/08, Z[X.] 2009, 1072 Rn. 3). Hieran ist das Be-schwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO. In die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Be-schluss vom 4. Dezember 2008 Wiedereinsetzung gewährt. 6 II[X.] Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat rich-tig entschieden. 7 1. Das [X.] (dessen Entscheidung unter anderem veröffentlicht ist in [X.], 508) meint, der Antrag des Insolvenzverwalters sei zulässig, insbesondere fehle ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn auch nach [X.] der Frist der Abtretungserklärung unterlägen die fortlaufenden Bezüge der Schuldnerin grundsätzlich dem [X.] des [X.] nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 [X.]. 8 Zwar solle die sechsjährige Laufzeit der Abtretung auch zu einer B[X.]ndi-gung des [X.]s des [X.] führen, wenn das [X.] - 5 - fahren noch andauere. Dies gelte aber nur für den redlichen Schuldner, der ei-ne Restschuldbefreiung auch tatsächlich verdiene. Dazu seien jedoch im vorlie-genden Verfahren noch keine Feststellungen möglich gewesen, weil die Gläu-biger noch keine Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, Versagungs-gründe geltend zu machen. Ein Entfallen des [X.]s allein wegen [X.]ablaufs käme jedoch nicht in Betracht. 2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand. 10 Im Rechtsbeschwerdeverfahren wie schon im Beschwerdeverfahren geht es ausschließlich um die Frage der Auswirkungen des Ablaufs der Frist der [X.] zum 1. März 2008 (zur Fristberechnung vgl. [X.], Urt. v. 13. Januar 2005 - [X.] ZR 33/04, [X.], 310). Sonstige Einwände gegen die Zusammenrechnung der Renten gemäß § 36 Abs. 1 [X.], § 850e Nr. 2, § 850 Abs. 2 ZPO werden nicht geltend gemacht und bestehen nicht. 11 Auch das Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 [X.] n.F. steht der vom Amtsgericht vorgenommenen Anordnung der Zusam-menrechnung nicht entgegen. 12 Dem Insolvenzverwalter fehlte für den am 3. April 2008 gestellten Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der pfändbare Neuerwerb der Schuldnerin kann auch noch nach Ablauf der Frist der Abtretungserklärung gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 [X.] in die Insolvenzmasse fallen. Etwas anderes gilt ab dem [X.] der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 [X.] nur dann, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung zu gewähren ist. Solange nicht feststeht, ob Restschuldbe-freiung rechtskräftig erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den Neuerwerb ein-zuziehen und zu sichern. 13 - 6 - a) Ist die Frist der Abtretungserklärung abgelaufen, bevor dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist, muss schon vor B[X.]ndigung des Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung gemäß § 300 [X.] ent-schieden werden. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtspre-chung und Literatur (LG Hannover Z[X.] 2009, 207; [X.] Z[X.] 2009, 685; [X.], 779; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 287 Rn. 89 f, § 300 Rn. 5a; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 299 Rn. 4a; HK-[X.]/ [X.], 5. Aufl. § 299 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 287 Rn. 49; [X.]/[X.] Z[X.] 2009, 653 ff; von [X.] 2009, 93 ff). Die Argumente der Gegenmeinung ([X.], 567; [X.] 2008, 416, 417 ff) greifen nicht durch. 14 [X.]) Im Regelfall wird erst nach der Rechtskraft des [X.]usses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 291 [X.] das Insolvenzverfahren gemäß § 289 Abs. 2 Satz 2 [X.] aufgehoben. Erst in dem Ankündigungsbe-schluss wird der Treuhänder bestellt, an den die Ansprüche auf Bezahlung der Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 [X.] nach Maßgabe der Abtretungserklärung und gegebenenfalls der [X.] nach § 36 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 850e Nr. 2 ZPO übergehen. Erst dann beginnt die [X.]. Diese dauert nach der jetzt geltenden Fassung des [X.] ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ist bei Ablauf dieser Frist der [X.] noch nicht erlassen, entfaltet die Abtretung keine Wirkung. [X.] fällt bis zu diesem [X.]punkt der pfändbare Neuerwerb ohnehin gemäß § 35 Abs. 1 Alt. 2 [X.] in die Masse und ist vom Insolvenzverwalter einzuzie-hen und zu verwerten. 15 - 7 - [X.]) Wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, war es der Wille des Gesetzgebers, den [X.]punkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des eröffneten Verfahrens zu lösen. 16 Er hat mit dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung ([X.]ÄndG) vom 26. Oktober 2001 ([X.] I S. 2710) auf Vorschlag des Rechtsausschusses des [X.] (BT-Drucks. 14/6468 S. 8 Nr. 15) § 287 Abs. 2 Satz 1 [X.] dahin geändert, dass der Lauf der Abtretungsfrist von sieben auf sechs Jahre verringert wurde und diese Frist nicht mehr erst bei Aufhebung des [X.], sondern bereits bei Eröffnung zu laufen beginnt. Begründet hat dies der Rechtsausschuss damit, dass die zuvor geltende Wohlverhaltensperiode von sieben Jahren als zu lang kritisiert worden sei. Die beiden beschlossenen Änderungen sollten zu einer deutlichen Erleichterung für den Schuldner beitra-gen. Die Festlegung des Beginns der Laufzeit der Abtretung auf die Verfah-renseröffnung beseitige die für den Schuldner völlig unbefriedigende Situation, dass sich in Einzelfällen das Insolvenzverfahren über einen [X.]raum von zwei Jahren erstrecke, ohne dass nennenswerte Vermögenswerte des Schuldners feststellbar wären oder er für die Verfahrensverzögerung verantwortlich wäre. Unter [X.] sei es kaum vermittelbar, wenn in ähnlich gelagerten Fällen ein Schuldner deutlich später in das Restschuldbe-freiungsverfahren gelange als ein vergleichbarer anderer. Insofern sei es gebo-ten, die Laufzeit der Abtretung mit einem Ereignis beginnen zu lassen, das ei-nerseits leicht feststellbar, andererseits von der Dauer des Insolvenzverfahrens, die auch durch die Gerichtsbelastung b[X.]influsst werde, unabhängig sei (BT-Drucks. 14/6468 S. 18). 17 Insbesondere aus dem geänderten Beginn des Laufs der Abtretungsfrist sowie der Begründung hierfür ergibt sich damit, dass der [X.]punkt der Erteilung 18 - 8 - der Restschuldbefreiung von der Dauer des Insolvenzverfahrens unabhängig werden sollte. Der Gesetzgeber hat zwar nicht bedacht, dass das Insolvenzver-fahren mehr als sechs Jahre dauern kann. Er hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfah-rens über die Restschuldbefreiung zu entscheiden ist. [X.]) Ist nach Ablauf der Abtretungserklärung das Insolvenzverfahren noch nicht b[X.]ndet, kann die Abtretungserklärung keine Wirkung mehr entfalten (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 287 Rn. 59). Eine Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 [X.] entfällt ebenso wie die sich sonst an-schließende Wohlverhaltensperiode. Damit entfallen für den Schuldner auch die Obliegenheiten, die erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung von ihm zu beachten sind (vgl. [X.], [X.]. v. 18. Dezember 2008 - [X.] ZB 249/07, [X.], 191 Rn. 7 ff). 19 [X.]) Gemäß § 300 Abs. 1 [X.] ist demgemäß nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Rest-schuldbefreiung zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist. Nach der ursprünglichen Fassung des § 287 Abs. 2 [X.] ging der Entscheidung nach § 300 Abs. 1 [X.] zwar voraus, dass zuvor die Rest-schuldbefreiung angekündigt, das Insolvenzverfahren b[X.]ndet und die Wohl-verhaltensperiode durchlaufen war. Nach der genannten Änderung des § 287 Abs. 2 [X.] gilt dies jedoch auch hinsichtlich der B[X.]ndigung des [X.] nicht mehr (a.A. [X.] 2008, 416, 417). 20 Der von § 287 Abs. 2 [X.] n.F. verfolgte Zweck, dem redlichen Schuld-ner sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, würde verfehlt, müsste in jedem Falle das Ende 21 - 9 - des Insolvenzverfahrens abgewartet werden, auf dessen Dauer der Schuldner kaum Einfluss hat. [X.]) Mit Rechtskraft der Entscheidung, dem Schuldner [X.] zu erteilen, können die Gläubiger ihre Forderungen gemäß § 301 [X.] zwar nicht mehr gegenüber dem Schuldner durchsetzen. Daraus ergibt sich aber kein Grund, der die Restschuldbefreiung hindern würde (a.A. [X.] [X.]O). Eine Verteilung des bis zum Ablauf der Abtretungsfrist in die Masse gefal-lenen Vermögens und [X.] bleibt möglich, denn der [X.] bleibt insoweit bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten. Dies kann in der Entscheidung über die Restschuldbefreiung klargestellt werden (zutreffend [X.] [X.]O). 22 ff) Den Gläubigern ist es zwar nicht möglich, die Versagungsgründe des § 296 [X.] geltend zu machen. Denn die Obliegenheiten, die der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode zu beachten hat, entstehen erst mit der Ankündi-gung der Restschuldbefreiung ([X.], [X.]. v. 18. Dezember 2008 [X.]O). 23 Sie können aber die Versagungsgründe des § 290 [X.] geltend machen, die sich auf die [X.] vor und während des durchgeführten Insolvenzverfahrens beziehen. Problematisch erscheint insoweit lediglich § 290 Abs. 1 Nr. 5 [X.], denn die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners insbesondere gemäß § 97 [X.] bestehen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens fort. Insoweit kann die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung im weiter laufenden Insolvenzverfahren der Schuldner seine Pflichten verletzen könnte (gegen eine Restschuldbefreiung deshalb [X.] [X.]O S. 418). Das Risiko, dass hierdurch der weitere Ablauf des [X.] in relevanter Weise b[X.]inträchtigt werden könnte, ist jedoch 24 - 10 - nicht hoch. Sechs Jahre nach Beginn des Insolvenzverfahrens wird der Bedarf an Auskünften und Mitwirkungshandlungen des Schuldners gering sein. Von einem Schuldner, der diese Pflichten bislang erfüllt hat -andernfalls ist gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 [X.] die Restschuldbefreiung zu versagen -, wird dies auch in Zukunft regelmäßig erwartet werden können, zumal im Hinblick auf das Ver-mögen, das ohnehin weiterhin dem [X.] unterliegt. Schließlich hat das Insolvenzgericht die Möglichkeit des § 98 [X.], um die Pflichten des Schuldners durchzusetzen. Die Befürchtung, er könnte in Zukunft seine gebo-tene Mitwirkung einstellen, lässt es nicht gerechtfertigt erscheinen, alleine we-gen dieser theoretisch möglicherweise aufkommenden Verweigerungshaltung des Schuldners in Einzelfällen über die Restschuldbefreiung generell nicht zu entscheiden. Der Gesetzeszweck des § 287 Abs. 2 [X.] könnte sonst für die große Mehrzahl der redlichen Schuldner nicht erreicht werden. Hinsichtlich ei-nes in Einzelfällen die weitere Mitarbeit nach Restschuldbefreiung verweigern-den Schuldners könnte neben der Anwendung des § 98 [X.] auch eine analo-ge Anwendung des § 303 [X.] in Betracht gezogen werden. gg) Auch § 289 Abs. 3 [X.] steht einer vorzeitigen Entscheidung über die Restschuldbefreiung nicht entgegen. Allerdings kann nach dieser Vorschrift Restschuldbefreiung im Falle der Einstellung des Verfahrens nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 [X.] verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 [X.] erfolgte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass nach der vorzeitigen Entscheidung über die Rest-schuldbefreiung das Verfahren noch nach § 207 [X.] eingestellt wird. Diese Einstellung unterbleibt zwar, wenn dem Schuldner die Kosten nach § 4a [X.] gestundet wurden. Es ist aber möglich, dass eine gewährte Stundung aufgeho-ben wird. 25 - 11 - Auch hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass das Gesetz immer ein bis zum Schluss durchgeführtes Insolvenzverfahren für die Restschuldbe-freiung voraussetzt (a.A. [X.] [X.]O S. 418; [X.] [X.]O). Das ergibt sich schon daraus, dass im Falle der Einstellung des Verfahrens nach § 211 [X.] die Restschuldbefreiung zulässig ist. 26 Die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter erst nach Ablauf von sechs Jahren feststellt, dass die Masse nicht einmal die Kosten des Verfahrens deckt, dürften im Übrigen selten sein. Eher ist eine Aufhebung der Stundung der [X.] in Betracht zu ziehen. In den Fällen des § 4c [X.]. 1 bis 3 [X.] wird regelmäßig auf Antrag eines Gläubigers auch eine Versagung der Rest-schuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 [X.] zu erwägen sein. Die Zahl der Fälle, die dann noch zu einer Einstellung nach § 207 [X.] führen könnten, erscheint gering. Das Risiko, dass es hierzu kommt, ist jedenfalls nicht so erheblich, dass deswegen in allen Fällen von der Verwirklichung des Gesetzeszweckes der Neufassung des § 287 Abs. 2 [X.] abgesehen werden könnte. Lösungen für die genannten Einzelfälle wären gegebenenfalls auch hier auf anderem Weg zu suchen. 27 [X.]) Nach § 300 Abs. 1 [X.] ist über die Restschuldbefreiung nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode zu entscheiden. Entfällt diese entgegen dem [X.] aus den dargelegten Gründen und kann noch kein Schlusstermin abgehal-ten werden, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des [X.] anstelle des Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 Abs. 1 [X.]). Dies kann in einer Gläubigerversammlung oder gemäß § 5 Abs. 2 [X.] im schriftlichen Ver-fahren erfolgen (vgl. [X.]/[X.], [X.]O § 287 Rn. 49; FK-[X.]/[X.], [X.]O § 287 Rn. 89 f). 28 - 12 - Im Übrigen ist das Insolvenzverfahren fortzusetzen. Die Schlussvertei-lung, der Schlusstermin und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgen später. Wird die Restschuldbefreiung rechtskräftig abgelehnt, kann das Verfah-ren ohnehin normal weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden. 29 b) Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden [X.] erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der [X.] hinsichtlich des [X.] nach Ablauf der Abtretungsfrist. 30 Durch § 287 Abs. 2 [X.] tritt eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 [X.] hinsichtlich des [X.] ein. Nur hierdurch kann der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 [X.] verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht. 31 [X.]) Die begrenzende Wirkung des § 287 Abs. 2 [X.] hinsichtlich des [X.] tritt nicht generell in allen Fällen ein. Restschuldbefreiung wird nur dem redlichen Schuldner erteilt. Dies schließt es aus, die Begrenzung des § 35 Abs. 1 Alt. 2 [X.] auch anderen Schuldnern zugute kommen zu lassen. Bei ihnen ist das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen. Danach hat jeder [X.] auch wieder die Möglichkeit der [X.] gegen den Schuldner. 32 [X.]) Die beschränkende Wirkung des § 287 Abs. 2 [X.] tritt zum Ablauf der Abtretungsfrist ein. Allerdings ist die Frage streitig. Nach einer Auffassung 33 - 13 - gebührt der Neuerwerb der Masse bis zu dem [X.]punkt, in dem die Rechtskraft der Entscheidung eintritt, mit der Restschuldbefreiung gewährt wurde (LG Han-nover Z[X.] 2009, 207, 208; [X.]/[X.], [X.]O § 287 Rn. 50; [X.] 2008, 416, 419; [X.]/[X.] Z[X.] 2009, 653, 655). Nach anderer Auffassung gebührt der Neuerwerb ab dem [X.]punkt des Ablaufs der [X.] ([X.], 779; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O § 300 Rn. 6 für den Fall der angekündigten Restschuldbefreiung; ebenso FK-[X.]/[X.], [X.]O § 300 Rn. 4). 34 Der zuletzt genannten Meinung ist zu folgen. Allerdings ergibt sich schon für den Regelfall, in dem nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode Restschuldbe-freiung erteilt wird, aus dem Gesetz nicht unmittelbar, ab welchem [X.]punkt die von der Abtretung erfassten Beträge wieder dem Schuldner gebühren. Auch aus § 301 [X.] ergibt sich insoweit nichts. 35 Aus dem Regelungszweck des § 287 Abs. 2 [X.] erschließt sich jedoch, dass der Masse die Abtretung bzw. der Neuerwerb nach Ablauf der [X.] nicht mehr zugute kommen soll, wenn Restschuldbefreiung erteilt wird. [X.] würden die Insolvenzgläubiger, deren Forderung durch die Rest-schuldbefreiung in eine Naturalobligation verwandelt wird (vgl. § 301 Abs. 3 In-sO), Vorteile erlangen gegenüber dem Schuldner und den Gläubigern der nach § 302 [X.] privilegierten Forderungen. Verschleppungsmaßnahmen einfacher Insolvenzgläubiger würden sich bei laufenden pfändbaren Einkünften des Schuldners unmittelbar zu ihren Gunsten auswirken. Eine derartige Verschie-bung der Verteilungsregelung des Gesetzes ist abzulehnen. 36 - 14 - [X.]) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen wür-de, bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden (HK-[X.]/[X.], [X.]O § 287 Rn. 20; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O § 287 Rn. 39; FK-[X.]/[X.], [X.]O § 287 Rn. 47). 37 c) Solange nicht rechtskräftig über die Restschuldbefreiung entschieden ist, bleibt allerdings offen, ob der betroffene Neuerwerb in die Masse fällt. Der Insolvenzverwalter hat insoweit die Aufgabe, die mögliche Masse zu sichern und zu erhalten, damit sie gegebenenfalls für die Zwecke des Insolvenzverfah-rens verwendet werden kann. Nur auf diese Weise kann für die Masse und [X.] auch für die Gläubiger der Neuerwerb für den Fall der Versagung der Rest-schuldbefreiung gesichert werden. 38 Steht nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung fest, dass der Neuerwerb nicht in die Masse gefallen ist, ist er an den Schuldner auszu-kehren. 39 d) Das Insolvenzgericht hat im vorliegenden Fall noch nicht, wie von Amts wegen geboten, über die beantragte Restschuldbefreiung entschieden. Jedenfalls bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung hat der Insolvenzverwalter demgemäß den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen. Demgemäß steht ihm das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zusammenrechnung der Renten zur Seite. Er hat allerdings auch beim Insolvenzgericht auf eine Entscheidung über die beantragte Restschuldbefreiung hinzuwirken, wenn nicht gemäß § 196 [X.] ohnehin bereits die [X.] erfolgen muss. Das laufende Einkommen in Form von Renten steht der [X.] nicht entgegen. Ist die [X.] - [X.] der Insolvenzmasse im Übrigen b[X.]ndet, müssen nach § 196 [X.] die [X.] und der Schlusstermin stattfinden ([X.] in [X.]/[X.], [X.] § 196 Rn. 5a ff; HmbKomm-[X.]/[X.], [X.]O § 196 Rn. 7; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], [X.]O § 196 Rn. 2; FK-[X.]/ [X.], [X.]O § 196 Rn. 8; Nerlich/[X.]/[X.], [X.] § 196 Rn. 6, 7). Ganter [X.] [X.]

[X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.06.2008 - 5 [X.]/08 - [X.], Entscheidung vom 06.05.2008 - 556 IN 273/02 -

Meta

IX ZB 247/08

03.12.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. IX ZB 247/08 (REWIS RS 2009, 288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 288

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